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{"created":"2022-01-31T16:25:14.546229+00:00","id":"lit31848","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Saxinger","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 23: 235-236","fulltext":[{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n235\nDie Er\u00f6rterung des wechselseitigen Verh\u00e4ltnisses der drei Erscheinungsformen des Gewissens giebt dem Verf. Gelegenheit, die Bedingungen der Entstehung und Entwickelung des Gewissens im Einzelwesen n\u00e4her zu beleuchten. Der Verf. geht von der Frage aus, ob das individuelle Gewissen als angeboren oder als Erzeugnifs der Lebenserfahrungen zu betrachten sei. Er entscheidet dahin, dafs Gef\u00fchlsdispositionen, nicht aber inhaltliche Pflichtvorstellungen als angeboren zu denken sind. Der Verf. zeigt sodann, wie die sittlichen Anschauungen der Gemeinschaft dem sich entwickelnden Einzelwesen in den autoritativen Geboten und Verboten des Erziehers nahe gebracht werden, und wie diese sittlichen Begriffe der Gemeinschaft aus dem Zusammenwirken mehrerer Factoren entstehen. An-achliefsend weist der Verf. nach, dafs vom Einzelwesen nicht blos die luJheren Bestimmungen der \u00f6ffentlichen Sittlichkeit, sondern zugleich die darin lebendigen Momente der Kritik und positiven Weiterentwickelung aofgenommen werden. Die urspr\u00fcngliche Forderung des individuellen Ge Wissens, in unserem Handeln mit dem gegenw\u00e4rtigen Pflichtbegriff zu-sammenzu8timmen, wird sich mehr und mehr dahin specificiren : mit der eigenen ethischen Einsicht zusammenzustimmen. So deutet die Gewissensforderung \u00fcber alle durch \u00e4ufsere Autorit\u00e4t gest\u00fctzten Pflichtvorstellungen hinaus und verlegt den obersten Gerichtshof, der \u00fcber gut und b\u00f6se zu entscheiden hati in unsere eigene Ueberzeugung.\nDer Verf. erw\u00e4hnt im Laufe der Darstellung mehrfach der Monographie von Paul R\u00e9e \u00fcber die Entstehung des Gewissens.\nDie zweite Abhandlung giebt den Text eines Vortrages wieder, den der Verf. in London im Deutschen Verein f\u00fcr Kunst u. Wissenschaft (German Athenaeum) gehalten hat. Der Verf. beleuchtet die Entwickelung und Ausbildung des Gewissens im Individuum vom juristischen Standpunkt und er\u00f6rtert die damit im Zusammenhang stehenden Fragen der Function, der Verkehrung, der Autorit\u00e4t und der Wandlung des Gewissens. Erw\u00e4hnenswerth sind insbesondere die Ausf\u00fchrungen \u00fcber die Erscheinungen des verkehrten Gewissens. Die Verkehrung des Gewissens besteht darin, dafs dasselbe gute Handlungen als schlecht und schlechte als gut bezeichnet. Das Problem des verkehrten Gewissens ist f\u00fcr das Strafrecht von grofser Bedeutung, weil die Frage entsteht, ob wir f\u00fcr Handlungen, die aus einem verkehrten Gewissen entspringen, verantwortlich sind. Nach der Ansicht des Verf.\u2019s haben wir die Verkehrung des Gewissens zu verantworten, weil unsere Vernunft die Ausspr\u00fcche des Gewissens zu controliren vermag. Damit wird ein Problem ber\u00fchrt, welches nicht blos f\u00fcr den Juristen, sondern auch f\u00fcr den Psychologen von Interesse ist. Was die Auffassung der psychologischen Natur des Gewissens anbelangt, so schliefst sich der Verf. an das Buch von Elsenhans, \u201eWesen und Entstehung des Gewissens, eine Psychologie der Ethik\u201c, an.\tSaxinger (Linz).\nJ. Rehkke. Trieb und Wille im menschlichen Handeln. Rein's \u201eEncyklop\u00e4dischcs Handbuch der P\u00e4dagogik\u201c. 1899.\nDer Begriff \u201eHandeln\u201c f\u00e4llt unter den allgemeinen Begriff \u201eTh\u00e4tig-keit\u201c und bedeutet ein Wirken der Seele, d. i. ein Bedingungsein der Seele f\u00fcr das Auftreten einer Ver\u00e4nderung an einem anderen Einzelwesen.","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nLiteraturberich t.