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{"created":"2022-01-31T16:29:42.136300+00:00","id":"lit31807","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wreschner","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 24: 466-468","fulltext":[{"file":"p0466.txt","language":"de","ocr_de":"466\nLi teraturbeHch t.\nzui G\u00e4rtnerei oder dergl. F. zeigt - an vier Beispielen eigner Praxis, dafs unter den Bildern gewisser Formen von Hysterie und anderen Psychopathien manche Genies oder wenigstens Talente schlummern. Sache des Arztes ist es, diese herauszufinden. In solchen F\u00e4llen ist das Gehirn nicht ersch\u00f6pft, leistungsunf\u00e4hig, sondern nur mifsgeleitet, arbeitet auf falschen Bahnen, die nat\u00fcrliche Anlage wird gehemmt durch irgend welche Skrupel oder dergl. Bei diesen Leuten mufs das Neurocym des Gehirnes wieder ins richtige Geleise gebracht werden. Hat man den Lebenszweck eines s\u00f6lclien Menschen richtig erkannt, so heilst es dann, ihn resolut und voll\nVertrauen hineinzuf\u00fchren. In den vier geschilderten F\u00e4llen ist dies Forsl gelungen. \u2014\nIn der zweiten Arbeit sucht dann F. die eigne Art zu kennzeichnen, mit welcher eine vorhandene, oft schlummernde oder auf falsche, pathologische Wege verirrte geniale Begabung durch richtige Suggestion zur Entfaltung gelangen kann, und wie umgekehrt unrichtige Suggestion hysterisch veianlagte dissociable Gehirne zu kranken Kr\u00fcppeln, wenn nicht zu Geisteskranken macht. Die sehr interessante Arbeit l\u00e4fst sich leider nicht kurz referiren.\tUmpfenbach.\nPvobert Gaupp. Eduard Toulouse\u2019s Versuch einer neuen Einteilung der Geisteskrankheiten. Centralblatt f\u00fcr Nervenheilk. und Psychiatrie 177\u2014183. April/ Mai 1900.\nEine Eintheilung der Psychosen vom anatomischen oder \u00e4tiologischen Standpunkte aus hat ihre grofsen Bedenken. T. legt daher seiner Classification die Symptomatologie zu Grunde; aber da er diese allein ohne Ber\u00fccksichtigung der Aetiologie, der Pathogenese und des Verlaufs der Seelenst\u00f6rungen verwerthet, so kommt auch er zu keinem befriedigenden Ergebnis, so eigenartig sein Versuch auch ist. T. l\u00e4uft eben mit seinem Vorgehen Gefahr, an der Aufsenseite der Dinge haften zu bleiben. So gef\u00fcgt zur Beurtheilung eines Menschen auch nicht die Photographie allein; es bedarf noch, hierzu der Lebensbeschreibung.\nErnst Schultze (Andernach).\nA. Gross. Zur Psychologie der traumatischen Psychose. Kr\u00e4pelin, Psychologische Arbeiten 2 (4), 569\u2014586. 1899.\nDie wesentlichsten Symptome des durch einen Unfall verursachten Krankheitsbildes waren in k\u00f6rperlicher Beziehung; Zunahme der Spannung und Frequenz des Pulses, sowie eine nach unten scharf abgegrenzte R\u00f6thung des Gesichts, Halses und obersten Brusttheiles, w\u00e4hrend der Untersuchung ; tremor palpebrarum et linquae ; leichte Erm\u00fcdbarkeit der Augenmuskeln ; herabgeminderte Reflexe und motorische Kraft rechts ; Unempfindlichkeit des rechten Acusticus; gest\u00f6rte Sprache. In psychischer Hinsicht zeigte sich: unst\u00e4tes und hastiges Wesen; Depression und Reizbarkeit bei grofser Redseligkeit; einige Unsicherheit in Bezug auf zeitliche Verh\u00e4ltnisse bei zuverl\u00e4ssigem Ged\u00e4chtnifs. \u2014 Um nun festzustellen, inwieweit dieser psychische Status durch etwaige Simulution bedingt ist, bediente sich Verf. des psychologischen Experiments, da eine willk\u00fcrliche Tr\u00fcbung der hierzu ri\u00f6thigeh zahlreich\u00ebn Einzelbeobachtungen unm\u00f6glich","page":466},{"file":"p0467.