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Havelock Ellis: Geschlechtstrieb und Schamgefühl. Autorisirte Uebersetzung von Julia E. Kötscher unter Redaction von Dr. med. Max Kötscher. Leipzig, G. Wigand, 1900. 364 S. 13 Tafeln

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{"created":"2022-01-31T16:29:30.013585+00:00","id":"lit31565","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pelman","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 26: 286-289","fulltext":[{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nLiteraturbericht.\neine Assimilation aufdr\u00e4ngt, modificirt sie den Sachverhalt, d. h. die objective Anordnung der Buchstaben zu ihren Gunsten; b) aber schon an sich k\u00f6nnen die Buchstaben in verschiedener Zeit aufsteigen und sich dem-gem\u00e4fs ordnen, dann wird die daran anschliefsende Assimilation schon dieser Anordnung Rechnung tragen . . . Diese beiden Momente setzen, mannigfach in einander \u00fcbergreifend, die zweite Phase des Vorganges zusammen.\u201c \u201eMit der Inversion verband sich h\u00e4ufig noch eine Substitution.\u201c An der Hand von Beispielen wird dies des N\u00e4heren ausgef\u00fchrt.\nDie Arbeit wurde in Wundt\u2019s Laboratorium in seinem Auftr\u00e4ge und unter seiner Leitung ausgef\u00fchrt.\tKiesow (Turin).\nA. Huther. Die psychologischen Grundprincipien der P\u00e4dagogik. Zeitsehr. f.\np\u00e4dag. Psychol, u. Path. 2, 121\u2014132, 192\u2014209, 287\u2014302, 367\u2014383. 1900.\nDer Aufsatz enth\u00e4lt der Hauptsache nach eine ausf\u00fchrliche Besprechung des Apperceptionsbegriffs. Die Herbart - Erdmann'scIic Anschauung, da\u00a3s Apperception eine rein mechanisch sich vollziehende Eingliederung des neuen Eindrucks in eine herrschende Apperceptionsmasse sei, wird nur dem objectiven Thatbestande, nicht dem subjectiven, gerecht; Wundt\u2019s Lehre von einem willk\u00fcrlichen Eingreifen eines spontanen Acts in den passivmechanischen Vorstellungsverlauf erscheint zu dualistisch. H. sucht nun, in theilweisem Anschlufs an Lipps, nachzuweisen, dafs Apperception nur eine h\u00f6here Beth\u00e4tigungsweise derselben psychischen Activit\u00e4t sei, die sich auch in den einfachsten Formen geistigen Lebens, im Erzeugen von Empfindungen und Bilden von Vorstellungen ausspricht. Die logischen Apper-ceptionsverbindungen und -leistungen werden von diesem Standpunkt aus er\u00f6rtert. \u2014 Der Schlufstheil bringt dann eine Willenstheorie, die, in \u00e4hnlicher Weise zwischen Wundt und Lipps die Mitte haltend, den Willen nicht als selbst\u00e4ndigen Bewufstseinsfactor, sondern nur als eine besondere Erscheinungsweise psychischer Activit\u00e4t auffafst. W. Stern (Breslau).\nH. Davies. Method of Aesthetics: t Hote. Philos. Review 10(1), 28\u201435. 1901.\nDamit Aesthetik eine Wissenschaft werde, mufs sie sich der drei wissenschaftlichen Methoden: der Classification, des Auffindens von Gesetzen und der Kritik bedienen. Wie die Anwendung dieser Methoden an den Problemen der Aesthetik durchgef\u00fchrt werden k\u00f6nne, wird kurz angedeutet.\tW. Stern (Breslau).\nHavelock Ellis. Geschlechtstrieb und SchamgeffihL Autorisirte Uebersetzung von Julia E. K\u00f6tscher unter Redaction von Dr. med. Max K\u00f6tscher. Leipzig, G. Wigand, 1900. 364 S. 13 Tafeln.\nEs fehlt uns nicht gerade an Abhandlungen \u00fcber den Geschlechtstrieb und seine Verirrungen sowie \u00fcber \u00e4hnliche Dinge, und im Allgemeinen kann etwas Vorsicht beim Herantreten an diese Erzeugnisse der Literatur nichts schaden.