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K. Bonhoeffer: Ein Beitrag zur Kenntniß des großstädtischen Bettel- und Vagabondenthums. Eine psychiatrische Untersuchung. Berlin, J. Guttentag, 1900

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{"created":"2022-01-31T13:57:26.462897+00:00","id":"lit31546","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Tr\u00fcper","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 26: 143-144","fulltext":[{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turberich t.\n143\numfassendem Blicke die eben erw\u00e4hnten Probleme, und wir k\u00f6nnen nur w\u00fcnschen, dafs die Ausf\u00fchrungen auf fruchtbaren Boden fallen m\u00f6gen.\nObgleich die Schrift durchaus auf der H\u00f6he medicinischer und psychiatrischer Wissenschaft steht, so geht doch das Eine daraus hervor, dafs f\u00fcr die Erforschung der pathologischen Kindesnatur noch eine aufser-ordentliche Arbeit f\u00fcr die Psychologie \u00fcbrig bleibt. Wenn Schul\u00e4rzte und Lehrer noch eine gemeinsame Arbeit von zwei Jahren gebrauchen, um den Geisteszustand eines abnormen KindeB einigermaafsen sicher festzustellen, so zeigt das, dafs bei allen gelehrten psychologischen Untersuchungsmethoden f\u00fcr das nothwendigste praktische Bed\u00fcrfnifs noch nicht allzuviel abgefallen ist. Es ist darum angezeigt, bei dieser Gelegenheit gerade an diesem Orte auf diese L\u00fccke hinzuweisen, dafs wir neben der Sch\u00e4rfung und Specialisirung der psychologischen Untersuchungsmethode auch auf deren Vereinfachung zum Zwecke der Brauchbarkeit f\u00fcr praktische Bed\u00fcrfnisse sinnen m\u00fcssen.\tTr\u00fcper (Jena).\nK. Bokhoepfer. Ein Beitrag znr Keantnifs des gro\u00dfst\u00e4dtischen Bettel- and Tagabondenthnm8. Eine psychiatrische Untersuchung. Berlin, J. Gutter, tag, 1900.\nEs wird behauptet, dafs unl\u00e4ngst die Verwaltungsbeh\u00f6rde einer deutschen Universit\u00e4t einen Lehrstuhl f\u00fcr physiologische und experimentelle Psychologie nicht f\u00fcr nothwendig gehalten habe und darum die Errichtung eines solchen ablehnte. Die Psychiatrie ist doch im Grunde nur die Anwendung physiologisch-psychologischer Kenntnisse auf pathologische Zust\u00e4nde, mufs also ohne Psychologie ihre eigene Psychologie des Normalen nebenbei ausbilden, der darum naturgem\u00e4fs an wissenschaftlicher Durchbildung Manches fehlen mufs. Dennoch aber verdanken wir der Psychiatrie aufserordentlich viel f\u00fcr die F\u00f6rderung der psychologischen Forschung. Manche Psychiater haben ihren Ruf als Psychologen erlangt. Auch die P\u00e4dagogik mufs ohne sorgf\u00e4ltige physio-psychologische Grundlage ins Blaue hinein arbeiten. Da von den juristischen Verwaltungsbeh\u00f6rden aufserdem die Nothwendigkeit der p\u00e4dagogischen Lehrst\u00fchle an den deutschen Universit\u00e4ten erst in allerj\u00fcngster Zeit hier und da eingesehen worden und sie darum im Allgemeinen noch als Autodidactin durchs wissenschaftliche Leben wandern mufs, so liegt auf der Hand, dafs der p\u00e4dagogischen Psychologie noch weit mehr fehlen wird. Aber auch die Jurisprudenz und namentlich die Criminalistik waltet ohne sorgf\u00e4ltige psychologische Grundlage nicht ihres Amtes, wie sie es im Interesse ihres Auftraggebers, der Gesellschaft, sollte. Das Urtheil, das sie in den einzelnen F\u00e4llen f\u00e4llt, kann nur ein gerechtes sein, wenn das psychologische Verst\u00e4ndnifs f\u00fcr die betreffenden F\u00e4lle