\nDa die M\u00f6glichkeit eines Wirkens der Seele zagegeben werden mais, so ist die psychologische Betrachtung gen\u00f6thigt, auf die Unterscheidung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Wirkung der Seele einzugehen. Bezeichnet \u201eHandlung\u201c die Ver\u00e4nderung, die als Wirkung auftritt, so giebt es nur eine Art von Handlungen, die als unmittelbare Wirkungen hingestellt werden k\u00f6nnen, n\u00e4mlich die Wirkungen der Seele im Gehirn. Die Gehimver\u00e4nderungen sind nun unbewusste Handlungen. Bewulstes und unbewufstes Handeln deckt sich nicht immer mit bewufster und unbewusster Handlung. Die Seele kann sich ihres Handelns nicht bewufst sein, w\u00e4hrend -sie sich doch der Ver\u00e4nderung, welche als die Wirkung der handelnden Seele auftritt, bewuSst ist. Bewulstes Handeln und bewuSste Handlung liegt bei den sogenannten willk\u00fcrlichen Leibesbewegungen vor. \u201eWillk\u00fcrliche Handlung\u201c heifst die Wirkung der Seele, die vorher schon von der wollenden Seele vorgestellt, deren WillenBinhalt oder Zweck also schon vorher gewesen ist. Als \u201ewillk\u00fcrliches Handeln\u201c ist jenes zu bezeichnen, welches seinen Grund in der Wollen genannten Bewufstseinsbestimmtheit hat. Das unbewufste Handeln ist unwillk\u00fcrliches Handeln, und die be-wufste Handlung, die zu dem unbewufsten Handeln geh\u00f6rt, ist eine unwillk\u00fcrliche Handlung. Es giebt also bewufste willk\u00fcrliche und bewufete unwillk\u00fcrliche Handlungen. Ebenso sind auseinanderzuhalten das bewufste willk\u00fcrliche und das bewufste unwillk\u00fcrliche Handeln der Seele; letzteres ist das \u201etriebm\u00e4fsige Handeln\u201c.\nDer Verf. er\u00f6rtert sodann eingehend die Begriffe \u201eWillenshandlung\u201c und \u201eTriebhandlung\u201c und zeigt, dafs unter \u201eTrieb\u201c das Zusammen von gegenst\u00e4ndlicher und zust\u00e4ndlicher Bewufstseinsbestimmtheit, verbunden mit einer von ihnen erst hervorgerufenen bestimmten Empfindung (Muskelempfindung), zu verstehen sei.\nDem Aufsatze sind zwei Tafeln beigegeben, auf welchen das Handeln bezw. die Handlungen der Seele schematisch dargestellt sind.\n____________ Saxinoeb (Linz).\nWind scheid. Pathologie u\u00bbd Therapie der Erkrankungen des peripherisch\u00ab! VervensySterns. Leipzig, Naumann, 1899. 244 S.\nAuf das kleine Compendium sei nur kurz hingewiesen, um es allen Denen zu empfehlen, die sich rasch \u00fcber eine in das genannte Capitol geh\u00f6rende Frage orientiren wollen. Das kleine Buch enth\u00e4lt kurz gedr\u00e4ngt anscheinend Alles, was sich \u00fcber das grofse Gebiet der Erkrankungen der peripheren Nerven sagen l\u00e4fst, allerdings ohne auf Literatur und theoretische Auseinandersetzungen n\u00e4her einzugehen.\tUmpfenbach.\nvon Schbenck-Notzino. Psychotherapie (Suggestion, Snggestivtherapie). Eolbh* bubo Real-Encyclop\u00e4die der gemmmten Heilkunde 19, 532\u2014674. 3. Aufl. 1898.\nEine systematische Physiologie der psychogenen k\u00f6rperlichen Erscheinungen, die der Psychotherapie als Grundlage dienen k\u00f6nnte, giebt es bis heute noch nicht; was uns aber dar\u00fcber bekannt ist, inwiefern Vorstellungen, Gem\u00fcthsbewegungen und Willensacte motorische, vasomotorische, secretorische, trophische Functionen, sei es nun hemmend oder f\u00f6rdernd . beeinflussen k\u00f6nnen, das f\u00fchrt Verf. kurz an.","page":236}],"identifier":"lit31848","issued":"1900","language":"de","pages":"235-236","startpages":"235","title":"J. Rehmke: Trieb und Wille im menschlichen Handeln. Rein' s \"Encyklop\u00e4disches Handbuch der P\u00e4dagogik\". 1899","type":"Journal Article","volume":"23"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:25:14.546234+00:00"}