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{"created":"2022-01-31T16:25:49.720851+00:00","id":"lit31450","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kreibig","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 26: 247-249","fulltext":[{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n! Th. Eibot. La psychologie de 1889\u20141900. Discours d\u2019ouverture du IVe Gongr\u00e8s\ninternational de psychologie. Revue scientifique 14 (12), 353\u2014356. 1900.\nR., der Pr\u00e4sident des letzten Congresses f\u00fcr Psychologie, giebt in seiner Er\u00f6ffnungsrede eine knappe Uebersickt \u00fcber die Fortschritte, welche die Psychologie seit ihrem ersten, gleichfalls in Paris stattgehabten Con-gresse gemacht hat. Er constatirt mit Freuden die ungeheure Entwickelung, zugleich aber auch mit einem gewissen Bedauern das Zerfliefsen ins Breite, die Vereinzelung und Decentralisation, welche Uebersicht, Orientirung und Zusammenfassung immer mehr erschwert. Bei der Durchmusterung der Einzelgebiete f\u00e4llt ihm die Ungleichm\u00e4fsigkeit auf, mit der sich die Arbeit auf sie Tertheilt. In einigen Sph\u00e4ren, z. B. dem Empfindungsgebiet, herrscht nahezu Hypertrophie, w\u00e4hrend andere, die Psychologie der h\u00f6heren Functionen (z. B. der logischen), die Socialpsychologie etc. eine gewisse Zur\u00fccksetzung erfahren haben.\t\\V. Stehn (Breslau).\nG. Villa. La question des m\u00e9thodes eu psychologie. Revue scientifique 14 (12), 357\u2014362. 1900.\nDer auf dem Pariser Congrefs gehaltene Vortrag l\u00e4fst der Reihe nach die Methoden der experimentellen, der physiologischen, der genetischen Kinder-, V\u00f6lker-, Thier ) Psychologie Revue passiren, um schliefslich darauf hinzuweisen, dafs all diese Verfahrungsarten nicht etwa die einzige Methode der alten Psychologie, die Selbstbeobachtung, \u00fcberfl\u00fcssig machen, sondern ihrer als Erg\u00e4nzung ebenso bed\u00fcrfen, wie sie selbst jene zu erg\u00e4nzen und exacter zu gestalten berufen sind.\tW. Stehn (Breslau).\nE. Kretschmer. Die Ideale und die Seele. Ein psychologischer Neuerungsver-suchf nebst einem logischen Anhang: Zur Lehre vom Urtheil. Leipzig, Hermann Haacke, 1900. 168 S.\nWie schief das Urtheil \u00fcber so manches Buch ausfallen m\u00fcfste, wenn man an dasselbe mit einem von vornekerein festgelegten Standpunkt und Maafsstab herantreten w\u00fcrde, kann wiederum einmal an dem B\u00fcchlein des Pfarrers Kretschmer erfahren werden. Von den Voraussetzungen der heutigen strengen Fachpsychologie ausgehend w\u00fcrde man \u201eDie Ideale und die Seeleu mit Bedauern \u00fcber den Zeitverlust hiulegen, als popul\u00e4r-psycho-Jugisches Bekenntnifs eines nach Orientirung strebenden Nichtz\u00fcnftigen.","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248\nLiteraturberichi.\ndagegen ist die Erscheinung keineswegs ohne Sinn und Werth. Der Verf. mag vielleicht gegen eine solche Zuordnung protestiren: Wissenschaftliche Gr\u00f6fsen von anerkannter Bedeutung, Lotze, W\u00fcndt, Sigwabt (letzterem ist das Buch gewidmet) haben, wie sich allenthalben zeigt, bei seiner Arbeit Gevatter gestanden. \u2014 Doch nun zum Inhalte.