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{"created":"2022-01-31T16:26:54.974151+00:00","id":"lit31808","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Stern, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 23: 117-119","fulltext":[{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberieht.\nW. P. Montague. A Plea for a Soul-Substance (I.). Psych. Rev. 0 (5), 457\u2014476.\n1899.\nDie Annahme einer Seelensubstanz ist noth wendig, um die Verbindung des Mechanischen und des Teleologischen zu begreifen. Das Mechanische wird dabei mit dem Quantitativen und der Materie, das Teleologische mit dem Qualitativen und dem Psychischen gleichgesetzt. Man darf demgegen\u00fcber fragen: Sind die Associationsgesetze teleologisch oder betreffen sie die Materie? Die Schwierigkeit, die der Parallelismus bietet, teleologische Zusammenh\u00e4nge z. B. Denkacte zu erkl\u00e4ren, wird mit Recht hervorgehoben \u2014 doch wird der Parallelismus dabei stets als metaphysische Theorie, nie als bloDse wissenschaftliche H\u00fclfsannahme angesehen. Zum Schlufs werden die logischen Anforderungen an einen wissenschaftlichen Substanzbegriff formulirt. Ihre Erf\u00fcllbarkeit soll iA einem sp\u00e4teren Aufsatze nachgewiesen werden.\tCohn (Freiburg i. B ).\n8t. e. Sharp. Individual Psychology: A Study iu Psychological Method. Amer.\nJourn. of Psychol. 10 (3), 329\u2014391. 1899.\nDie neueren Bestrebungen, eine Psychologie der individuellen Differenzen zu schaffen, sind zum grofsen Theil mit einem Begriff verquickt, der schon fast eine Art legend\u00e4ren Charakters erhalten hat, da er viel besprochen der Potentialit\u00e4t nach, nie zu einer rechten Actualit\u00e4t kommen konnte. Es ist der Begriff der ,mental tests*, die eine Serie von Pr\u00fcfungen oder besser von Stichproben darstellen, durch welche eine psychische Individualit\u00e4t nach mehr oder minder vielseitigen Richtungen hin in m\u00f6glichst einfacher und zeitsparender Weise abgesteckt werden soll. Vorschl\u00e4ge zu mental tests sind von Cattell (1890) bis Binet-Henri (1895) in grofser Zahl gemacht worden. Zu einer eigentlichen durchgef\u00fchrten Erprobung war es aber bisher noch nicht gekommen. In obiger Arbeit liegt nun der erste Versuch dieser Art vor, der, wie schon der Titel besagt, wesentlich mit methodologischen Absichten angestellt war; und wir d\u00fcrfen der Verfasserin dankbar sein, dafs sie uns \u00fcber den Werth dieser differentialpsychologischen Methode aufgekl\u00e4rt hat.\nDie an sieben Studenten und Studentinnen vorgenommenen tests bezogen sich, in theilweise modificirtem Anschlufs an Binet-Henri, vorwiegend *uf intellectuelle Th\u00e4tigkeiten, n\u00e4mlich I. Ged\u00e4chtnifs, II. Vorstellungs-jbilder, HL Einbildungskraft, IV. Aufmerksamkeit, V. Beobachtung (Unter-","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nLiteraturbericht.\nscheidungsverm\u00f6gen) und VI. (\u00e4sthetischen) Geschmack. Eine einzelne Versuchsstunde enthielt in buntem Wechsel Experimente zu allen sechs Problemen, aber eine solche Versuchsstunde wurde (hierdurch unterscheidet sich das SHARp\u2019sche Verfahren vortheilhaft von Binet\u2019s Vorschlag) mehrmals mit \u00e4hnlichen Tests wiederholt. Wir berichten unter Uebergehung der historischen Einleitung kurz \u00fcber die Hauptmethoden und Ergebnisse, soweit sie Erw\u00e4hnung verdienen.