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{"created":"2022-01-31T15:23:30.753233+00:00","id":"lit31866","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Umpfenbach","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 23: 318-319","fulltext":[{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nLiteraturbericht.\nt\u00f6nen angestellt, welche nicht nach ihren musikalischen Namen, sondern nach ihrer Schwingungsanzahl benannt wurden. Zuerst wurden nur wenige Tonh\u00f6hen und grofse Intervalle genommen, 10 T\u00f6ne im Intervall von Sexten, dann 20, welche um eine grofse Terz, schliefslich 39, die nur um einen Ganzton von einander entfernt waren. Bei diesen letzten Versuchen verzeichneten die Beobachter immer noch 60\u00b0/0 richtiger Urtheile und Fehler, die nur selten mehr als einen Ganzton betrugen. Aus diesen Versuchen schliefst M.. dafs das Ged\u00e4chtnifs f\u00fcr absolute Tonh\u00f6hen zu bessern ist und dafs nur ein quantitativer, nicht qualitativer Unterschied bei den verschiedenen Individuen besteht.\nDie F\u00e4higkeit, wrelche v. Kries das absolute Geh\u00f6r nennt und welche von Musikern meist mit dem ebenfalls unzureichenden Namen absolutes Tonbewufstsein\u201c bezeichnet wird, ist aber eine besondere Art des Tonged\u00e4ohtnisses und auch auf andere und leichtere Weise zu erlernen als nach der MEYER\u2019schen Methode. Unter absolutem Tonbewufstsein verstehen wir die F\u00e4higkeit, 1. einen geh\u00f6rten Ton, ohne ihn im Zusammenhang mit anderen T\u00f6nen zu h\u00f6ren, mit dem richtigen Notennamen zu bezeichnen und 2. die F\u00e4higkeit, einen Ton, dessen Name genannt wird, frei zu re-produciren. Das Wesentliche ist hierbei also die Association zwischen Tonbild und dem Wortbild des Tones. Erst wenn diese Association da ist, so dafs die T\u00f6ne richtig benannt w erden und nur selten, meist durch verschiedene Instrumentalstimmung bedingt, Fehler von einem Halbtou und nur ausnahmsweise einem Ganzton Vorkommen, spricht man musikalisch von absolutem Tonbewufstsein. Diese Association ist aber auf die Meyer-sche Uebungsart sehr schwer zu erreichen und M. sagt selbst, dafs einige Jahre, nachdem er seine Versuche angestellt hatte, die durch Uebung erlangte Tonh\u00f6henerkennung wieder v\u00f6llig geschwunden sei. Das sog. absolute Geh\u00f6r oder Tonbewufstsein stellt aber eine dauernde F\u00e4higkeit dar, deren Dauerhaftigkeit eben erreicht wird durch die Association mit dem Tonnamen. Wenn man also diese erlangen will, dann mufs man die Uebungen anders anstellen als Meyer gethan hat; gerade die Tonnamen \u2014 und nicht die Anzahl der Schwingungen wTie Meyer es that \u2014 mufs man in Verbindung mit den T\u00f6nen zu Geh\u00f6r bringen.\nOtto Abraham (Berlin).\nBehr. Bemerkungen fiber Erionerungsf\u00e4lschungen und pathologische Traum Zust\u00e4nde. Zeitschr. f\\ Pxychiatr. 56, 918\u2014953. 1899.\nVerf. giebt einige interessante Krankengeschichten, aus denen er den Schlufs zieht, dafs die Ahnung des K\u00fcnftigen und der Glaube, die Gegenwart vorher zu w'issen, sich auf Erinnerungsf\u00e4lschungen zur\u00fcckf\u00fchren lassen ; er will die sog. Wahrtr\u00e4ume aus retroactiven Hallucinationen erkl\u00e4ren. Er wendet sich dann der Frage zu, ob nicht in den vielen Berichten, in welchen vom Eintreffen wunderbarer Ahnungen oder vom zweiten Gesicht und dergl. die Rede ist, \u2014 es sich um analoge oder gleiche Vorg\u00e4nge handelt. Behr\u2019s interessante psychologische Er\u00f6rterungen lassen sich leider nicht kurz referiren. Die Erinnerungsf\u00e4lschungen sind Erm\u00fcdungssymptome im Leben des Gesunden und Kranken. Die Vorbedingung f\u00fcr ihr Eintreten","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Litern turberich t.