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S. Alrutz: Studien auf dem Gebiete der Temperatursinne. II. Die Hitzeempfindung. Skandinav. Archiv für Physiologie 10, 340-352, 1900. (Aus dem physiol. Laboratorium der Universität Upsala.)

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{"created":"2022-01-31T16:27:18.294134+00:00","id":"lit31447","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kiesow, F.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 26: 231-246","fulltext":[{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\nZur Analyse der Temperaturempfindungen.\nBesprechung und Entgegnung.\nY on F. Kntsow (Turin).\n8. alb\u00fctz. Stadlern aaf dem Gebiete der TenperatminBe. IL Die Hitse-empfiadaag. Skandinav. Archiv f\u00fcr Physiologie 10, 340\u2014362. 1900. (Ans dem physiol. Laboratorium der Universit\u00e4t Upsala.)\nDer Verf. leitet seine Arbeit mit folgenden Worten ein: \u201eDale man tod Kiltepunkten K\u00e4lteempfindungen erhalten kann, auch wenn diese Punkte von warmen Metallspitzen gereizt werden, ist durch die Unter-Eichungen von Lehmann (1892 \u00a7 42 bis 43), der jedoch n\u00e4here Details nicht \u00abgegeben hat, von v. Fbey (1895, S. 175) und von mir (1897, S. 332\u2014333) festgestellt. Diese K\u00e4lteempfindungen, die man \u201eparadoxe K\u00e4lteempfin-dongen\u201c genannt hat, sind nach v. Fbey schon mit Metallspitzen von -f- 40 bis 45\u00b0 C. auszul\u00f6sen. Wenn man sie aber nur recht deutlich zu bekommen w\u00fcnscht, sind dagegen Spitzen von -f- 70 bis 100* nach meiner Erfahrung anzuwenden.\u201c\nDiese Angaben d\u00fcrften wohl dahin zu berichtigen sein, dafa Alfred Lkh-H\u00e4m die Thatsache an sich zuerst entdeckt hat (die Hauptgesetze des menschlichen Gef\u00fchlslebens, 1892, S. 35), dafs sie dann unabh\u00e4ngig von Lehmann lach durch v. Fbey gefunden und als paradoxe K\u00e4lteempfindung bezeichnet wurde (Beitr\u00e4ge zur Sinnesphysiologie der Haut, 3. Mittheil. Leipziger Berichte 1895, S. 172) und dafs sie unter Kenntnifs der v. Frbt-\u00bbchen Mittheilungen auch vom Verf. (Studien auf dem Gebiete der Temperatursinne, Skand. Arch, f\u00fcr Physiol. 1897, 7, S. 332\u2014333) best\u00e4tigt ward.\nEs ist ferner nicht richtig, dafs von Lehmann keine n\u00e4heren Details angegeben worden sind, falls man unter Details auch bestimmte Werthangaben versteht. Ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich vermuthe, dafs der Verl auf die LBHMANN'schen Befunde erst durch meine Abhandlung Zur Psychophysiologie der Mundh\u00f6hle (Philosophische Studien, 1898, 14, S. 575) aufmerksam geworden ist. Ich habe aber hier die LuHMANN\u2019sche Werthangabe ausdr\u00fccklich hervorgehoben. Lehmann\u2019s Mittheilungen k\u00f6nnen gar nicht mifsverstanden werden, weder was die Versuchsanordnung, noch vas die Resultate betrifft. Er arbeitete mit 4 Mitarbeitern und kam in der m Rede stehenden Frage zu dem Ergebnifs: \u201eK\u00e4lteempfindungen entstehen","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nBesprechung.\nan den K\u00e4ltepunkten sowohl durch mechanischen und elektrischen Stofs, als durch W\u00e4rmereize...........W\u00e4rmereize bis -f- 60\u00b0 C. k\u00f6nnen K\u00e4lte-\nempfindungen ausl\u00f6sen.\u201c Dafs es sich hier um punktuelle Reizung handelt, geht aus den voraufgehenden Ausf\u00fchrungen hervor. Wenn der Verf. demnach f\u00fcr einen h\u00f6heren Klarheitsgrad der paradoxen K\u00e4lteempfindung + 70\u2014100\u00b0 C. verlangt, so d\u00fcrfte er Lehmann n\u00e4her stehen als v. Fret.\nEs ist wohl als sicher anzunehmen, da\u00fcs es hier individuelle Unterschiede giebt, Soweit ich an mir selbst Erfahrungen sammeln konnte, Erfahrungen, die sich bereits \u00fcber eine Reihe von Jahren erstrecken, sind die durch v. Fbet angegebenen Werthe oder wenig h\u00f6here zur Hervorrufung der Erscheinung ausreichend, wenn der Reiz auf der K\u00f6rperoberfl\u00e4che punktartig mit dem von mir angegebenen Apparate (Philos. Stud. 14, S. 689) applicirt wird.\nDie weiteren Ausf\u00fchrungen des VerL's d\u00fcrften sich zusammengefafst folgendermaafsen wiedergeben lassen:\nAufser der Warm- und Kaltempfindung giebt es noch eine dritte \u201eganz einfache, d. h. durchaus gleichartige\u201c, auf introspectivem Wege nicht weiter zerlegbare Temperaturempfindung von specifischem Charakter, die Hitzeempfindung.\nUm diese rein zu erhalten, muXs der Reiz unterhalb der Schmerzgrenze bleiben. Solche Reize nennt der Verf. Hitzereize, st\u00e4rkere, gleichzeitig Schmerzempfindungen ausl\u00f6sende thermische Schmerzrei'xe. \u201eHiernach kann man die Hitzeempfindung sozusagen nach unten und nach oben negativ definiren: sie ist nicht \u201esehr warm\u201c und nicht nothwendig \u00bbschmerzbetont\u00ab.\u201c (Der Ausdruck \u201eschmerzbetont\u201c d\u00fcrfte meiner oben citirten Arbeit entlehnt sein.)\nUm Hitzeempfindungen auszul\u00f6sen, bedarf es der gleichzeitigen Reizung von K\u00e4lte- und W\u00e4rmeorganen, der Reiz mufs daher immer mehr oder weniger fi\u00e4chenhaft sein.\nDie Hitzeempfindung kann bei 40\u00b0 C. auftreten. Mittels erw\u00e4rmter Messingcylinder, sowie eines Metallrohrs oder einer Metallplatte von 2 */*\u25a0\u20143 cm Radius, durch welche letzteren Apparate erw\u00e4rmtes Wasser str\u00f6mte, konnte der Verf. bei Temperaturen bis zu 42\u201444\u00b0 reine Hitzeempfindungen an der Stirn, dem Thenar, der Volarseite des Unterarms und der Ellenbeuge erzeugen, wenn er den verwandten Apparat diesen K\u00f6rper-theilen fest anlegte. Diese K\u00f6rperstellen sind nach A. \u201eaus verschiedenen Gesichtspunkten\u201c Musterstellen f\u00fcr Hitzeempfindungen, obwohl man auch an andere Hautfl\u00e4chen gute Hitzeempfindungen erhalten k\u00f6nne.\nDie meisten Menschen bezeichnen diese specifischen Empfindungen als \u201eheifs\u201c.\nParadoxe K\u00e4lteempfindungen lassen sich auch durch fl\u00e4chenhafte Reizung [von Hautstellen bervorrufen. (Auf diese Thatsache d\u00fcrfte ich in der citirten Arbeit S. 685 bereits hingewiesen haben.) Mittels Thunbxbg-scher Silberplatten (Upsala, L\u00e4karef. f\u00f6rhandl. 1896) rief der Verf. am Oberschenkel unmittelbar oberhalb der Kniescheibe, in der Armbiege, am Unterarm, an der Kniescheibe und an anderen Stellen von stark entwickelten K\u00e4lte- und schwach entwickelten W\u00e4rmeempfindungen Doppelempfindungen hervor, \u201ederen erstes und k\u00fcrzestes Glied aus einer scharfen","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\n233\nund deutlichen K\u00e4ltesensation\u201c bestand, \u201eund deren zweites Glied eine mehr oder minder intensive W\u00e4rme* oder Hitzeempfindung\u201c war. Die gleiche Erscheinung erh\u00e4lt man nach ihm jedoch auch mittels gew\u00f6hnlicher Metallcylinder.