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Der Schmerz

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{"created":"2022-01-31T13:39:35.935371+00:00","id":"lit31437","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Tschisch, W. von","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 26: 14-32","fulltext":[{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"Der Schmerz.\nVon\nProfessor W. v. Tschisch.\nrLa douleur est la mort\u201c\nFoulli\u00e9e, La Psychologie des id\u00e9es forces. (T. I, p. 74.)\nI.\nRibot hat Recht, wenn er sagt :1 \u201eUeber den physischen Schmerz ist nicht wenig gearbeitet worden und mufs in Zukunft noch viel gearbeitet werden.\u201c Es liegt thats\u00e4chlich eine statt-liehe Anzahl von Untersuchungen \u00fcber den Schmerz vor \u2014 man denke nur an die werthvolle Arbeit von Seroi \u201eDolore e Piacere\u201c \u2014 und dennoch ist die Lehre vom Schmerz bis heute l\u00fcckenhaft, und manche wichtige Frage v\u00f6llig unaufgekl\u00e4rt geblieben. So ist noch lange nicht festgestellt, wrelche Reize eigentlich Schmerz erzeugen, und auch die Psychologie des Schmerzes ist noch keineswegs vollst\u00e4ndig. \u2014 Wenden wir uns zun\u00e4chst der Frage zu, welche Reize Schmerz erzeugen, so begegnen wir in der neuesten diesbez\u00fcglichen Arbeit, die von dem so verdienstvollen Physiologen Charles Richet auf dem III. internationalen psychologischen Congrefs2 ver\u00f6ffentlicht wurde, der Behauptung, dafs der Schmerz einerseits durch starke Reize (excitations fortes) und andererseits durch alle abnormen Zust\u00e4nde (tout \u00e9tat anormal) hervorgerufen werde. Diese Behauptung entbehrt aber nicht nur gen\u00fcgender Klarheit, sondern entspricht nicht einmal den That-sachen. Schon Horwicz3 ist gegen die Wu^DTsche4 Ansicht, nach welcher starke Reize Schmerz erzeugen, aufgetreten, und das wahrlich nicht ohne Grund. Ist es doch zur Gen\u00fcge be-\n1 La Psychologie des sentiments S. 42.\n*\tDritter Internationaler Congrefs f\u00fcr Psychologie 1896.\n*\tHorwicz, Psychologische Analysen, I. Bd., 6. Buch; II. Bd., 1. u. 2. Buch.\n4 W\u00fcndt, Physiologische Psychologie, Bd. I, Cap. 10.","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Der Schmerz.\n15\nkannt, dafs starke Reize, wie z. B. l\u00e4nger andauernde intensive Schallreize zwar unangenehm, aber keineswegs schmerzhaft sind, und dafs andererseits schwache Reize, z. B, ein Tabaksst\u00e4ubchen, ins Auge gerathen, heftigen Schmerz verursacht. \u2014\nEs ist leicht einzusehen, dafs der Schmerz nicht von der Intensit\u00e4t des Reizes abh\u00e4ngt, wenn man sich vergegenw\u00e4rtigt, dafs z. B. der bis zur Weifsgl\u00fchhitze erw\u00e4rmte Paquelin nur geringen Schmerz verursacht, w\u00e4hrend der Schmerz sehr heftig ist, wenn der Apparat nicht gen\u00fcgend erhitzt ist \u2014 Manche Reize erzeugen allerdings Schmerz, erst nachdem sie eine gewisse Intensit\u00e4t erreicht haben, daf\u00fcr giebt\u2019s aber andere, die niemals Schmerz hervorrufen, und endlich auch solche, die immer, vollst\u00e4ndig unabh\u00e4ngig vom Grade ihrer Intensit\u00e4t, Schmerz erzeugen. \u2014\nNicht weniger unbestimmt und unklar ist die Behauptung Richet\u2019s, dafs jeder abnorme Zustand Schmerz bewirke. \u201eAbnormer Zustand\u201c, was soll dieser Ausdruck besagen? Lungen-cavernen sind zweifelsohne abnorme Zust\u00e4nde und bewirken oft keinen Schmerz, und Menschen, die dem Erh\u00e4ngungstode nah, also in einem abnormen Zustande sich befunden haben, geben, rechtzeitig von der Schlinge befreit, an, sich v\u00f6llig wohl gef\u00fchlt zu haben. Und wenn wir auch sehliefslich die Behauptung Richet\u2019s als richtig und klar anerkennen wollten, w\u00e4re doch eine weitere Bearbeitung seiner These unumg\u00e4nglich, insofern, als man sich nicht mit der Annahme zweier Ursachen begn\u00fcgen kann, ohne sich dar\u00fcber klar zu sein, warum zwei verschiedene Ursachen identische Wirkungen erzeugen, warum einerseits \u201estarke Reize\u201c und andererseits \u201eabnorme Zust\u00e4nde\u201c ein und dieselbe Wirkung, Schmerz, hervorrufen. \u2014\nLichtreize k\u00f6nnen allerdings sehr unangenehme Gef\u00fchle bewirken, erzeugen aber beim gesunden Menschen nie thats\u00e4chlichen Schmerz. Eine, wenn ich nicht irre, bei den Chinesen beliebte Inquisitionsmethode soll, wie Richet erz\u00e4hlt, darin bestehen, dafs den Verbrechern die Augenlider amputirt, und die Augen, so des nat\u00fcrlichen Schutzes beraubt, der Sonne ausgesetzt werden. Ein derartiger Zustand ist bestimmt qualvoll, nicht aber in Folge der einwirkenden Lichtreize, sondern weil die Augen, so allen sch\u00e4dlichen Einfl\u00fcssen ausgesetzt, leicht der Entz\u00fcndung verfallen und hyper\u00e4sthetisch werden. Nur bei kranken Menschen bewirken intensive Lichtreize Schmerz, Gesunden dagegen ist","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nW. von T8chisch.\nintensives Lieht angenehm. Zu bemerken w\u00e4re noch, dafs wir nicht wissen und offenbar auch nicht wissen k\u00f6nnen, ob andauernde und starke Lichtreize \u00fcberhaupt Schmerz erzeugen, da durch die Lider die Augen vor solchen Reizen gesch\u00fctzt werden. Kranken, die an Facialisparalyse leiden, verursacht nach meinen Beobachtungen intensives Licht keinen Schmerz.\nDasselbe gilt auch von den Geh\u00f6rsreizen, die an und f\u00fcr sich keinen Schmerz verursachen. Ein Kanonenschufs im geschlossenen Raum w\u00fcrde allerdings Schmerz erzeugen, aber nicht als Geh\u00f6rsreiz, als Schall, sondern als mechanischer Reiz. Eine Ruptur des Trommelfells, mechanisch durch Einwirkung von Luftschwingungen erzeugt, ist selbstverst\u00e4ndlich schmerzhaft; in diesem Falle darf aber nicht der Schall als Ursache des Schmerzes aufgefafst werden. Schallreize als solche erzeugen bei Kranken Schmerz, Gesunden sind sie aber nur mehr oder weniger unangenehm. \u2014\nMusik \u00fcbt freilich auf verschiedene Menschen verschiedene Wirkungen aus; ein Musikst\u00fcck, f\u00fcr welches der Chinese sich begeistert, ist uns unangenehm. Wirklicher Schmerz wird aber bei allen Menschen und auch bei Thieren durch ein und dieselben Reize hervorgerufen, wobei nur die Intensit\u00e4t des Schmerzes verschieden sein kann; gegl\u00fchtes Eisen verursacht dem Tiger Schmerz, ebenso wie dem Menschen.