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{"created":"2022-01-31T16:22:43.409500+00:00","id":"lit31498","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pf\u00e4nder","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 23: 143-144","fulltext":[{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n143\nTiefschlaf \u00e4hnelt der Bewufstlosigkeit. Das wahre psychische Leben des Schlafes ebenso wie das wahre Leben der Tr\u00e4ume enth\u00fcllt sich erst, sobald der Schlaf anf\u00e4ngt tief zu werden.\n2. Die Tr\u00e4ume des Tiefschlafs sind chaotisch und zeigen clich\u00e9B souvenirs, die wirklichen Tr\u00e4ume dagegen zeigen eine unbewufste Logik, sie werden von Aufmerksamkeit und Wille dirigirt.\nS.\tJe tiefer der Schlaf ist, um so mehr beziehen sich die Tr\u00e4ume auf einen fr\u00fcheren Theil unserer Existenz, um so entfernter sind sie von der Wirklichkeit. Je oberfl\u00e4chlicher dagegen der Schlaf ist, um so mehr erscheinen die t\u00e4glichen Empfindungen, um so mehr reflectiren die Tr\u00e4ume die Besch\u00e4ftigungen und Emotionen des wachen Lebens.\n4.\tNicht immer kommen im Tiefschlaf Tr\u00e4ume vor, denn wie es im Wachen eine Sinnestr\u00e4gheit giebt, so auch im Schlafe.\n5.\tDiejenigen Menschen, welche behaupten nicht zu tr\u00e4umen, werden das Opfer einer T\u00e4uschung.\n6.\tDie Tr\u00e4ume von mittlerer Intensit\u00e4t beharren mehr im Ged\u00e4chtnifs, sind continuirlicher, dagegen verschwinden die energischen Tr\u00e4ume rasch. Die intensivsten Tr\u00e4ume charakterisiren das Erwachen und die einleitende Epoche des Schlafes.\n7.\tDie Kinder tr\u00e4umen mit lauter Stimme. Aehnliches findet sich beim nat\u00fcrlichen oder k\u00fcnstlich bewirkten Erwachen.\n8.\tDie wirklichen Tr\u00e4ume sind heller, und die Helligkeit steht in Beziehung zur Tiefe des Schlafes. Bei einem Schlafe von mittlerer Tiefe sind die Tr\u00e4ume best\u00e4ndiger, pr\u00e4ciser und weniger fl\u00fcchtig als bei oberfl\u00e4chlichem Schlafe.\n9.\tDie Tr\u00e4ume ein und derselben Nacht zeigen eine gewisse Conti-\nnuit\u00e4t. Selbst die Tr\u00e4ume von Personen, welche mehrere Male w\u00e4hrend einer Nacht geweckt worden waren, zeigten ein gewisses associatives Band. \u2014\t7\nDa nach den Ank\u00fcndigungen des Verf. eine genauere Ausf\u00fchrung dieser summarischen Uebersicht erst noch folgen soll, so halte ich es f\u00fcr zweckm\u00e4fsig, dieselbe zu erwarten, bevor ich zu einer Kritik schreite.\nGiessleb (Erfurt).\nW. Wetgandt. Rimer\u2019s Versuche Aber Nahrungsaufnahme und geistige Leistungsf\u00e4higkeit- Psychol. Arbeiten, hrsg. y. Kraepelin, 2 (4), 695\u2014706. 1899.\nDie Versuche, welche der verstorbene Dr. R\u00f6mer an sich selbst machte, werden in ihren Resultaten wiedergegeben, verarbeitet und gedeutet. Dieselben erstreckten sich \u00fcber acht Tage, w\u00e4hrend welcher R. Morgens abwechselnd keine Nahrung oder ein reichliches Fr\u00fchst\u00fcck, eine halbe Stunde vor Beginn des Versuches, zu sich nahm. R. stellte dann zahlenm\u00e4fsig fest, wieviel einstellige Zahlen er in bestimmten Zeitabschnitten, die durch Ruhepausen unterbrochen wurden, an jedem dieser Tage fortlaufend addiren konnte. Aus den hierbei gewonnenen Zahlenresultaten leitet nun W, f\u00fcnf Ergebnisse ab, von denen die zwei ersten allgemein formulirt, die \u00fcbrigen dagegen nur als Charakterisirung der Psyche R.