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{"created":"2022-01-31T16:37:33.569551+00:00","id":"lit31627","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 25: 149-150","fulltext":[{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht\n149\nNaecxe. Die forensische Bedeutung der Tr\u00e4ume. Archiv f\u00fcr Kriminalanthropo-logie 5, 114\u2014125. 1900.\nVerf. sucht die Wichtigkeit der Tr\u00e4ume f\u00fcr Juristen ins rechte Licht su r\u00fccken. Er beklagt zun\u00e4chst, dafs wir \u00fcber gewisse Vorfragen zu wenig wissen, z. B. \u00fcber die Blutzufuhr zum Gehirn w\u00e4hrend des Schlafes, \u00fcber das Zustandekommen des letzteren. Die somatische oder physische Quelle l\u00e4fst sich nach N. in concreto nur selten nachweisen, doch glaubt er annehmen zu m\u00fcssen, dafs es ohne innerlichen oder \u00e4ufserlichen Reiz keinen Traum giebt.\nWenn ein normaler Mensch von etwas B\u00f6sem tr\u00e4umt, so ist er nur verstimmt. Der pathologische Mensch dagegen, welcher lebhaft getr\u00e4umt hat, h\u00e4lt leicht die entsprechenden Tr\u00e4ume f\u00fcr Wirklichkeit und nimmt sie ins wahre Leben hin\u00fcber. N. selbst hat allerdings keinen derartigen Fall als Irrenarzt erlebt, wohl aber andere Psychiater. \u201eBei Hysterikern, Neurasthenikern und anderen Nerv\u00f6sen, besonders aber bei Trinkern sei man bei bestimmten Aussagen stets auf seiner Hut und denke immer an die M\u00f6glichkeit eines Uebergreifens des Traumes ins Wachleben.\u201c Die Pyromanen werden in ihren Handlungen jedenfalls nicht von Tr\u00e4umen beein-flnfst. Jedoch k\u00f6nnen andere Verbrechen, z. B. Mord, unter dem Banne eines Traumes ausgef\u00fchrt werden, ebenso wie im Rauschzust\u00e4nde oder in der Schlaftrunkenheit, selten dagegen im somnambulen Zustande nerv\u00f6s erkrankter Personen, speciell im D\u00e4mmerzustand der Hysteriker, Epileptiker u. s. w.\nVerbrecher tr\u00e4umen nur selten von ihrer That. Sie unterscheiden sieh also, wie Sante de Sanctis meint, im Traume auch von Normalen. (!) Die \u201everbrecherischen Tr\u00e4ume\u201c treten nur bei den Gewohnheitsverbrechern auf. Der Traum ist also zum Erkennen des Verbrechens unbrauchbar.\nIm Allgemeinen spiegeln Tr\u00e4ume den Charakter, das innerste Wesen des Tr\u00e4umers getreu wieder. Jedoch giebt es auch Contrasttr\u00e4ume, wo ein braver Mensch vom Begehen unmoralischer Handlungen tr\u00e4umt, zu denen er im Wachen nicht neigt. Auf diese Weise k\u00f6nnte ein unschuldig Gefangener einmal einen Contrasttraum haben und dadurch in den Verdacht kommen, dafs er die That begangen habe.\nBez\u00fcglich der charakteristischen Tr\u00e4ume behauptet Naecke im Gegensatz zu Sante de Sanctis, dafs man \u201eweder einen Epileptiker, noch einen Hysteriker, noch Paranoiker, Schwachsinnigen u. s. w. in concreto an seinen Tr\u00e4umen erkennen\u201c kann. Nur die sexuell Perversen tr\u00e4umen nach N. Charakteristisches.\nMancher wacht fr\u00fch mit \u00fcbler Laune auf, selbst wenn er gut geschlafen hat. In solchen F\u00e4llen hat der Betreffende wahrscheinlich schwere Tr\u00e4ume gehabt, die ihn gem\u00fcthlich ergriffen haben, die er aber wieder vergessen hat. Bei Nerv\u00f6sen, Hysterischen u. s. w. steigert sich die \u00fcble Laune im Laufe des Tages, mitunter derart, dafs dies zu gef\u00e4hrlichen Handlungen, z. B. zum Selbstmord f\u00fchrt. \u2014\nDafs die Entstehung von Tr\u00e4umen auf Reize zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, hat bereits Wundt behauptet, Weygandt durch viele Beispiele belegt. Bei vielen Tr\u00e4umen l\u00e4fst sich dies allerdings in concreto nicht nachweisen, da denselben ein Vorstadium vorausgeht, d. h. gewisse dunkle Gef\u00fchle und","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nLiteraturbericht.