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{"created":"2022-01-31T16:27:08.722820+00:00","id":"lit31809","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 23: 119-120","fulltext":[{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n119\nabcde ... u. s. w. zu schreiben. Gemessen wurde die zum Lesen n\u00f6thige Zeit und die Zahl der geschriebenen Buchstaben. Die Erschwerung der Aufgabe zeigt ganz verschiedene Wirkungen. Bei manchen wird die Lesezeit bedeutend verl\u00e4ngert und eine grofse Zahl Buchstaben producirt; bei anderen pr\u00e4dominirt die prim\u00e4re Th\u00e4tigkeit so, dafs sie, an Zeit wenig wachsend, nur eine geringe Entfaltung der secund\u00e4ren Th\u00e4tigkeit zul\u00e4fst. Die h\u00f6chste Aufmerksamkeitsleistung liegt dort vor, wo sich mit geringster Zeitvermehrung die gr\u00f6fste Zahl geschriebener Buchstaben verbindet.\nV.\tBeobachtung. Photographien von Genrebildern wurden 30 Secnnden lang vorgelegt und dann vom Pr\u00fcfling beschrieben. Die Detail-lirung der Beschreibung, die Tendenz, trocken aufzuz\u00e4hlen oder zusammen* h\u00e4ngend zu schildern und manches andere wurde zur Charakteristik der ludividuen benutzt. Ein Versuch, diese in die von Binet aufgestellten \u201etypes de description\u201c einzuordnen, wurde nicht gemacht.\nVI.\t\u201eAesthetische\u201c Tests. Inwiefern die Aufgaben, zu 12 Gem\u00e4lden Namen und Maler zu nennen, 5 Minuten lang bekannte Sculptur-werke oder bekannte Componisten aufzuz\u00e4hlen, oder die Verfasser vorgelesener Literaturfragmente zu errathen \u2014 ein Bild von dem \u00e4sthetischen Geschmack des Pr\u00fcflings geben sollen, ist mir nicht verst\u00e4ndlich geworden.\nDie Verfasserin ist sich der Ergebnifskargkeit ihrer \u201eteste\u201c bewufst, glaubt aber trotzdem, von der Ausbildung dieser Methode das Heil f\u00fcr die \u201eIndividual-Psychologie\u201c erwarten zu d\u00fcrfen. Wir aber m\u00f6chten viel eher di\u00ab Folgerung ziehen, dafs die Testmethode heute \u2014 und noch f\u00fcr lange Zeit hinaus \u2014 \u00fcberhaupt nicht empfehlenswerth ist. Wir sind nun einmal noch nicht so weit, dafs wir durch combinirte Pr\u00fcfung einer ganzen Beihe seelischer Functionen psychische Conterfeie liefern k\u00f6nnten; wir m\u00fcssen vielmehr, um in der differentiellen Psychologie weiter zu kommen, vorl\u00e4ufig darauf das Hauptaugenmerk richten, die einzelnen seelischen Functionen in ihren Differenziirungsformen und Variet\u00e4tenbildungen gesondert zu untersuchen. Hierbei werden wir allerdings (worin Binet und Sharp recht haben) nicht so sehr die einfachen Elemente als die h\u00f6heren und complexeren Th\u00e4tigkeiten des Seelenlebens ber\u00fccksichtigen m\u00fcssen.\tW. Stern (Breslau).\nF. Haxspaul. Die Seelentheorie and die Gesetxe des nat\u00fcrlichen Egoismus and der Anpassung. Berlin, Dunker, 1899. 292 S.\nDas interessant geschriebene Buch f\u00fchrt uns in alle m\u00f6glichen Gebiete des Lebens und Wissens und zeigt sie uns im Lichte des extremsten Materialismus. Unter den speciellen Ueberschriften der einzelnen Abschnitte heben wir hervor: Einflufs der Umgebung auf die organischen Wesen. Einflufs der Sprache auf die Entwickelung des Menschen. Nachweis der mechanischen Natur aller menschlichen Handlungen. K\u00f6rperliches Functioniren des Willens, der Vernunft, des Verstandes. Der nat\u00fcrliche \u2022Egoismus als Regulator aller menschlichen Handlungen, sein Einflufs auf das Entstehen und die Gestaltung der Gesellschaft, auf die Entstehung der Moral und des Rechts. Unhaltbarkeit der heutigen Heelentheorie. -Unzur","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ce20\nIAteralurbericht.