\u2019s ausgesprochen werden. Das erste Ergebnifs lautet (allerdings zun\u00e4chst nur f\u00fcr leicht erm\u00fcdbare","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nLiteraturbericht.\n\u201eAbendarbeiter\u201c) : Ein reichliches Fr\u00fchst\u00fcck, eine halbe Stnnde vor Beginn der Arbeit eingenommen, steigert die Leistungsf\u00e4higkeit um 20 bis 30\u00b0/# und hat nicht, wie es bei der Mittagsmahlzeit beobachtet wird, zun\u00e4chst eine Herabsetzung der Leistung zur Folge. Das zweite lautet : Die Uebung wird durch die wechselnden Versuchsverh\u00e4ltnisse nicht beeinflufst.\nPfandes (M\u00fcnchen).\nL. Duqas. La perte de la m\u00e9moire et la perte de la conscience. Rev. ph\u00fcos. 48 (7), 43\u201457. 1899.\nErinnerungsvorstellungen k\u00f6nnen materiell verloren gehen, oder es kann nur das Wiedererkennen ausbleiben, d. h. das Gef\u00fchl des Vertraut-seins. Im ersteren Fall handelt es sich nach D. um einen Krankheits-procefs, dessen Umsichgreifen und allm\u00e4hlicher Heilung man folgen kann, im letzteren um eine pl\u00f6tzlich auftretende und ebenso verschwindende Krise. D. analysirt einen Fall letzterer Art von Amnesie, wo die Vorstellungen vergangener Erlebnisse wohl aus Analogieschl\u00fcssen materiell gewonnen werden, ihnen aber jede Vertrautheit mangelt. Das materielle Ausbleiben einer Erinnerungsvorstellung sei von keiner eigentlichen Ge-m\u00fcth8erregung, h\u00f6chstens von einem Gef\u00fchl der Stumpfheit begleitet, das Ausbleiben des Wiedererkennens dagegen von schwerem Mifsbehagen.\nSinnesempfindungen k\u00f6nnen ebenfalls entweder materiell verloren gehen, oder es fehlt nur ein sie gemeinhin begleitendes Ich-Gef\u00fchl. Dieser letztere Zustand findet sich im ersten Stadium des Wiedererwachens aus einer Ohnmacht und D. beschreibt ihn im Anschluss an die Schilderungen, welche gelegentlich Montaigne und Rousseau von solchen Erlebnissen gegeben haben. An die ersten unpers\u00f6nlichen Empfindungen reihen sich rein materielle Erinnerungsvorstellungen an und f\u00fchren zu einem zusammenhangslosen, \u201ekaleidoskopartigen\u201c Bewusstseinsinhalt. Erst wenn sich den Sinnesempfindungen das Ich-Gef\u00fchl zugesellt hat, werden auch die Er-innerungsvorstellungen wiedererkannt und f\u00fchren zu einem Verst\u00e4ndnifs der Situation.\nAnalog verh\u00e4lt es sich mit der Wiederaufnahme der Bewegungen: erst unwillk\u00fcrliche, gewohnheitsm\u00e4fsige (aber doch mehr als Reflexhandlungen), dann erst Willenshandlungen.\nSo \u00fcbt nach D. der Grundbewufstseinszustand eines Moments, der einem allgemeinen des gesammten Organismus entspricht, seinen Einflu\u00fcs auf alle Functionen aus, was mit Renouvier als \u201eUnl\u00f6slichkeit der menschlichen Functionen\u201c bezeichnet werden kann.\nDaraus resultirt dann die Schwierigkeit und der k\u00fcnstliche Charakter psychologischer Analyse, aber doch auch die M\u00f6glichkeit von Analogieschl\u00fcssen. Dann mufs man sich also in jedem Fall Rechenschaft \u00fcber das Ich-Gef\u00fchl geben, in dem sich alle Bewulstseinsthatbest\u00e4nde treffen ; es ist nicht nur eine Resultante, sondern ein Princip.\nEttlingeb (M\u00fcnchen).","page":144}],"identifier":"lit31498","issued":"1900","language":"de","pages":"143-144","startpages":"143","title":"W. Weygandt: R\u00f6mer's Versuche \u00fcber Nahrungsaufnahme und geistige Leistungsf\u00e4higkeit. Psychol. Arbeiten, hrsg. v. Kraepelin, 2 (4), 695-706. 1899","type":"Journal Article","volume":"23"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:22:43.409505+00:00"}