\nGeruchsreize bewirken an und f\u00fcr sich ebenfalls keinen Schmerz, auch wenn sie noch so unangenehm sind. Solange das chemische Agens nur auf das Geruchsorgan wirkt, erregt es nur Unlustgef\u00fchle, aber keinen Schmerz. Letzterer k\u00f6nnte allerdings bei Einwirkung des Reizes auf Schleimh\u00e4ute eintreten, doch w\u00e4re dann der Schmerz nicht als Folge eines Geruchsreizes aufzufassen. \u2014 Wie die Geruchsreize erzeugen auch diejenigen chemischen Reize, welche Geschmacksempfindungen ausl\u00f6sen, keinen Schmerz. Alle Geschmacksempfindungen, wie s\u00fcfs, sauer, salzig und bitter k\u00f6nnen wohl unter Umst\u00e4nden unangenehm und widerlich, niemals aber schmerzhaft sein. Dem k\u00f6nnte man allerdings entgegenhalten, dafs z. B. Essig in entsprechender Concentration ein unangenehmes schmerzhaftes Brennen im Munde bewirkt, doch dieses schmerzhafte Brennen ist nur als Einwirkung des chemischen Reizes auf die Mundschleimhaut aufzufassen. Chemische Reize erzeugen nur dann Schmerz, wenn sie keine Geschmacksempfindungen auszul\u00f6sen verm\u00f6gen,","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"Der Schmerz.\n17\nwie Jeder zugeben wird, der unvorsichtigerweise oder absichtlich K\u00f6nigswasser oder Schwefels\u00e4ure geschluckt hat; man erinnert sich in solchen F\u00e4llen wohl Schmerzen aber keine Geschmacksempfindungen gehabt zu haben. Sehr heftige Schmerzen bewirken chemische Agentien sowohl bei Menschen als auch bei Thieren bei allgemeiner Einwirkung, wie z. B. Salpeter- oder Schwefels\u00e4ure, subcutan oder per os applicirt. \u2014 Chemische Reize wirken schmerzerregend nicht verm\u00f6ge ihrer Intensit\u00e4t, sondern schon durch ihre Natur an und f\u00fcr sich, und das insofern, als diejenigen chemischen Reize, welche auf unseren Organismus zerst\u00f6rend wirken, Schmerz erzeugen, diejenigen aber, welche nicht den Organismuszerst\u00f6ren, keinen Schmerz bedingen; erstere rufen immer Schmerz hervor, letztere niemals. Der Intensit\u00e4t chemischer Reize kommt nur insoweit Bedeutung zu, als der Schmerz mit der Intensit\u00e4t des Reizes w\u00e4chst; es ist leicht einzusehen, dafs zwei Tropfen Essigs\u00e4ure st\u00e4rkeren Schmerz erregen als ein Tropfen.\nSo wissen wir denn von den chemischen Reizen, dafs einige von ihnen, wie, um ein Beispiel Richet\u2019s zu gebrauchen, die Essigs\u00e4ure, Schmerz erzeugen, andere hingegen, z. B. das Wasser, keinen Schmerz erregen. N\u00e4her l\u00e4fst sich Richet \u00fcber den Unterschied der chemischen K\u00f6rper, die schmerzerregend wirken, und derjenigen, die keinen Schmerz erzeugen, nicht aus. Es w\u00e4re ein Leichtes, die haupts\u00e4chlichsten schmerzerregenden chemischen K\u00f6rper aufzuz\u00e4hlen,. doch damit w\u00e4re noch nicht ihre Definition gegeben. Um zu bestimmen, welche chemischen K\u00f6rper Schmerz erregen, gilt es zuerst, ein Kennzeichen zu finden, das allen schmerzerregenden K\u00f6rpern gemeinsam ist. Merkw\u00fcrdigerweise ist auf ein derartiges Kennzeichen noch nicht hingewiesen worden; ich glaube es jedoch in Folgendem gefunden zu haben: Diejenigen chemischen K\u00f6rper, welche bei unmittelbarer Einwirkung Schmerz erzeugen, t\u00f6dten lebendes Gewebe. Der Schmerz ist selbstverst\u00e4ndlich an die Existenz von Nerven gebunden und entsteht, ehe noch das Gewebe get\u00f6dtet ist; er tritt deshalb bei Einwirkung geringer Dosen oder schwacher L\u00f6sungen auf, w\u00e4hrend der Tod des Gewebes durch concentrirte L\u00f6sungen oder grofse Dosen bedingt wird. \u2014\nZeitschrift 'f\u00fcr Psychologie 26.\n2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\nTF. von Tschisch.\nDie schmerzerregenden Stoffe sind ihrer chemischen Structur nach sehr verschieden, und ihre Anzahl ist Legion; es w\u00fcrde auch zu nichts f\u00fchren, wollten wir sie alle aufz\u00e4hlen, wichtig ist nur, dafs ihnen allen die charakteristische Eigenschaft zukommt, lebendes Gewebe in todtes zu verwandeln. Diejenigenchemi-schen K\u00f6rper, die keinen Schmerz erregen, t\u00f6dten eben kein lebendes Gewebe. Folglich sind die chemischen K\u00f6rper in zwei Gruppen zu sondern, in solche, die das Gewebe t\u00f6dten und Schmerz erregen, und in solche, die lebendes Gewebe nicht angreifen und keinen Schmerz erregen. Fassen wir endlich die schmerzerregenden Eigenschaften der chemischen K\u00f6rper in ein Gesetz zusammen, so w\u00fcrde es wie folgt lauten: Jedes chemische Agens, welches lebendes Gewebe in todtes verwandelt, erzeugt Schmerz.\nMechanische Reize, wie Hieb, Druck u. s. w. erzeugen Schmerz, freilich erst nachdem sie eine gewisse Intensit\u00e4t erreicht haben, so dafs in dieser Beziehung die von Richet aufgestellte Regel zutrifft, wenngleich sie noch einer Erg\u00e4nzung bedarf. Von der Richtigkeit der von Richet 1 und Naunien 2 in Bezug auf die Summation schwacher mechanischer Reize gezogenen Schl\u00fcsse \u00fcberzeugt man sich leicht durch einen einfachen Versuch. Reizt man durch auf einander folgende schwache Schl\u00e4ge ein und dieselbe Stelle, so entsteht Schmerz; folglich wird Schmerz nicht nur durch starke, sondern auch durch die Summation schwacher mechanischer Reize erzeugt. \u2014\nJeder noch so schwache mechanische Reiz erzeugt Schmerz, wofern er die Integrit\u00e4t des Gewebes angreift Schnitt, Stich, Rifs u. s. w. sind deshalb stets schmerzhaft, vorausgesetzt, dafs das verletzte Gewebe auch Nerven enth\u00e4lt, denn der Schmerz ist nat\u00fcrlich an die Existenz von Nerven gebunden. \u2014 Wie die mechanischen erzeugen auch die elektrischen Reize Schmerz erst bei gewisser Intensit\u00e4t, und wie die Summation schwacher mechanischer Reize wirkt auch die Summation schwacher elektrischer Reize schmerzerregend. Elektrische Reize erregen bekanntlich bei ihrer Einwirkung auf die Sinnesorgane die entsprechenden specifischen Empfindungen; so entstehen bei der Wirkung von Elektricit\u00e4t aufs Auge Gesichtsempfindungen, bei der aufs Ohr\n1 Recherches sur le sensibilit\u00e9. 