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Rudolf Müller: Hypnotismus und objective Seelenforschung. Leipzig, Strauch, 1897. 40 S. / Das hypnotische Hellseh- Experiment im Dienste der naturwissenschaftlichen Seelenforschung. II. Band: Das normale Bewußtsein. Leipzig, Strauch, 1898. 150 S

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{"created":"2022-01-31T16:28:39.509587+00:00","id":"lit31714","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wreschner, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 24: 162-167","fulltext":[{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nLiteraturbericht.\ndes Bewufstseins oft fast zu einem Punkte, der aber dann ein leuchtender Brennpunkt ist.\u201c\nDiese Ausf\u00fchrungen gen\u00fcgen, um das Urtheil Heinze\u2019s als gerechtfertigt erscheinen zu lassen, dafs das vorliegende Werk auch heutigen Tages noch nicht einen blos geschichtlichen Werth hat.\nA. Wreschner (Z\u00fcrich).\n1.\tRudole M\u00fcller. Hypnotismus und objective Seelenforschung. Leipzig,\nStrauch, 1897. 40 S.\n2.\t\u2014 Das hypnotische Hellseh-Experiment im Dienste der naturwissenschaftlichen Seelenforschung. II. Band: Das normale Bewufstsein. Leipzig, Strauch, 1898. 150 S.\nDer Inhalt der ersten Schrift gipfelt in dem Versuche, die hohe Bedeutung, ja Unentbehrlichkeit des experimentellen Hypnotismus und Oceul-tismus f\u00fcr die Seelenforschung nachzuweisen. Hierbei begn\u00fcgt sich jedoch Verf. mit einem rein negativen Verfahren, indem er lediglich die L\u00fccken und M\u00e4ngel der heutigen Psychologie aufdeckt. Aber nicht genug damit, ignorirt er entweder v\u00f6llig die bisherigen psychologischen und physiologischen Ergebnisse oder untersch\u00e4tzt sie in g\u00e4nzlich einseitiger und engherziger Auffassung. Sollen doch von allen Bewufstseinsvorg\u00e4ngen nur die Anfangs- und Endglieder, nur die peripheren Reize und die willk\u00fcrlichen Muskelbewegungen in objectivem Sinne beobachtet sein, w\u00e4hrend das dazwischen liegende Subject noch v\u00f6llig unbekannt sei und dementsprechend selbst die empirische Psychologie zu den occulten Wissenschaften geh\u00f6re ! Die gesammte subjective Auffassung in der Psychologie f\u00fchrt zu keinem Ziele und mufs der \u201eob j ec tiven\u201c Platz machen, welche vermittelst der Clairvoyance die Gehirnvorg\u00e4nge unmittelbar beobachtet, um so die Bedingungen wie die Ursachen f\u00fcr die Bewufstwerdung aufzudecken, und im Gegensatz zur subjectiven Psychologie die Realit\u00e4t des Subjects betont. Allerdings kommt auch die letztere, selbst in ihrem empirischen Gew\u00e4nde ohne ein Subject nicht aus, sondern f\u00fchrt es wieder in dem \u201eappercipirenden Ich\u201c oder der \u201eIch-Vorstellung\u201c, oder dem \u201eIch der Selbstbeobachtung\u201c etc. ein. Dieser Einflufs des Subjects ist aber ein geradezu physischer Vorgang, wie sich bei der Innervation der willk\u00fcrlichen Muskulatur zeigt. Wie nun die Inschau-Methode die objective Beobachtung der psychischen Thatsachen erm\u00f6glicht, so gew\u00e4hrt die hypnotische Suggestion ihre objective Darstellung, insofern sie die weitestgehende Hemmung oder Beeinflussung der centripetalen, centralen und centrifugalen Vorg\u00e4nge und so die willk\u00fcrliche Herstellung aller m\u00f6glichen psychischen Erscheinungen gestattet.