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{"created":"2022-01-31T16:29:25.205206+00:00","id":"lit31783","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kiesow","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 24: 381-382","fulltext":[{"file":"p0381.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberich t.\n381\nGlycerin und fl\u00fcssiges Paraffin, welch letzteres der Verf. ebenfalls \u201eals ein geruchloses, vollkommen indifferentes Vehikel\u201c bezeichnet.\n~ .\tKiesow (Turin).\nW. Wundt. Zar Kritik tachistoskopischer Versuche. Zweiter Artikel. Philos.\nStudien 16 (1), 61\u201470. 1900.\nDie vorliegende Abhandlung ist eine Entgegnung des Verf.\u2019s auf den im 22. Bande dieser Zeitschrift von B. Erdmann und R. Dodge ver\u00f6ffentlichten Artikel \u201eZur Erl\u00e4uterung unserer tachistoskopischen Versuche\u201c, in welchem die Verff. die von Wundt gegen ihre Methode erhobenen Einw\u00e4nde zu widerlegen und ihre Kritik fr\u00fcherer Versuche aufrecht zu halten suchen. Wundt weist zun\u00e4chst den Vorwurf zur\u00fcck, dafs Ton und Form seiner Polemik \u201eeine ebenso ungeh\u00f6rige wie ungerechtfertigte Insinuation\u201c sei und sucht dann an einem Beispiele nachzuweisen (Physiol. Psychol. II, S. 268), dafs die Verff. an diesem keine sachgem\u00e4fse Kritik ge\u00fcbt h\u00e4tten.\nDie \u00fcbrigen Erwiderungen Wundt\u2019s beschr\u00e4nken sich auf sieben Bemerkungen, die kurz in folgenden S\u00e4tzen wiedergegeben sein m\u00f6chten:\n1.\tWundt anerkennt das Verdienst der Verff., \u201eden w\u00e4hrend des Lesens stattfindenden Fixationspausen ihre Aufmerksamkeit zugewandt\u201c zu haben. Es ist aber dies nach seiner Meinung das einzige, das die Arbeit besitzt. Bei der W\u00fcrdigung ihrer eigenen Ergebnisse befinden sich die Verff. in einem doppelten Irrthume, \u201ewenn sie glauben, es sei jemals die Meinung physiologischer Beobachter gewesen, man k\u00f6nne \u00fcberhaupt genaue Wahrnehmungen, wie sie zum Lesen erforderlich sind, bei bewegtem Auge vollziehen\u201c und \u201edafs durch ihre Versuche etwas anderes gewonnen wrorden sei, als ein Anhaltspunkt f\u00fcr die Bestimmung der Zahl der Fixationspausen w\u00e4hrend einer bestimmten Leseperiode.\u201c \u201eIhre Berechnungen \u00fcber die Dauer der Fixirpausen sind v\u00f6llig illusorisch.\u201c \u201eDas Problem selbst wird also nicht auf diesem Wege mehr oder minder unsicherer Muthmafsungen, sondern, wie ich S. 316 meines ersten Aufsatzes angedeutet habe, nur durch objective graphische Versuche ge l\u00f6st werden k\u00f6nnen.\u201c\n2.\tObwohl bei Anwendung des Falltaehistoskops die oberen Object-theile im physikalischen Sinne fr\u00fcher sichtbar werden als die unteren, mufs dieser Zeitunterschied f\u00fcr die psychophysische Seite des Vorgangs als nicht existirend angesehen werden. \u201eDer thats\u00e4chliche Unterschied der Apparate liegt also nicht in der Frage, ob die Beleuchtung simultan oder successiv sei \u2014 f\u00fcr die Empfindung ist sie in beiden F\u00e4llen simultan \u2014, sondern darin, ob es zwTeckm\u00e4fsiger sei, bei k\u00fcnstlicher Beleuchtung oder bei Tageslicht zu beobachten.\u201c Das Arbeiten bei Tageslicht ist hier zu bevorzugen.\n3.\tF\u00fcr ein normales Lesen ist die Tagesadaptation die n\u00e4chste Bedingung. Die Verff. befinden sich in einem Irrthume, \u201ewenn sie meinen, es sei f\u00fcr das Auge ganz dasselbe, ob es- bei der Bewegung mit seinem Fixirpunkt zwischen den dunkeln oder hellen Stellen einer Schrift wechselt,","page":381},{"file":"p0382.txt","language":"de","ocr_de":"382\nLiteraturbericht.\noder ob man ein bei ruhendem Auge fixirtes Object abwechselnd momentan erhellt und wieder verdunkelt,\u201c\n4.