1877.\n* Archiv f\u00fcr experimentelle Pathologie und Pharmakologie 15.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"Der Schmerz.\n19\nGeh\u00f6rsempfindungen u. s. w. Interessant ist nun, dafs die elektrischen Reize keinen Schmerz erzeugen, solange sie specifische Empfindungen hervorrufen, sind sie aber so stark, dafs sie Schmerz erregen, so verm\u00f6gen sie nicht specifische Empfindungen hervorzurufen. Dieses Gesetz, auf welches meines Wissens in der Literatur noch nicht hingewiesen ist, best\u00e4tigt vollkommen die fr\u00fcher aufgestellte Behauptung, dafs die specifischen Empfindungen der h\u00f6heren Sinnesorgane niemals mit Schmerz vergesellschaftet sind. \u2014 Der heftigste Schmerz entsteht durch Temperaturreize, f\u00fcr welche die RiCHET\u2019sche Regel wohl kaum Geltung findet. In Bezug auf diese Reize w\u00e4re die Regel richtiger in folgender Weise zu formuliren: \u201eHitze und K\u00e4lte erzeugen Schmerz insoweit, als sie mit Nerven versehenes Gewebe zerst\u00f6ren.\u201c Des Schmerzes, der durch den Paquelin erzeugt wird, ist bereits vorhin Erw\u00e4hnung gethan worden ; hinzuzuf\u00fcgen w\u00e4re noch, dafs der Schmerz um so heftiger wird, je gr\u00f6fser die Fl\u00e4che ist, auf welche die h\u00f6here oder niedere Temperatur wirkt. Starke, pl\u00f6tzlich einwirkende K\u00e4lte erzeugt zuerst brennenden Schmerz und dann Empfindungslosigkeit, weil die K\u00e4lte zuerst oberfl\u00e4chliche Nekrose und dann An\u00e4sthesie bedingt. M\u00e4fsige K\u00e4lte und Hitze bedingen keinen Gewebstod, folglich auch keinen Schmerz, sondern nur Unlustgef\u00fchle im ganzen Organismus; starke K\u00e4lte und starke Hitze verursachen dagegen heftige Schmerzen, wahrscheinlich nicht nur durch unmittelbare Zerst\u00f6rung der Gewebe, sondern auch durch Erzeugung von Giftstoffen. \u2014\nNachdem wir so alle in der Aufsenwelt vor sich gehenden Ver\u00e4nderungen, die in uns Empfindungen hervorrufen, aufgez\u00e4hlt, nachdem wir ferner festgestellt, welche von diesen Ver\u00e4nderungen oder, besser gesagt, Reizen, Schmerz erzeugen, und unter welchen Bedingungen dieses geschieht, er\u00fcbrigt\u2019s noch, ein charakteristisches, allen schmerzerregenden Reizen gemeinsames Kennzeichen ausfindig zu machen, durch welches sich diese von allen \u00fcbrigen Reizen unterscheiden, die nicht mit Schmerzgef\u00fchlen associirte Empfindungen erzeugen. \u2014\nVor Allem w\u00e4re bei Er\u00f6rterung dieser Frage darauf hinzuweisen, dafs die Empfindungen der h\u00f6heren Sinnesorgane bei gesunden Menschen nie mit Schmerzen einhergehen, doch dieser Hinweis, der wohl f\u00fcr den Psychologen von einigem Werth ist,\nkann weder den Physiologen, noch den Arzt befriedigen. \u2014\n2*","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nW. von T8chisch.\nMeines Wissens hat diese Frage bisher noch keine Beantwortung erfahren; aus diesem Grunde will ich mich bem\u00fchen, die Berechtigung meiner Auffassung von diesem Gegenstand n\u00e4her zu begr\u00fcnden. \u2014\nReize, welche den Menschen nicht t\u00f6dten k\u00f6nnen, wie grelles Licht, lauter Schall, widerlicher Geruch, ekelerregende, aber nicht zerst\u00f6rend auf das Gewebe des Verdauungskanals wirkende Stoffe erzeugen keinen Schmerz.\nIm Gegensatz zu diesen erzeugen aber Schmerz diejenigen Reize, welche den Menschen t\u00f6dten k\u00f6nnen. So wirken schmerzerregende Giftstoffe, mechanische, elektrische Reize, Hitze und K\u00e4lte. \u2014\nEs unterliegt keinem Zweifel, dafs die Inquisition bei so reicher Erfahrung sich der vollendetsten Mittel zu bedienen wufste, um ihre Opfer zu martern und zu t\u00f6dten. Mit den Ursachen des Schmerzes besser vertraut, als mancher Gelehrte, benutzten die Inquisitoren starke Licht-, Schall-, Geruchs- oder Geschmacksreize nicht f\u00fcr ihre Zwecke, weil diese viel zu geringe Qualen verursacht und den Opfern nie ein Gest\u00e4ndnifs abgerungen h\u00e4tten. Die Ungl\u00fccklichen wurden freilich in dunkle Kerker geworfen, weil andauernder Lichtmangel thats\u00e4chlich Unlustgef\u00fchle und sogar Schmerz bedingt; diese Wirkung war dann aber nicht direct, sondern vielmehr indirect bedingt durch Ver\u00e4nderungen, welche im ganzen Organismus hervorgerufen wurden. \u2014 Unklar erscheint, freilich nur bei oberfl\u00e4chlicher Betrachtung, die Thatsache, dafs nicht alle chemischen Reize, welche den Organismus t\u00f6dten, Schmerz erregen. Alkohol, Morphium und Cocain rufen in kleinen Dosen nicht nur keine Schmerzen hervor, sondern erzeugen sogar eine angenehme Wirkung, w\u00e4hrend sie in grofsen Dosen t\u00f6dten, ohne Schmerz zu erregen. \u2014 Schmerzerregende Gifte unterscheiden sich lebhaft von Giften, die t\u00f6dtlich wirken, ohne Schmerz zu erzeugen. Solange dieser Unterschied nicht aufgekl\u00e4rt ist, ist auch die Behauptung ge rechtfertigt, dafs der Schmerz nicht \u201edie wachsame Schild wache\u201c des Organismus ist \u2014\nDieser Unterschied besteht aber in Folgendem: \u201eReize, welche dem Individuum sch\u00e4dlich sind, erregenUn-lustgef\u00fchle; Reize, welche das Individuum t\u00f6dten, erregen ebenfalls Unlustgef\u00fchle, Reize aber, welche lebendes Gewebe t\u00f6dten, erregen Schmerz. In diesen","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"Der Schmerz.