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{"created":"2022-01-31T16:37:06.674643+00:00","id":"lit31645","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Mentz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 25: 205-207","fulltext":[{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n205\nDie Durchsichtigkeit und geradezu Eleganz der gesummten Darstellung wird dem B\u00fcchlein zweifellos zahlreiche Freunde gewinnen. Wegen seiner unmittelbaren p\u00e4dagogischen Vorz\u00fcge d\u00fcrfte es sich auch als erg\u00e4nzende seminaristische Lekt\u00fcre mit eingreifender und kritischer Behandlung sehr eignen, und mag vielleicht auch in dieser Hinsicht einige Freunde gewinnen.\tMintz (Leipzig).\nJ. Fayot. L'\u00e9ducation il caraet\u00e8ri. Bev. philos. 48 (12), 594\u2014614. 1899.\nVerf. weist auf die ungeheure Verworrenheit hin, die auf dem Gebiet der Charakterforschung herrscht, und die namentlich in den verschiedenen Versuchen, die Charaktere zu claesificiren, zum Ausdruck kommt Der Charakter ist nichts Angeborenes und von vorn herein Fertiges (P. wendet sich mit Sch\u00e4rfe gegen Kant\u2019s und Schopenhauer\u2019s \u201eintelligiblen Charakter\u201c) ; denn sein Wesen ist Einheit und Stabilit\u00e4t, und am Anfang zeigt das geistige Leben statt dessen Anarchie und Regellosigkeit. Der Charakter ist also ein secund\u00e4res Product, an dessen Zustandekommen Milieu und Erziehung den gr\u00f6fsten Antheil haben. Dennoch giebt es etwas Angeborenes, nicht den Charakter selbst, wohl aber gewisse \u201eM\u00f6glichkeiten der Charakterentwickelung\u201c. Diese letzte Quelle jedoch liegt nicht, wie alle fr\u00fcheren Classificationen meinten, in Eigenschaften des Intellects oder der \u201eSensibilit\u00e4t\u201c, sondern tiefer: in der Activit\u00e4t des Subjects. Die Natur der pers\u00f6nlichen Activit\u00e4t kann in vier Typen auftreten, durch die alle angeborenen Charakteranlagen ersch\u00f6pft sind. Die Activit\u00e4t ist n\u00e4mlich entweder: stark und dauerhaft, oder stark und unbest\u00e4ndig, oder schwach und dauerhaft, oder schwach und unbest\u00e4ndig. (Diese Eintheilung ist bekanntlich nicht neu, doch ist sie fr\u00fcher, was auch treffender erscheint, nicht zur Classification der Charaktere, sondern zu der der Temperamente verwendet worden. Ret)\tW. Siebn (Breslau).\nA. MacDonald. Experimental Study of Children, Including Aithropmetrlcal and Psychophysical Measurements of Washington School Children and a Bibliography. Report of United States Commission of Education for 1897198. Chapt. 21 u. 25, 8. 989\u20141204 u. 1281-1390.\nF\u00fcr die Untersuchung der Beziehungen von mehr anthropometrischen Messungen zu psychischen Verh\u00e4ltnissen, f\u00fcr die Discussion derselben, f\u00fcr sociologische Zwecke (speciell in R\u00fccksicht auf die gemischten Bev\u00f6lke-rangsverh\u00e4ltnisso der Vereinigten Staaten und deren Einfl\u00fcsse), jedoch _aueh f\u00fcr diesen und jenen psychologischen und p\u00e4dagogischen Zweck wird man diese Zusammenstellung theils eigener, fcheils fremder, speciell amerikanischer Versuche mit Erfolg zu Rath\u00a9 ziehen k\u00f6nnen. Mit der Kritik ist Verf. sehr zur\u00fcckhaltend, ohne jedoch selbst unkritisch zu sein. Gerade gegen\u00fcber Versuchen und Schlufsfolgerungen der Kinderpsychologie ist dieselbe oft reichlich angebracht.\nUnter den Ausz\u00fcgen speciell psychologischer Art sei Einiges herausgehoben : Wenn Barnes (Leland Stanford University) \u00fcber 6000 Kinder (zwischen 6 und 16 Jahren) zu Zeichnungen zu einem Gedicht\u00a9 aus dem Struwelpeter aufforderte (englische Uebersetzung), so mag es eich zum Theil um BiMerreproductionen handeln. Inwiefern hier ein Unterschied war","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nLiteraturbericht.