\nIm ersten Capitel setzt sich der Verf. mit W\u00fcndt aus einander (dessen Anerkennung innerer Willenshandlungen er beipflichtet), dann durcheilt er mit grofsen Schritten, vielfach von Lotze geleitet, das \u201esinnliche Seelenleben\u201c, das \u201eh\u00f6here Geistesleben\u201c, die \u201eErkenntnifs\u201c, die \u201eWahrnehmung und Vorstellung\u201c, das \u201eGef\u00fchlsleben und Triebleben\u201c. Ueber Einzelheiten in diesen Abschnitten, wie beispielsweise \u00fcber die Behauptung, dafs jede Empfindung erst \u201edurch \u00f6ftere Wiederholung derselben ihre volle St\u00e4rke und Deutlichkeit\u201c erhalte (S. 39), wollen wir nicht streiten, ebensowenig \u00fcber die Unklarheit im System der Stoffanordnung. Es sei vielmehr sogleich \u00fcber einige Grundgedanken des ersten Theiles berichtet. \u2014 Der Verf. unterscheidet zwei Grundkr\u00e4fte der Seele, eine gestaltende Kraft als das Gemeinsame aller Wahrnehmungen, Gef\u00fchle, Triebe und Handlungen, und eine erhaltende Kraft, das Ged\u00e4chtnifs im weitesten Sinne (S. 99). Die gestaltende Kraft in der \u00e4ufseren und inneren Wahrnehmung tritt (wie schon Lotze lehrte) in drei Stufen zu Tage, als \u201eEmpfindung (Vorstellung) mit rein sinnlichem Inhalte\u201c, als \u201eAnschauung\u201c, welche sich auf r\u00e4umliche und zeitliche Verh\u00e4ltnisse bezieht, und als \u201eErkenntnifs\u201c, n\u00e4mlich der logischen Verh\u00e4ltnisse der Aehnlichkeit und Verschiedenheit, der Gleichheit und des Gegensatzes. \u201eIm Mittelpunkte der Seele, entsprechend den rundlichen Ganglienzellen der grauen Hirnrinde (?), stehen die Gef\u00fchle und Triebe, in denen sich die Seele sozusagen in sich selbst bewegt . .\nIn der \u201eSelbstth\u00e4tigkeit\u201c endlich findet das Triebleben seine Vollendung. Diese Gliederung entspricht der Erfahrungsthatsache, dafs die Seele im Ganzen drei Seiten, eine centripetale (Empf\u00e4nglichkeit), eine centrale (Gef\u00fchl- und Triebleben) und eine centrifugale (die Selbstth\u00e4tigkeit) aufweise.\nIn den folgenden Abschnitten der Schrift geht der Autor daran, \u201eden psychologischen Ort, sowie den wesentlichen Sinn und Inhalt\u201c der altbew\u00e4hrten \u201eIdeale des Guten, Sch\u00f6nen und Wahren\u201c, welche der \u201eVoraussetzung eines pers\u00f6nlichen Gottes\u201c nicht entrathen k\u00f6nnen, zu beschreiben. Der im Titel des Buches angek\u00fcndigte \u201eNeuerungsversuch\u201c kann in diesen Ausf\u00fchrungen wohl schwerlich gefunden werden, wenn sich auch hier der Verf. als belesener, schriftstellerisch gewandter Mann erweist.\nDie besten Abschnitte des ganzen Haupttheiles sind unseres Erachtens jene \u00fcber die logischen Gef\u00fchle (S. 67), \u00fcber das Triebleben (S. 74) und \u00fcber das sinnlich Angenehme (S. 112).\nDer Anhang \u00fcber das Urtheil bewegt sich in der Hauptsache in der Lehrrichtung Sigw'art\u2019s, doch weicht der Verf. von diesem in einer Herzensangelegenheit durch die richtige Behauptung ab, dafs das negative LvCheil nicht durchwegs ein solches \u00fcber ein versuchtes bejahendes Urtheil sei (S. 163). Auch die Eintheilung der Urtheile in Urtheile der Einordnung und r\u00e4umlich zeitlichen Verbindung einerseits und solche der Beiordnung und Unterordnung andererseits ist selbst\u00e4ndig entwickelt. Als Resultat der Untersuchung des Anhangs stellt der Verf. den Satz hin: \u201eDas Urtheil","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n249\nist ein auf der Wahrnehmung anschaulicher oder logischer Beziehungen zwischen mehreren Wahrnehmungen oder Vorstellungen (auch Urtheilen) beruhendes, anerkennendes Denken dieser Verh\u00e4ltnisse\u201c (S. 167).