\nl\u00e4nglichkeit der DARWiij\u2019schen Lehre allein zur Erkl\u00e4rung des Entstehens der Arten.\nEinige der von H. aufgestellten S\u00e4tze sind folgende: Die F\u00e4higkeit, mit abstracten Begriffen zu arbeiten ist dem Menschen anerzogen, nicht angeboren. (S. 10). Das Verhalten von Mensch und Thier ist in jedem Falle nur die Wirkung eines sich abspielenden chemisch-physiologischen Processes (S. 13). Freude und Schmerz sind rein k\u00f6rperlicher Natur (S. 24). Die Erziehung wirkt nicht auf eine Seele ein, sondern auf den K\u00f6rper. Denn nur dieser, nicht aber eine Seele ist der allm\u00e4hlichen Entwickelung bed\u00fcrftig und f\u00e4hig (S. 34). Alle unsere Handlungen sind stets nur secund\u00e4r, niemals prim\u00e4r d. h. niemals von uns selbst direct veranlagt und vollzogen, sondern der prim\u00e4re Anlafs zu denselben liegt in den sie erzwingenden Umgebungen (8. 46). Es ist ungerechtfertigt, die planm\u00e4fsigen Handlungen des Menschen auf den Verstand als einen Bestandtheil der Seele zur\u00fcckzuf\u00fchren (S. 52). Thier und Pflanze denken auch ohne Sprache ganz gleich d. h. es denkt keine von ihnen, falls man mit dem Worte denken eine seelische Th\u00e4tigkeit bezeichnen will, sondern sie empfinden alle k\u00f6rperlich die Einwirkung der betreffenden Umgebung und passen sich, wenigstens einmal afficirt, derselben an. Da es \u00fcberhaupt ein Denken nicht giebt, so kann dasselbe auch nicht durch die Sprache erm\u00f6glicht werden (S. 76) u. s. w.\nIn solchen und \u00e4hnlichen Behauptungen geht Verf. zu weit, und wir Psychologen k\u00f6nnen sie nicht unterschreiben. Es zeigt sich hier wieder einmal, was der Philosoph Lange gesagt hat, dafs n\u00e4mlich der Materialismus als Methode und Forschungsmaxime n\u00fctzlich und unentbehrlich, aber als Princip, System, Weltanschauung unfruchtbar und unhaltbar ist.\nGncs\u00dfLRR (Erfurt).\nF. Rauh. De la m\u00e9thode dans la psychologie des sentiments. Paris, Alcan, 1899. 307 S.\nDarf man ein Buch systematisch referiren, das den Systemgeist in der Psychologie bek\u00e4mpft, ihn durch eine mannigfaltige Anwendung aller denkbaren Methoden und Gesichtspunkte ersetzen m\u00f6chte, und selbst ein Beispiel dieser frei-geistreichen Behandlungsart ist? Thut man damit seinem Verfasser nicht Unrecht, welchem man doch f\u00fcr eine h\u00f6chst anziehende Lekt\u00fcre, f\u00fcr vielseitige Anregungen zum Nachdenken, f\u00fcr eine F\u00fclle feiner Beobachtungen und Einzelbemerkungen zu grofsem Danke verpflichtet ist? In der That ist zu f\u00fcrchten, dafs auf diese Weise die Schw\u00e4chen des Werkes \u2014 darunter vielleicht solche, die ganz in der Absicht des Vert\u2019s liegen \u2014 ungeb\u00fchrlich vortreten und einen falschen Gesammteindruck zur\u00fccklassen. Darum sei im Voraus erkl\u00e4rt, dafs aufser den schon erw\u00e4hnten Verdiensten, welche sich als lebensvoller, im besten Sinne franz\u00f6sisch beweglicher Geist zusammenfassen lassen, das vorliegende Buch auch durch eine sehr ausgebreitete und gr\u00fcndliche Benutzung der einschlagenden Literatur aus* gezeichnet ist. Wie der Zweck des Verf.\u2019s das mit sich bringt, wird die Literatur vielfach als Gegenstand entschiedener Polemik eingef\u00fchrt, aber der Ton dieser Polemik ist stets von wohlthuender Urbanit\u00e4t und Sachlichkeit.","page":120}],"identifier":"lit31809","issued":"1900","language":"de","pages":"119-120","startpages":"119","title":"F. Hanspaul: Die Seelentheorie und die Gesetze des nat\u00fcrlichen Egoismus und der Anpassung. Berlin, Dunker, 1899. 292 S","type":"Journal Article","volume":"23"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:27:08.722825+00:00"}