\nzwischen Kindern, welche weniger fertige Bilder kannten und solchen, die solche kannten, wird in diesem Auszuge nichts angegeben. Die Resultate des Untersuchenden waren: Kinder denken in kleinen Einheiten, fragmentarisch und intellectuell abgebrochen. Zeichnen ist f\u00fcr sie ein Mittel Ideen auszudr\u00fccken, wie Sprache, und zwar adoptiren sie dabei Symbole und conventioneile Formen. Der Muth dazu, Ideen auf diese Weise auszudr\u00fccken, w\u00e4chst bei californischen Kindern bis zum dreizehnten bezw. vierzehnten Jahre, und nimmt dann (wegen anderweitiger Ideenbildung oder Interesse-vertheilung ?) ab. Der Kopf interessirt sie beim Zeichnen am meisten (vgl. fragmentarisches Auffassen). Sie lieben grofse und deutliche Figuren (Wirkung und Einfachheit), mit nur sehr wenigen Linien. Bis zum neunten Lebensjahre werden volle Gesichter vorgezogen, sp\u00e4ter Profile (zweifellos eine ziemlich complicirte Wirkung). Als Material ziehen Kinder kr\u00e4ftiges Schwarz und Weifs vor, obgleich sie in der Natur die Farbe interessirt, wegen ihres decorativen Effectes. Die dramatischen Punkte einer Erz\u00e4hlung finden sie sehr gut von selbst heraus. Auch ihre Zeichnungen sind voll Bewegung. Insbesondere interessirt sie die Scene vor der Katastrophe (der Intensit\u00e4t der Spannung selbst entsprechend). Die Triebe zur Humanit\u00e4t sind bei ihnen st\u00e4rker als destructive Instinkte (wobei nat\u00fcrlich der Ein-flufs des Stoffes und des Zusammenseins mit Erwachsenen aufser der Erziehung mitzurechnen ist, und zwar auch momentan f\u00fcr die Versuche). Zwischen Knaben und M\u00e4dchen zeigte sich in Bezug auf das Zeichnen nur wenig Unterschied (Einflufs der Bilderb\u00fccher? Oder wirklich auf diese Reihe von Jahren zu beziehen?). Bei Wiedergabe von Erz\u00e4hlungen, die Wort f\u00fcr Wort zerlegt wurden (Versuche von Shaw , Clark University), zeigte sich, dafs S\u00e4tze einer Erz\u00e4hlung als Ganzes um so weniger behalten werden, je l\u00e4nger sie sind, und je mehr unwesentliche Bestandtheile sie enthalten. Das Behalten nimmt gegen Ende der Erz\u00e4hlungen hin deutlich ab, und zwar \u00e4ndert sich dies f\u00fcr die verschiedenen Schulclassen. Die M\u00e4dchen zeigen im Ganzen eine raschere Besserung in dieser Hinsicht, und behielten \u00fcberhaupt 4 Procent mehr. Sowohl die feineren Schattirungen der Darstellungen als auch die F\u00fcllworte werden (wie die Tabellen zeigen) am wenigsten behalten, und zwar ziemlich gleichm\u00e4fsig durch alle unter* suchten Classen trotz des erheblichen Spielraumes des Alters dabei. Die Suggestibilit\u00e4t von Kindern (Small, Clark University) f\u00fcr schwache Sinneseindr\u00fccke und deren Deutung (Ger\u00fcche, Geschmack, W\u00e4rme, Bewegung unter bestimmten Bedingungen) nimmt ab mit erh\u00f6hter Classe (also wachsende kritische F\u00e4higkeit). Den Einflufs der besonderen Versuchsbe\u00bb dingungen zeigen die Unterschiede zwischen Gruppenversuchen und Einzelversuchen.\nDie Zur\u00fcckhaltung des Verf/s selbst in Bezug auf die Anwendung und abliegende Schlufsfolgerungen ber\u00fchrt sehr wohlthuend. Die Folgerungen, welche jedoch Small an seine Versuche \u00fcber Suggestibilit\u00e4t kn\u00fcpfte, entgehen diesem Vorwurfe nicht ganz, wenn er eine gr\u00f6fsere Ausnutzung des dramatischen Elementes f\u00fcr den Schulunterricht verlangt. Der erfahrene P\u00e4dagoge wird dazu l\u00e4cheln, da hierbei zweifellos die Factoren der Erziehung, der Ueberlegung und der Diseiplin nicht gen\u00fcgend ber\u00fccksichtigt sind. Immerhin ist ein gewisser richtiger Kern dieser Forderung nicht","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n207\nganz abzusprechen, sofern man n\u00e4mlich