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{"created":"2022-01-31T16:22:49.357111+00:00","id":"lit31852","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Gaupp","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 23: 239-240","fulltext":[{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberich t\n239\nspricht sich Verl, von der Einf\u00fchrung einer zwangsweisen Versorgung Schwachsinniger; bis dahin hat es aber auch noch lange Weile trotz unserer gesetzeslustigen Zeit.\nDie Schrift kann Eltern und Lehrern, die mit Schwachsinnigen zu thun haben, warm empfohlen werden. Verf. hat offenbar Gelegenheit gehabt, Vielerlei zu sehen, und dar\u00fcber erstattet er in anregender Weise Bericht; er macht viele treffende Bemerkungen, giebt gut Beobachtungen wieder und bringt das Alles in einem frischen, urw\u00fcchsigen, der Originalit\u00e4t nicht entbehrenden Tone wieder. Zum Theil mag das daran liegen, dafs Verf. nicht Fachmann im strengsten Sinne des Wortes ist, und das erkl\u00e4rt auch, dafs sich mit einzelnen seiner Anschauungen die Psychiater nicht recht einverstanden erkl\u00e4ren werden. Indefs verf\u00fcgt V. \u00fcber einen klaren, praktischen Blick, und vor Allem merkt man ihm auf jeder Seite an, er hat ein warmes Herz f\u00fcr die Schwachsinnigen. Die Eltern schwachsinniger Kinder werden schon allein durch die beiden letzten S\u00e4tze der Arbeit f\u00fcr den Verf. eingenommen werden; denn sie lauten:\nEs ist keine Ehre, gescheite, und es ist keine Schande, dumme Kinder zu haben.\nDas ist nur Gl\u00fcck oder Ungl\u00fcck. Ebnst Schtiltze (Andernaeh).\nW. Uhthoff. Beitr\u00e4ge in den Gesichtst\u00e4uschungen (H&llncinationen, Illusionen etc.) bei Erknnkungen des Sehorgans. Monatsschr. f. Psychiatrie u. Neurologie 5, 241 ff. u. 370 ff. 1899.\nDie Psychiatrie nimmt bekanntlich heute an, dafs bei den Geisteskrankheiten die Sinnest\u00e4uschungen einer Ver\u00e4nderung im Gehirn ihre Entstehung verdanken, w\u00e4hrend das Sinnesorgan selbst unver\u00e4ndert ist; nur selten sollen Ver\u00e4nderungen des peripheren Organs als ausl\u00f6sende Factoren mitwirken. Auch f\u00fcr die Gesichtst\u00e4uschungen Nichtgeisteskranker gilt diese Lehre. Die meisten Erkrankungen des Sehorgans f\u00fchren niemals zu Sinnest\u00e4uschungen, und wenn solche doch einmal Vorkommen, so ist die Erkrankung des Sinnesorgans nur eine ausl\u00f6sende Ursache, w\u00e4hrend die der Hallucination zu Grund liegende k\u00f6rperliche Ver\u00e4nderung auch in solchen F\u00e4llen im Grofshirn zu suchen ist. Uhthoff hat nun in der vorliegenden Abhandlung einen werthvollen Beitrag zu der Kategorie von Fallen gebracht, bei welchen Erkrankungen des Sinnesorgans Gesichtst\u00e4uschungen ausl\u00f6sten. Er giebt sieben Krankengeschichten. In drei F\u00e4llen handelt es sich um das Auftreten von Gesichtst\u00e4uschungen bei peripherer intraocularer Erkrankung des Auges und entoptischer Wahrnehmbarkeit der dadurch gesetzten Sehst\u00f6rungen. (Chorioiditis centralis, Anophthalmus ex enucleatione und sympathische Ophthalmie mit Tr\u00fcbung der brechenden Medien.) Der zweite dieser F\u00e4lle zeigt deutlich den Ueber-gang von Illusionen (Deutung der Glask\u00f6rpertr\u00fcbungen als V\u00f6gel) in Hallu-cinationen. Fall 4 schildert die Entstehung von Visionen bei hochgradiger 8ehst\u00f6rung in Folge von neuritischer Sehnervenatrophie mit Erhaltung von nur kleinen excentrisch nach aufsen gelegenen Gesichtsfeldpartien. In Fall 5 handelt es sich um einen durch Opticusatrophie blind gewordenen Tabiker, der massenhafte Gesichtst\u00e4uschungen hatte (z. B. Palmengarten","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nLiteraturber\u00eecht.\nmit rosiger Beleuchtung* Gesicht mit langer Nase* Hunde, Specereiladen, blauweifs carrirte Bez\u00fcge etc.). Besonders interessant sind die hemi-anopischen Gesiehtshallucinationen (Fall 6.U., 7). Diese treten in den defecten Gesichtsfeldh\u00e4lften auf. Im Anschlufs hieran theilt TJhthofp noch zwei F\u00e4lle mit* die andere, aber verwandte Erscheinungen boten. In Fall 8 h\u00e4ndelt es sich um eine apoplektiform entstandene linksseitige Hemianopsie, bei der anfallsweise eigenth\u00fcmliche Seh- und Orientirungsst\u00f6rungen und vor\u00fcbergehend Verlust der optischen Erinnerungsbilder auftrat. Fall 9 endlich schildert doppelseitige totale Erblindung durch Netzhautabl\u00f6sung (mit Mangel der Lichtempfindung der Netzh\u00e4ute), wobei jahrelang bestehende qu\u00e4lende, grelle subjective Lichterscheinungen Anfangs inter-mittirend, sp\u00e4ter ziemlich continuirlich auftreten.\nMit Hecht warnt Uhthoff in seinen Schlufsbemerkungen davor, bei Hallucinationen jede pathologische Ver\u00e4nderung des peripheren Sehorgans als \u00e4tiologisch bedeutsam anzusehen. Er betont ferner, dafs einseitige Ge-siehtshallueinationen zweifellos Vorkommen und dafs speciell ihnen relativ h\u00e4ufig, wenn auch keineswegs immer, eine periphere Augenver\u00e4nderung zu Grunde liege. Wichtig ist, dafs bei allen Beobachtungen IThthoff\u2019s der Inhalt der Gesichtshallucinationen von den Gedanken und Vorstellungen des Kranken unabh\u00e4ngig war, bestimmte Hallucinationen willk\u00fcrlich nicht hervorgerufen werden konnten. Die Patienten hatten das BewufStsein von der Nichtrealit\u00e4t ihrer Hallucinationen; sie kamen zu dieser Erkenntnifs durch Urtheil und Ueberlegung. Meist konnten die hallucinirten Objecte von den wirklichen an bestimmten Merkmalen unterschieden werden. Bei hemianopischen Hallucinationen besteht der Inhalt aus ganzen, nicht aus halbirten Erscheinungen.\tGaupp (Breslau).","page":240}],"identifier":"lit31852","issued":"1900","language":"de","pages":"239-240","startpages":"239","title":"W. Uhthoff: Beitr\u00e4ge zu den Gesichtst\u00e4uschungen (Hallucinationen, Illusionen etc.) bei Erkrankungen des Sehorgans. Monatschr. f. Psychiatrie u. Neurologie 5, 241ff u. 370ff. 1899","type":"Journal Article","volume":"23"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:22:49.357117+00:00"}