\nEin weitaus h\u00f6heres Interesse als diese allgemeinen, unkritischen und oft in grofssprecherische Phrasen ausartenden Darlegungen verdient die zweite Schrift, welche den Versuch wTagt, auf Grund von Inschauexperimenten das schwierige und wuchtige Problem der Causalit\u00e4t des Bewuifstseins zu l\u00f6sen. Mit Recht fordert Verf. hierf\u00fcr nur die Ergr\u00fcndung der erfahrbaren, in die Erscheinung tretenden, nicht der transcendenten, realen Ursachen und Bedingungen. Es sind daher einerseits anatomischphysiologische, andererseits psychologische Probleme, denen er","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n163\nseine Aufmerksamkeit zuwendet. Unter den ersteren ist eingehend zun\u00e4chst der Vorgang beim Sehen geschildert. Hier fand sich, im Gegens\u00e4tze zu der herrschenden Ansicht, von den St\u00e4bchen und Zapfen aus eine r\u00fcckl\u00e4ufige, centripetale Umwandlung der Erregung, so dafs das verkehrte Netzhautbild in aufrechter Stellung durch den Opticus nach dem centralen Empfindungsheerd gelangt. Weiter ergab sich eine totale Kreuzung der Sehnerven im Chiasma und eine Drehung in der Anordnung der Neurocyme (= Nervenstr\u00f6me), wie sie f\u00fcr eine gleichm\u00e4fsige Spannung im Interesse der Verh\u00fctung des Doppeltsehens erforderlich ist. Die Thatsache der homonymen Hemianopsie nach einseitiger Rindenl\u00e4sion soll sich dadurch erkl\u00e4ren, dafs im Chiasma die theilweise Erschlaffung oder Eunctionseinstellung in dem einen Strang eine solche auch in dem anderen nach sich zieht. Warum sich abei dann nicht ein totaler Gesichtsfelddefect auf der einen Seite mit einem partiellen auf der anderen Seite combinirt, erkl\u00e4rt Verf. hiermit ebenso wenig wie die Thatsache der genauen Halbirung der beiden Gesichtsfelder. Drittens stellte sich heraus, dafs die \u201eSpinnfufs-endchen (= Endb\u00e4umchen) nur bis an die Ganglienzellen des Rindengrau heranreichen, ohne mit ihnen verwachsen zu sein. Vielmehr ziehen um sie herum F\u00e4serchen, die \u201eeinen gelblich-r\u00f6thlichen, z\u00e4hfl\u00fcssigen Saft\u201c in sich f\u00fchren und zum Zwecke der Ern\u00e4hrung aus sich heraustreten lassen. Sie stammen aus dem Kleinhirn, so dafs dieser bis jetzt ziemlich r\u00e4tselhafte Hirntheil eine seiner centralen Stellung, seiner Gr\u00f6fse und seinen zahlreichen Verbindungen entsprechende Bedeutung gleichsam als \u201eMagen\u201c des gesammten Nervensystems erhalte. Die PuBKiNjE\u2019schen Zellen bilden gewissermaafsen die \u201eK\u00fcche\u201c f\u00fcr die Umformung des Blutes in Nerven-substanz. Den naheliegenden und schwerwiegenden Einwand, dafs eine Exstirpation des Kleinhirns beim Thiere keine dementsprechende St\u00f6rung hervorruft, widerlegt Verf. damit, dafs im Gegens\u00e4tze zum Blute der Ersatz f\u00fcr den functioneilen Verbrauch der Nervensubstanz nur in minimalen Quantit\u00e4ten besteht, so dafs nach Entfernung des Cerebellum das in den \u201eKleinhirnfasern\u201c vorhandene Material noch f\u00fcr \u201el\u00e4ngere Zeit\u201c ausreicht. Auch seien Thierversuche nicht ohne Weiteres f\u00fcr den Menschen mafs-gebend. Die g\u00e4nzliche Unzul\u00e4nglichkeit und Haltlosigkeit dieser Widerlegung leuchtet ohne Weiteres ein; auch hat sie Verf. offenbar selbst bemerkt, denn im Anschlufs an diese Er\u00f6rterungen weist er auf die Unwissenheit und die notwendige Schonung des Medium und die so bedingte Beschr\u00e4nkung auf die wichtigen Probleme ohne eingehende Ber\u00fccksichtigung der Einzelfragen hin. Verfolgen wir jedoch den weiteren Verlauf des physiologischen Processes beim Sehen, so sollen sich im Augenblicke der Erregung die Spinnfufsendchen durch Anschwellen aufstellen, um so mit den Ganglienzellen in unmittelbaren Contact zu gelangen und in diese die Erregung fortzupflanzen. Hier breitet sich letztere explosivartig aus und wird nicht nur in die afficirenden Fibrillen, sondern auch in communicirende Verbindungsf\u00e4den und andere Ganglienzellen repulsirt. Es best\u00e4tigt sich also die Neuronenlehre mit ihrer Contiguit\u00e4tstheorie nicht. Wird das so erzeugte Spannungsverh\u00e4ltnifs bewufst, dann entsteht die Lichtempfindung. Im besonderen ergab sich durch \u201eWeifs\u201c ein Anschwellen aller und durch\n11*","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nLiter atiirbericht.