\n-Vorstellungen, an welche die eigentlichen Traum Vorstellungen, erst an* kn\u00fcpfen. Doch bedarf das Psychische auch im Traumzustande zu seiner Entwickelung immer eines bestimmten Grades von Energie, die ihn. vom Physiologischen aus zufliefst, so dafs man auch 'bei den letztgenannten Tr\u00e4umen Reizzust\u00e4nde annehmen mufs, die entweder bereits die vorstehende Th\u00e4tigkeit w\u00e4hrend des Vorstadiums beeinflussen, im eigentlichen. Traume .wirksamer werden, oder aber Reize, die zu den im Vorstadium wirkenden neu hinzukommen und die Wirksamkeit letzterer verst\u00e4rken helfen.. \u2014 .Die Beantwortung der Frage, ob die Verbrecher von ihren Verbrechen tr\u00e4umen oder nicht, wird durch das Heranziehen von Analogien aus dem Traumleben normaler Personen erleichtert. Es ist ein\u00a9 Thatsache, dafs die Erinnerung an Ereignisse, welche unser Ich tiefer ergriffen, hatten, im Traume nicht so leicht wiederkehrt. Offenbar n\u00e4mlich bildet die Bedingung f\u00fcr die Wiederkehr eines Ereignisses die M\u00f6glichkeit der n\u00e4mlichen physiologischen Erregung. Im Traumzustand aber erlangt di\u00a9 Erregung in. Folge der mangelnden physiologischen Resonanz nicht den hohen Grad wie im wachen Leben. Dies findet auch auf den Verbrecher Arwendung. \u2014 Zu den Kranken mit charakteristischen Tr\u00e4umen glaubt Ref. auch die an Verfolgungswahn Leidenden rechnen zu d\u00fcrfen. \u2014 Uebrigens widmet auch schon Spitta der Behandlung potenzirter Tr\u00e4ume in foro \u00a9inen Abschnitt seines Werkes. M\u00f6chte Verf. recht bald seine Forschungen auf diesem f\u00fcr die Praxis m wichtigen Gebiete weiter fortsetzen 1\tGiessleb (Erfurt). \u2022\nO. Holder. Anschauung und Denken In der Geometrie. Hab. Leipzig, Teubner 1900. 75 S. Mk. 2.\u2014.\nDem Zwecke dieses Gelegenheitsvortrag\u00ae entsprechend werden einige von den Philosophen und den Mathematikern viel behandelten Fragen \u00fcber die Grundlagen der Geometrie herausgegriffen und in zwangloser leicht fafslicher Form besprochen, u. A., ob die geometrischen Grundbegriffe und Axiome empirisch gewonnen oder uns durch den Wahrnehmungsvorgang selbst als Form desselben aufgezwungen werden. Der Verf. bekennt sieh zur ersteren Ansicht und erl\u00e4utert an Beispielen di\u00a9 Versuche, unabh\u00e4ngig von geometrischen Messungen oder Ueberlegungen zu den einfachsten geometrischen Grundbegriffen zu gelangen. Am Beweis des Satzes von der Winkelsumme im Dreieck wird der Vorgang der Deduction selbst aualysirt und gepr\u00fcft, welcher Antheil dabei noch der Anschauung zukommt. Literaturangaben und weitere Ausf\u00fchrungen, die im m\u00fcndlichen Vortrag\u00a9 nicht Platz finden konnten, sind in die \u201eAnmerkungen und Zus\u00e4tze\u201c verwiesen, die den zweiten umfangreicheren Theil des anregenden Schriftchene aismachen.\tZxhbler (Innsbruck).\nW. B. Secob. Tisial Betding: A Study In Mental Imagery. (Psychd. Labor, of Cornell University 19.) Amer. Joum. 11 (2), 225\u2014236. 1900.\nVerf. glaubt feststellen zu k\u00f6nnen, dafs man vom gelesenen visielei Wortbilde aus ohne Dazwischenkunft der Geh\u00f6rsvorstellung und Articulation* tendenz direct zum Sinn gelangen kann. Er vertraut der Introspection, welche sich eben nur erst nach ungest\u00f6rter Hingabe an den Text als unmittelbare Erinnerung auf das Erlebnifs richten m\u00fcsse. Zun\u00e4chst werden","page":150}],"identifier":"lit31627","issued":"1901","language":"de","pages":"149-150","startpages":"149","title":"Naecke: Die forensische Bedeutung der Tr\u00e4ume. Archiv f\u00fcr Kriminalanthropologie 5, 114-125, 1900","type":"Journal Article","volume":"25"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:37:33.569556+00:00"}