\nIn einem Bade von ungef\u00e4hr 37\u00b0 C. l\u00e4fst sich beim Hinzutreten von sehr heiTsem Wasser ein gesondertes Auftreten von K\u00e4lte* und reinen Schmerxempfindungen beobachten.\nBei Reizung der Volarseite des Unterarms mittels eines auf 45\u201447\u00b0 erw\u00e4rmten Metallrohrs erh\u00e4lt man als erste Phase die Hitzeempfindung. Diese dauert aber nicht an, sondern nimmt an Intensit\u00e4t ab, wobei man \u201eab und zu auch ein kaltes \u201eStr\u00f6men\u201c oder \u201eStechen\u201c herausf\u00fchlen kann\u201c.\nDas zeitlich gesonderte Auftreten der beiden Empfindungen ist auf die ungleiche Erm\u00fcdbarkeit der Organe der Temperaturempfindungen zu-rtckxuf\u00fchren.\nAuf Hautfl\u00e4chen von schlechtem W\u00e4rme-, aber gutem K\u00e4ltesinn erh\u00e4lt man niemals wirklich starke Warmempfindungen, wohl aber Hitzeempfin-dnngen. \u201eAuch mit ziemlich starken Reizen erh\u00e4lt man n\u00e4mlich hier nur schwache W\u00e4rmeempfindungen, welche bei der Zunahme des Reizgrades sozusagen den Grad \u201esehr warm\u201c \u00fcberspringen und sofort in Hitzeempfindungen \u00fcbergehen.\u201c Ebensowenig ist die Hitzeempfindung an warmpunktfreien Hautstellen ausl\u00f6sbar, sie ist daher mit einer starken Wann-mpfindung nicht identisch.\nSchmerzempfindungen gehen in die Hitzeempfindung nicht ein. Auf Hautstellen, wo sich weder K\u00e4lte- noch W\u00e4rmepunkte finden, l\u00f6sen \u201edie Hitzereize erstens gar keine Temperaturempfindungen aus, dann aber auch keine wahrnehmbaren 8chmerzempfindungen. Wenn solche sich in der Hitzeempfindung vorf\u00e4nden, sollten sie hier beobachtet werden, da aufser den Druckempfindungen keine anderen ihrer Wahrnehmung entgegen arbeiten k\u00f6nnen\u201c.\nEs giebt keine specifischen Endorgane f\u00fcr die Hitzeempfindung, ebensowenig Hitzepunkte. Metallspitzen l\u00f6sen daher nur, wenn sie ziemlich abgestumpft sind und \u201enur da wo ein K\u00e4ltepunkt und ein W\u00e4rmepunkt einander sehr nahe liegen \u2014 was, wie bekannt, gew\u00f6hnlich der Fall ist\u201c \u2014 Hitzeempfindungen hervor. (Hiernach d\u00fcrften Hitzeempfindungen denn auch mit sehr kleinfi\u00e4chigen Reizen ausl\u00f6sbar sein. Dafs Kalt- und Warmpunkte immer sehr nahe bei einander liegen, d\u00fcrfte nicht so allgemein anerkannt sein, wie der Verf. zu glauben scheint.)\nVon Hautfl\u00e4chen mit starkem W\u00e4rmesinn bei schwach entwickeltem K\u00e4ltesinn \u201eerh\u00e4lt man eine bedeutend minder intensive und minder speci-fische Hitzeempfindung\u201c, als auf K\u00f6rperstellen von entgegengesetzter Ver-theilung der Temperaturorgane.\nNach allem diesen ist zu schliefsen, \u201edafs die von dem Hitzereiz aus-reJ\u00f6ete K\u00e4lteempfindung in der That mit der W\u00e4rmeempfindung zu einer neuen, von jenen beiden artlich zu trennenden Empfindung verschmilzt, n\u00e4mlich der Hitzeempfindung, in der die K\u00e4lte- und W\u00e4rmeempfindungen an sich nicht mehr existiren oder wahrnehmbar wird\u201c.\nAn den W\u00e4rmepunkten k\u00f6nnen W\u00e4rme- oder Hitzeempfindungen auch durch sehr starke K\u00e4ltereize (\u2014 70\u00b0 C.) nicht hervorgerufen werden. Wenn","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nBesprechung.\nnach dem Sprachgebrauch kaltes Metall brennende Empfindungen ausl\u00f6st so wird eben hier zwischen brennenden und rein schmerzhaften Empfln d\u00fcngen nicht scharf unterschieden, da sehr kalte Gegenst\u00e4nde die K\u00e4lte und Schmerzorgane gleichzeitig reizen. Der Verf. f\u00fcgt hinzu: \u201eEis ist ja aber nicht unm\u00f6glich, dafs bei starken K\u00e4ltereizen W\u00e4rmeempfindungen als secund\u00e4re Erscheinungen auftreten; der heftigen Abk\u00fchlung wegen findet eine Besch\u00e4digung statt, die wiederum eine Reizung der W\u00e4rmeorgane nach sich ziehen kann.\u201c (Hierzu w\u00e4re zu bemerken, dafs die Thatsache, dafs W\u00e4rmeempfindungen durch K\u00e4ltereize nicht hervorgerufen werden k\u00f6nnen, nicht neu ist Sie wurde bereits von Lehmann und mir gezeigt. Lehmann giebt an, dafs ihm die Ursache des Ausbleibens der Warmempfindung nicht ganz klar sei, f\u00fcgt aber folgenden Erkl\u00e4rungsversuch hinzu : \u201eM\u00f6glicherweise ist dies dadurch zu erkl\u00e4ren, dafs die W\u00e4rmepunkte im Ganzen durchweg eine h\u00f6here Reizschwelle besitzen als die anderen Sinnespunkte, weshalb eine starke Abk\u00fchlung erforderlich w\u00e4re, um W\u00e4rmeempfindungen zu erregen; starke Abk\u00fchlungen (ich habe die ganze Scala von -f* 13\u00b0 bis \u2014 70\u00b0 versucht) schw\u00e4chen aber bekanntlich das Leitungsverm\u00f6gen des Nerven. Es ist deswegen nicht undenkbar, dafs gerade die Abk\u00fchlung, welche die Empfindung ausl\u00f6sen sollte, die Fortpflanzung der Bewegung ins Gehirn unm\u00f6glich macht.\u201c Soweit ich mir selber ein Urtheil \u00fcber diese Verh\u00e4ltnisse erlauben darf, mufs ich seiner Anschauung zustimmen. Ich h\u00e4tte nur hinzuzuf\u00fcgen, dafs ich bei Verwendung schw\u00e4cherer K\u00e4ltegrade an intensiven W\u00e4rmepunkten zuweilen freilich das Auftreten einer W\u00e4rmeempfindung beobachten konnte, doch f\u00fchre ich die Entstehungsursache derselben auf die mechanische Reizung des verwandten Apparates (zuge-spitzte Messingcylinder) zur\u00fcck. Dafs mechanische Eindr\u00fccke an Temperaturpunkten ad\u00e4quate Empfindungen ausl\u00f6sen, wurde zuerst von Goldschkidbb auf das Gl\u00e4nzendste gezeigt und ist sodann durch Lehmann (cit. A. S. 341), mich u. A. hinreichend best\u00e4tigt worden. Ich habe aber sp\u00e4ter bei Untersuchungen im Gebiete der Hautsinne vielfach Gelegenheit gehabt zu beobachten, dafs, auch wo es sich gar nicht um Temperaturempfindungen handelte, durch mechanischen Druck oder Stofs solche hervorgerufen werden k\u00f6nnen. In hohem Grade vorherrschend sind hierbei K\u00e4lteempfindungen, doch tritt bei der hervorgehobenen Reizung zuweilen auch spontan eine Warmempfindung auf.\nIn einem letzten Capitel schliefslich \u201eNoch zu l\u00f6sende Aufgaben. \u2014 Schlufsbetrachtungen\u201c deutet der Verf. an, dafs die paradoxen K\u00e4lteempfindungen seines Erachtens auch f\u00fcr eine richtige Auffassung der sogenannten \u201eperversen Temperaturempfindungen\u201c von Bedeutung seien. Ein Zur\u00fcckkommen auf diesen Gegenstand wird f\u00fcr sp\u00e4ter in Aussicht gestellt.\nSodann werden die Fragen aufgeworfen, ob die Hitzeempflndungen uns \u00fcber die Temperatur der uns umgebenden Gegenst\u00e4nde genauere Aufschl\u00fcsse zu geben verm\u00f6gen als die W\u00e4rmeempfindungen an und f\u00fcr sich es thun k\u00f6nnten und ob, wenn dies der Fall sei, damit Zusammenh\u00e4nge, dafs gewisse K\u00f6rperstellen Hitzeempfindungen besser ausl\u00f6sen als andere.