\n\u201eFarben\u201c nur ein solches einzelner Fibrillen; auf die vielumstrittene Farbentheorie wird jedoch nicht n\u00e4her eingegangen. Dagegen will Yerf. eine Best\u00e4tigung seiner Beobachtungen bei einem Kinde mit Atrophia n. optici gefunden haben, dessen Blindheit nach der Inschaumethode sich dadurch erkl\u00e4rte, dafs in Folge einer massigeren Beschaffenheit des Gehirns die Spinnfufsendchen umgebogen waren und hierdurch die Fibrillen ohne Ern\u00e4hrung blieben. \u2014 Dafs selbst durch all\u2019 diese physiologischen Beobachtungen das eigentliche Thema probandum, das Problem der Bewufstwerdung unerkl\u00e4rt blieb, sah Yerf. ein, konnte aber die Vorg\u00e4nge der Grofshirnrinde nicht der Beobachtung unterwerfen, da dann der Wille, die Sprache, ja selbst die vegetative Lebensth\u00e4tigkeit des Medium versagte. Er lenkte daher seine Aufmerksamkeit auf den Magen und fand auch hier eine rhythmische Streckung der Fibrillenenden und dadurch bedingte chemische Differenzirung der sie umsp\u00fclenden S\u00e4fte, namentlich in den Secreten der Magendr\u00fcsen. Bei irgendwelcher Stauung in den letzteren tritt eine R\u00fcckwirkung auf die Fibrillen und so eine centripetale Fluctuirung von Neurocymen ein, die bis ins Gehirn gelangen kann, um dort eine Hungerempfindung hervorzurufen. Das Gleiche ergab sich beim Herzen, das sich ebenfalls als ein dr\u00fcsiges Organ darstellte, welches mit jedem Schlage ein Secret dem arteriellen Blute beimischt, und bei dessen nerv\u00f6ser Th\u00e4tigkeit wiederum eine prim\u00e4re centrifugale und eine secund\u00e4re, centripetale, den Herzhunger zur Empfindung bringende Str\u00f6mung zu unterscheiden ist. Yerf. stellt daher den allgemeinen Satz auf: \u201eDie normalen vom Organismus selbstth\u00e4tig veranlafsten Reize und Empfindungen sind Kundgebungen des biochemischen Hungers. Die Empfindungen im Allgemeinen d. h. ohne R\u00fccksicht auf ihre Bewufstwerdung sind also Functionscompli\u00e7ationen\u201c. Den Vorgang der Bewufstwerdung aber erkl\u00e4rt Yerf. dadurch, dafs die durch den biochemischen Hunger des Organismus umgeformten centri-petalen, negativen oder secund\u00e4ren Fluctuationen zu den subcorticalen Centren, den Ausgangspunkten der prim\u00e4ren, normalen, centrifugalen Neurocyme, zur\u00fcckgelangen, von hier aus durch die communicirenden Faserz\u00fcge nach der Grofshirnrinde translatirt werden, um sich dann mit den durch \u00e4ufsere Reize, objectivisch, vermittelst der Aufsensinnapparate veranlafsten positiven Fluctuationen zu vereinigen. Auf diese Weise entsteht auch eine impulsirende Ueberstr\u00f6mung auf die motorischen Nerven d. h. die eigentliche Motivation. Der Moment der Vereinigung beider Kraftstr\u00f6me ist die Bewufstseinsschwelle. So glaubt Yerf., ohne jedoch die Experimente gerade \u00fcber diesen Kernpunkt seines Problems mitzutheilen, die Causalit\u00e4t des Bewufstseins nach naturwissenschaftlicher und objectiver Methode erkl\u00e4rt und das \u201epsychologische Grundgesetz\u201c gefunden zu haben.