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Otto Miltz: Das Auge der Polyphemiden. Zoologica, hrsg. von C. Chun, 11 (28), 60 S. 1899

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{"created":"2022-01-31T16:36:18.670180+00:00","id":"lit31687","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Zimmer, C.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 25: 260-262","fulltext":[{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nLi ter a tiirbcricht\nW\u00e4hrend aber dieser Blepharospasmus mit seinem Folgezustand die Grenzen des 4. Lebensjahres nicht \u00fcberschreitet und hierbei der absichtlichen Unterdr\u00fcckung der unangenehmen Sehempfindungen eine grofse Rolle zugeschrieben wird, zeigt die A.\u2019sche Beobachtung, dafs ein rein optisches Hindernifs auch noch in einem vorgeschritteneren Alter zum Verluste der optischen Erinnerungsbilder und der Orientirung im Raume f\u00fchren kann.\nABEtSDORFi' (Berlin).\nOtto Miltz. Das Auge der Polyphemiden. Zoologica, hrsg. von C. Chun, 11 (28). 60 S. 1899.\nDer Verf. unterzieht die Augen dieser zur Ordnung der Cladoceren oder Daphniden geh\u00f6rigen Krebsfamilie einer umfassenden, durch vorz\u00fcgliche Zeichnungen erl\u00e4uterten Untersuchung. Er weist eine weitgehende Differenz im Augenbau gegen\u00fcber den anderen Daphniden nach und zeigt wie sich diese Abweichung auf Grund der Lebensverh\u00e4ltnisse erkl\u00e4ren l\u00e4fst. F\u00fcr die Leser dieser Zeitung wird haupts\u00e4chlich der biologisch-physiologische Theil der Arbeit von Interesse sein.\nDer Verf. f\u00fchrt hierin Folgendes aus:\nW\u00e4hrend die \u00fcbrigen Daphniden sich von Pflanzen und Detritus ern\u00e4hren, hat sich die Familie des Polyphemiden einer r\u00e4uberischen Lebensweise angepafst und macht auf kleinere Wasserthiere Jagd. Die Polyphemiden leben meist in gr\u00f6fserer Tiefe, wo das Licht nur geschw\u00e4cht eindringt, oder gehen doch ihrem Nahrungserwerbe vorz\u00fcglich des Nachts nach. Diese neue Lebensweise hat auf den K\u00f6rperbau eingewirkt, indem sich nicht allein die Extremit\u00e4ten zu Greiff\u00fcfsen umwandelten, sondern auch die Augen in ihrem morphologischen Baue eine betr\u00e4chtliche Umwandlung erfahren haben. Das Sehorgan der Daphniden ist ein medianes halbkugliges Facettenauge, das sich in steter zitternder Bewegung befindet. Das Facettenauge besteht aus einer gr\u00f6fseren Anzahl von Augenelementen, deren jedes aus einem lichtbrechenden Apparate \u2014 Cornea und Krystall-kegel, \u2014- und einem dicht dahinterliegenden lichtpercipirenden Apparate \u2014 Rhabdom oder Sehstab, zusammengesetzt und von Pigment umgeben ist. Diese Facettenglieder stehen strahlenf\u00f6rmig nach aufsen auf dem ungef\u00e4hr kugelf\u00f6rmigen Ganglion opticum. Nach der G\u00dfENACHER-ExxEB\u2019schen Theorie vom musivischen Sehen kommt im Facettenauge folgendermaafsen ein Bild zu Stande : Durch den lichtbrechenden Apparat wird in Folge seiner eigen-th\u00fcmlichen Functionsweise bewirkt, dafs in jedem Facettengliede nur die ann\u00e4hernd senkrecht auf die Einzelcornea auffallende]! Lichtstrahlen dem Rhabdome zugef\u00fchrt werden und sich hier in einen Nerveneindruck Umsetzen. Jedes Facettenglied erh\u00e4lt also nur von dem direct in seiner Verl\u00e4ngerung liegenden Theile der Aufsenwelt einen Lichteindruck (kein differenzirtes Bild). Aus all\u2019 diesen Lichtpunkten in den verschiedenen Facettengliedern entsteht dann mosaikartig, \u201emusivisch\u201c ein Bild der Aufsenwelt. Dieses Bild ist um so genauer, je zahlreicher die Facettenglieder sind und je weniger sie divergiren. Die St\u00e4rke des einzelnen Lichteindruckes h\u00e4ngt von der Zahl der senkrecht auf die Cornea auffallenden Strahlen ab, ist also der