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{"created":"2022-01-31T16:27:35.904190+00:00","id":"lit31814","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pelman","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 23: 152-153","fulltext":[{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nLiteraturbericht.\nbestanden; nach vier Jahren war das Erscheinen dieser zweiten Auflage n\u00f6thig.\nDa der Preis f\u00fcr das gleich den anderen Atlanten gut ausgestattete Buch ein auffallend geringer ist, so kann man dem Buche getrost eine g\u00fcnstige Aufnahme und weitere Verbreitung Voraussagen.\nEbbst Schultze (Andernach).\nEmil Kr\u00e4pelin. Die psychiatrischen Aufgaben des Staates. Jena, Gustav\nFischer, 1900. 52 S.\nDas Irrenwesen interessirt die weitere Allgemeinheit, indem der Geisteskranke nicht nur eine Gefahr f\u00fcr sich oder seine Umgebung bedeutet, sondern auch als h\u00fclflose Person eines Schutzes und einer F\u00fcrsorge bedarf.\nEs ist daher berechtigt, die Frage aufzuwerfen : Welche Aufgaben erwachsen der Oeffentlichkeit aus dieser eigenartigen Stellung der geistig kranken Personen? Die Antwort auf diese Frage giebt nun K. in der vorliegenden Arbeit, die weit \u00fcber den Kreis der Irren\u00e4rzte hinaus sich auch an die wendet, \u201edie durch Beruf oder Neigung Anlafs haben, sich mit den \u00f6ffentlichen Aufgaben der Irrenf\u00fcrsorge zu besch\u00e4ftigen\u201c.\nAuch hier gilt der Satz, dafs die Verh\u00fctung mehr Erfolg verspricht als die Behandlung der schon ausgebrochenen Krankheit; von diesem Gesichtspunkt aus bespricht K. kurz die Bedeutung der Trunksucht und der Lues. Er hebt ausdr\u00fccklich hervor, dafs die Anstalten, in denen unbemittelte Geisteskranke, auch Epileptiker, Idioten, Trinker untergebracht werden, welche mehr oder weniger einer Freiheitsbeschr\u00e4nkung bed\u00fcrfen, nur vom Staat versorgt werden sollen.\nIn anziehender Weise er\u00f6rtert er die Bedeutung der heute noch zn wenig gew\u00fcrdigten Stadtasyle, einzelne Fragen aus der Irrengesetzgebung (vor allem die Voraussetzungen f\u00fcr die Annahme der Nothwendigkeit einer Anstaltsbehandlung, das Aufnahme- und das Entlassungsverfahren), das Verh\u00e4ltnifs von Irrenkliniken zu Irrenanstalten und die Stellung der Irren\u00e4rzte. B\u00fcckhaltslos deckt er die Sch\u00e4den und M\u00e4ngel auf, die ihm hierbei aufgestofsen sind. Und dafs solche in der That bestehen, dafs nicht alles in der Irrenf\u00fcrsorge vollkommen ist, das weife Niemand besser als der Irrenarzt selber. An ihm allein liegt es aber auch sicherlich nicht, wenn die w\u00fcnschenswerthe Besserung noch nicht eingetreten ist. Eine solche vermag nicht zum Wenigsten zu erzielen die \u201eHeranziehung und Erhaltung eines t\u00fcchtigen und zuverl\u00e4ssigen irren\u00e4rztlichen Standes\u201c.\nEbnst Schultze (Andernach).\nKnaubb. Die Fision im Lichte der Culturgeschichte \u2014 Der D\u00e4mon des Sokrates. Eine natnrgeschichtlich-psychi&trischeStndie. Leipzig, Verlag v.W. Friedrich.\n222 S.\nDer Verf. spricht in der Vorrede die Hoffnung auB, dafs die kleine Arbeit draufsen im Gew\u00fchle der menschlichen Th\u00e4tigkeit nur einen Theil der Anregung schaffen m\u00f6ge, den ihm, von seinem Gesichtspunkte aus, das Studium gew\u00e4hrt habe, und er sucht einer sch\u00e4rferen Kritik von vornherein dadurch die Spitze abzubrechen, dafs er weder Anspruch auf Voll-","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht\n153\nkommenheit in der Behandlung des Stoffes, noch in der cnlturellen Cha-rakterisirung der einzelnen Zeitl\u00e4ufe erheben will.