\n319\nbildet stets eine gewisse Benommenheit, sei es, dafs dieselbe in ihrer leichten Form sich als Tr\u00e4umen oder D\u00e4mmern darstellt, sei es, dafs dieselbe bei schweren psychischen Erkrankungen als pathologischer Traumzustand auftritt. Die Benommenheit ist entweder erworben, oder besteht ex origine, wie bei manchen Hysterischen oder Paranoiakranken. Bei Gesunden erwecken die Erinnerungsf\u00e4lschungen phantastische, abergl\u00e4ubige Combinationen, im Leben der Kranken beeinflussen sie das Denken und Trachten in der Richtung des vorhandenen Wahnes. Die Erinnerungsf\u00e4lschungen begleiten h\u00e4ufig das Erwachen und zeigen alsdann einen hallucinatorischen Charakter. Vor Allem ist n\u00f6thig ein genaues Studium der pathologischen Schlaf- und Traumzust\u00e4nde. Das Studium des Hypnotismus hat auch bereits manchen Nutzen gebracht f\u00fcr viele dunkle That-sachen aus dem Gebiete der GeheimwisBenschaften. Die experimentelle Psychologie wird voraussichtlich Vieles zu Tage f\u00f6rdern. Das Studium der Ersch\u00f6pfung und Erm\u00fcdung beim gesunden Menschen d\u00fcrfte uns den Schl\u00fcssel f\u00fcr die pathologischen Tr\u00e4ume und Schlafzust\u00e4nde bieten.\nUmpfenbach.\nPick. Zur Lehre von der sog:. transcorticalen motorischen Aphasie. Archiv f\u00fcr Psychiatr. 32, 687\u2014705. 1899.\nDie transcorticale motorische Aphasie unterscheidet sich von der corti-calen motorischen Aphasie dadurch, dafs das Nachsprechen, Dictatschreiben und Lautlesen intact ist, die Spontansprache aber gest\u00f6rt ist, resp. mehr oder weniger dem Typus der Paraphasie entspricht. Bisher sind nur wenige einwandsfreie F\u00e4lle literarisch bekannt und zum Theil noch so mangelhaft beschrieben, dafs sie kritisch schlecht zu benutzen sind. Ueber die anatomischen Befunde bei der in Rede stehenden Krankheit sind die Ansichten noch sehr wenig gekl\u00e4rt.\nPick's Kranker war 51 Jahre alt; seit 3 Jahren hatte er heftige anhaltende Kopfschmerzen und verrieth er beginnende Vergefslichkeit. Vor 2 Jahren Schlaganfall mit Verlust der Sprache f\u00fcr 4 Tage. Dann kehrte die Sprache theilweise zur\u00fcck derartig, dafs Pat. spontan wohl einige Worte sprechen konnte, selten nur richtige S\u00e4tze vorbrachte, auch auf Befragen meist nur ganz unverst\u00e4ndliche Antworten gab, sich immer versprach. Dabei verstand er, was man ihm sagte, er las laut ab, was man ihm vorhielt, sprach nach, was man ihm vorsagte, doch durfte man immer nur wenige Worte vorsagen, sonst vergafs Pat. den Rest. Er schrieb, was man dictirte. Die Schrift war zitterig, doch leserlich. Vorgehaltene Dinge kannte er, belegte sie aber oft mit falschen Namen, was er mitunter nicht merkte, w\u00e4hrend er sonst sich durch Zeichen verst\u00e4ndlich machte. Zeitweise bestand etwas Worttaubheit, wie sie auch bei reiner L\u00e4sion der motorischen Sprachzone beobachtet wird (D\u00e9jkrine). Pick pflichtet der Ansicht von Brock bei, dafs die motorische und die sensorische Partie des Sprachfeldes zu der sog. transcorticalen motorischen Aphasie in Beziehung zu bringen sind.\nDie Section ergab keine Herderkrankung sondern eine verbreitete, besonders die linke Hemisph\u00e4re betreffende Atrophie der Windungen. Die dritte Stirn- und erste Schl\u00e4fenwindung war stark betroffen. Das linksseitige Sprachgebiet war also krank.\tUmpfexbacii.","page":319}],"identifier":"lit31866","issued":"1900","language":"de","pages":"318-319","startpages":"318","title":"Behr: Bemerkungen \u00fcber Erinnerungsf\u00e4lschungen und pathologische Traumzust\u00e4nde. Zeitschr. f. Psychiatr. 56, 918-953. 1899","type":"Journal Article","volume":"23"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:23:30.753238+00:00"}