und vor Allem auch die Genesis dieses psychopathologischen Zustandes, welchen man Rechtsbruch nennt, aach zuverl\u00e4ssiger Methode erkl\u00e4rt werden kann. Namentlich aber greift die Criminalistik im Strafvollz\u00fcge fehl, weil die p\u00e4dagogische Wirkung der Strafe auf die Psyche des Rechtsverbrechers nicht selten wegen mangelhafter Psychologie falsch gew'erthet wird. Der ganze Strafprocefs kostet dann der Gesellschaft viel und n\u00fctzt wenig oder nichts. Mir erz\u00e4hlte ein-","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nLiteraturberich t.\nmal ein Amtsrichter, dafs er an dem betreffenden Tage einen Vagabonden ztnn 100. Male verurtheilt habe. 99 mal war also die Strafe schon fruchtlos gewesen. Dennoch erfolgte sie zum 100. Male!\nF\u00fcr diese Behauptungen liefert die Schrift von Dr. Laqiter nach der \u00e4rztlich-erzieherischen und die vorliegende namentlich nach der criminal ist.iHch p\u00e4dagogischen Seite hin schwer anfechtbare Beweise. Der Zweck der Schrift ist zwar ein anderer, aber es d\u00fcrfte nicht \u00fcberfl\u00fcssig sein, bei einer solchen Gelegenheit auf die L\u00fccken der im \u00f6ffentlichen Dienste stehenden Arbeit der Wissenschaft und ihrer Anstalten hinzuweisen. Wenn hier Wesentliches fehlt, so ist das von erheblich gr\u00f6fserer Tragweite, als wenn einmal hier oder da in der Praxis ein Mifsgriff gethan wird. Praktische Mifsgriffe werden durch die Erfahrungen des Lebens sich wieder au8gleichen. Unzul\u00e4ngliche Theorien oder fehlende Einsicht haben oft unausgleichbare Folgen f\u00fcr das \u00f6ffentliche Leben.\nBonhoeffer besch\u00e4ftigt sich hier mit einer psychologischen oder wenn man will psychiatrischen Analyse des grofsst\u00e4dtischen Bettel- und Vaga-bondenthums. Es sind die in socialer, ethischer, k\u00f6rperlicher und psychischer Degeneration sich befindlichen Individuen, die immer wieder dem Bettel und der Obdachlosigkeit verfallen, und die psychiatrische Untersuchung, welche Bonhoeffer mit ihnen vorgenommen, mufs als eine ebenso lehrreiche als bedeutsame betrachtet werden, sowohl nach der Seite der hederit\u00e4ren Ursachen, unter denen in erster Linie Alkoholismus und Geisteskrankheit stehen, als auch nach der Seite der erworbenen und zu-meist durch das Milieu bedingten Ursachen, wo wiederum Alkoholismus, psychische und ethische Defecte und damit fehlerhafte oder mangelnde Erziehung im Vordergr\u00fcnde stehen. Aber auch was Bonhoeffeb \u00fcber die Behandlung und Vorbeugung dieses gesellschaftlichen Abhubes sagt, verdient vom psychologischen wie vom p\u00e4dagogischen und criminalistischen Standpunkte aus unsere Beachtung.\n122 Fragen dienen als Leitfaden f\u00fcr die Zergliederung der abnormen Psyche und ihres leiblichen Tr\u00e4gers von 404 Individuen, als auch zugleich zur Erforschung des Milieus, das solche defecte Wesen hervorgehen l\u00e4fst.\nTb\u00fcpeb (Jena).\nBemerkung.\nUm Verwechslungen vorzubeugen, sei bemerkt, dafs der Verfasser des Bd. 25 S. 286 dieser Zeitschrift ver\u00f6ffentlichten Referats \u00fcber eine Arbeit von Oelzelt-Nkwin Hr. Dr. jur. Berth. Freitdenthal zu Breslau ist.","page":144}],"identifier":"lit31546","issued":"1901","language":"de","pages":"143-144","startpages":"143","title":"K. Bonhoeffer: Ein Beitrag zur Kenntni\u00df des gro\u00dfst\u00e4dtischen Bettel- und Vagabondenthums. Eine psychiatrische Untersuchung. Berlin, J. 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