\nDie erste Frage wird bejaht, da es leichter sei, zwischen den qualitativ verschiedenen W\u00e4rme- und Hitzeempfindungen als zwischen verschieden-","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\n235\npredigen W\u00e4rmeempfindungen zu unterscheiden. Ueber die zweite Frage lufeert\t(jer yerf wie folgt: \u201eBetreffs der zweiten Frage soll hier\nwenigstens so viel hervorgehoben werden, dafs das Gebiet der reinen, nicht schmerzhaften Hitzeempfindungen im Allgemeinen nicht grofs, auf verschiedenen Hautstellen aber verschieden grofs sein mufs. Dies Gebiet ist nat\u00fcrlich gr\u00f6fser, wo das Minimum perceptibile des Schmerzsinnes hoch liegt, wie z. B. in der Mundh\u00f6hle (s. Krssow 1898, 8. 586), und eben hier hat man folglich den gr\u00f6fsten praktischen Nutzen von den Hitze-esnpfindungen. Eben f\u00fcr diese Region ist aber das Verh\u00e4ltnifs von grtfserer Bedeutung als anderswo, weil es hier ganz speciell wichtig ist, die Temperatur der ber\u00fchrenden Gegenst\u00e4nde, d. h. die Nahrung, be-urtbeilen zu k\u00f6nnen. Aber nicht nur das Gebiet, sondern auch die Btirke der Hitzeempfindungen ist an diesen Stellen fgrofs ; die Ursache ist die, dafs der K\u00e4ltesinn hier sehr Btark entwickelt ist, was \u2014 wie schon henrorgehoben \u2014 von groJfeer Wichtigkeit f\u00fcr die St\u00e4rke der Hitzeempfin-dringen ist. N\u00e4here Untersuchungen sind hier jedoch nothwendig.\u201c\nDer erste Theil dieser Ausf\u00fchrung d\u00fcrfte zu dem schon Gesagten ktom etwas Neues hinzuf\u00fcgen. Im zweiten ist die Verallgemeinerung der Angabe, dafs das Minimum perceptibile des Schmerzsinnes in der Mundh\u00f6hle \u00fcberall hoch liege, nicht ganz richtig. Diese Angabe ist in dieser Allgemeinheit auch wohl nicht meiner Arbeit, die der Verf. citirt, zu entnehmen. Aufserdem habe ich diese Verh\u00e4ltnisse in einer anderen Mittheilung (Philos. Stud. 9, 510) etwas n\u00e4her dargethan. Es d\u00fcrfte gerade hervorgehoben werden, dafs Schmerzempfindungen bei der Pr\u00fcfung der aufzu-nehmenden Nahrung eine bedeutende Rolle spielen.\nDer Verf. schliefst seine Arbeit: \u201eOben habe ich die Hitzeempfindung eine Mischung oder Verschmelzung von K\u00e4lte- und W\u00e4rmeempfindungen genannt. Streng genommen ist dies nicht richtig, oder wenigstens gar nicht bewiesen. Es ist ja weder wahrnehmbar, noch wahrscheinlich, dafs K\u00e4lte- und W\u00e4rmeempfindungen als die Factoren einer bestimmten Hitzeempfindung gleichzeitig mit ihr existiren. Beobachten kann m\u00bb\u00ab nur, dafs die gleichzeitige Reizung der peripherischen K\u00e4lte- und W\u00e4rmeorgane die nothwendige Bedingung der Hitzeempfindung ist. Dafs bei zn starken, bezw. zu schwachen Reizen K\u00e4lte- bezw. W\u00e4rmeempfindungen nebst der Hitzeempfindung zuweilen vielleicht existiren k\u00f6nnen, ist eine ganz andere Sache, von welcher ich hoffe, ein anderes Mal mehr sagen zu k\u00f6nnen.\u201c\nDer Arbeit ist die Note hinzugef\u00fcgt, dafs die Hauptthatsachen dieser Mittheilung schon 1897 in schwedischer und 1898 in englischer Sprache (Mind 7, 141) ver\u00f6ffentlicht wurden. Der Verf. f\u00e4hrt fort: \u201eZwischen den beiden fr\u00fcheren Aufs\u00e4tzen und dem vorliegenden bestehen jedoch hier und da wichtige Unterschiede. Neue Beobachtungen sind in dieser deutschen Arbeit hinzugekommen, die Temperaturangaben sind revidirt worden u. dgl. mehr.\u201c\nDas Hauptinteresse an dieser Mittheilung nimmt nat\u00fcrlich die vom Verf. als Hitzeempfindung beschriebene Erscheinung in Anspruch. Der Verf. hat damit die Aufmerksamkeit auf einen interessanten Vorgang gelenkt, den fnan wohl doch nicht anders als einen psychologischen he-","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nBesprechung.\nzeichnen kann. Da auch ich mich seit geraumer Zeit mit Untersuchungen \u00fcber die Analyse der Temperaturempfindungen besch\u00e4ftigt habe, so mag es mir erlaubt sein, einige meiner eigenen Erfahrungen denen des Vert's gegen\u00fcber zu stellen.\nDie Beobachtung, dafs W\u00e4rmereize an verschiedenen K\u00f6rpertheilen nicht nur Empfindungen verschiedener Intensit\u00e4tsgrade ausl\u00f6sen k\u00f6nnen, sondern auch solche, die nach der qualitativen Seite hin deutliche T\u00eentes schiede zeigen, ist durchaus richtig. Wie eine und dieselbe Beizintensiftftt an der einen K\u00f6rperstelle als kaum oder nur schwach warm, an einer anderen als deutlich warm und an einer dritten etwa als sehr wann empfunden werden kann, so kann sie je nach dem Beizorte auch gewisse qualitative Ver\u00e4nderungen hervorrufen. An einigen Beizstellen treten beide Erscheinungen zusammen auf, an anderen entweder die eine oder die andere.\nSodann kann auch die Beizdauer die auftretende Empfindung ver\u00e4ndern und zwar ebensowohl nach der intensiven wie nach der qualitativen Seite hin, oder die Empfindung kann sich nach beiden Seiten hin zugleich rer \u00e4ndern.\nDie Einzelempfindungen, welche sich auf diese Weise, d. h. bei Application eines W\u00e4rmereizes, zu einer Gesammtempfindung vereinigen k\u00f6nnen, sind bei ruhiger Lage der untersuchten K\u00f6rperstelle je nach dem Intensit\u00e4tsgrade des Beizes somit: W\u00e4rme-, K\u00e4lte-, Tast- oder Deformation#- und Schmerzempfindungen. Je nach dem Zusammenwirken der genannten Empfindungselemente w\u00fcrden sich folgendeCombinationsm\u00f6glichkeitenergeben;\nW\u00e4rme-, K\u00e4lte-, Tast-, Schmerzempfindungen.\nW\u00e4rme-, K\u00e4lte-, Schmerzempfindungen.\nW\u00e4rme-, K\u00e4lte-, Tastempfindungen.\nW\u00e4rme-, Tast-, Schmerzempfindungen.\nW\u00e4rme-, K\u00e4lteempfindungen.\nW\u00e4rme-, Tastempfindungen.\nW\u00e4rme-, Schmerzempfindungen.\nAlle diese Combinationen sind je nach der zu untersuchenden K\u00f6rperstelle, dem zur Beizung benutzten Apparate und der verwandten Beizinten* sit\u00e4t m\u00f6glich.\nNach meiner Erfahrung verbinden sich die einzelnen Empfindungen zu einer Gesammtverbindung, doch so, dafs, wenn nicht intensive Schmerzempfindungen die \u00fcbrigen v\u00f6llig \u00fcbert\u00f6nen, man aus der ersteren einzelne oder alle Componenten herauserkennen kann. Und selbst im Falle des Vorherrschens der Schmerzempfindung, in dem die Empfindung ein besonderes Gepr\u00e4ge annimmt, kann man meistens in Folge der Ausstrahlung der W\u00e4rme in benachbartes Gewebe den thermischen Schmerzreiz als solchen von anderen Schmerzreizen unterscheiden. Die Gesammtempfindung bildet nach meiner Erfahrung gewissermaafsen den Grundton, aus dem die einzelnen Qualit\u00e4ten, sei es simultan oder successiv, in Schwankungen oder im Wettstreit, heraust\u00f6nen.\nUm [die Tastempfindung m\u00f6glichst auszuschliefsen, d\u00fcrften sich an K\u00f6rperstellen, wo diese auch bei leisem Aufsetzen des Beizrohres nicht zu vermeiden oder nicht schnell vor\u00fcbergehend sind, strahlende W\u00e4rme oder","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\n237\ndi\u00a9 zuerst von v. Fret verwandte Methode, Watte in erw\u00e4rmtes Vasillin zu tauchen und andere Mittel, empfehlen.