\nIm Folgenden werden nun die verschiedenen Bewufstseins-thatsachen dementsprechend erkl\u00e4rt. Ist eine Empfindung in die Grofshirnrinde gelangt, dann bewirkt sie eine Ladung, eine physisch-chemische oder biochemische Umformung der Ganglienzellen, welche ihrerseits wiederum eine Repulsion ausl\u00f6st. Es fluctuiren nun von verschiedenen Ganglienzellen aus zugleich repulsirte Neurocyme in den communicirenden Fibrillen, begegnen einander und bilden eine Stauung, ein Repulsat. Die einzelnen","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericlit.\n165\nRepulsionsstellen und Repulsate sind durch die Veurocyme unter einander verbunden, da die einmalige biochemische oder physisch - chemische Beeinflussung der afficirten inneren Substanz bestehen bleibt. Sind in solchen Repulsaten aufsensinnlich verursachte Reizeffecte vorhanden, dann entstehen Wahrnehmungen = bewufstgewordene starke Objectempfindungen; starke Vorstellungen dagegen entstehen, wenn demselben Objecte angeh\u00f6rige, durch Reizung mehrerer Sinnesapparate erzeugte Repulsionen sich finden und zu Repulsaten anschiefsen. Die Summe der gebildeten Repulsate bildet das Ged\u00e4chtnis; je mehr ihrer vorhanden sind, desto leichter vollzieht sich die Completirung des Whhrgenommenen, die associative Illusionirung, die Collusionirung des Bewufst-seinsinhaltes, auf der die schwache Vorstellung, die Sinnest\u00e4uschung, das Erkennen, die Bildung von allgemeinen Vorstellungen etc. beruht. Der Satz von der specifischen Sinnesenergie gilt also nicht f\u00fcr die Verven-substanz als solche, sondern f\u00fcr deren Ladungen und Entspannungen bezw. Repulsionen. Ferner zeigt sich das Bewufstsein demnach als ein fortw\u00e4hrendes Geschehen, insofern die Ladungen, Repulsirungen, Collusio-nirungen ein fortdauerndes Wirken sind.\nAehnlich wie im Hirnmantel bei dem \u201eobjectivischen Theile der Vorstellungen\u201c gestalten sich die Vorg\u00e4nge in den subcorticalen Centren bei dem \u201esubjectivi sehen\u201c Theile. Auch hier entstehen Repulsionen der subjectivischen Veurocyme in die afficirenden Fibrillen, in Verbindungsfaserz\u00fcge und andere Zellen, rufen hierdurch Repulsate hervor, die wiederum Verbindungen mit den Repulsaten der objectivischen Empfindungen ein-gehen. Die Reizaufnahmeapparate sind hier nur innensinnlich, die ento-peripheren Fibrillenendigungen, wie sie sich namentlich im Magen, Herzen und in den Sexualorganen vorfinden. So sah das Medium das eine Mal bei traurigen Vorstellungen, welche der Hypnotiseur bei ihm anregte, die Herzwandungen sich cyanotisch verf\u00e4rben, anschwellen und in ihrer Function gest\u00f6rt, das andere Mal bei einer Mifsstimmung im Wachzust\u00e4nde eine mangelhafte Bewegung der Vervenendchen im Magen in Folge vorherigen Lik\u00f6rgenusses. Auf diese Weise sollen die Gef\u00fchle ihre Erkl\u00e4rung finden, welche nichts anderes als bewufst gewordene starke subjec-tivische Empfindungen sind. Angenehm ist die Harmonie, unangenehm die Disharmonie der subjectivischen Reizeinwirkung mit der psychischen V irkungsth\u00e4tigkeit innerhalb der Fibrillen. Ist mit dem unangenehmen entoperipheren Reize eine Zerst\u00f6rung der inneren Vervensubstanz verbunden, dann entsteht der Schmerz. Da zu jeder Bewufst-werdung, also auch zu den Gef\u00fchlen die Vereinigung der subjectivischen und objectivischen Empfindung geh\u00f6rt, so ist jede Objectempfindung gef\u00fchlsbetont und jedes Gef\u00fchl an eine Objectempfindung gebunden. Stofsen Gef\u00fchle auf directe Objectempfindungen mit verwandten Veurocymen, dann \u201eactive Apperception\u201c und Steigerung bis zu Affecten. Rufen Wahrnehmungen unbewufste subjectivische Empfindungen durch Collusionirung oder objectivisch-associative Illusionirung ins Bewufstsein, dann \u201epassive Apperception\u201c. Es k\u00f6nnen n\u00e4mlich auch von objectivischer Seite aus Gef\u00fchle durch Reactivirung bereits vorhandener Repulsate subjectivischer Empfindungen in den subcorticalen Centren erregt werden. Die weitaus","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nLiteraturbericht.