\n21\nGesetzen liegt die Antwort auf alle gestellten Fragen, sie b\u00e9ante Worten die Frage, warum nicht nur auf das Individuum sch\u00e4dlich, sondern sogar t\u00f6dtlich wirkende Reize keinen Schmerz erregen. \u2014\nEinige Gifte bewirken keinen Schmerz, und zwar gerade diejenigen, welche nicht unmittelbar auf das lebende Gewebe, sondern auf das Individuum t\u00f6dtlich wirken. Im Gegensatz zu diesen wirken schmerzerregend diejenigen, welche, wie z. B. Sublimat, unmittelbar das Gewebe zerst\u00f6ren, lebendes Gewebe in todtes verwrandeln, oder Ver\u00e4nderungen im Organismus hervor-rufen, welche auf mechanischem oder chemischem Wege den Gewebstod herbeif\u00fchren. \u2014\nDer Schmerz erscheint zeitlich als erste Reaction des Organismus auf Reize, die lebendes Gewebe t\u00f6dten, er ist gleichsam der W\u00e4chter des Organismus, ein Eilbote, der die Meldung bringt, dafs Gefahr im Anzuge ist, der Schmerz zeigt an, dafs bei l\u00e4ngerer und st\u00e4rkerer Einwirkung des Reizes der Tod des Gewebes eintreten werde, und dafs letzterer zum Theil schon im Eintreten begriffen ist \u2014\nReize, welche Unlustgef\u00fchle erregen, sind dem Individuum sch\u00e4dlich, Reize dagegen, welche Schmerz erregen, zerst\u00f6ren einen gr\u00f6fseren oder kleineren Theil des den Organismus bildenden Gewebes. \u2014\nBetrachten wir von diesem Standpunkte aus nochmals die schmerzerregenden Reize, so sehen wir, dafs gerade diese Reize, zum Unterschiede von allen \u00fcbrigen, es sind, welche nicht nur das Individuum t\u00f6dten, sondern das lebende Gewebe, das ihrer unmittelbaren Einwirkung unterliegt \u2014\nHitze und K\u00e4lte t\u00f6dten lebendes Gewebe, t\u00f6dten jede lebende Zelle, ebenso wie die schmerzerregenden Gifte. Es giebt keine lebende Zelle, die diesen Reizen widerst\u00e4nde, und deshalb auch kein Lebewesen, dem sie nicht sch\u00e4dlich w\u00e4ren, das ihnen nicht gern fernbliebe. Mechanische Reize, wie Stich, Schlag oder Druck, und ebenso elektrische Reize, t\u00f6dten gleichfalls lebendes Gewebe. Auf welche Weise Elektricit\u00e2t lebendes Gewebe t\u00f6dtet, ist allerdings noch v\u00f6llig unbekannt, es unterliegt aber keinem Zweifel, dafs derartige Reize sch\u00e4dlich sind, weshalb sie auch nach M\u00f6glichkeit gemieden werden. \u2014\nNach diesen Ueberlegungen ist auch unschwer einzusehen, warum schmerzerregende Reize bei allen Lebewesen Schmerz","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\nW. von Tschisch.\nerzeugen, wofern letztere der Schmerzempfindung f\u00e4hig sind. Ein Tropfen Schwefels\u00e4ure ruft beim Menschen in gleicher Weise, wie beim enthaupteten Frosch Abwehrbewegungen hervor, denn Schwefels\u00e4ure wirkt sowohl auf das Gewebe des Menschen wie auch auf das des enthaupteten Frosches t\u00f6dtlich. Es giebt kein der Schmerzempfindung f\u00e4higes Thier, das auf schmerzerregende Heize nicht in derselben Weise reagirte, wie der Mensch. Der Schmerz ist universell, insofern als ein und dieselben Reize auf alle Lebewesen identisch wirken; ein Unterschied gilt nur in Bezug auf den Grad der Wirkung. Doch nur schmerz-erregende Reize wirken auf alle Lebewesen in gleicher Weise, w\u00e4hrend Reize, die nur Unlustgef\u00fchle erzeugen \u2014 und darin besteht der wesentliche Unterschied \u2014 nicht als universell bezeichnet werden k\u00f6nnen. Schmerzerregenden Reizen gegen\u00fcber verhalten sich auch alle Lebewesen in gleicher Weise; alle streben ihnen, wenn irgend m\u00f6glich, zu entgehen, denn schmerzerregende Reize t\u00f6dten alles Lebendige. \u2014 Der Schmerz wird also durch Reize erregt, welche ohne Ausnahme alles Lebendige zerst\u00f6ren, w\u00e4hrend Unlustgef\u00fchle erzeugt werden durch Reize, welche keineswegs, wie jene, auf alle Lebewesen identisch wirken, sondern auf verschiedene Thierspecies, ja sogar auf verschiedene Einzelindividuen verschieden.\nEine schwierigere Frage ist, wie die genannten Reize in den inneren Organen wirken, was f\u00fcr Processe sie hier hervorrufen. Bekannt ist nur, dafs einige innere Krankheiten mit mehr oder weniger heftigen Schmerzen verlaufen, andere dagegen ohne dieselben, und weiter beschr\u00e4nken sich unsere Kenntnisse lediglich darauf, dafs die Schmerzen in den inneren Organen durch mechanische und chemische Reize erregt werden. \u2014\nAuf welche Weise mechanische Reize Schmerz erregen, ist allerdings bekannt, unerforscht ist aber, ob in den einzelnen Krankheitsf\u00e4llen der Schmerz auf mechanische oder chemische Reize zu beziehen sei, und wir sind auch nicht im Stande, alle Krankheiten und krankhaften Processe aufzuz\u00e4hlen, die mit Schmerzen einhergehen. So wissen wir, dafs Geschw\u00fclste, Gallen-und Harnsteine auf mechanischem Wege Schmerz erzeugen, ob aber bei Entz\u00fcndungsprocessen mechanische oder chemische Reize schmerzerregend wirken, ist unbekannt. Es liegt wohl nahe, in vielen F\u00e4llen den Schmerz auf chemische Ursachen zur\u00fcckzuf\u00fchren, einstweilen fehlen jedoch \u00fcberzeugende Unter-","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"Der Schmerz.