Fl\u00e4che der Cornea direct proportional. Bei den Daphniden finden sich nun nicht besonders zahlreiche und noch dazu","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n261\nziemlich divergente Facettenglieder. Ihr Netzhautbild wird also an Genauigkeit zu w\u00fcnschen \u00fcbrig lassen, ein Fehler, der allerdings durch die zitternde Bewegung, verm\u00f6ge derer die Thiere die Umgebung gewisser* maafsen \u201eabtasten\u201c, etwas verringert wird. Bei ihrer Lebensweise haben nun die Daphniden auch kein besonders genaues Netzhautbild n\u00f6thig. Anders aber ist es bei den Polyphemiden : Bei ihrer r\u00e4uberischen Lebensweise mufste ihnen ein genaueres Netzhautbild, bei ihrer Jagd im dunkeln oder im ged\u00e4mpften Lichte ein lichtst\u00e4rkeres von grofsem Nutzen sein. Eine gr\u00f6fsere Genauigkeit wurde durch Vermehrung der Facettenglieder oder eine Herabminderung ihrer Divergenz, oder durch beides gleichzeitig m\u00f6glich. Dadurch wurde aber ihr distales Ende, die Cornea, kleiner. Sollte dieser Nachtheil vermieden werden, sollte wom\u00f6glich der Lichtst\u00e4rke halber die Fl\u00e4che der Cornea gr\u00f6fser werden, so mufsten die Facettenglieder eine bedeutende Verl\u00e4ngerung erfahren und damit die Gr\u00f6fse des Auges zunehmen. Diesen Modus findet man bei der Gattung Leptodora. Hier zeigte sich ein grofses fast vollkommen kugeliges Auge. Immerhin war eine Ab\u00e4nderung in dieser Richtung dadurch begrenzt, dafs das Auge nicht breiter als der ganze K\u00f6rper werden durfte. Um das Auge noch ausgiebiger f\u00fcr den Nahrungserwerb anzupassen, half sich die Natur bei den \u00fcbrigen Polyphemiden auf eine andere Weise: Es verl\u00e4ngerte sich hier nur ein Theil der Facettenglieder und zwar der nach oben gerichteten. Dabei mufste aber die Kugelgestalt des Auges gewahrt bleiben, da nur so es m\u00f6glich war, dafs das Auge in der durchsichtigen K\u00f6rperschale seine zitternden, rotirenden Bewegungen machte. Die Facettenglieder durften also nicht nach aufsen wachsen, da sonst hier eine Flerv or W\u00f6lbung \u00fcber die Kugeloberfl\u00e4che entstanden w\u00e4re ; ihr Wachsthum mufste vielmehr nach innen zu vor sich gehen. Es wuchsen also die langen Facettenglieder hinter den kurz bleibenden weit in das Auge hinab. Das Auge zerf\u00e4llt dadurch in zwei Theile, ein nach oben vorn gerichtetes \u201eFrontauge\u201c und ein unteres \u201eVentralauge\u201c. Ein Medianschnitt durch ein so gebautes Auge giebt folgendes Bild: Das eigentliche Auge bildet einen Halbkreis. Keilf\u00f6rmig zeigt sich das Frontauge. Die Spitze dieses Keiles liegt in der unteren Ecke des Halbkreises. Von dieser Spitze strahlen nach oben zu die Facettenglieder bis zum Kreisumfange aus. Der Durchmesser des Halbkreises ist zugleich die hintere Begrenzung des Frontauges. In dem nicht vom Frontauge eingenommenen \u00e4ufseren und unteren Theile des Halbkreises liegen dann, radial von einem gemeinsamen Mittelpunkte ausgehend und in ihrer Gesammtheit wieder einen Halbkreis bildend die Facettenglieder des Ventralauges. Ein derartiges Auge findet sich bei Bythotrephes und Polyphemus. Bei Podon und Ervadne ist dann das Ventralauge, das f\u00fcr den Besitzer einen geringeren Werth hatte, fast v\u00f6llig verk\u00fcmmert.\nIm Auge der Polyphemiden findet sich als weitere Eigenth\u00fcmlichkeit eine gr\u00f6fsere oder geringere Reduction des Pigmentes. Durch den daraus resultirenden Mangel an Abblendung entstehen \u201eZerstreuungskreise\u201c. Dadurch wird nun allerdings die Sch\u00e4rfe des Bildes etwas herabgesetzt; die Einrichtung ist jedoch wieder in anderer Beziehung den Thieren von Nutzen: Sie bef\u00f6rdert das Erkennen von Bewegungen, das heifst also das","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\nLiteraturbericht.