\ngr\u00f6fste Entwickelung der psychischen Kraft ist \u00fcberhaupt subjectiven Ursprungs, indem die subjectivischen Neurocyme es haupts\u00e4chlich sind, welche die Gehirnmasse aufquellen lassen, und so die Blutcirculation steigern und die Spannung der centralen Enden der \u00e4ufseren Sinne erm\u00f6glichen.\nAuf Grund dieser Ausf\u00fchrungen definirt Verf. \u201eSubject\u201c als die mit den organischen Reizen zusammenh\u00e4ngenden subjectivischen Empfindungen ; erst wenn diese sich mit den vom K\u00f6rper herr\u00fchrenden Objectempfindungen innerhalb des Grofshirns vereinigen, entsteht die \u201eI c h - Y o r s t e 11 u n g\u201c, das \u201eIch-Bewufstsei n\u201c. Das \u201e0 b j e c t\u201c dagegen schliefst neben den Objectempfindungen auch die sie veranlassenden objectiven Reize in sich ein, so dafs ein rein objectiver Vorgang f\u00fcr uns unerkennbar ist. Was endlich die Stellung der Psychologie zu den Wissenschaften anlangt, so mufs sie einerseits eine naturwissenschaftliche Betrachtung des .psychischen Geschehens sein, versetzt aber dann andererseits die nur mit den Erscheinungen besch\u00e4ftigten, also die Bewufstwerdung voraussetzenden Wissenschaften in die Lage, ein voraussetzungsloser Ausdruck der wahren Wirklichkeit, der Wahrheit zu sein.\nIn der n\u00e4chsten Schrift wird Verf. die Beth\u00e4tigungen des Bewufst-seins, die Urtheile und Willenskundgebungen behandeln.\nIhr letztes und eigentliches Ziel erreichen diese Ausf\u00fchrungen offenbar nicht. Denn das Bewufstsein als psychisches Ph\u00e4nomen erlangt auch durch die vollkommenste Gehirnphysiologie nicht seine Erkl\u00e4rung. Nichts anderes aber als anatomisch-physiologische Processe stellen die verschiedenartigen Neurocyme mit ihren Repulsionen und Repulsaten, mit ihren Ladungen der Ganglienzellen und ihren Vereinigungen in der Grofshirnrinde dar. Das psychologische Problem bleibt ungel\u00f6st. Indes auf diese principielle Frage soll hier kein weiterer Nachdruck gelegt werden. Auch von den sonstigen M\u00e4ngeln und L\u00fccken, namentlich der ungen\u00fcgenden Kritik der bereits vorhandenen psychologischen Theorien und der Oberfl\u00e4chlichkeit, mit der Verf. die Widerspr\u00fcche zwischen unbestreitbaren anatomisch-physiologischen Thatsachen und seinen Ergebnissen abfertigt, wollen wir gerne absehen und vielmehr unumwunden zugestehen, dafs die vorliegende Arbeit nicht ohne Scharfsinn und Consequenz abgefafst ist. Auch in sprachlicher Beziehung zeichnet sie sich durch Frische, Lebhaftigkeit und Klarheit vortheilhaft aus. Vor Allem aber kommt ihren inhaltlichen Ausf\u00fchrungen ein eminenter Werth und eine weitgehende Bedeutung zu. Voraussetzung hierbei ist aber die Wahrheit und Wirklichkeit der mitgetheilten Beobachtungen; sonst sinken sie zu einem werthlosen Phantasma, zu einem unn\u00fctzen Hirngespinnste herab. Diese Voraussetzung aber, der Angelpunkt, um den sich das ganze Geb\u00e4ude dreht, erfordert die \u00e4ufserste Skepsis und sch\u00e4rfste Kritik. St\u00fctzen sich doch diese geradezu epochalen Ergebnisse, die zu einer g\u00e4nzlichen Reform aller wissenschaftlichen Erkenntnifs f\u00fchren, lediglich auf die uncontrolirten Aussagen einer uns v\u00f6llig unbeglaubigten Person und auf eine Beobachtungsart, die nicht nur neu und eigenartig ist, sondern allen physikalischen, physiologischen und psychologischen Gesetzen Hohn spricht. Wir k\u00f6nnen uns der Ansicht nicht entschlagen, dafs Verf. all\u2019 die offenbaren M\u00e4ngel","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turberich t.