\n23\nsuchungen. \u2014 Mechanische und chemische Reize erzeugen in den inneren Organen nicht nur bei starker Einwirkung Schmerz, sondern auch bei schwacher. Nicht nur grofse, sondern auch kleine Geschw\u00fclste verursachen Schmerz ; in manchen F\u00e4llen von intracraniellen Tumoren bestehen die schrecklichsten Schmerzen gerade nur, solange die Geschwulst klein ist, und verschwinden, sobald letztere gr\u00f6fsere Dimensionen angenommen hat. Ein Glas schlechten Weines verursacht andauernde heftige Kopfschmerzen, obgleich doch in einem Glase wahrscheinlich nicht mehr als wenige Milligramme der giftigen Substanz enthalten sind. Die Intensit\u00e4t des Schmerzes in den inneren Organen ist der Inten* sit\u00e4t des entsprechenden Reizes nicht proportional und wird durch einstweilen noch g\u00e4nzlich unbekannte Ursachen bedingt \u2014 Schon im Jahre 1880 hat Meynert die Vermuthung ausgesprochen, dafs die gedr\u00fcckte Gem\u00fcthsstimmung, der psychische Schmerz auf ver\u00e4nderte Stoffwechselvorg\u00e4nge in den Zellen der Hirnrinde zu beziehen sei, die in Folge ungen\u00fcgender Zufuhr arteriellen Blutes zu Stande k\u00e4men; er bezeichnete diesen Zustand der Zellen als dyspnoische Em\u00e4hrungsphase. Mit dieser Hypothese stehen auch die genannten Gesetze von der Entstehung des Schmerzes in gewissem Einklang. \u2014\nWenn auch die Art und Weise, wie die schmerzerregenden Gifte das Gewebe t\u00f6dten, noch nicht in allen F\u00e4llen gen\u00fcgend erforscht ist, so wissen wir doch, dafs einige von ihnen durch Entziehung von Sauerstoff den Gewebstod bedingen, andere wiederum dadurch, dafs sie die innere Structur des Gewebes zerst\u00f6ren, ohne dabei Bestandtheile zu entnehmen oder hinzuzuf\u00fcgen. Jedenfalls wird die MEYNERT\u2019sche Hypothese durch die Thatsache, dafs Gifte, welche durch Sauerstoffentziehung lebendes Gewebe t\u00f6dten, Schmerz erzeugen, in zutreffendster Weise best\u00e4tigt. Der Schmerz erscheint als erste Reaction bei Einwirkung von Giften, welche Sauerstoff entziehen. Demgem\u00e4fs werden auch die func-tionellen, neuralgischen Schmerzen wahrscheinlich durch im Blut oder im Nervensystem selbst auftretende Gifte bedingt, die das Gewebe t\u00f6dten, indem sie ihm den Sauerstoff entziehen, oder die Blutbeschaffenheit dahin \u00e4ndern, dafs das Blut die F\u00e4higkeit einb\u00fcfst, den Nervenzellen die n\u00f6thige Quantit\u00e4t von Sauerstoff abzugeben. Die Nervenzellen befinden sich eben dann in der \u201edyspnoischen Ern\u00e4hrungsphase\u201c, sie verfallen dem Sauerstoffhunger. Den Sauerstoffmangel beantwortet das Bewufstsein mit","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nW. von Tschisch.\nder Schmerzerscheinung in derselben Weise, wie die Einwirkung von Giften, die das Gewebe durch Entziehung von Sauerstoff zerst\u00f6ren.\nII.\nObgleich der Schmerz eine so bekannte Erscheinung und schon oft Gegenstand der Forschung gewesen ist, sind die Anschauungen vieler Gelehrten \u00fcber denselben noch auffallend unklar. Schon ein einfacher Versuch jedoch, den ich oft an mir und Anderen ausgef\u00fchrt habe, gen\u00fcgt, um dem Wesen des Schmerzes n\u00e4her zu treten. Die einfache Ber\u00fchrung der Elektrode eines noch nicht geschlossenen, unwirksamen Stromes ruft nur die Empfindung einer einfachen Ber\u00fchrung hervor; wird aber der Strom geschlossen, so entsteht, solange er schwach ist, eine eigenartige, mir pers\u00f6nlich angenehme, vielen Anderen unangenehme Empfindung, die bei fortschreitender Steigerung des Stromes immer unangenehmer wird, bis endlich das Unlustgef\u00fchl in Schmerz \u00fcbergeht. L\u00e4fst man den Strom noch weiter anschwellen, so steigert sich auch der Schmerz; die Schmerzempfindung wird aber allm\u00e4hlich weniger deutlich und dann tritt schliefslich ein Moment ein, in welchem das Bewufstsein vollst\u00e4ndig vom Schmerz absorbirt ist, ein Zeitpunkt, in welchem trotz der Ueberzeugung, elektrisirt zu werden, nichts mehr empfunden wird, in welchem eben das Bewufstsein vom Schmerz absorbirt ist Der Versuch lehrt, dafs man bei schwachen Str\u00f6men mit Leichtigkeit Empfindung und Schmerz zu unterscheiden vermag, w\u00e4hrend bei starken der Schmerz so sehr hervortritt, dafs es unm\u00f6glich wird, die Ber\u00fchrung der Elektrode und die durch den Strom bedingte Empfindung getrennt wahrzunehmen. Wird der Moment der Stromschliefsung auf dem Kymographen markirt, und die Versuchsperson auf gef ordert, den Zeitpunkt, in welchem sie den Reiz des faradischen Stromes empfindet, durch ein auf dem Kymographen zu vermerkendes Zeichen anzugeben, so zeigt sich, dafs die Empfindung des elektrischen Stromes fr\u00fcher auf-tritt, als der Schmerz, dafs die Ber\u00fchrung 0,1\u20140,2 Sec. nach der Schliefsung des Stromes empfunden wird, der Schmerz dagegen nach 0,3 bis 1,5 Sec. Markirt man auf dieselbe Weise den Moment der Strom\u00f6ffnung, so \u00fcberzeugt man sich, dafs die Empfindung des elektrischen Stromes sofort erlischt, nicht einmal 0,2 Sec. lang die Oeffnung des Stromes \u00fcberdauert, w\u00e4hrend der","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"Der Schmerz.\n25\nSchmerz noch lange wahrgenommen wird, je nach der St\u00e4rke des ihn erzeugenden Stromes. Nach schwachen Reizen erlischt der Schmerz schon im Verlaufe von wenigen Secunden, nach starken dagegen dauert er sogar einige Minuten an. Es ergiebt sich also, dafs der Schmerz sp\u00e4ter ins Bewufstsein gelangt, als die Empfindung des elektrischen Stromes, und dafs er nach Entfernung des Reizes eine bestimmte Zeit andauert, w\u00e4hrend die Empfindung gleichzeitig mit dem Reize erlischt \u2014\nUm das Verh\u00e4ltnis zwischen Empfindung und Schmerz genau zu studiren, setzte ich mich selbst Reizen von verschiedener Stromst\u00e4rke aus, nachdem ich zuvor Stickoxydul auf mich hatte einwirken lassen. Nach leichter Vergiftung blieben die Empfindungen unver\u00e4ndert, w\u00e4hrend Schmerz erst durch sehr starke Str\u00f6me ausgel\u00f6scht wurde und es zu heftigen Schmerzen bei den mir zur Verf\u00fcgung stehenden Str\u00f6men \u00fcberhaupt nicht kam; nach st\u00e4rkerer Vergiftung konnten Gef\u00fchle, also Schmerz, nicht mehr erzeugt werden, w\u00e4hrend Empfindungen deutlich wahrgenommen wurden. Genau dasselbe habe ich auch nach subcutanen Cocaininjectionen an mir beobachtet W\u00e4hrend geringe Dosen die Empfindungen nicht im Geringsten beeinflussen und Ber\u00fchrungen eines Messers z. B. deutlich wahrgenommen wurden, entsteht Schmerz niemals durch Schnitte in die Haut, welche unter solchen Umst\u00e4nden nur Unlustgef\u00fchl erzeugen. -Eine gr\u00f6fsere Dosis des genannten Giftes bringt