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n467\nist. Des N\u00e4heren pr\u00fcfte er die intellectuelle Leistungsf\u00e4higkeit durch fortw\u00e4hrendes, selbst\u00e4ndiges Addiren einstelliger Zahlen an 7 Tagen, von denen die 3 ersten (I. Reihe) und die 4 letzten (II. Reihe) durch 5 Monate von einander getrennt waren. Die absolute Leistung war noch geringer als die schlechteste von 21 Gesunden. Trotzdem nahm sie noch im Laufe des Arbeitens an jedem Tage merklich ab, w\u00e4hrend sie normaler Weise bei niedrigen Gesammtleistungen stets zunahm und selbst bei hohen Gesammtleistungen nur am 2. Versuchstage (f\u00fcr die \u00fcbrigen Tage fehlt das Vergleichsmaterial an Gesunden) abnahm; auch ein Vergleich der ersten Viertelstunde des 2. Tages mit der zweiten des 1. Tages ergab eine \u00fcbernormale Erm\u00fcdbarkeit. Dagegen zeigte sich bei Gegen\u00fcberstellung der Leistungen der ersten Viertelstunde der beiden ersten Versuchstage ein mindestens normaler Uebungszuwachs; in gleicher Weise nimmt die Anzahl der Aufgaben innerhalb einer jeden Reihe mit Ausnahme des 4. Tages der II. Reihe von Tag zu Tag zu, ja die II. Reihe zeigt noch einen unverkennbaren Uebungseinflufs von der I. Reihe. Daher ist denn auch in der II. Reihe der Fortschritt der Uebung von einem Tage zum anderen geringer und die Erm\u00fcdbarkeit w\u00e4hrend des Arbeitens an jedem Tage gr\u00f6fser als in der I. Reihe. Im Uebrigen wurde im Gegens\u00e4tze zur progressiven Paralyse fast ausnahmslos richtig gerechnet. Viel mehr Fehler kamen bei den Subtractionen vor; hierbei wurde von 100 bis 2 immer 7 abgezogen, und diese Aufgabe an jedem der 7 Tage 4 mal wiederholt. Pat. selbst gab an, dafs die Aufgaben viel schwieriger wTaren, da sie im Gegens\u00e4tze zu den Additionsaufgaben] im Kopfe vorgenommen wurden; sie dauerten auch fast 4 mal so lang wie bei Gesunden. Eine Uebung zeigen nur die beiden letzten Tage der II. Reihe; auch eine Erm\u00fcdung trat im Laufe des nur ca. 5 Min. an jedem Tage dauernden Arbeitens nicht ein. Im Uebrigen schreibt Verf. den Subtractionsaufgaben keine besondere Zuverl\u00e4ssigkeit zu und w\u00fcnscht ihre Beseitigung, wnhrend er in den Additionen einen sehr geeigneten Maafsstab f\u00fcr die intellectuelle Leistungsf\u00e4higkeit erblickt, nur soll in Zukunft immer am 4. Tage nach V2 Stunde Pause noch 1 4 Stunde addirt werden, um die Erholungsf\u00e4higkeit zu ermitteln ; auch sei es rathsam, noch einen 5. Tag hinzuzuf\u00fcgen, an dem w\u00e4hrend der 2. Viertelstunde mit Ablenkung addirt wird. \u2014 Die angebliche psychomotorische St\u00f6rung wurde durch f\u00fcnfmaliges m\u00f6glichst schnelles Z\u00e4hlen von 1\u201420 gepr\u00fcft; es war hierzu eine fast 3mal so lange Zeit n\u00f6thig wie bei Gesunden. Der Grund liegt in der schon durch klinische Beobachtung gesicherten Erschwerung in der Aussprache von mehreren auf einander folgenden Consonanten. Als daher Pat. mit der Schriftwaage 2 mal hinter einander m\u00f6glichst schnell die Zahlen von 1\u201410 schrieb, gebrauchte er nur die normale Zeit; auch trat die Erschwerung sichtlich erst von 10 ab ein. Einen Uebungseinflufs zeigen die 7 Tage nur dem ersten gegen\u00fcber, dagegen stellte sich an allen Tagen w\u00e4hrend des Arbeitens eine motorische Erm\u00fcdung ein, trotzdem dafs dieses nur etwa 1 Min. w\u00e4hrte. Auch hier schl\u00e4gt Verf. f\u00fcr die Zukunft eine Verbesserung der Methode vor, nach der die Zahlen von 1\u201410 zuerst mehrfach mit der Schriftwaage, dann 74 Stunde lang ununterbrochen auf Papier geschrieben und endlich die Anfangsauf-\n31*","page":467},{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"468\nLiteraturbericht.