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{"created":"2022-01-31T14:10:27.317249+00:00","id":"lit31786","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 24: 384-385","fulltext":[{"file":"p0384.txt","language":"de","ocr_de":"384\nLiteraturberich t.\nTabdieu. L\u2019ennui: \u00e9tude psychologique. Eev. philos. 49(1), 1\u201430; (2), 144\u2014175; . (3), 237\u2014255. 1900.\nT. fafst den Begriff \u201eLangeweile\u201c im weiteren Sinne, er versteht darunter alle Zust\u00e4nde, die auf eine Verlangsamung unserer vitalen Bewegung zur\u00fcckzuf\u00fchren sind. Er unterscheidet danach 6 Arten von Langeweile :\n1.\tDie Langeweile durch Ersch\u00f6pfung.\nDiese Art haben wdr in der Majorit\u00e4t der F\u00e4lle: als vor\u00fcbergehende Langeweile nach des Tages Arbeit, nach k\u00f6rperlichen und geistigen Anstrengungen, nach Vergn\u00fcgungen, oder als tiefergehende Langeweile, welche mit k\u00f6rperlichen Leiden, geistiger Leere, Unordnung und Verlangsamung der seelischen Vorg\u00e4nge und Unf\u00e4higkeit zum Handeln verbunden ist. Mit fortschreitender Ersch\u00f6pfung wrird der Zustand pathologischer. Eine besondere Disposition f\u00fcr die Langeweile besitzen die Neurastheniker, Hysterischen, Neuropathischen. Das Heilmittel gegen die Langeweile durch Ersch\u00f6pfung ist K\u00fche.\n2.\tDie Langeweile aus Mangel an Abwechselung und aus mangelnden F\u00e4higkeiten.\nDie Langeweile des \u201eSchwachsinnigen\u201c h\u00e4ngt zusammen mit der Armut an Geistessch\u00f6pfungen, Ungeschicklichkeit im Handeln und Keden, Unf\u00e4higkeit zu einer raschen Anpassung an das Medium, Abwesenheit des Altruismus, Plumpheit der Gef\u00fchle. Die Langeweile des \u201eMittel-m\u00e4fsigen\u201c hat darin seinen Grund, dafs er sich fortw\u00e4hrend z\u00fcgelt, seine Handlungen, W\u00fcnsche, Gedanken \u00fcberwacht, jede Erhebung und Selbstst\u00e4ndigkeit sofort unterdr\u00fcckt. Der \u201eSchwache\u201c ist f\u00fcr die Langeweile pr\u00e4destinirt, weil bei ihm der k\u00f6rperlichen Gebrechlichkeit geistige Kraft und Ehrgeiz gegen\u00fcberstehen. Bei den fehlgeschlagenen Existenzen, wrelche namentlich unter den K\u00fcnstlern und Gelehrten in grofser Zahl Vorkommen, entspringt die Langewmile aus dem Gegensatz zwischen K\u00f6nnen und Wollen. Die Langeweile des \u201eUnvollendeten\u201c hat darin ihren Grund, dafs er nichts wagt, nicht aus seinen Grenzen herausgeht. Endlich die Langeweile des \u201eTr\u00e4umers\u201c, welche aus dem Scheitern seiner Luftschl\u00f6sser entspringt.\n3.\tDie Langeweile der verfehlten Leben und werthlosen Existenzen.\nHierher geh\u00f6rt die Langeweile der gehemmten Lebensexistenzen d. h.\nsolcher, die durch ihre Abstammung, durch die Gesellschaft oder durch den Zufall in Wege getrieben wurden, die ihnen nicht gefallen, zweitens die der verfehlten Existenzen, d. h. solcher, bei denen ein Zwiespalt zwischen der \u00e4ufseren Stellung und den inneren Neigungen, also zwischen der \u00e4ufseren und inneren Pers\u00f6nlichkeit besteht, drittens die der wTerth-losen Existenzen, d. h. solcher, w-elche durch chronische Krankheit oder untilgbare Leiden eine vitale Depression erlitten haben, und solcher, wrelche ihre Bestimmung nicht erf\u00fcllt haben. Letzteres ist z. B. der Fall bei den Subalternen, bei den Kuhmescandidaten, denen es nicht gelang, ferner bei den Nachahmern grofser M\u00e4nner, bei den krankhaften Tr\u00e4umern, welche sich fortw\u00e4hrend in Disharmonie mit der Wirklichkeit befinden. Viertens geh\u00f6rt unter obige Rubrik die Langeweile der \u201eNachfolger\u201c, welche auf das Abgehen ihrer Vorg\u00e4nger wrarten, f\u00fcnftens die des niederen Volkes,","page":384},{"file":"p0385.