\nBei Havelock Ellis ist man indes sicher, auf eine ernste und wissenschaftliche Behandlung seines Gegenstandes zu stolsen, was sich nicht gerade von Jedem behaupten l\u00e4fst.","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turberich t.\n287\nIn dem vorliegenden Bande giebt er uns drei Studien, die ihm noth-wendige \u201eProlegomena\u201c f\u00fcr eine Analyse des geschlechtlichen Instinctes zu eein scheinen, welche Analyse die Hauptrolle bei einer Erforschung der Geechlechtspsychologie spielen mufs. Die erste Studie enth\u00e4lt eine Schilde-rong des Schamgef\u00fchls, die zweite sucht das Ph\u00e4nomen der Sexualperiodi-citit zu erkl\u00e4ren, nnd die dritte endlich, die den Auto-Erotismus behandelt, versucht uns dar\u00fcber zu belehren, dafs wir selbst auf Gebieten, wo wir unsere Kenntnisse f\u00fcr ausreichend halten, bei genauerer Betrachtung unser Endurtheil noch aufschieben m\u00fcssen und gut thun, eine vorsichtigere Haltung einzunehmen.\nDer Geschlechtstrieb hat die Tendenz, in einer spontanen und bis zu einem gewissen Grade periodischen Weise aufzutreten, und dabei auf Mann nnd Weib in verschiedener Weise zu wirken. Besonders ist es das Schamgef\u00fchl, d. h. eine instinctive und gew\u00f6hnlich auf sexuellen Vorg\u00e4ngen begr\u00fcndete Furcht, das beim Weibe vorzugsweise ausgebildet ist. Es geht der Bekleidung voraus und ist von ihr unabh\u00e4ngig. Vielmehr entspringt die Bekleidung dem Schamgef\u00fchl und wird als Schmuck zum Anziehungs-und Lockmittel.\nDas Err\u00f6then ist die Weihe des Schamgef\u00fchls, und der vasomotorische Mechanismus des Err\u00f6thens seine physiologische Grundlage.\nDaher auch der Einflufs der Dunkelheit auf das Schamgef\u00fchl, obwohl sich die schon von Lichtenbkro aufgeworfene Frage, ob die Frauen im Dunkeln err\u00f6then, bis heute der Entscheidung entzieht, da sie bei Licht nicht wohl entschieden werden kann.\nVon der allm\u00e4hlichen Entwickelung des Schamgef\u00fchls giebt uns u. A. die Literatur Kunde, und die derben und ihrer Zeit unbeanstandeten Erf\u00fcllungen eines Chaucer, Boccaccio u. A. m. w\u00fcrden heute kaum f\u00fcr hoff\u00e4hig erachtet werden.\nDas Schamgef\u00fchl wandelte sich durch die Civilisation in Anstandsgef\u00fchl um. Wie sehr aber auch dieses der Allgewalt der Mode unterworfen ist, beweist u. A. die f\u00fcr die Hofb\u00e4lle vorgeschriebene Toilette der Damen, die ohne diese Vorschrift und am hellen lichten Tage sicherlich f\u00fcr unanst\u00e4ndig gehalten w\u00fcrde.\nVon besonderem Interesse sind die ausf\u00fchrlichen Untersuchungen \u00fcber das Ph\u00e4nomen der geschlechtlichen Periodicit\u00e4t.\nIn der pflanzlichen und Thierwelt ist das Geschlechtsleben durchweg an bestimmte Perioden gebunden, und die Brunst der Thiere und die Menstruation der Frauen sind in Wirklichkeit ein und dasselbe Ph\u00e4nomen. Besteht nun beim Manne eine gleiche oder \u00e4hnliche Periodicit\u00e4t? Ellis versucht dies an der Hand einer ganz aufserodentlichen Belesenheit klar zu legen, und dais ein gewisser Rhythmus unser ganzes Leben durchzieht und die grofsen athmosph\u00e4rischen Spannungen, die Fr\u00fchjahrs- und Herbstphasen unser geschlechtliches Leben nicht unber\u00fchrt lassen, ist schon von vornherein nicht unwahrscheinlich. In einem Anh\u00e4nge B. wird diese Untersuchung von Pebby Coste weiter gef\u00fchrt.\nPbrbt Coste fand, dafs der Puls beim Manne einen deutlichen monatlichen Rhythmus zeige, und da Puls und Menstruation bei den Frauen in Uebereinstimmung stehen, so spreche dies stark f\u00fcr das Bestehen einer","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nLiteraturbericht.