\nOftmals k\u00fcndigt sich, wie bemerkt, die eine Componente fr\u00fcher an> als die andere. Man kann so xahlenm\u00e4fsig bestimmbare Werthe erhalten, die ich jedoch hier nicht mitzutheilen brauche.\nVon besonderer Bedeutung f\u00fcr die qualitative F\u00e4rbung der jeweils resultierenden Grundempfindung ist auch nach meinen Beobachtungen die Kaltempfindung, dann aber auch, wie bereits erw\u00e4hnt, die Schmerzempfin-dung. Ich finde zun\u00e4chst, dafs die Schmerzschwelle an den einzelnen Kflrperstellen etwas variirt, sie liegt an der einen h\u00f6her als an der anderen. Man sieht dies schon an folgendem einfachen Versuch. Tauche ich die Nagelphalang\u00a9 des linken Zeigefingers in Wasser, das constant auf 49\u00b0 G. erhalten wird, so bemerke ich nach wenigen Secunden auf der Dorsalseite, an den Bindern, vorn unter dem Nagel ausgesprochenen Schmerz, w\u00e4hrend dieser auf der Volarseite des Fingergliedes nicht auftritt Lege ich die Volsrseite der Phalange auf die Oberfl\u00e4che des Wassers, so mufs ich dasselbe bis auf 51\u201452\u00b0 erw\u00e4rmen, um hier Schmerz zu empfinden. Zuweilen k\u00fcndigt sich dabei die Schmerzempfindnng an, ohne deutlich ausgesprochen zu sein. Diesen Zustand habe ich als schmerzbetont bezeichnet. Dafs auch dieser Zustand auf die F\u00e4rbung der Gesammtempfindung von Einflufs ist, bedarf keines weiteren Beweises. Bei h\u00f6heren Temperaturen kommt sodann die auch nach der Beizdauer verschiedene Entwickelung der Schmerzempfindung, sowie die Ausbreitung des Beizes innerhalb des Gewebes nach Terschiedenen Bichtungen hin in Betracht. Es kann wohl als sicher angenommen werden, dafs auch die Empfindungen, welche durch die die Ge-fiiae begleitenden Nerven ausgel\u00f6st werden, mitwirken und in die Gesammt-empfindnng eingehen. Nach den Erfahrungen, die ich bei Unterbindung ton Blutgef\u00e4fsen gewonnen habe, ist der von diesen Nerven ausgel\u00f6ste Schmerz von eigent\u00fcmlicher Qualit\u00e4t. Aufserdem scheint es mir auch, dafs die an einigen K\u00f6rperstellen ausl\u00f6sbaren Vagusempfindungen von eigenartiger F\u00e4rbung sind. Je nachdem einzelne oder alle diese Empfindungen sich an der Grundempfindung betheiligen oder nicht, mufs naturgem\u00e4fs auch die qualitative F\u00e4rbung derselben mitbestimmt werden.\nObwohl sich nun zwischen den Ergebnissen, die der Verf. mittheilt, und denen, zu welchen ich durch meine Untersuchungen gef\u00fchrt bin, manche Ber\u00fchrungspunkte finden, mag aus dem Erw\u00e4hnten zur Gen\u00fcge hervorgehen, dafs ich betreffs des von ihm ausBchliefslich als Hitzeempfindung bezeichneten Vorgangs zu einer anderen Auffassung gelangt bin. Ich kann nicht finden, dafs bei der Entstehung der Hitzeempfindung die K\u00e4lteempfindung von ausschlaggebender Bedeutung ist, und dafs die Organe des Schmerzsinnes bei diesem Vorgang v\u00f6llig ausgeschlossen sind. Wiederhole ich z. B. den vom Verf. angegebenen Versuch, indem ich ein Beizrohr, durch das bis auf 45\u00b0 C. erw\u00e4rmtes Wasser str\u00f6mt, auf die Volarseite des Unterarms, so beobachte ich wohl, dafs die Gesammtempfindung Phasen aufweist, und dafs dieselbe je nach der Stelle, die man reizt, ihre qualitative F\u00e4rbung wechselt (die Empfindungen wechseln vielfach von Ort zu Ort, auch an anatomisch viel enger begrenzten Hautstellen wie das Thenar und Antithenar), aber ich meine immer die einzelnen Componenten aus derselben herauszuer-","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nBesprechung.\nkennen. An den meisten Stellen empfinde ich hier als erste Phase eine ziemlich intensive Warmempfindung und fast unmittelbar darauf als \u00abweite die paradoxe K\u00e4lteempfindung, die darauf mit der ersten verschmilzt oder auch in Schwankungen wiedererscheint. Ebenso beobachte ich auch an den \u00fcbrigen, vom Verf. als Musterstellen f\u00fcr Hitzeempfindungen bezeich-neten Stellen hier und da Empfindungen von eigenartiger F\u00e4rbung, die ich aber doch nicht als specifische Hitzeempfindungen bezeichnen w\u00fcrde. Ganz eigent\u00fcmlich gef\u00e4rbte Empfindungen erhalte ich bei Beizung der inneren Wange. Ich gehe aber auf diese hier nicht weiter ein.\nAls Hitzeempfindung, heifse, heifsartige Empfindung w\u00fcrde ich immer nur die durch einen hochgradigen W\u00e4rmereiz ausgel\u00f6ste Empfindung bezeichnen, die der Schmerzgrenze sehr nahe, schmerzbetont ist, oder aber sich auf der Schmerzgrenze befindet, oder diese \u00fcberschritten hat. In diesem Sinne ist sie auch wohl bisher in der Forschung aufgefafst worden. Diese Empfindung ist freilich von der eigentlichen vollwarmen Empfindung verschieden, sie ist aber etwas Anderes als die vom Verf. ausschlie\u00fcslich als Hitzeempfindung behauptete Erscheinung. Das Gebiet dieser Hitze-empfindung auf der K\u00f6rperhaut ist sehr grofs, sie findet sich auch auf Hautstellen, die der K\u00e4ltepunkte g\u00e4nzlich ermangeln. Diese Empfindung ist auch nicht leicht vor\u00fcbergehend, sondern andauernd und steigert sich meistens bei Constanterhaltung des Reizes.\nDer Verf. st\u00fctzt sich bei seiner Argumentation darauf, dafs nach seiner Erfahrung die \u201e\u00fcberaus meisten Menschen die so hervorgerufene specifische Empfindung eine heifseu nennen. Hiergegen d\u00fcrfte der Einwand erhoben werden, dafs gar nicht alle Sprachen ein besonderes Wort f\u00fcr heifs besitzen. Pr\u00fcfe ich die Scala der verschiedenen W\u00e4rmeintensit\u00e4ten an meinen italienischen Sch\u00fclern durch, so erhalte ich, mit der Schwelle beginnend, etwa die folgenden Antworten : Caldo, ma pochissimo \u2014 un po caldo \u2014 ben caldo \u2014 pi\u00f9 caldo \u2014 pi\u00f9 ancora \u2014 molto caldo \u2014 caldissimo \u2014 intensamente caldo \u2014 brada u. s. w. In den letzteren F\u00e4llen ist der Reiz jedoch immer schon schmerzhaft. Sehen wir von Einzelheiten ab, wie sie oben beschrieben wurden (qualitative F\u00e4rbungen, Phasen, Schwankungen), so erhalte ich (nat\u00fcrlich mit Variationen) die gleichen Antworten, ob ich die Pr\u00fcfung an Hautstellen vornehme, wo neben W\u00e4rmeempfindungen die K\u00e4lteempfindungen nur sehr schwach auftreten oder die den letzteren entsprechenden Organe ganz fehlen (gewisse Stellen der Kopfhaut, Innenseite des Ohrl\u00e4ppchens, L\u00fccken zwischen den K\u00e4ltepunkten u. s. w.), oder aber wo diese in gr\u00f6fserer Zahl vorhanden sind. Was ich hier betonen m\u00f6chte, ist, dafs die intensiv auftretenden Empfindungen, die durch caldissimo, brucia u. s. w. bezeichnet werden, immer auch auf einen hochgradigen \u00e4ufseren W\u00e4rmereiz bezogen werden. Anders sind die Ergebnisse nat\u00fcrlich, die man an Stellen erh\u00e4lt, wo die W\u00e4rmeorgane fehlen. Hier geht die Empfindung von dem Zustande v\u00f6lliger Indifferenz oftmals, aber nicht immer durch die paradoxe Kaltempfindung