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{"created":"2022-01-31T16:27:28.609393+00:00","id":"lit31885","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"P\u00fctter","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 27: 112-119","fulltext":[{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nLitcratwrbcriekt.\nDennoch iift, wie B. mit Hecht herrorhebt, ein cansaler Zosmmcnhing zw wehen, beiden Momenten noch nicht erwiesen : denn von Jinnir bis Joli \u00e4ndert sich noch ein anderer sehr wichtiger Factor: die Temperatur, tmd da Cb sie anf den Brotconsnm Einflu\u00df hat, geht ans der Statistik zweifellos hervor. Werden n\u00e4mlich immer diejenigen Tage, welche gleiche Temperatur hatten, zu einem Mittelwerth vereint, so ergiebt sich eine Tabelle, ans der nur folgende Zahlen heraus gegriffen seien : Brotconsnm pro Kopf bei 0* 794 g, bei KP 780, bei 20\u00b0 742, bei 30* 650 g. Der reine Einflu\u00df der intellee-tnellen Arbeit w\u00e4re daher nur ans solchen Tagen zu entnehmen, an welches bei gleicher Temperatur sehr verschieden intensive geistige Leistung\u00ab* vollbracht wurden; hierf\u00fcr liefert die Statistik nur sehr wenig Material, ans dem immerhin mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu entnehmen ist, daCs st\u00e4rkere geistige Anspannung eine gewisse Abnahme des Brot-consnms zur Folge hat\nDie Versuche, zwischen Luftdruck und Brotverbranch eine Beziehung herzustellen, fielen negativ aus. \u2014 Der Tagesausgang am Sonntag brachte f\u00fcr den Abend eine Herabsetzung des Consnms, der regelm\u00e4\u00dfige Donnerstag-Spaziergang f\u00fcr diesen Tag selbst eine Zunahme, f\u00fcr den Folgetag eine Minderung. \u2014 Erw\u00e4hnt sei noch der Einflu\u00df starker physischer Anstrengungen: turnerische Wettk\u00e4mpfe, die sich durch eine Aprilwoche hindurchzogen, vermehrten den Consnm an Brot ganz betr\u00e4chtlich, n\u00e4mlich um etwa 45 g pro Kopf.\nRef. mufs zum Schlufs bekennen, dafs er den Werth dieser zeitraubenden Zahlenzusammenstellungen f\u00fcr die psychologische Wissenschaft nicht recht einzusehen vermag.\tW. Stehst (Breslau).\nTh. Beeb, A. Bethe und J. v. Uexk\u00fcll. Vorschl\u00e4ge zu eiaer objeettfireata Somenclatnr in der Physiologie des Hervensjstems. CentralbL f. Physiol. 8, 137\u2014141. 1899.\nTh Beer. Ueber primitive Sehorgane. Wienei* klinische Wochenschrift (11\u201413). 1901.\nK. Hesse. Untersuchungen fiber die Organe der Lichtempflndnng bei liedern Thieren. I\u2014VI. Zeit sehr. f. wits. Zool. 61, S. 393\u2014419; 62, S. 527\u2014582; 62, S. 671-707; 63, S. 456\u2014464 ; 65, S. 446-516: 68, S. 379-477. 1896-1900.\nJedes gr\u00f6fsere Gebiet des Wissens und K\u00f6nnens bildet naturgem\u00e4ls im Laufe der Zeit seine eigene Nomenclatur heraus; sie entspringt, je mehr sich neue Begriffe h\u00e4ufen, je mehr alte erweitert oder eingeschr\u00e4nkt werden, ganz von selbst aus dem unabweisbaren Bedtirfnifs nach pr\u00e4ciser, jedes Mifsverst\u00e4ndnifs nach M\u00f6glichkeit ausschliefsender Ausdrucksweise. Es mufs daher als durchaus berechtigt angesehen werden, wenn auch die junge Wissenschaft der vergleichenden Physiologie des Nervensystems und Tier Sinnesorgane danach strebt, die alte psychologische, anthropomorphe Ausdrucksweise, die ihren Zwecken nicht mehr gen\u00fcgt, durch eine nene \u201eobjectivirendo\u201c Nomenclatur zu ersetzen.\nBeer, Bethe und UexK\u00dcLL haben den ersten Entwurf einer solchen gegeben, der zun\u00e4chst in grofsen Z\u00fcgen ein Ger\u00fcstwerk bietet, in das anf","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n113\njedem \u00dfpecialgebiet der vergleichenden Physiologie die nenen Bezeichnungen, \u2018deren noch eine Menge n\u00f6thig sein werden, eingef\u00fcgt werden k\u00f6nnen.