\nmonatlichen physiologischen Periode bei dem Manne. Dies f\u00fchrte ihn dazu \u00fcber seine n\u00e4chtlichen Samenergiefsungen zehn Jahre hindurch Buch zu f\u00fchren, da sie das Uebermaafs an geschlechtlichen Absonderungen darstellen, wo eine normale Erleichterung versagt wird. Er fand nun als j\u00e4hrliches Mittel 36, und er konnte ferner einen bestimmten j\u00e4hrlichen, lunar-monatlichen, und selbst einen w\u00f6chentlichen Rhythmus nachweisen. Die socialen Schl\u00fcsse, die er daraus zieht, sind recht interessant. Die Pollution bedeutet selbstverst\u00e4ndlich nur ein Minimum, dessen Vielfaches gefunden werden mufs. Jedenfalls w\u00fcrde ein dreimaliger Geschlechtsgenufs im Monat das Minimum sein, um das physiologische Gleichgewicht des Mannes in dieser Beziehung aufrecht zu erhalten, und dies stimmt mit der alten Festsetzung von Solon \u00fcberein, der \u201edrei Zahlungen f\u00fcr den Monat\u201c bestimmte. Coste fand eine nicht erwartete Symmetrie seiner Curven, was in ihm den Wunsch anregte, ein gr\u00f6fseres Material f\u00fcr fernere Beobachtungen zur Verf\u00fcgung zu haben. Er fordert zu Sammelforschungen auf, deren Schwierigkeit er im Uebrigen nicht verkennt.\nEin Haupttheil des Buches ist den Erscheinungen des Auto-Erotismus gewidmet, d. h. der spontanen geschlechtlichen Erregung ohne irgend welche Anregung von aufsen. Als solche spielt er \u00fcberall seine Rolle. Er ist ein wichtiger Antrieb zu allerhand Manifestationen und ein unvermeidliches Nebenproduct des gewaltigen Processes, auf dem die ganze animalische Welt beruht.\nDer Auto-Erotismus ist keineswegs immer Masturbation; er kann alle Arten der Selbstbefriedigung umfassen, bis zu den Tagestr\u00e4umen. Elus benutzt dies zu einem langen Excurse auf das Gebiet der Hysterie, ohne dafs wir gerade viel kl\u00fcger dadurch w\u00fcrden. Ihm ist die Hysterie ein auto-erotisches Ph\u00e4nomen, und Breuer und Freud m\u00fcssen ihm dabei als Taufpathen dienen.\nDie Frage, welches Geschlecht der Masturbation mehr ergeben sei, bleibt ungel\u00f6st, so massenhaft das Material auch ist, das er hier\u00fcber zusammengetragen hat ; was er \u00fcber die Folgen der Gewohnheit sagt, ist verst\u00e4ndig. Unsere erste Pflicht ist es, die Natur und die Folgen dieser Manifestation bei allen Classen der Bev\u00f6lkerung zu untersuchen. Das ist eine vorbereitende Bedingung f\u00fcr jene Fragen, und so lange sie nicht endg\u00fcltig entschieden sind, gilt es, ihnen keine Gleichg\u00fcltigkeit, aber doch auch keinen \u00fcbertriebenen Abscheu entgegenzutragen, der nur zur Verheimlichung f\u00fchren und das Uebel k\u00fcnstlich vergr\u00f6fsern w\u00fcrde. In dem Anh\u00e4nge A. behandelt er den Einflufs der Menstruation auf die Stellung des Weibes, und zwar in Bezug auf die Gef\u00fchlsathmosph\u00e4re, worin die M\u00e4nner die Frau gew\u00f6hnlich sehen.\nDie Menstruation des Weibes gilt im Allgemeinen als eine Art Minder-werthigkeit. Das Weib ist w\u00e4hrend dieser Zeit unrein, zugleich aber von Geistern besessen und mit geheimen Kr\u00e4ften begabt. Daher gewinnt die Unreinheit den Nebenbegriff des tabu, d. h. des heiligen, geheiligten. Man sucht die menstruirte Frau zu vermeiden, um sich vor Schaden zu h\u00fcten. Aehnlich ist es mit dem Menstrualblut. Es sch\u00fctzt vor Hieb und Stich, es tritt in viele Heilmittel ein und ist besonders in Liebestr\u00e4nken wirksam.