hindurch nach Schmerz hin\u00fcber. Sobald die M\u00f6glichkeit gegeben ist, dafs sich der Reiz innerhalb des Gewebes auf benachbarte W\u00e4rmeorgane ausbreiten kann, was sehr oft der Fall ist, tritt zu dem Schmerz die W\u00e4rmeempfindung hinzu. So kommt es, dafs man auch hier in der Mehrzahl der F\u00e4lle den thermischen Schmerzreiz als solchen erkennt","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\n239\n80 weit die Erfahrungen reichen, die ich beim Zusammenarbeiten mit deutschen und englisch redenden Beobachtern gewonnen habe, bin ich auch hier zu dem Ergebnils gekommen, dafs mit den Ausdr\u00fccken heifs, hot, Hitieempfindungen (von heizen, to heat) entweder hochgradige, schmerzbetonte, schmerzhafte W\u00e4rmeempfindungen bezeichnet werden, oder aber solche Gesammtempfindungen, in denen jene vorherrschen. Die Hitzeempfindung ist zudem immer mehr oder weniger unlustbetont, w\u00e4hrend die W\u00e4rmeempfindung lustbetont ist. Wir nennen Wasser heifs oder kochend heifs, wenn es bereits Schmerz verursacht, und es d\u00fcrfte daran zu erinnern \u2022ein, dafs die Schmerzschwelle hier ganz allgemein genommen und von einzelnen Hautstellen abgesehen um 60\u00b0 C. herum liegt. Ich kann daher die Bedeutung, die der Verf. der von ihm als Hitzeempfindung bezeichneten Erscheinung beilegt, nicht sehen, und eben so wenig, warum gewisse Haut-steilen gerade deswegen einen Vorzug vor anderen haben m\u00fcfsten, zumal diese Empfindung meist leicht vor\u00fcbergehend und ihr Gebiet nicht grofs sein soll Wird der \u00e4ufserlich auf uns einwirkende W\u00e4rmereiz z. B. zu intensiv, so avertiren uns die nach v. Fbky\u2019s Untersuchungen in grofser Zshl in der K\u00f6rperhaut vertheilten Endigungen der Schmerznerven, dafs der Organismus in Gefahr ist, und es ist wohl kein zuf\u00e4lliges Zusammentreffen, dafs die thermische Schmerzgrenze sehr nahe dem Funkte liegt, wo gewisse Eiweifsk\u00f6rper coaguliren. Die Beweisf\u00fchrung des Verf.'s, dafs Sdunerzempfindungen nicht in die Hitzeempfindung eingehen, ist nicht i stichhaltig. Wenn er den Reiz auf K\u00f6rperstellen, die weder warm-, noch kaltempfindlich sind, nicht bis zur Schmerzschwelle steigert, k\u00f6nnen auch keine schmerzhaften Empfindungen auftreten.\nDie verschiedenen W\u00e4rmeintensit\u00e4ten und die daraus resultirenden Empfindungen kann man \u00fcberdies sehr sch\u00f6n bei strahlender W\u00e4rme beobachten, wenn man eine Hautstelle aus gr\u00f6fserer Entfernung langsam einer Gasflamme, einem Gasgebl\u00e4se oder einem an einer Stelle gl\u00fchenden eisernen Ofen n\u00e4hert.\nVon besonderem Interesse sind die Ergebnisse, die der Verf. aus Herrn Thunbebg\u2019s Untersuchungen anf\u00fchrt und die er theils einer Ver\u00f6ffentlichung desselben (Upsala L\u00e4kare f. f\u00f6rhandl. 30), theils m\u00fcndlichen Mittheilungen entnimmt. Indem Herr Th\u00fcnbebo sich die Aufgabe stellte, die Erscheinungen zu untersuchen, die bei gleichzeitiger Application von W\u00e4rme- und K\u00e4ltereizen an gleichen oder naheliegenden Hautstellen entstehen, bediente er sich messingener Spiralrollen, durch welche er verschieden temperirtes Wasser str\u00f6men liefs. \u201eAls Th\u00fcnbebo Wasser von -j-440 durch die eine und solches von +24\u00b0 durch die andere Spirale leitete, erhielt er eine \u201eMischempfindung\u201c, in der man zwar sowohl W\u00e4rme-, als K&lteempfindungen unterscheiden kann; sie sind jedoch in eine eigen-th\u00fcmliche heifsartige Empfindung verschmolzen. \u201eWenn man mit dem K\u00e4ltereiz eben dann einsetzt, wenn die W\u00e4rmeempfindung\u201c (der Verf. setzt hierzu die Note, dafs es wohl Hitzeempfindung heifsen sollte, \u201eda Messingspiralen von -j- 44\u00b0 wenigstens im Anfang solche ausl\u00f6sen\u201c) \u201eam st\u00e4rksten ist, empfindet man es so, als ob die Temperatur ganz pl\u00f6tzlich sich erh\u00f6hte und eine stark heifsartige Empfindung entst\u00e4nde, so dafs man fast erwartet, m*n werde sich verbrennen.\u201c Am besten erh\u00e4lt man dieses Ph\u00e4nomen nach","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nBesprechung.\nihm an der Vola manus. Ich sehe nicht recht, wie der Verl diesen sch\u00f6nen Versuch als St\u00fctze f\u00fcr die von ihm als specifische Hitzeempfindung bezeichnete Sensation Benutzen kann. Die Anfangs erw\u00e4hnte Mischempfindong scheut mir eher mit dem \u00fcbereinzustimmen, was ich oben dargelegt habe und wenn die zuletzt erw\u00e4hnte heifsartige Empfindung mit der Vorstellung; sich zu verbrennen, verbunden war, so mufs wohl auch wenigstens ein immagin\u00e4rer Schmerz in sie eingegangen sein.\nEbensowenig scheint mir die folgende Argumentation beweiskr\u00e4ftig. \u201eDafs in der Hitzeempfindung eine K\u00e4lteempfindung latent vorhanden sei, findet Thunbebg glaublich auch in Folge einer pathologischen Erscheinung welche man \u201eperverse Temperaturempfindung\u201c benannt hat.\u201c \u201eHierdurch ist allerdings,\u201c f\u00e4hrt er fort, \u201ekeineswegs erwiesen, dafs der specifische Charakter, der die Hitzeempfindung von der gew\u00f6hnlichen W\u00e4rmeempftn-dung auszeichnet, gerade durch diese K\u00e4lteempfindung bedingt wird. Es k\u00f6nnte ja unabh\u00e4ngig von ihr oder gar trotz ihres Vorkommens anstatt dank derselben entstanden sein. Die Frage nach der Bedeutung der K\u00e4lteempfindung hierbei mufs ich daher unentschieden lassen.\u201c Herrn Tsmr-bebg\u2019s Arbeiten, die sehr werthvoll zu sein scheinen, stehen mir leider nicht zur Verf\u00fcgung, und ich kann daher nicht recht sehen, was hier mit latenter K\u00e4lteempfindung gemeint ist. Soweit ich aber sehe, w\u00e4re auch diese Stelle mehr zu Gunsten meiner Anschauung als zu Gunsten der des Herrn Vert\u2019s zu deuten. Wie mir scheint, erkennt auch der Vert hier selbst den Widerspruch. Er ist offenbar bem\u00fcht, diesen auszugleichen, wenn er fortf\u00e4hrt: \u201eIndefs mufs man meines Erachtens, wenn man, wie Thunbebg, von der \u2014 jetzt als eine Thatsache zu betrachtenden \u2014 Voraussetzung ausgeht, dafs eine, wie er sagt, \u201elatente\u201c K\u00e4lteempfindung einen Bestandtheil der Hitzeempfindung bilde, anerkennen, dafs das oben beschriebene Experiment einen h\u00fcbschen synthetischen Beweis daf\u00fcr liefere, dafs die K\u00e4lteempfindung bei der Entstehung der Hitzeempfindung in g\u00fcnstigem Sinne mitwirkt \u2014 diese kann fortan nicht mehr als trotz der K\u00e4lteempfindung entstanden gedacht werden. Dies gilt nat\u00fcrlich aber nur unter der Voraussetzung, dafs man auf diese Weise eine wirkliche Hitze-empfindung oder heifsartige Empfindung erhalten hat\u201c\nDem Vorstehenden sei auch noch die folgende Ausf\u00fchrung des Vert's hinzugef\u00fcgt: \u201eEin Umstand betreffs der heifsartigen Empfindung, welche die TmjNBEBG\u2019schen Spiralen liefern, ist