\nUnd in der That sind es Lesefr\u00fcchte, die uns der Verf. hier vorsetzt, Lesefr\u00fcchte in der Art des mehrfach von ihm angef\u00fchrten Aulus Gellius, die auch das mit einander gemeinsam haben, dafs bei beiden die Kritik eine ziemlich bescheidene Bolle spielt.\nDenn bei aller Achtung vor dem Kiesenfleifse Lombroso\u2019s, vor dem dichterischen Genius eines Schiller und auch Jean Paul\u2019s, so wird man sie doch wohl kaum als historische Quellen gelten lassen, und ob dies bei Stracxe\u2019b deutscher Geschichte in h\u00f6herem Maafse der Fall ist, w\u00e4re auch erat zu beweisen.\nBei einem Stoffe aber, wo die Legende so ganz und gar allm\u00e4chtig ist, w\u00e4re ein K\u00f6rnchen kritischen Geistes sicherlich an seinem Platze ge* wesen, und manche Vision w\u00fcrde vor ihm in ihr Nichts zur\u00fcckgesunken sein. Aehnlich verh\u00e4lt es sich mit dem D\u00e4mon des Sokrates, da Knauer zuzugeben geneigt ist, dafs Sokrates an Trugwahrnehmungen mehrerer Sinne gelitten habe.\nSind wir zu dieser Annahme berechtigt? Alles was wir davon wissen, wissen wir aus den Mittheilungen Xenophon\u2019s und Plato\u2019s. Beide aber geben nur ihre eigene Ansicht und nicht die des Sokrates, und beide sind in ihrer Ansicht nicht einig. Plato speciell ist Dichter und Philosoph, und Sokrates sagt selber von ihm: dieser junge Mann l\u00e4fst mich eine Menge Dinge sagen, die ich nie gesagt habe.\nSokrates nennt seinen D\u00e4mon eine innere Stimme, das gewohnte Zeichen, das ihm den Willen der G\u00f6tter offenbare. Aber nichts zwingt uns, in diesem Zeichen eine wirkliche Hallucination, oder gar eine Vision zu sehen. Sokrates sucht als Kind seiner Zeit seine innere geniale Kraft der Combination, sein ihm selber als \u00fcbernat\u00fcrlich imponirendes Wissen als eine h\u00f6here Offenbarung, als etwas G\u00f6ttliches zu erkl\u00e4ren.\nWeit williger folgen wir dem Verfasser auf seinen Spazierg\u00e4ngen durch die Poesie, obwohl wir auch hier nicht \u00fcberall mit ihm einverstanden sind. Dafs Daudet\u2019s unsterblichste Sch\u00f6pfung, der ber\u00fchmte Tartarin, die Verk\u00f6rperung des S\u00fcdfranzosen, geistesschwach sein soll, will uns ebenso wenig in den Kopf, wie wir aus der Unterredung Hamlet\u2019s mit Polonius (Akt 3.2) zu der Anschauung gelangen k\u00f6nnen, dafs Hamlet offenbar Illusionen des Gesichtssinnes gehabt habe, und dafs in dieser Schilderung, die ein Cabinetsst\u00fcck der Verstellung ist, eine Illusion enthalten sei.\nWeshalb der Verf. an einigen Stellen eine Uebersetzung der lateinischen Texte giebt, an anderen nicht, w\u00e4hrend er die ungleich schwierigeren griechischen Citate un\u00fcbersetzt gelassen hat, ist nicht recht erfindlich.\nVielleicht stellt er hier bei Gelegenheit einer sp\u00e4teren Ausgabe eine Gleichheit her, und zu demselben Zwecke m\u00f6chte ich ihn auf das viel* besprochene Amulet Pascal's aufmerksam machen, sowie darauf, dafs Swedenborg wirklich geisteskrank gewesen ist. (Maudsley, J. of Ment. Sc. 15.)\nDafs das Buch der Hoffnung des Verf.\u2019s entsprechend, auch so wie es ist, nach mancher Seite hin Anregung und Genufs bringen wird, ist bei dem Vielen, was es bringt, gewifs.\tPelmak.","page":153}],"identifier":"lit31814","issued":"1900","language":"de","pages":"152-153","startpages":"152","title":"Knauer: Die Vision im Lichte der Culturgeschichte. - Der D\u00e4mon des Sokrates. Eine naturgeschichtlich- psychiatrische Studie. Leipzig, Verlag v. W. Friedrich. 222 S","type":"Journal Article","volume":"23"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:27:35.904195+00:00"}