jegliches Gef\u00fchl zum Erl\u00f6schen und l\u00e4fst Empfindungen unbeeinflufst. \u2014\nDer Schmerz ist immer mit einer Empfindung vergesellschaftet Solange der Schmerz gering ist und sich noch nicht ganz unseres Bewufstseins bem\u00e4chtigt hat, verm\u00f6gen wir noch deutlich die dem Reiz entsprechende Empfindung, welche uns \u00fcber den erfolgten Reiz in Kenntnifs setzt, vom Schmerz zu unterscheiden. Wird aber der Schmerz sehr heftig, so tritt die Empfindung zur\u00fcck, wird undeutlich und verschwommen; die Empfindung erlischt jedoch keineswegs, und unter noch so heftigen Schmerzen sind wir im Stande, genau anzugeben, wo es schmerzt Der Schmerz ist, ich wiederhole es, mit einer Empfindung immer vergesellschaftet, darf aber keineswegs mit letzterer identifient werden; es w\u00e4re unrichtig, \u00fcber Schmerzempfindungen in demselben Sinne zu reden, wie \u00fcber Geschmacksempfindungen ; denn es giebt auch Empfindungen, die nicht von Schmerzgef\u00fchlen gefolgt sind. Empfindungen und Schmerz sind","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nW. von T8chi8ch.\ndurchaus selbst\u00e4ndige grundverschiedene Erscheinungen des psychischen Geschehens. \u2014\nEin schmerzerregender Reiz ruft gleichzeitig die Empfindung mit allen ihren Attributen, der Qualit\u00e4t und Intensit\u00e4t, hervor und das lebhafte Schmerzgef\u00fchl. Meine Beobachtungen, welche nur noch einmal l\u00e4ngst bekannte Thatsachen best\u00e4tigen, zeigen, dafs das Gef\u00fchl als Begleiterscheinung der Empfindung aufzufassen ist, und dafs das Gef\u00fchl auch nach dem Erl\u00f6schen der Empfindung fortbestehen kann, w\u00e4hrend es andererseits schwinden kann bei noch bestehender Empfindung.\nWirkt ein Reiz st\u00f6rend auf den Organismus, so gelangt die Kunde von der Zerst\u00f6rung dadurch ins Bewufstsein, dafs zur Empfindung das Schmerzgef\u00fchl hinzutritt Gleichzeitig gehen im Organismus Ver\u00e4nderungen vor sich; einige von ihnen, wie die Ver\u00e4nderungen des Pulses und der Pupillenweite, sind uns zur Gen\u00fcge bekannt, andere dagegen harren der Erforschung. \u2014\nSo sind denn der Schmerz als elementarer psychischer Vorgang einerseits, und die zum Theil erforschten Ver\u00e4nderungen des Organismus andererseits Theile ein und desselben Vorganges. Der Schmerz ist demnach nicht nur als psychologische sondern auch als physiologische Erscheinung aufzufassen, und die von Martius 1 f\u00fcr den Schmerz gegebene Definition entbehrt der Vollst\u00e4ndigkeit, wenn er ihn als rein subjective Erscheinung bezeichnet.\nIn Bezug auf die Dauer des Schmerzes bemerkte ich schon fr\u00fcher, dafs selbst nach schwachen Reizen der Schmerz noch fortbesteht, nachdem der Reiz zu wirken aufgeh\u00f6rt hat. Starke Reize, wie eine bedeutende Verbrennung, ein Schlag mit dem Stocke, erzeugen bekanntlich Schmerzen, die mehrere Minuten andauem, und sehr starke Reize rufen oft Schmerzen von Tage, Monate, ja Jahre langer Dauer hervor. Alte Wunden bedingen Jahre und Jahrzehnte hindurch die qualvollsten Schmerzen. Nicht unbekannt ist auch die Thatsache, dafs geringe Reize andauernde Pulsver\u00e4nderungen hervorrufen, die sich noch nach dem Erl\u00f6schen der Reize feststellen lassen. Entgegengesetzt der Meinung Anderer mufs ich mich jedenfalls f\u00fcr eine k\u00fcrzere oder l\u00e4ngere Dauer des Schmerzes aussprechen. Schon die Entstehung des Schmerzes durch Reize, welche das Gewebe zerst\u00f6ren, weist\n1 Der Schmerz, S. 1.","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"Der Schmerz.\n27\nauf die Dauer desselben hin ; ist dem so, dann mufs der Schmerz auch fortbestehen, nachdem der Reiz, welcher ihn erzeugt hat, geschwunden ist Ein Hieb, ein heifser Gegenstand, ein Tropfen Schwefels\u00e4ure verursachen bei ihrer Einwirkung auf unseren Organismus fraglos eine Reihe von Ver\u00e4nderungen, die auch nach dem Schwinden des Reizes fortdauern. Sind denn Quetschwunden oder Hyper\u00e4mie und Blasen der Haut nicht deutlich wahrnehmbare fortbestehende materielle Spuren eines Hiebes oder einer erfolgten Verbrennung, deren Ursache l\u00e4ngst entfernt, zu wirken aufgeh\u00f6rt hat? Ein Tropfen Schwefels\u00e4ure zerst\u00f6rt nicht nur das Gebiet, auf welches derselbe unmittelbar eingewirkt hat, sondern ruft auch in der Umgebung desselben andauernde entz\u00fcndliche Ver\u00e4nderungen hervor; ja sogar ein schwacher faradischer Strom hinterl\u00e4fst Ver\u00e4nderungen wie Gef\u00e4fserweite-rung u. s. w. Freilich, der Organismus sucht sich mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu vertheidigen vor Angriffen, die Schmerz verursachen, doch sind seine Vertheidigungswaffen, wie Regeneration des zerst\u00f6rten Gewebes, die Demarcationsline Pro-cesse, welche verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig langsam vor sich gehen. \u2014\nEin wirklicher Unterschied zwischen den schmerzerregenden und allen \u00fcbrigen Reizen w\u00e4re darin zu sehen, dafs die schmerz-erregenden Reize in den Organismus eindringen, w\u00e4hrend die anderen denselben, m\u00f6chte ich sagen, nur streifen. \u2014\nSchmerz entsteht nur dann, wenn der Reiz in den Organismus eingedrungen ist, materielle Spuren hinterlassen hat Bei Ber\u00fchrung eines warmen K\u00f6rpers entsteht nur eine Temperaturempfindung, gefolgt von einem Lust- oder Unlustgef\u00fchl, wird aber ein heifser K\u00f6rper ber\u00fchrt, so treten, abgesehen von der der Ber\u00fchrung unmittelbar folgenden Schmerzempfindung, Verbrennungserscheinungen ein, und solange diese dauern, dauert auch der Schmerz. Es ist demnach leicht einzusehen, dafs schmerzerregende Reize, schon ihrer Natur gem\u00e4fs, keinen kurzdauernden Bewufstseinszustand hervorrufen ; Schmerz erregen nur solche Reize, welche materielle Spuren hinterlassen und dadurch l\u00e4ngere Zeit hindurch den Bewufstseinszustand ver\u00e4ndern. Der Schmerz ist im Vergleich mit allen anderen Bewufstseins-zust\u00e4nden eben von l\u00e4ngerer Dauer, und diese schreckliche Eigenschaft des Schmerzes ist uns Aerzten leider nur zu gut bekannt. \u2014\nEine andere Frage ist, warum der Schmerz so schnell ver-","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28\nW. von T8chisch.