der besonderen Hervorhebung werth. Diese Spiralen ergeben keineswegs eine Erregung der Temperaturorgane, welche der durch eine einzige ununterbrochene heifse Reizfl\u00e4che bewirkten analog ist. Denn die letztere reizt jeden K\u00e4lte- und W\u00e4rmepunkt der ganzen fraglichen Hautfl\u00e4che; die Thunbebg\u2019sehen Spiralen reizen nur einige K\u00e4ltepunkte und einige W\u00e4rmepunkte. Ferner werden offenbar die zwischen den verschiedenen Spiralwindungen gelegenen Temperaturpnnkte wenig oder gar nicht gereizt, da diese Hauttheile sowohl von den warmen Spiralen erw\u00e4rmt, als von den kalten abgek\u00fchlt werden, wenn ich mich dieser Ausdrucksweise bedienen darf. Da man nichtsdestoweniger auf diese Weise eine Steigerung der Hitzeempfindung zu Stande bringt, ist man nach meinem Daf\u00fcrhalten berechtigt, anzunehmen, dafs dimes Experiment auf die Bedeutung der K\u00e4lteempfindung f\u00fcr die Hitzeempfindnng hin-","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\n241\n\u25bceist. Zugestehen mufs man jedoch, dafs das obige Ph\u00e4nomen gar nicht leicht zu beobachten ist. Leichter zu constatiren ist die Thatsache bei folgendem Versuch\u00bb den Thunbkbg mir neulich mitgetheilt hat:\n\u201eWenn man Wasser -f- 46\u00b0 l\u00e4ngs eines Fingers rinnen l\u00e4fst, und einen Strahl lOgradigen Wassers gegen die Fingerspitzen richtet, hat man oft die Empfindung\u00bb daft die Temperatur sich steigert.\u201c Er f\u00e4hrt fort:\n\u201eln der That finde auch ich, daft die Hitzeempfindung, die man von dem 45gradigen Wasser bekommt, durch das Hinzutreten des lOgradigen Wassers an Intensit\u00e4t zunimmt.\u201c\nHerr Thunbsbg spricht aber nur davon, daft die Temperatur sich steigert.\nLassen wir hier die Hitzeempfindung aufser Betracht (die Fingerhaut geh\u00f6rt nicht zu des Verf.\u2019s Musterstellen f\u00fcr Hitzeempfindungen), so d\u00fcrfte der Versuch auch bei einfachen W\u00e4rmeempfindungen gelingen. Versuchsergebnisse, die ich selbst bei Untersuchungen \u00fcber Contrasterscheinungen im Gebiete der Temperaturempfindungen fand und die nicht ver\u00f6ffentlicht wurden, n\u00f6thigen mich zu der Annahme, daft es sich auch bei diesem und einem der vorstehenden Versuche einfach um den Temperaturcontrast handelt. Hierbei darf wohl vorausgesetzt werden, daft die Dauer der Reiz-einwirkung ber\u00fccksichtigt wurde; denn die W\u00e4rmeempfindung pflegt nicht mit der vollen Intensit\u00e4t einzusetzen, sondern sich, wie schon Goldschbideb fand, allm\u00e4hlich zu entwickeln, so dafs, wenn man die Reizdauer nicht in Betracht zieht, eine T\u00e4uschung entstehen kann.\nWenn endlich die Empfindungen der K\u00e4lte und der W\u00e4rme in so enger Beziehung zu einander stehen, wie der Verf. ausf\u00fchrt, wenn aus der gleichzeitigen Reizung der betreffenden Endorgane, die wir freilich noch nicht kennen, die wir aber nach allen bisher gewonnenen Erfahrungen Torau88etzen m\u00fcssen, eine dritte Temperaturempfindung von durchaus anderer Beschaffenheit resultiren sollte und die beiden Empfindungen, wie achon aus Hebing\u2019s und Goldscheideb\u2019s Versuchen hervorgeht und wie ich ans eigenen Erfahrungen vielfach erkennen konnte, in einem Contrastver-h\u00e4ltnift zu einander stehen, so w\u00fcrde ich nicht von zwei Temperatur-finnen reden, sondern einen Temperatursinn anzunehmen vorziehen, dem zwei verschiedene Empfindungsqualit\u00e4ten, die der K\u00e4lte und der W\u00e4rme angeh\u00f6ren.\nIch benutze gleichzeitig diese Gelegenheit, um einige Unrichtigkeiten zur\u00fcckzuweisen, die dem Verf. in seiner ersten Mittheilung \u201eStudien auf dem Gebiete der Temperatursinne\u201c (Skatid. Arch. f. Phys. 10) bei der Besprechung und Beurtheilung meiner Arbeit \u201eUntersuchungen \u00fcber Tem-peraturempfindungen\u201c (Philos. Stud. 11, 135 f.) untergelaufen sein d\u00fcrften.\nDer Verf. leitet diese Arbeit ein wie folgt: \u201eBekanntlich hat Magnus Blk (1883\u20141884) zuerst dargethan, dafs die verschiedenartigen, durch die Haut zu vermittelnden Sinnesempfindungen nur von bestimmten Sinnespunkten auf derselben ausl\u00f6sbar sind. Demgem\u00e4fs fand er unter anderen Sinnespunkten sogen. W\u00e4rme- und K\u00e4ltepunkte, indem er nach wies, dafs nur gewisse, genau bestimmte Hautpunkte K\u00e4lteempfindungen erregen (wenn sie durch Inductionsstr\u00f6me oder kalte Spitzen gereizt werden), und Zeitschrift f\u00fcr Psychologie 26.\t16","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\nBesprechung.\ndafs gewisse andere, ebenfalls genau bestimmte Hautpunkte W\u00e4rmeempfindungen liefern k\u00f6nnen (wenn sie durch Inductionsstr\u00f6me oder warme Spitzen gereizt werden). Diese Beobachtungen wurden sp\u00e4ter von Goldscheider (1885), Donaldson (1885), v. Frey (1895) u. A. best\u00e4tigt. Inde\u00fcs wurde die Richtigkeit der BLix\u2019schen Entdeckung letzthin von anderer Seite mehr oder weniger bestritten \u2014 von Dessoib (1892) und Kiesow (1895). Da deren Resultate sich aus einer irrigen Methodik und der Ermangelung n\u00f6thiger Vorsichtsmaafsregeln ergeben haben d\u00fcrften, finde ich es zweckm\u00e4fsig, mit einigen Worten einleitungsweise bei den meines Erachtens behufs der Erreichung eines richtigen Resultates nothwendig zu ber\u00fccksichtigenden Verh\u00e4ltnissen zu verweilen.\u201c\nUns werden dann die seines Erachtens n\u00f6thigen Vorsichtsmaafsregeln ertheilt und es wird fortgefahren: \u201eObgleich man meinen wird, dafs die Vorsicht von vornherein solche Maafsregeln gebieten sollte, scheinen die beiden vorerw\u00e4hnten Forscher sie dennoch nicht beobachtet zu haben. Denn nur, wenn man eine solche Vergefslichkeit voraussetzt, w\u00e4re es wohl m\u00f6glich zu verstehen, in welcher Weise sie zu ihren Behauptungen gekommen seien. (Ich werde sp\u00e4ter wieder hierauf zur\u00fcckkommen.)\u201c\nWas Dessoir betrifft, so liegt es an ihm, sich, wenn er es f\u00fcr n\u00f6thig h\u00e4lt, selbst zu vertheidigen, aufserdem wurden seine Ausf\u00fchrungen bereits in ruhiger und objectiver Weise von Goldscheider (diese Zeitschrift 5, 117) besprochen.\nEine andere Frage aber ist die, wie weit der Verf. das Recht besitzt oder es sich anmaafsen darf, mich mit Dessoir ohne Weiteres zusammenzuwerfen. Jeder, der unsere Arbeiten nur oberfl\u00e4chlich pr\u00fcft, mufs auf den ersten Blick erkennen, dafs es sich hier um g\u00e4nzlich verschiedene Auffassungen handelt. Dessoir kam durch seine Untersuchungen zu dem Er-gebnifs, dafs es sich bei den K\u00e4lte- und W\u00e4rmepunkten um Kunsterzeugnisse handelt, ich habe die Befunde von Blix, Goldscheider und Donaldson in allen Einzelheiten best\u00e4tigen k\u00f6nnen bis auf den einen Funkt, dafs man auch von den K\u00e4ltepunkten aus unter Umst\u00e4nden Wr\u00e4rmeempfindungen erregen k\u00f6nne, obwohl es mir nicht gelungen sei, von den W\u00e4rmepunkten aus umgekehrt K\u00e4lteempfindungen zu erzeugen, wobei die verwandten Temperaturen im ersten Falle von 45\u201447\u00b0, im zweiten von \u2014 5 bis \u2014 6\u00b0C-waren. Ich spreche daher dem Verf. das Recht ab, die Ergebnisse Dessoib\u2019s und meine eigenen ohne Weiteres von gleichen Gesichtspunkten aus zu beurtheilen und meine Arbeit in ein falsches Licht zu stellen. Wie weit meine Anschauungen sich in anderen Punkten mit denen Dessoir\u2019s ber\u00fchren, ist eine Sache, die darzulegen ich mich Herrn Alrutz gegen\u00fcber nicht f\u00fcr verpflichtet halte.