\nZum Schl\u00fcsse unseres Berichtes sei die Bemerkung angef\u00fcgt, dafs das ganze B\u00fcchlein eine gewisse naive Frische und Herzlichkeit athmet, die f\u00fcr den Verf. sympathisch einzunehmen geeignet ist. Zur wissenschaftlichen Reinlichkeit der Terminologie und zur vollen Strenge in der Schlufs-verkettung bringt es der Verf. (mit seinen oft k\u00fchnen \u201eoder\u201c und \u201eund\u201c) freilich nur in einzelnen Theilen.\tKreibig (Wien).\nF. Thilly. The Theory of Interaction. Philos. Rev. 10 (2), 124\u2014138. 1901.\nTh. schildert den gegenw\u00e4rtigen Stand der Leib-Seelen-Streitfrage, indem er Parallelisten und Antiparallelisten ihre Argumente abwechselnd Vorbringen l\u00e4fst Sodann bekennt er sich selbst zu den Anh\u00e4ngern der Wechselwirkung und sucht nachzuweisen, dafs das Gesetz der Erhaltung der Energie mit der Wechselwirkung vereinbar, dafs aber die Hauptveran-lMsung des Parallelismus \u2014 n\u00e4mlich die Annahme, dafs Physisches nur mit Physischem causal verkn\u00fcpft sein k\u00f6nne \u2014 eine in der Erfahrung nicht begr\u00fcndete und daher unberechtigte Verallgemeinerung sei.\nW. Stern (Breslau).\nTh. Elsenhans. lieber individuelle und Gattiigsiilagen. Zeitschr. f. p\u00e4dag.\nPsychol. 1, 233\u2014244, 334\u2014343 (1899) ; 2, 41\u201449 (1900).\nElsenhans beginnt mit dem durchaus richtigen Hinweis, dafs der Begriff der Anlage, den man im Interesse logischer Klarheit so oft aus der wissenschaftlichen Betrachtung auszumerzen versucht hat, f\u00fcr die Psychologie im Allgemeinen und f\u00fcr die p\u00e4dagogische Psychologie im Besonderen unentbehrlich sei. Es giebt Gattungsanlagen, d. h. allen Menschen zukommende Dispositionen zu geistigen Aeufserungen bestimmter Art und individuelle Anlagen, welche bestimmte Modificationen der Gattungsanlagen darstellen. Nach Er\u00f6rterung der Frage, ob die individuellen Anlagen restlos auf physische Bedingungen zur\u00fcckf\u00fchrbar seien, geht E. zu einer verst\u00e4ndigen, aber wenig Neues bietenden Darstellung der individuellen Differenzirungen \u00fcber, die uns bei den Anlagen des Instincts, der Anschauung, des Ged\u00e4chtnisses, der Phantasie, des Verstandes, des Charakters begegnen. Der Schlufs, der die p\u00e4dagogische Beeinflufsbarkeit der Anlagen behandelt, f\u00fchrt den Verf. auf den auch f\u00fcr die differentielle Psychologie nicht unwichtigen Satz: \u201edafs der Einflufs der Anlagen abnimmt, je complicirter die geistige Leistung ist, und dafs in demselben Verh\u00e4ltnis 4er Einflufs der rationellen Ausbildung und Uebung w\u00e4chst\u201c.\nW. Stern (Breslau).\nF. Kexsles. Die h\u00e4usliche Arbeitszeit meiner Sch\u00fcler. Zeitschr. f.p\u00e4d. Psychol.\n1, 89\u201495, 132\u2014134. 1899.\nH. Koch. Die h\u00e4usliche Arbeitszeit meiner Sch\u00fcler. Ebenda 1,192-196. 1899.\nVeranlafst durch eine vom Cultusministerium ausgegangene Anfrage, stellte Kemsies w\u00e4hrend einer Januarwoche an den Sch\u00fclern seiner UIII statistiche Erhebungen \u00fcber ihre h\u00e4usliche Arbeitszeit an, die Koch in","page":249}],"identifier":"lit31450","issued":"1901","language":"de","pages":"247-249","startpages":"247","title":"E. Kretschmer: Die Ideale und die Seele. Ein psychologischer Neuerungsversuch, nebst einem logischen Anhang: Zur Lehre vom Urteil. Leipzig, Herann Haacke, 1900, 168 S","type":"Journal Article","volume":"26"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:25:49.720856+00:00"}