\ng\u00e4be wiederholt werden sollen, um so die Ver\u00e4nderungen in der Schrift durch die Erm\u00fcdung zu studiren. \u2014 Die Auffassungsf\u00e4higkeit endlich wurde durch ein neues von Finzi an Gesunden erprobtes Verfahren, bei dem 9 Zahlen oder Buchstaben 10\u201420 g lang exponirt wurden, gepr\u00fcft Die Ergebnisse der an 3 Tagen je 1 Stunde lang angestellten Versuche werden mit R\u00fccksicht auf die demn\u00e4chst erscheinende ausf\u00fchrliche Arbeit Einzi\u2019s nur im Allgemeinen mitgetheilt und bestanden in schlechter Auffassung und Merkf\u00e4higkeit, in grofser Ablenkbarkeit und Erm\u00fcdbarkeit und in geringer Uebungsf\u00e4higkeit. \u2014 Eine Simulation war nach alledem ausgeschlossen.\nWie Verf. selbst zugiebt, ist diese Arbeit nur eine Vorstudie, da sie nur von einem Kranken handelt. Auch giebt er die Mangelhaftigkeit seines Versuchsplanes zu; insbesondere erkennt er die Nothwendigkeit einer gen\u00fcgenden Anzahl von Normalversuchen, um einen \u201epsychischen Status\u201c zu haben, an. Wie n\u00f6thig gerade letzteres ist, zeigt am besten die vorliegende Arbeit: wenn die absoluten Leistungen bei den 21 Gesunden zwischen 2408 uud 775 Additionsaufgaben schwanken, dann ist doch von einer \u201eGesundheitsbreite\u201c keine Rede und kann die Leistung des Pat, mit 618 Aufgaben nicht als pathologisch angesprochen werden. Auch h\u00e4tte sich Verf. bei den entgegengesetzten Ergebnissen \u00fcber die Uebungsf\u00e4higkeit, je nachdem es sich um die Auffassung oder intellectuelle Leistung handelt, nicht so ohne Weiteres beruhigen sollen. Die Wahl der einzelnen psychischen Functionen, welche untersucht wurden, ist \u00fcberhaupt eine etwas willk\u00fcrliche. Warum wird z. B. die Association, Reactionszeit etc. aufser Acht gelassen? Auch ist der Unterschied zwischen intellectueller Leistung und Auffassung kein scharfer und einwandfreier. Ferner giebt ein Vergleich der ersten Viertelstunde des 2. Versuchstages mit der zweiten Viertelstunde des 1. Versuchstages keinen reinen Maafsstab f\u00fcr die Erm\u00fcdung, und zwar nicht, wie Verf. meint, wegen eines theilweisen Verlustes der Uebung vom vorigen Tage, sondern gerade wegen des hierdurch bedingten Uebungszuwachses. Fand doch Verf. selbst noch nach 5 Monaten einen betr\u00e4chtlichen Uebungseinflufs der I. Reihe, die nur 3 Tage umfafste, und einen fast \u00fcbernormalen beim Vergleich der Leistungen des 1. und 2. Versuchstages, dagegen im Laufe des Arbeitens an jedem einzelnen Tage durchgehend eine Abnahme der Leistungen. Sodann ist ein Vergleich der I. ^nd II. Reihe nicht ohne W eiteres statthaft : vielleicht ist die geringere Leistungsf\u00e4higkeit und gr\u00f6fsere Erm\u00fcdbarkeit in der II. Reihe zum Theil dadurch bedingt, dafs diese im August, jene im Februar stattfand. Endlich d\u00fcnkt uns die Anzahl der Versuche noch nicht ausreichend. Trotz all\u2019 dieser M\u00e4ngel erblicken wir aber in der vorliegenden Arbeit einen mit Freuden zu begr\u00fcfsenden \"Versuch, den bisherigen, nichts weniger als wissenschaftlichen \u201epsychischen Status\u201c unserer Krankengeschichten mit exacten Methoden umzugestalten.\tWreschxer (Z\u00fcrich).","page":468}],"identifier":"lit31807","issued":"1900","language":"de","pages":"466-468","startpages":"466","title":"A. Gross: Zur Psychologie der traumatischen Psychose. Kr\u00e4pelin, Psychologische Arbeiten 2 (4), 569-586. 1899","type":"Journal Article","volume":"24"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:29:42.136306+00:00"}