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n385\ndessen K\u00f6rper durch erbliche Belastung, Entbehrungen und \u00fcberm\u00e4fsige Arbeit geschw\u00e4cht ist, sechstens die der alten Jungfer.\n4. Die Langeweile in Folge von Einf\u00f6rmigkeit.\nDas Leben wird durch die Reize der Aufsenwelt erhalten. Die Un-beweglichkeit des umgebenden Mediums, die Wiederholung ohne f\u00fchlbare Ver\u00e4nderung sind Thatsachen von Einf\u00f6rmigkeit, welche uns dem Tode n\u00e4hern. Diese Einf\u00f6rmigkeit nun haben wir bei einer Lebensf\u00fchrung ohne Abwechselung, bei der Aus\u00fcbung des Berufes, beim gegenseitigen Accommo-diren der Ehegatten in der Liebe, sobald die Leidenschaft vor\u00fcber ist, innerhalb der Familie, hier besonders empfunden von denjenigen Gliedern, welche mit den Gef\u00fchlen und Gewohnheiten des Familienganzen nicht harmoniren, beim Leben auf dem Lande, im Kloster, im Gef\u00e4ngnifs. Auch kann, man im obigen Sinne von einer Langeweile des K\u00f6rpers sprechen, n\u00e4mlich eines solchen K\u00f6rpers, welcher in Folge von Krankheit nicht\nmehr die Empfindungen haben kann, welche er w\u00fcnscht z. B. kulinarische Gen\u00fcsse.\no. Die Langeweile durch Uebers\u00e4ttigung.\no o\nDer Reiche empfindet Langeweile, weil seine Handlungen nicht durch die Nothwendigkeit veranlafst werden, und weil seinen W\u00fcnschen die Bestimmtheit fehlt. Die Uebers\u00e4ttigung finden wir auch bei den Bewohnern grofser St\u00e4dte.\n6. Die Langeweile in Folge des Gef\u00fchls der Nichtigkeit des Lebens.\nDas genannte Gef\u00fchl kann verschiedene Gr\u00fcnde haben, erstens die Ersch\u00f6pfung der Organe, zweitens den Verzicht auf das Leben, z. B. beim Kranken, beim M\u00f6nch, drittens die \u00fceberzeugung, dafs Alles werthlos ist, wie bei Pessimisten, Nihilisten, Skeptikern. \u2014\nDas Voistehende bietet nur eine nothd\u00fcrftige Skizze einer umfangreichen Abhandlung, wTelche durch feine Beobachtungen, farbensatte Schilderungen und gl\u00e4nzenden Stil imponirt. Ob die Bezeichnung ..Langeweile als Ueberschrift am Platze ist, erscheint mir jedoch fraglich. Auch kommt es mir so vor, als ob die Differentierung in die Unterabtheilungen bisweilen (namentlich in 2. und 3.) zu weit ginge, so dafs die Unterschiede sich verwischen.\tGiessler. (Erfurt).\nM. W. Calkins. Elements of Conscious Complexes. Psychological Review 7 (4-377\u2014389. 1900.\nA erfasserin behauptet in diesem Artikel \u201eunanalysierbare Gef\u00fchle der Einheit, Mehrheit, Ganzheit, Aehnlichkeit, Gleichheit, Verschiedenheit, nothw endigen Verkn\u00fcpfung, Bekanntheit, Allgemeinheit\u201c etc. in sich wahrgenommen zu haben. Man m\u00fcsse daher drei Arten von Bewufstseins-elementen annehmen: \u201esubstantive\u201c (d. h. Empfindungselemente), \u201eattributive (Lust und Unlust) und \u201etransitionale Elemente\u201c (die oben erw\u00e4hnten \u201eGef\u00fchle\u201c).\nMax Meyer (Columbia, Missouri).\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 24.\n26","page":385}],"identifier":"lit31786","issued":"1900","language":"de","pages":"384-385","startpages":"384","title":"Tardieu: L'ennui: \u00e9tude psychologique. Rev. philos. 49 (1), 1-30; (2), 144-175; (3), 237-255. 1900","type":"Journal Article","volume":"24"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:10:27.317254+00:00"}