\n167\nund vermeintlichen Ungereimtheiten und K\u00fcnsteleien der bisherigen Physiologie und Anatomie auf Grund von Speculationen zu beseitigen sich bem\u00fchte und in diesem Sinne suggestiv auf sein Medium wirkte \u2014 falls es sich nicht geradezu um eine grobe Mystification handelt. Daher denn die vielfache Uebereinstimmung mit den bisherigen anatomisch-physiologischen Ergebnissen und die \u2014 wenigstens in den Augen des Yerf. \u2014 vorhandene Nat\u00fcrlichkeit, Ungezwungenheit, Einfachheit und Widerspruchs-losigkeit des vorgetragenen Systems, die so oft betont wird. Ist nicht diese das Prius gewesen und die scheinbare Beobachtung das Post? Es giebt genug Stellen, welche diese Vermuthung sehr nahe legen, trotz aller Vor-urtheilslosigkeit, die wir den Ausf\u00fchrungen des Yerf. entgegenbrachten.\nA. Wreschner (Z\u00fcrich).\nC. E. Seashore. New Psychological Apparatus. University of Iowa Studies in Psychology. Edited by E. T. W. Patrick. 2, 153\u2014163. 1899.\nI.\tA Spark Chronoscope.\nDas beschriebene Chronoskop ist ein Doppelpendel mit elektrischen Contactvorrichtungen, das sich ger\u00e4uschlos vor einer Skala und einem be-rufsten Papierstreifen bewegt und ebenso ger\u00e4uschlos durch Schl\u00fcsselvorrichtungen festgehalten oder in Gang versetzt werden kann. Die beiden Enden des Pendels tragen Gewichte, von denen das obere f\u00fcr die Regulirung der Bewegung verstellbar ist.\nDie Hauptvorth\u00e9ile dieses Chronoskops sind nach dem Yerf.: \u201eAccuracy, adaptation for a variety of connections, soundless action, direct reading, ease and permanence of adjustment, and quickness and convenience of manipulation.\u201c\nII.\tAn Audiometer.\nDer zun\u00e4chst f\u00fcr die Messung der H\u00f6rsch\u00e4rfe construirte Apparat eignet sich, wie der Yerf. angiebt, gleicherweise f\u00fcr Untersuchungen im Laboratorium, im Schulraum und in der Klinik. Derselbe ist im Wesentlichen ein Inductorium, ein Princip, das jedoch nicht, wie der Yerf. zu glauben scheint, neu ist. Der Apparat befindet sich in einem Kasten, der auch die Nebenapparate, die Batterie, ein Galvanometer, eine Resistenz welle und die Yerstellschienen enth\u00e4lt. Ein Telephon, auf das die vom Apparat erzeugten Tonwellen \u00fcbertragen werden, wird von aufsen mit demselben in Verbindung gesetzt.\nDie Abbildungen beider Apparate sind den Beschreibungen beigegeben.\nKiesow (Turin).\nSemi Meyer. Ueber centrale Neuritenendigungen. Arch. f. mikrosk. Anatomie u. Entivickelungsgesch. 54, 296\u2014311. Mit 1 Tafel. 1899.\nA. Bethe. Ueber die Neurofibrillen in den Ganglienzellen von Wirbelthieren und ihre Beziehungen zu den Golgi-Netzen. Arch. f. mikrosk. Anatomie u. Entivickelungsgesch. 55, 513\u2014558. Mit 3 Tafeln. 1900.\nMeyer vertritt in seiner Arbeit nochmals mit grofser Entschiedenheit seine Auffassung der von ihm mit H\u00fclfe der Methylenblaumethode gefundenen pericellul\u00e4ren Netze als Endigungen von Axencylinderfort-s\u00e4tzen anderer Zellen. Golgi hatte die in Frage kommenden Gebilde f\u00fcr","page":167}],"identifier":"lit31714","issued":"1900","language":"de","pages":"162-167","startpages":"162","title":"Rudolf M\u00fcller: Hypnotismus und objective Seelenforschung. Leipzig, Strauch, 1897. 40 S. / Das hypnotische Hellseh- Experiment im Dienste der naturwissenschaftlichen Seelenforschung. II. Band: Das normale Bewu\u00dftsein. Leipzig, Strauch, 1898. 150 S","type":"Journal Article","volume":"24"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:28:39.509593+00:00"}

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