\nErkennen der sieh im Wasser herum tummelnden Beutethiere. Es tritt n\u00e4mlich, wenn Zeratreuongskreise entstehen, dL h. von einem Lichtpunkte nicht nur ein Facettenglied, sondern auch die benachbarten mehr oder minder erregt werden, bei Bewegung eines K\u00f6rpers eine Aendernng des Erregungszustandes in einer greiseren Anzahl von Facettengliedern auf, als dort, wo Zerstreuungskreise vermieden sind.\nIn jeder Weise sind also die Augen der Polyphemiden an ihre r\u00e4uberische Lebensweise angepafst: Durch die verringerte Divergenz des Facettengliedes wird die Genauigkeit des Bildes erh\u00f6ht; durch ihre gr\u00f6fsere L\u00e4nge wird die zu Gebote stehende geringe Lichtmenge besser ausgenfitzt und durch Entstehen von Zerstreuungskreisen das Erkennen von Bewegungen 'bef\u00f6rdert.\tC. Zmmkb,\nSt. v. 8m Heber elfte\u00bb mm\u00bb eelbiUidlgea, die ingembiwegmmgem automatisch regnlimdeft Apparat Centralbl. f. Physiologie (9), 4. Aug. 1900.\nBei jeder Kopfbewegung mit offenen Augen machen die BulM eine Bewegung in entgegengesetzter Sichtung. Dasselbe Verhalten zeigt sich auch bei geschlossenen \u00c4ugen, wobei man die Bewegung der Bulbi mit den auf die Lider gelegten Zeigefingern f\u00fchlen kann. Verf. pr\u00fcfte diese Erscheinungen genauer bei verschiedenen Personen, welche er auf eine Centrifuge setzte. Auf dieser horizontal rotirenden Scheibe nahm aufser der zu pr\u00fcfenden Person, auch der Beobachter Platz, worauf die ganz\u00a9 Vorrichtung in Rotation versetzt wurde. Kehrt ein normaler Mensch, der am Rand\u00a9 der Centrifuge sitzt, dabei sein Gesicht der Peripherie zu und fixirt 1. di\u00a9 umgebenden Gegenst\u00e4nde, so bewegen sich sein\u00a9 Bulbi ruckweise in entgegengesetzter Richtung; blickt der Untersuchte dagegen 2. mit offenen Augen in die Ferne, ohne die Gegenst\u00e4nde zu fixiren, so entstehen w\u00e4hrend der Rechtsdrehung horizontale zuckende Augenbewegungen nach rechts hin. Sitzt der Untersucht\u00a9 am Rande der Centrifuge und kehrt das Gesicht dem Centrum derselben zu, so verschieben sieb 3. beim Fixiren der Gegenst\u00e4nd\u00a9 die Bulbi ruckweis\u00a9 in entgegengesetzter Richtung, also ebenso wie im Fall\u00a9 Nr. 1. Ist der Blick bei der letzteren Versuchsanordnung jedoch 4. in die Feme gerichtet, so entstehen bei Rechtsdrehung Augenbewegungen nach links hin, also entgegengesetzt der Richtung der Drehung. Kehrt \u25a0der Untersuchte der Peripherie der Scheibe die recht\u00a9 oder link\u00a9 Schulter zu und blickt in die Ferne, so entsteht w\u00e4hrend des Rotirens mit dem Gesicht nach vorn ein lebhafter horizontaler rhythmischer Nystagmus centrum w\u00e4rts, erfolgt di\u00a9 Rotation in entgegengesetzter Richtung, so sind die Augenzuckungen peripherw\u00e4rts gerichtet. Werden die Augen mit einer Brille aus mattem Glase bedeckt mit einer Seitenschutzvorrichtung, welche eine Oeffnung f\u00fcr di\u00a9 Beobachtung enth\u00e4lt, so bleibt nur die Lichtempfindung ohne jede M\u00f6glichkeit, die Gegenst\u00e4nde zu unterscheiden. Dabei \u00e4ndert sich die Nystagmusrichtung gar nicht. Auch bei geschlossenen Augen zeigen sich dieselben Erscheinungen, wovon man sich durch Auflegen der Zeigefinger auf di\u00a9 Augenlider oder durch schnelles Emporheben der Lider \u00fcberzeugen kann. Beim Centrifugiren Ohrenleidender ergab sich ein verschiedenes Verhalten. Ein Theil der Kranken, zeigte Nystagmus derselben Art wie die Normalh\u00f6renden. Hieraus schliefst Verf,, dafs der","page":262}],"identifier":"lit31687","issued":"1901","language":"de","pages":"260-262","startpages":"260","title":"Otto Miltz: Das Auge der Polyphemiden. Zoologica, hrsg. von C. 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