\ngessen wird, vom Ged\u00e4chtnifs nur so kurze Zeit festgehalten wird\u00bb doch auch auf diese Frage giebt die Psychologie befriedigend\u00a9 Antwort\nDafs das Ged\u00e4chtnifs f\u00fcr Schmerzempfindungen sehr schwach ist, unterliegt keinem Zweifel. Bain 1 sagt, dafs \u201eGef\u00fchle als solche in sehr geringem Grade in der Erinnerung bewahrt werden\u201c und auch James '1 2 behauptet, dafs das \u201eGed\u00e4chtnifs die Gef\u00fchle nur sehr kurze Zeit festzuhalten vermag\u201c. Ebenso konnte Rebot 3 f\u00fcr die Richtigkeit dieser Anschauung eintreten auf Grund von Antworten, die er auf seine Fragen von Aerzten und Leidenden erhielt. \u2014\nWie schon erw\u00e4hnt, besteht der Schmerz aus Empfindung und Gef\u00fchl; je st\u00e4rker der Schmerz, desto geringer die Empfindung. Ein erlebter Bewufstseinszustand wird aber nur als Ganzes im Ged\u00e4chtnifs erhalten, nur als Complex von Empfindung und Gef\u00fchl. Nun ist der Schmerz immer mit den weniger deutlich zum Bewufstsein gelangenden Empfindungen der niederen Sinnesorgane vergesellschaftet, und diese letzteren, ich denke an die Temperatur, die mechanischen und elektrischen Empfindungen, werden in so geringem Grade vom Ged\u00e4chtnifs festgehalten, dafs sie nach dieser Richtung hin nicht einmal Gegenstand experimenteller Untersuchung sein k\u00f6nnen. Noch weniger werden die so undeutlichen, von den inneren Organen herr\u00fchrenden Empfindungen in der Erinnerung bewahrt Wird aber die Theil-erscheinung des Schmerzes, die Empfindung, so schnell vergessen, dann kann auch nicht die Gesammterscheinung sich lange im Ged\u00e4chtnifs behaupten. Aus diesem Grunde erlischt die Erinnerung an den Schmerz so schnell, aus diesem Grunde kann der Schmerz auch nicht reproducirt werden. \u2014\nIch ber\u00fchre absichtlich nicht die Frage, wie sich das Ged\u00e4chtnifs zu den Gef\u00fchlen an und f\u00fcr sich verh\u00e4lt, denn wenn es auch das Gef\u00fchl in gen\u00fcgendem Grade festhalten k\u00f6nnte, w\u00e4re es doch unm\u00f6glich, sich des Schmerzes mit entsprechender Deutlichkeit zu erinnern. Das Ged\u00e4chtnifs vermag eben nicht Gef\u00fchle, gesondert von der Empfindung, zu reproduciren, die Reproduction einer Empfindung aber ist unm\u00f6glich. Je heftiger\n1 Emotions and Will, 8. 262.\n*\tThe Principles of Psychology, Bd. II, S. 474.\n*\tLa Psychologie des sentiments, Cap. XI.","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"Der Schmerz.\n29\nder Schmerz, desto schw\u00e4cher das Ged\u00e4chtnifs f\u00fcr denselben, und das aus dem Grunde, weil die mit heftigen Schmerzen vergesellschafteten Empfindungen so undeutlich und schwach sind, dafs sie schnell vergessen werden und jeglicher Reproduction unf\u00e4hig sind. Jede gesunde Mutter hat diese Erfahrung gemacht und der Satz: \u201eDieu a mesur\u00e9 la peine \u00e0 nos forces en nous donnant l\u2019oubli\u201c ist unumst\u00f6fslich. \u2014\nDer Schmerz wird also schnell vergessen, um so treuer ist daf\u00fcr das Ged\u00e4chtnifs f\u00fcr die Umst\u00e4nde, unter denen der Schmerz auf-tritt \u2014 Durch Verkn\u00fcpfung mit starken Unlustgef\u00fchlen werden die Erlebnisse mit ganz besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen und um so fester dem Ged\u00e4chtnifs eingepr\u00e4gt Von einem erzieherischen Werth des Schmerzes kann demgem\u00e4fs nur insofern die Rede sein, als diejenigen Ereignisse, welche gleichzeitig mit dem Schmerz erlebt werden, l\u00e4nger im Ged\u00e4chtnifs bleiben, w\u00e4hrend der Schmerz an und f\u00fcr sich schnell in Vergessenheit ger\u00e4th. \u2014 Diese Eigenschaft des Schmerzes, schnell vergessen zu werden, ist auch nicht ohne Bedeutung ; sie bedingt fraglos zum Theil den Fortschritt des Menschen, der, immer von lebhafter Schmerzvorstellung beeinflufst, in niedriger Angst stets nur um sein Wohl bedacht, h\u00f6herer Regungen kaum f\u00e4hig w\u00e4re. \u2014 Es ist geradezu ein Gl\u00fcck, dafs der Schmerz so schnell dem Ged\u00e4chtnifs entschwindet, w\u00e4hrend moralische Leiden viel schwerer vergessen werden. Moralische Leiden sind immer mit so vielen complicirten Eindr\u00fccken und Vorstellungen verkn\u00fcpft, und weil letztere lange im Ged\u00e4chtnifs bleiben, k\u00f6nnen auch die mit ihnen associirten Gef\u00fchle, die moralischen Leiden, einerseits nicht so leicht vergessen und andererseits um so leichter reproducirt werden. \u2014 Ausschliefslich dadurch, dafs man den Schmerz so leicht, moralisches Leid aber so schwer vergessen kann, beeinflufst letzteres unser Handeln bei weitem mehr als der Schmerz. Nur Pharis\u00e4er konnten behaupten, dafs der Schmerz m\u00e4chtiger wirke als moralisches Leid, und dafs es vorzuziehen sei, sich Schmerzen auszusetzen, um moralischen Leiden zu entgehen. Das ist aber nur darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren, dafs moralische Leiden l\u00e4nger im Ged\u00e4chtnifs bleiben als Schmerzen, nicht aber auf die m\u00e4chtigere Wirkung der moralischen Leiden im Vergleich zu der des physischen Schmerzes. \u2014 Ein schon einmal im Zweikampf schwer Verwundeter folgt r\u00fcckhaltslos einer zweiten Forderung nur aus Angst, f\u00fcr einen Feigling gehalten zu werden;","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\nW. von T8chi8ch.