\nI.\tGed\u00e4chtnifs. 1. 2. Eine bestimmte Anzahl von Buchstaben, bezw. Zahlen wurde successiv vorgef\u00fchrt; gemessen wurde die Anzahl der Wiederholungen, die n\u00f6thig war, bis die Reihe fehlerlos hergesagt werden konnte. Die Reihenfolge der Personen nach ihrer Lernf\u00e4higkeit war ziemlich dieselbe bei Zahlen wie bei Buchstaben. Die G\u00fcte der Lernf\u00e4higkeit steht nicht in fester Beziehung zu einem besonderen \u201eGed\u00e4chtnifstypus\u201c. 3. Sieben Serien von je sieben unzusammenh\u00e4ngenden Worten wurden vorgelesen. Nach jeder Serie versuchte der Pr\u00fcfling, die Reihe herzusagen; nach Schlufs des Gesammtexperiments mufste er so viel von den 49 Worten wie m\u00f6glich reconstruiren. Im ersten Falle zeigen die Personen, da jetzt Geh\u00f6rseindr\u00fccke das Object des Ged\u00e4chtnisses sind, eine andere Reihenfolge der Ged\u00e4chtnifsg\u00fcte als sub 1. und 2.; im zweiten Falle war dagegen die Folge eine \u00e4hnliche. 4. K\u00fcrzere und l\u00e4ngere S\u00e4tze von verschiedenen Graden der Abstractheit wurden vorgelesen. Aufser der Thatsache, dafs sich bei der Reproduction die Personen wieder nach den Gesichtspunkten der Wortgenauigkeit, Sinngenauigkeit u. s. w. in Rangordnungen bringen liefsen und dafs f\u00fcr eine der Personen die besonders grofse Anzahl der Substitutionen, f\u00fcr eine andere* das grofse Quantum des genau Behaltenen charakteristisch war, sind Ergebnisse nicht zu vermelden.\nII.\tVorstellungsbilder. Die Versuche waren \u00e4hnlich denen, -welche- J. Cohn in dieser Zeitschrift geschildet hat. Ein Schema von zw\u00f6lf Buchstaben wurde eine bestimmte Zeit lang zum Erlernen vorgelegt; sodann wurde aufgegeben, die Buchstaben in ein entsprechendes leeres Schema einzutragen. Aus der Art der Fehler und aus der Selbstbeobachtung der Personen liefs sich Art und Grad des Anschauungstypus (visuell, auditiv, motorisch) erkennen.\nIII.\tEinbildungskraft. 1. Seltsam geformte Tintenklexe wurden vorgelegt. Die Zahl der in 5 Minuten notirten Gegenst\u00e4nde, an welche ein Klex seiner Form nach erinnerte, war ein Index f\u00fcr den Phantasiegrad der Personen ; diese Zahl variirte bei den verschiedenen Individuen zwischen 2,7 und 8,1 pro Klex. Aufserdem theilen sich die Personen in solche, die zusammenhangslose Einzelbilder aufz\u00e4hlen und solche, die in mehr construktiver Weise eine kleine Begebenheit oder Situation hinein-phantasiren. 2. Aufgabe: Aus drei gegebenen Worten so viel S\u00e4tze wie m\u00f6glich zu bilden. Es zeigte sich, dafs die Reihenfolge der Personen ziemlich dieselbe wie beim Klexversuch wrar, dafs ferner Anzahl und Qualit\u00e4t der S\u00e4tze Hand in Hand gingen: wrer die meisten S\u00e4tze machte, machte auch die besten.\nm\nIV.\tAufmerksamkeit. Zehn Linien Text wurden gelesen, einmal ohne St\u00f6rung, in drei weiteren Malen mit der Aufgabe, w\u00e4hrend der Lekt\u00fcre ununterbrochen die Buchstaben aaa, . . . bezw. ababab, * . bezw.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n119\nabcde ... u. s. w. zu schreiben. Gemessen wurde die zum Lesen n\u00f6thige Zeit und die Zahl der geschriebenen Buchstaben. Die Erschwerung der Aufgabe zeigt ganz verschiedene Wirkungen. Bei manchen wird die Lesezeit bedeutend verl\u00e4ngert und eine grofse Zahl Buchstaben producirt; bei anderen pr\u00e4dominirt die prim\u00e4re Th\u00e4tigkeit so, dafs sie, an Zeit wenig wachsend, nur eine geringe Entfaltung der secund\u00e4ren Th\u00e4tigkeit zul\u00e4fst. Die h\u00f6chste Aufmerksamkeitsleistung liegt dort vor, wo sich mit geringster Zeitvermehrung die gr\u00f6fste Zahl geschriebener Buchstaben verbindet.