\t\u201eF\u00fcr die vorliegende Frage\u201c (die Dauer der Nachbilder) \u201eist es ziemlich gleichg\u00fcltig, ob die Einwirkungszeit 0,25 g, oder ob sie blos 0,15 g betragen hat. Auf alle F\u00e4lle sind diese Zeiten zu lang, um den Verdacht eines Aufmerksamkeitswechsels oder einer w\u00e4hrend der Exposition stattfindenden Ausdehnung des Feldes der Aufmerksamkeit, und vielleicht selbst den von Augenbewegungen auszuschliefsen. Dieser Verdacht kann, namentlich soweit er sich auf die Aenderungen der Aufmerksamkeit bezieht, nat\u00fcrlich nicht durch allgemeine Erw\u00e4gungen, sondern nur durch Versuche mit verschiedener, besonders auch mit wesentlich k\u00fcrzerer Expositionsdauer beseitigt werden.\u201c Wundt h\u00e4lt es f\u00fcr unwahrscheinlich, \u201edafs W\u00f6rter von der angegebenen L\u00e4nge ohne jede Wanderung der Aufmerksamkeit mit einem Mal \u201eals Ganze\u201c gelesen worden seien.\u201c Die Bemerkung schliefst: \u201eIch kann daher in dieser Beziehung nur bei meiner Bemerkung stehen bleiben, dafs die Versuche der Verff. gew\u00f6hnlichen Leseversuchen ohne irgend welche H\u00fclfsmittel im Wesentlichen \u00e4quivalent sind, und dafs sie sich statt ihres complicirten Apparates genau mit gleichem Erfolge des nat\u00fcrlichen H\u00fclfsmittels der abwechselnd ge\u00f6ffneten und wieder geschlossenen Augenlider h\u00e4tten bedienen k\u00f6nnen\u201c.\n5.\tDie Angabe Joh. Muller\u2019s, dafs sich bei unverwandtem Blick die Aufmerksamkeit bald diesen, bald jenen Theil einer complicirten Figur lebhafter zuwende, ist weder zweideutig noch dunkel. Wundt citirt die betreffende Stelle w\u00f6rtlich. \u201eSp\u00e4tere vermochten lediglich zu best\u00e4tigen, was schon Joh. M\u00fcller beobachtet hat.\n6.\tUnter Hinweis auf die Versuche Friedrich\u2019s, in denen bei der Exposition f\u00fcnf bis sechsstelliger Zahlen eine Zerlegung des Zahlganzen in zwei successiv aufgefafste H\u00e4lften bemerkt werden konnte\u201c, f\u00fchrt Wundt aus, er habe nicht behauptet, dafs Lesen von W\u00f6rtern und Lesen von Zahlen bei gleicher Stellenzahl gleich schwierige Dinge seien. \u201eIch habe nicht behauptet, dafs das Wort Philosophie und die Zahl 58327471839, wohl aber, dafs z. B. das Wort Successionsrecht und die Zahl 58327 mit einander vergleichbare Dinge sind\u201c etc.\n7.\tWundt leugnet, \u201edafs die Verff. an sicherstehenden Thatsachen in\nirgend einem wesentlichen Punkte \u00fcber Cattell hinausgekommen seien.\u201c \u201eInwieweit bei dem Lesen l\u00e4ngerer W\u00f6rter, dem einzigen Punkte, den sie vor Cattell voraushaben, die l\u00e4ngere Expositionszeit oder die specielleren Bedingungen der vorausgegangenen Ein\u00fcbung mafsgebend waren, bleibt vorl\u00e4ufig zweifelhaft.\u201c Die Verff. haben das in Rede stehende Gebiet nach Wundt nicht um Thatsachen, \u201esondern um eine psychologische oder, besser ausgedr\u00fcckt, um eine erkenntnifstheoretische Interpretation\u201c, bereichert, die er f\u00fcr falsch h\u00e4lt.\tKiesowt (Turin).\nJ. McK. Cattell. On Relations of Time and Space in Vision. Psychological Review 7 (4), 325\u2014343. 1900.\nCattell berichtet hier \u00fcber einige \u00fcberaus interessante Experimente. Bekanntlich erscheint ein Kreis, der hinter einem Schlitz vorbeibewegt wird, als eine Ellipse, die jedoch einen viel gr\u00f6fseren Raum einnimmt als","page":382}],"identifier":"lit31783","issued":"1900","language":"de","pages":"381-382","startpages":"381","title":"W. Wundt: Zur Kritik tachistoskopischer Versuche. Zweiter Artikel. Philos. Studien 16 (1), 61-70. 1900","type":"Journal Article","volume":"24"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:29:25.205211+00:00"}