\nDer Verf. kommt dann S. 325 seiner Arbeit auf mich zur\u00fcck und schliefst den betreffenden; Passus: \u201eich bin weder willens zu bestreiten, noch vermag ich es, dafs die von Kibsow entdeckten, bezeichneten und nachher durch inad\u00e4quate Mittel gereizten Punkte thats\u00e4chlich inad\u00e4quate Empfindungen erregten; das wage ich aber zu behaupten: die\u00ab w\u00e4re nicht der Fall gewesen, wenn der Reiz hinl\u00e4nglich punktuell angebracht worden w\u00e4re und mit der wirklich m\u00f6glichen und nothwendigen Genauigkeit den fraglichen Temperaturpunkt getroffen h\u00e4tte. Die ab-","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\n243\nschliefsende Behauptung Kibs\u00f6w\u2019b: \u201eDoch glaube ich auf Grund der gemachten Erfahrung schon jetzt aussprechen zu k\u00f6nnen, dafs die grofse Mehrzahl der K\u00e4ltepunkte der Haut zugleich f\u00fcr W\u00e4rme empfindlich ist\u201c (S. 18\u00f6,) m\u00f6chte demnach betreffs einer gr\u00f6beren Untersuchung sehr wahrscheinlich sein: in Bezug auf diejenigen K\u00e4ltepunkte, welche mit der wirklich erh\u00e4ltlichen Genauigkeit punktuell bezeichnet und gereizt werden, gilt jene Folgerung meines Erachtens nicht.\u201c\nWas den Yerf. zu dieser gereizten Schreibart getrieben hat, weifs ich nicht und ist mir unverst\u00e4ndlich, sie ist auch eine Sache f\u00fcr sich, die auf ihn selbst zur\u00fcckf\u00e4llt. Er besitzt aber kein Recht, Unrichtigkeiten in die Controverse einzuf\u00fchren. Ich habe nicht beansprucht, neue Punkte entdeckt zu haben, die von mir gefundenen waren mit Methylviolett bezeichnet, einem F\u00e4rbemittel, das nach mir auch von Herrn Alrctz stillschweigend benutzt wurde, und es handelt sich nicht um inad\u00e4quate Mittel, sondern um ein inad\u00e4quates Mittel, den W\u00e4rmereiz.\nWas den Streitpunkt selbst betrifft, so behauptet der Yerf., \u201edafs die K\u00e4ltepunkte durch keinen einzigen bekannten Reiz zur Ausl\u00f6sung einer W\u00e4rmeempfindung, umgekehrt die W\u00e4rmepunkte nicht zur Ausl\u00f6sung einer K\u00e4lteempfindung zu bewegen waren ; schliefslicli, dafs die zwischen diesen Pnnkten gelegenen Hautstellen demnach keiner Temperaturempfindung f\u00e4hig sind.\u201c Er f\u00e4hrt fort: \u201eSo war kein einziger Hautpunkt auffindbar, welcher, auch wenn er Anfangs unter gr\u00f6beren Spitzen sowrohl eine W\u00e4rme-als auch eine K\u00e4ltesensation lieferte, daran festhielt, falls der Reiz hinreichend punktuell applicirt wurde.\u201c Den K\u00e4ltepunkt konnte der Verf. mit einem scharf zugespitzten Bux\u2019schen Rohre reizen, durch welches bis \u00bbof-f- 1000 C. erw\u00e4rmtes Wasser str\u00f6mte, ohne dafs hier weder W\u00e4rme noch Schmerz auftrat.\nIch habe dagegen gefunden, dafs man von den K\u00e4ltepunkten W\u00e4rme-eiupfindungen erzielen k\u00f6nne. Es sei nochmals erw\u00e4hnt, dafs dies der einzige Punkt ist, gegen den der Verf. seinen Angriff zu richten vermochte, und dafs ich im Uebrigen die Annahme getrennter Empfindungspunkte und manches andere durchaus best\u00e4tigt gefunden. Ich habe hiermit nur ausgesprochen, was ich unter den durchaus eindeutig bezeichneten Bedingungen gefunden hatte, ohne auf irgend welche Discussion einzugehen und ohne irgend einem der \u00fcbrigen Forscher zu nahe zu treten oder zu beschuldigen. Aus dieser Stelle war demnach an sich nichts Anderes zu entnehmen als die Thatsache selbst, die der Verf. wohl auch nicht umhin kann zu best\u00e4tigen. Sie ist eben unleugbar gewifs, nicht nur \u201esehr wahrscheinlich\u201c. Ich irre vielleicht auch nicht, wenn ich vermuthe, dafs der Verf. durch diesen Befund erst zur Anwendung scharf zugespitzter Cylinder gef\u00fchrt ward. Wenn ich damals solche nicht benutzte, sondern die Spitze ein wenig abzurunden suchte, so war ich hier nur den Vorschriften der Entdecker der vorliegenden That-sachen gefolgt, denen der Verf. wohl kaum Vergefslichkeit, Ermangelung Q\u00f9thiger Vorsichtsmaafsregeln, irrige Methode u. s. w. vorzuwerfen wagen d\u00fcrfte. Ich that dies, um die bei der Application des Reizcylinders mit der Hand leicht auftretenden schmerzhaften Eindr\u00fccke, die mir st\u00f6rend schienen, ULSzuschliefsen und ich sah hierin umsow\u2019eniger einen Versuchsfehler, als\n16*","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244\nBesprechung.\nich im Verh\u00e4ltnis zur Anzahl der K\u00e4ltepunkte nur eine geringe Zahl von W\u00e4rmepunkten finden konnte, die gleichzeitige directe Beizung eines W\u00e4rme-punktes somit ausgeschlossen war. Diese Thatsache, dafs die Anzahl der Warmpunkte geringer ist als die der Kaltpunkte, wurde auch von anderen Forschern hervorgehoben. Wenn der Verf. demnach in seiner oben besprochenen Abhandlung (S. 346) es als bekannt hinstellt, dafs die K\u00e4lte-und W\u00e4rmepunkte einander gew\u00f6hnlich sehr nahe liegen, so steht er z. B. zu Blix und auch zu Anderen in einem directen Gegensatz. Blix hebt mehrmals ausdr\u00fccklich hervor, dafs dies nur ausnahmsweise der Fall ist. Die Temperaturpunkte sind zudem noch nicht die Temperaturorgane.\nEs ist aufserdem von anderen Forschern hervorgehoben, dafs man auch aufserhalb der Sinnespunkte K\u00e4lte- wie W\u00e4rmeempfindungen hervorrufen kann (Goldscheider, Lehmann), bei fl\u00e4chenhafter Reizung habe ich hier f\u00fcr die Kaltempfindung selbst einen messenden Versuch mitge-theilt (S. 139) und eine Erkl\u00e4rung versucht. Der Verf. steht somit auch mit diesen Angaben in Widerspruch.\nHierzu kommt, dafs die Bestimmbarkeit der eigentlichen W\u00e4rmepunkte, d. h. die Projection der peripherischen W\u00e4rmeorgane auf die Hautfl\u00e4che \u00e4ufserst schwierig ist, und es ist durchaus noch fraglich, ob wir vor Kennt-nifs der anatomischen Verh\u00e4ltnisse die Vertheilung der W\u00e4rmepunkte innerhalb einer Hautfl\u00e4che \u00fcberhaupt genau werden bestimmen k\u00f6nnen. Ich selbst zweifle daran. Die Schwierigkeiten sind hier fast un\u00fcberwindbar. Bei verschiedenen W\u00e4rmegraden erh\u00e4lt man mit dem Reizrohre eine verschiedene Anzahl von Punkten. Die Resultate sind auch verschieden an verschiedenen Tagen. H\u00f6here Grade, wie sie der Verf. angiebt, rufen bei mir immer Schmerz und Ausstrahlung hervor. Die W\u00e4rmepunkte sind auch nicht so punktartig wie die K\u00e4ltepunkte, und die ihnen entsprechende Empfindung ist nicht so blitzartig und bestimmt wie die der letzteren. Die gefundenen Resultate d\u00fcrfen daher immer nur unter R\u00fccksichtnahme auf die Bedingungen beurtheilt werden, unter denen sie gefunden wurden. Vor Allem ist hier auch die Reizdauer und die Temperatur der Umgebung zu ber\u00fccksichtigen.