\ndiese Vorstellung von der Kr\u00e4nkung und Verachtung, die ihm von Seiten seiner Freunde widerfahren k\u00f6nnten, wenn er sich vom Duell zur\u00fcckziehen wollte, wird so lebhaft, dafs der Schmerz der fr\u00fcher einmal erlittenen Wunde nicht mehr in Betracht kommt. Dieser physische Schmerz ist eben l\u00e4ngst vergessen, der Geforderte hat keine Vorstellung mehr davon, wie schwer die Wunde brannte, die Wunde, der er sich wieder aussetzt. Wie w\u00e4re es denn auch m\u00f6glich, f\u00fcr Ideale zu k\u00e4mpfen, das Leben zu wagen, wenn uns die Erinnerung an physische Schmerzen mit gleicher Lebhaftigkeit gefangen hielte, wie die an erlebte moralische Leiden? Wer k\u00f6nnte dann mit solcher Hingebung Kranke pflegen, mit solcher Opferfreudigkeit in den Kampf ziehen, an gefahrdrohenden Expeditionen theilnehmen, wenn der erlittene Schmerz mit urspr\u00fcnglicher Lebhaftigkeit in der Erinnerung bewahrt w\u00fcrde?\nDer physische Schmerz w\u00e4hrt nur, solange der Reiz und seine unmittelbaren Folgenerscheinungen dauern, derselbe kann sich mit Vorstellungen, mit Erinnerungsbildern nicht associiren. Ganz anders moralische Leiden, die nicht nur durch Reize, sondern auch durch Vorstellungen erzeugt werden. Wir empfinden Kummer nicht nur, solange wir die Leiche eines geliebten Menschen vor Augen haben, sondern auch sp\u00e4ter bei der Erinnerung an den Verlust Im Gegensatz zum physischen Schmerz kann mit der Zeit ein solcher Kummer sich sogar steigern. Wer das Ungl\u00fcck gehabt hat, handgreiflich beleidigt zu werden, der weifs, wie schnell der physische Schmerz vergeht, und wie schwer aber eine Beleidigung, eine moralische Kr\u00e4nkung zu vergessen ist Moralische Leiden sind die m\u00e4chtigsten Hebel unserer Handlungen ; um ihnen zu entgehen, sind wir bereit Opfer zu bringen, Gen\u00fcssen zu entsagen, ja Gesundheit und Leben zu wagen. \u2014 Wenn Schmerz und moralisches Leid sich gleich lange im Ged\u00e4chtnifs behaupteten, w\u00fcrde allerdings der Schmerz als Beweggrund unserer Handlungen die moralischen Leiden verdr\u00e4ngen. Unter dem Einflufs von physischen Schmerzen \u2014 ich denke dabei nat\u00fcrlich nur an gew\u00f6hnliche Sterbliche, nicht an Helden \u2014 sind wir zu Allem bereit, um uns vor denselben zu retten. Kranke sind bekanntlich die krassesten Egoisten und, nur auf Erleichterung ihres eigenen Zustandes bedacht, unglaublich anspruchsvoll und r\u00fccksichtslos gegen ihre Umgebung. Sobald aber der Schmerz geschwunden ist, sch\u00e4men sie sich, wie ich","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"Der Schmerz.\n31\ndi beobachtet habe, ihrer egoistischen R\u00fccksichtslosigkeit, und and, da die Schmerzen nun vollst\u00e4ndig vergessen sind, wiederum bereit, der Humanit\u00e4t oder ihrem Ehrgeiz die gr\u00f6fsten Opfer zu bringen- \u2014\nZum Schlufs sei es mir gestattet, den Inhalt vorliegender Abhandlung in Folgendem zusammenzufassen:\nSchmerz wird nur durch solche mechanische, chemische, thermische und elektrische Reize erzeugt, welche nicht nur du Individuum, sondern auch das lebende Gewebe als solches t\u00f6dten.\nDerartige Reize erregen Schmerz nur insoweit, als sie lebendes Gewebe t\u00f6dten; bei schwacher oder zu kurzdauernder Wirkung erzeugen sie, wenn sie das Gewebe nicht zerst\u00f6ren, keinen Schmerz. \u2014 Schmerzerregende Reize wirken in gleicher Weise auf alle Lebewesen und werden deshalb nach M\u00f6glichkeit von allen Lebewesen gemieden.\nSchmerzerregende Reize erzeugen undeutliche Empfindungen, vergesellschaftet mit einem specifischen Gef\u00fchl, dem Schmerz; die Empfindung tritt fr\u00fcher auf als der Schmerz. \u2014\nJe st\u00e4rker das Gef\u00fchl \u2014 der Schmerz \u2014 desto undeutlicher die zugeh\u00f6rige Empfindung.\nDer Schmerz ist nicht nur ein psychologischer, sondern auch ein physiologischer Zustand; die physiologische Seite ist noch wenig erforscht\nDer Schmerz kann nicht geschildert werden, weil die Empfindungen, welche durch schmerzerregende Reize entstehen, undeutlich und unbestimmt sind, der Schmerz aber einfach ist und sich nur durch seine Intensit\u00e4t unterscheidet.\nDer Schmerz, als Reaction des Bewufstseins auf Reize, welche lebendes Gewebe t\u00f6dten, ist das st\u00e4rkste Unlustgef\u00fchl ; alle \u00fcbrigen Unlustgef\u00fchle, wie die Reactionen des Bewufstseins auf Reize, welche den Organismus t\u00f6dten, oder ihm sch\u00e4dlich sind, sind nicht so qualvoll, wie der Schmerz.\nDer Schmerz, wenn auch von noch so geringer Intensit\u00e4t, hat immer eine bestimmte Dauer, denn die Ver\u00e4nderungen in der Aufsenwelt, welche ihn erzeugen, hinterlassen materielle Spuren im Organismus. Zum Unterschiede von allen \u00fcbrigen Reizen, verursachen schmerzerregende Reize stets mehr oder weniger tiefgreifende Ver\u00e4nderungen im Organismus.\nDer Schmerz bleibt nur kurze Zeit im Ged\u00e4chtnifs, denn die\ni","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"W. vori Tschisch.\n32-\nEmpfindungen, \u2022 welche durch schmerzerregende Reize erzeugt worden, sind undeutlich und unbestimmt.\nDer Schmerz, der: eine so groise Gewalt \u00fcber uns hat; solange wir ihn empfinden, hat an und f\u00fcr sich keinen erzieherischen Werth, weil er so schnell vergessen- wird, und vermag aus diesem Grunde unsere Handlungen nicht in Bedeutendem: zu beeinflussen.- Der Schmerz wird leicht, moralisches Leid aber schwer vergessen, und das! ist ein Gl\u00fcck f\u00fcr die Menschheit,, denn diesem Umstande verdanken die h\u00f6heren Regungen den Sieg \u00fcber die niederen.\nDer Schmerz ist demnach als Strafe nur unn\u00fctz* grausam und- gesundheitswidrig\u00bb\nJede k\u00f6rperliche Z\u00fcchtigung und Erzeugung von Schmerzen ist ein Mord, denn schmerzerregende Reize t\u00f6dten lebendes Gewebe\u00bb\n' (Eingegangen am 1. M\u00e4rz 1901.)","page":32}],"identifier":"lit31437","issued":"1901","language":"de","pages":"14-32","startpages":"14","title":"Der Schmerz","type":"Journal Article","volume":"26"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:39:35.935377+00:00"}

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