diese Forderung wesentlich beschr\u00e4nkt auf: Hebung des Willenselementes, Uebung der Selbstth\u00e4tigkeit, umsichtiges Wecken des Ehrgeizes, Strebens und der Nacheiferung, Abwechselung und Vermeidung der Langeweile, gr\u00f6ssere Verwerthung des tiruppenelementes bei dem Turnen und bei den Spielen. Der sachliche Ausbau dieser Aufgaben im Einzelnen w\u00fcrde eine besondere Behandlung erfordern. Immerhin ist die R\u00fccksicht auf diesen Factor hervorzuheben, zugleich nat\u00fcrlich vor jeder Uebertreibung zu warnen. \u201eAbusus non tollit usum\u201c : dieser Grundsatz gilt auch hier. Gerade f\u00fcr die Erziehung des Willens kommen diese Momente in Betracht.\nAls oberster Grundsatz der praktischen P\u00e4dagogik ist zweifellos anzusehen: Der Unterricht mufs sowohl intellectuell als voluntaristisch eingreifend wirken, und zwar in g\u00fcnstigstem Sinne. Die besonderen Ziele und Grenzen werden dann aus besonderen Ueberlegungen heraus zu formuliren sein. Tliut dies der Unterricht nicht schon intellectuell, so helfen die Forderungen und Vors\u00e4tze wenig, und f\u00fchren im Gegentheil leicht zu verkehrten Aeulserlichkeiten. Gerade die Willensverh\u00e4ltnisse und die Verh\u00e4ltnisse der Anregung sind daher f\u00fcr die theoretische P\u00e4dagogik in erster Linie wichtig, sodann zweitens: das Problem der Stufen und der Grenzen.\nM\u00eaktz (Leipzig).\n1.\tMonroe. Du Studium der Kindeueele in Amerika. Zeitschrift f\u00fcr aus-l\u00e4ndisches Unterrichtstcesen 3 (3), 193\u2014203. 1898.\n2.\tk. Kwortz. Kindeskunde und h\u00e4usliche Erziehung. Altenburg, Tittel, 1900. 62 S.\n3.\tk. Hrmprich. Die Kinderpsychologie in ihrer Bedeutung fttr Unterricht und\nErziehung. Dessau, Oesterwitz u. Voigtl\u00e4nder, o. J. (1900). 42 S.\n4.\tN. Forkelli. False prerisioni. Studio di psicologla scolutica. Bivista \u00dfmofica 2 (3). 29 8. 1900.\nIn der Pflege der Kinderpsychologie lassen sich gegenw\u00e4rtig in R\u00fccksicht auf den Zweck zwei Richtungen unterscheiden, die, sagen wir reine Kinderpsychologie, welche ausschliefslich die F\u00f6rderung der psychologischen Wissenschaft im Auge hat, und die p\u00e4dagogische, der es mehr oder weniger unmittelbar auf die F\u00f6rderung der P\u00e4dagogik ankommt. Die oben genannten Arbeiten geh\u00f6ren s\u00e4mmtlich der zweiten Richtung an. Die ersten beiden kommen aus Amerika, wo die Kiuderpsychologie gegenw\u00e4rtig noch immer sehr viele Arbeiter findet, was an sich jedenfalls erfreulich ist, wenn man sich auch mit den dort angewandten Methoden nicht immer einverstanden erkl\u00e4ren kann.\nDie Darstellung dieser Methoden bildet den Hauptinhalt des Aufsatzes von Monrob. Es werden ihrer (8. 194ff.) acht unterschieden, die sich durch folgende Benennungen hinreichend bezeichnen lassen: 1. die statistische Methode (Hall); 2. Lebensbeschreibungen (Preyer); 3. R\u00fcckerinnerungen; 4. Briefe und Tageb\u00fccher von Kindern ; 5. Autobiographien ; 6. die experimentelle Methode; 7. Fragebogenmethode; 8. die Kinder in Literatur und Kunst. Wie man sieht, sind diese Methoden von sehr unterschiedlichem Werthe, und so weit es sich um die Psychologie an und f\u00fcr sich handelt, mag bei den meisten von ihnen das harte Urtheil zutreffen, was k\u00fcrzlich","page":207}],"identifier":"lit31645","issued":"1901","language":"de","pages":"205-207","startpages":"205","title":"A. MacDonald: Experimental Study of Children, including Anthropometrical and Psychophysical Measurements of Washington School Children and a Bibliography. Report of United States Commission of Education for 1897/98, Chapt. 21 u. 25, S. 989-1204 u. 1281-1390","type":"Journal Article","volume":"25"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:37:06.674649+00:00"}