\nAngesichts dieser Schwierigkeiten und der Widerspr\u00fcche in den Angaben der Entdecker selbst (die Anzahl der W\u00e4rmepunkte wie der Temperaturpunkte \u00fcberhaupt ist bei Goldscheider ungleich gr\u00f6fser als bei Blix, ich selbst bin im Allgemeinen immer mehr von der Richtigkeit der von ihm angegebenen Vertheilung \u00fcberzeugt worden) glaubte ich mich des n\u00e4heren Eingehens auf Einzelheiten enthalten und mich mit der Wiedergabe dessen, was ich an Anderen und mir selbst gefunden, begn\u00fcgen zu d\u00fcrfen. Dafs auf nicht warmempfindlichen Hautstellen auch auf den K\u00e4ltepunkten keine Warmempfindung auftreten kann, ist selbstverst\u00e4ndlich und von mir nicht behauptet worden. Die Thatsache selbst ist ebenso von Herrn W. Nagel (diese Zeitschr. 10, 277) best\u00e4tigt worden. Ich d\u00fcrfte wohl auch eine Best\u00e4tigung in den unter Herrn A. K\u00f6nig\u2019b Leitung von Kblchner und Rosenblum ausgef\u00fchrten Beobachtungen (diese Zeitschr. 21, 174) erblicken. (Es reagirten nach deren Angaben beispielsweise von 73 K\u00e4ltepunkten 63 auf W\u00e4rme. In anderen Punkten kann ich dieser Arbeit nicht durchweg","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\n245\nzustimmen nnd komme auf sie in einer demn\u00e4chst erscheinenden Abhandlung zur\u00fcck.)\nSelbst und mit meinen Sch\u00fclern zusammen habe ich auf diesem Gebiete weiter gearbeitet und zwar mit H\u00fclfsmitteln, die hinter denen des Verf.\u2019s nicht zur\u00fcckstehen d\u00fcrften. Wenn ich mich bisher nicht ent\u00bb echliefsen konnte\u00bb die Ergebnisse zu ver\u00f6ffentlichen, so liegt der Grund hierf\u00fcr darin, dafs ich die Arbeit oft unterbrechen mufste und dafs mir bei den angegebenen Schwierigkeiten, die man bei der Bestimmung der W\u00e4rmepunkt\u00a9 antrifft, ich gestehe dies offen, der Muth dazu fehlte. Wie bemerkt, wird das Vers\u00e4umte in n\u00e4chster Zeit nachgeholt werden.\nIch arbeite seit langer Zeit und lange bevor ich etwas von Alr\u00fctz wufste, mit zugespitzten Heizrohren, die ich nicht nur mit der Hand, sondern auch durch einen Trieb bei Anwendung des Zimmermann \u2019sc he n Universalstativs applicire. Aber auch unter diesen Bedingungen reagiren riele K\u00e4ltepunkte warm|und zwar so, dafs zuweilen die paradoxe K\u00e4lteempfin-dung aus der W\u00e4rmeempfindung herausblitzt oder dafs die erstere gleichsam von einem warmen Nimbus umgeben ist oder aber, dafs die W\u00e4rmeempfin-dtmg allein auftritt, oftmals nach einer Latenzperiode. Die Zahl ist bei Anwendung einer so geringen Heizfl\u00e4che, wie zu erwarten steht, vermindert, wie \u00fcberhaupt das Auffinden von Warmpunkten mit spitzen Rohren, wie schon Blix andeutet, erschwert ist, aber die Erscheinung selbst ist nicht aufgehoben. Man mufs zudem die Heizintensit\u00e4t meistens steigern.\nNach allen Erfahrungen bin ich der Meinung, dafs man hier der intracellul\u00e4ren Ausbreitung der W\u00e4rme auf die eigentlichen W\u00e4rmeorgane oder deren Nerven Rechnung zu tragen hat, einer Anschauung, zu der ich besondere auch bei der Untersuchung von Narbengewebe gef\u00fchrt bin (vgl. L Agliardi, Ricerche int. al senso della temperature, R. Accad. di Med. di Torino, 12 maggio 1899). Es ist aber damit nicht jedes Geheimnifs gel\u00f6st, ich komme in meiner Abhandlung darauf zur\u00fcck. Nochmals: die Anzahl der eigentlichen Warmpunkte, Punkte, die immer und auch bei inad\u00e4quaten Reizen reagiren, ist sehr gering. Wahrscheinlich liegen aber die Warmorgane, wie schon Andere vermutheten, tiefer als die K\u00e4lteorgane and es ist anzunehmen, dafs wir nicht alle Warmorgane mit Sicherheit auf die Haut projiciren k\u00f6nnen.\nUngleich besser als bei Application von Reizrohren gelingt uns die Bestimmung der W\u00e4rmepunkte mittels des von mir beschriebenen Thermo-\u00e4sthesiometers (Philos. Stud. 14, \u00d683). Wie der Verf. es fertig bringt, Reize von 100\u00b0 C., die bereits zerst\u00f6rend auf das Gewebe ein wirken d\u00fcrften, auf den K\u00e4ltepunkten nicht schmerzhaft warm (brennend heifs) zu empfinden, kann ich nach Erfahrungen, die ich an meiner Haut gewann, nicht begreifen. Es mag aber hier individuelle Unterschiede geben.\nTm Uebrigen kann ich dem Herrn Verf. bemerken, dafs ich seit vielen Jahren, sei es durch Vorlesungen, in praktischen Uebungen, bei der Beauf-\u00bbiebtigung von Arbeiten im Laboratorium oder durch die Demonstration vor Freunden und Bekannten vielleicht mehr f\u00fcr die Ausbreitung der vorliegenden Thatsachen gethan habe, als ihm bekannt sein d\u00fcrfte. Grofse Entdeckungen, zu denen die BLix-GoLDSCUEiDER-DoNALDSOx\u2019sche ohne Zweifel geh\u00f6rt, bed\u00fcrfen eben oft langer Zeit, bevor sie sich der allgemeinen","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246\nBesprechung.\nAnerkennung erfreuen, man wird sie von immer neuen Gesichtspunkten pr\u00fcfen, bevor man sie dem bisherigen Schatze des Wissens zuordnet, und dieser Lauf kann nicht dadurch aufgehalten werden, dafs Jemand ihm mit Redensarten wie irrige Methode, Ermangelung n\u00f6thiger Vorsichtern aafs* ergeln u. dgl. entgegentritt.\nW\u00e4hrend diese Abhandlung im Druck war, erhielt ich von Dr. Sommer den k\u00fcrzlich von ihm ver\u00f6ffentlichten Vortrag: lieber die Zahl der Temperaturpunkte der \u00e4ufseren Haut {W\u00fcrzburger Berichte 1901; ein Referat dar\u00fcber aus meiner Feder ist weiter unten auf S. 267 in dem vorliegenden Bande dieser Zeitschrift abgedruckt). Wie ich sehe, fand auch er, wie Agliardi und ich eine geringere Anzahl von Punkten, besonders von Warmpunkten. Ebenso verlangt auch er beim Aufsuchen der Punkte Ber\u00fccksichtigung der Temperatur der Umgebung.\nEben, wo ich, die Correctur dieser Arbeit beendet habe, erscheint das neueste Heft dieser Zeitschrift (25,4\"), in dem Alrutz auf S. 263f. ein Referat der in schwedischer Sprache erschienenen, scheinbar sehr werthvollen Abhandlung Thurberg\u2019s mittheilt.","page":246}],"identifier":"lit31447","issued":"1901","language":"de","pages":"231-246","startpages":"231","title":"S. Alrutz: Studien auf dem Gebiete der Temperatursinne. II. Die Hitzeempfindung. Skandinav. Archiv f\u00fcr Physiologie 10, 340-352, 1900. (Aus dem physiol. Laboratorium der Universit\u00e4t Upsala.)","type":"Journal Article","volume":"26"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:27:18.294140+00:00"}

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