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n289\nIm Chri8tenthum blieb nur das B\u00f6se zur\u00fcck, und die Frau wurde wirklich unrein. Wd eine menstruirte Frau sich sehen l\u00e4fst, wird die Milch sauer und geht das Kraut um, und chirurgische Operationen waren zur Zeit der Kegeln verp\u00f6nt. Hatte man die Frau fr\u00fcher \u00fcbersch\u00e4tzt und in ihr ein Zwischenglied zwischen Mensch und Gottheit verehrt, so mied man sie jetzt, dank den Anschauungen des M\u00f6nchthums, als eine Art von Teufel. Erst die moderne Civilisation dr\u00e4ngt dazu, den socialen Unterschied der Ge*chlechter zu verwischen und sie nach M\u00f6glichkeit gleichzustellen.\nEin dritter Appendix endlich behandelt den auto-erotischen Factor in der Religion. Dafs zwischen beiden Gef\u00fchlen, der Liebe und der Religion, innige Beziehungen bestehen, kann nicht bestritten werden. Sie sind die beiden leidenschaftlichsten Gem\u00fcthsbewegungen, denen der menschliche Organismus unterworfen ist. Daher kann eine St\u00f6rung der einen sofort auf das Gebiet der anderen \u00fcbergehen und dort Veranlassung zu weiteren St\u00f6rungen abgeben. Dieses leugnen zu wollen widerspricht jeder Erfahrung, und es zu verkennen war und ist die Quelle unendlichen Unheils.\nJe mehr man versucht, die sinnliche Liebe zu unterdr\u00fccken, um so h\u00f6her steigert sich die geistige Inbrunst, bis sie sich in den Erscheinungen der Exstase und des Mysticismus schrankenlos Bahn bricht. Das Leben der Heiligen liefert hierf\u00fcr massenhaftes Material, sofern es hierf\u00fcr \u00fcberhaupt eines Beweises bed\u00fcrfen w\u00fcrde. Der Mensch ist nun einmal ein Mensch und als solcher menschlichen Gesetzen unterworfen. Lehnt er sich dagegen auf, dann mufs er den Schaden mit in den Kauf nehmen, und dagegen sch\u00fctzt ihn sogar die Heiligkeit nicht.\nIn dieser Weise er\u00f6ffnet uns das Buch mannigfache Ausblicke und eine Anregung zu weiterem Nachdenken, und dies um so mehr, je mehr man gewahrt, wie die Hand des Meisters dem spr\u00f6den Stoffe neue und bisher unbekannte Seiten abgewonnen hat.\tPelman.\nE. Ritchie. The Essential in Religion. Ph\u00dc08. Rev. 10 (1), 1\u201411. 1901.\nEs wird versucht, das Wesen der Religion in ihrem weitesten Umfang, vom Fetischismus bis zum Spinozismus, zu definiren. Das Ergebnifs ist, dafs Religion weder durch irgend welchen bestimmten Inhalt, noch 'lurch ein bestimmtes Gef\u00fchl definirt werden kann. Vielmehr liegt Religion aberall dort (und nur dort) vor, wo eine wie auch immer beschaffene Auffassung der Wirklichkeit dem Individuum so zum inneren Erleben geworden ist, dafs all sein F\u00fchlen und Handeln dadurch bedingt und bestimmt ist. [Wir Deutschen w\u00fcrden es etwa ausdr\u00fccken k\u00f6nnen: Religion ist die zur Lebensanschauung gewordene Weltanschauung. Ref.]\nW. Stern (Breslau).\nKb. B. R. Aars. Analyse de l\u2019id\u00e9e de la morale. Videnskatsselskabets Skr. 2, Hist.-filos. Kl. (5). 27 S. 1899.\nDer Verf. geht davon aus, dafs die Gef\u00fchle die Grundlage der Moral bilden. Das moralische Urtheil ist der Ausdruck der moralischen Gef\u00fchle. Diese sind zusammengesetzter Natur, und die Bedingung ihrer Entstehung ist das Vorhandensein mehrerer einfacher Gef\u00fchle. Von den sympathischen Zeitschrift f\u00fcr Psychologie 26.\t19","page":289}],"identifier":"lit31565","issued":"1901","language":"de","pages":"286-289","startpages":"286","title":"Havelock Ellis: Geschlechtstrieb und Schamgef\u00fchl. Autorisirte Uebersetzung von Julia E. K\u00f6tscher unter Redaction von Dr. med. Max K\u00f6tscher. Leipzig, G. Wigand, 1900. 364 S. 13 Tafeln","type":"Journal Article","volume":"26"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:29:30.013590+00:00"}

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