\nV.\tBeobachtung. Photographien von Genrebildern wurden 30 Secnnden lang vorgelegt und dann vom Pr\u00fcfling beschrieben. Die Detail-lirung der Beschreibung, die Tendenz, trocken aufzuz\u00e4hlen oder zusammen* h\u00e4ngend zu schildern und manches andere wurde zur Charakteristik der ludividuen benutzt. Ein Versuch, diese in die von Binet aufgestellten \u201etypes de description\u201c einzuordnen, wurde nicht gemacht.\nVI.\t\u201eAesthetische\u201c Tests. Inwiefern die Aufgaben, zu 12 Gem\u00e4lden Namen und Maler zu nennen, 5 Minuten lang bekannte Sculptur-werke oder bekannte Componisten aufzuz\u00e4hlen, oder die Verfasser vorgelesener Literaturfragmente zu errathen \u2014 ein Bild von dem \u00e4sthetischen Geschmack des Pr\u00fcflings geben sollen, ist mir nicht verst\u00e4ndlich geworden.\nDie Verfasserin ist sich der Ergebnifskargkeit ihrer \u201eteste\u201c bewufst, glaubt aber trotzdem, von der Ausbildung dieser Methode das Heil f\u00fcr die \u201eIndividual-Psychologie\u201c erwarten zu d\u00fcrfen. Wir aber m\u00f6chten viel eher di\u00ab Folgerung ziehen, dafs die Testmethode heute \u2014 und noch f\u00fcr lange Zeit hinaus \u2014 \u00fcberhaupt nicht empfehlenswerth ist. Wir sind nun einmal noch nicht so weit, dafs wir durch combinirte Pr\u00fcfung einer ganzen Beihe seelischer Functionen psychische Conterfeie liefern k\u00f6nnten; wir m\u00fcssen vielmehr, um in der differentiellen Psychologie weiter zu kommen, vorl\u00e4ufig darauf das Hauptaugenmerk richten, die einzelnen seelischen Functionen in ihren Differenziirungsformen und Variet\u00e4tenbildungen gesondert zu untersuchen. Hierbei werden wir allerdings (worin Binet und Sharp recht haben) nicht so sehr die einfachen Elemente als die h\u00f6heren und complexeren Th\u00e4tigkeiten des Seelenlebens ber\u00fccksichtigen m\u00fcssen.\tW. Stern (Breslau).\nF. Haxspaul. Die Seelentheorie and die Gesetxe des nat\u00fcrlichen Egoismus and der Anpassung. Berlin, Dunker, 1899. 292 S.\nDas interessant geschriebene Buch f\u00fchrt uns in alle m\u00f6glichen Gebiete des Lebens und Wissens und zeigt sie uns im Lichte des extremsten Materialismus. Unter den speciellen Ueberschriften der einzelnen Abschnitte heben wir hervor: Einflufs der Umgebung auf die organischen Wesen. Einflufs der Sprache auf die Entwickelung des Menschen. Nachweis der mechanischen Natur aller menschlichen Handlungen. K\u00f6rperliches Functioniren des Willens, der Vernunft, des Verstandes. Der nat\u00fcrliche \u2022Egoismus als Regulator aller menschlichen Handlungen, sein Einflufs auf das Entstehen und die Gestaltung der Gesellschaft, auf die Entstehung der Moral und des Rechts. Unhaltbarkeit der heutigen Heelentheorie. -Unzur","page":119}],"identifier":"lit31808","issued":"1900","language":"de","pages":"117-119","startpages":"117","title":"St. E. Sharp: Individual Psychology: A study in Psychological Method. Amer. Journ. of Psychol. 10 (3), 329-391. 1899","type":"Journal Article","volume":"23"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:26:54.974157+00:00"}