\nDie neue Nomenclatur trennt in der Bezeichnung:\n1. Den objectiven Reiz, 2. den physiologischen Vorgang und 3. die (eventuelle) Empfindung.\nDie vergleichende Physiologie hat sich, nach Anschauung der Autoren, nar mit dem physiologischen Geschehen vom Auftreten des Reizes bis zur Vollendung der eventuellen Reaction zu befassen. F\u00fcr den objectiven Reiz bestehen zum Theil schon unzweideutige Bezeichnungen, f\u00fcr doppelsinnige wie \u201eLicht\u201c oder \u201eSchall\u201c andere einzuf\u00fchren, erscheint, solange die Physik \u00abich ihrer bedient, nicht noth wendig. Jede M\u00f6glichkeit einer subjectiven Deutung k\u00f6nnte durch einen Zusatz wie z. B. objectives Roth, oder Roth-wellen ausgeschlossen werden.\nF\u00fcr den physiologischen Vorgang sind neue Ausdr\u00fccke erforderlich. Die \u201eReizbeantwortungen\u201c werden zun\u00e4chst danach eingetheilt, ob sie durch ein Nervensystem vermittelt werden, oder nicht. Diejenigen, die ohne Nervensystem zu Stande kommen, wie alle Reactionen bei einzelligen Organismen, bei Pflanzen und in manchen Organen der vielzelligen Thiere, sollen als \u201eAntitypien\u201c (dvrtrvTtia = R\u00fcckwirkung) bezeichnet werden, alle \u00fcbrigen durch ein Nervensystem vermittelten, als \u201eAntikinesen\u201c (dmxivTjois = R\u00fcckbewegung). Die Antikinesen kehren entweder stets in der gleichen Weise wieder, dann werden sie Reflexe genannt, oder sie sind modificirbar, dann heifsen sie \u201eAntiklisen\u201c. Der Aufnahme der Reize, der \u201eReception\u201c, dienen \u201eReceptionsorgane\u201c oder \u201eReceptoren\u201c. Die Verff. unterscheiden \u201eanelective Receptionsorgane\u201c, bei denen eine Reizauswahl nicht zu constatiren ist, von \u201eelectiven Receptionsorgane n\u201c, d. h. solchen, bei denen von den sie treffenden Reizen nur eine bestimmte Art im Stande ist, Zustands\u00e4nderungen hervorzurufen. Die Election kann entweder durch die Lage des Organs bewirkt werden, die unter normalen Bedingungen nur einer bestimmten Gruppe von Reizen den Zutritt zu dem Organ gestattet, dann spricht man von \u201etopoelec-tiven\u201c Receptoren, oder es handelt sich um \u201etransformatorisch-elective\u201c Receptoren, um \u201eUmwandlungsorgane\u201c, bei denen Reize, die an sich f\u00fcr den Nerven unwirksam sind, z. B. Licht, Anziehungskraft der Erde u. s. w., in wirksame Reize umgewandelt werden. Solcher Umwandlungsorgane z\u00e4hlen die Verff. 7 Gruppen auf, die im Original nachgelesen werden m\u00f6gen, hier soll nur eine derselben n\u00e4her besprochen werden, f\u00fcr die eine detaillirte Ausgestaltung der Nomenclatur von Th. Bkkb vorliegt: Die Photo-Receptionsorgane, Photoreceptoren oder Pho-toren, Sehorgane d. h. die Organe, bei denen Licht wellen in wirksamen Reiz umgestaltet werden. Ihre Function wird Photorecipiren genannt. Es giebt zun\u00e4chst zwei grofse Gruppen solcher Organe, die Beer als \u201ePhotirorgane\u201c und \u201eIdirorgane\u201c unterscheidet. Die Photirorgane sind blos geeignet, quantitative Verschiedenheiten der Belichtung (und Beschattung, wie selbstverst\u00e4ndlich stets zu erg\u00e4nzen ist) zu signalisiren \u2014 eventuell also auch Bewegungen und Bewegungsrichtungen \u2014 wie etwa unser Auge bei geschlossenen Lidern (Motoperception, Motophotiren). Die\n$\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 27.","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nLiteraturbericht.\nrecipirenden Elemente heifsen\u201ePhotirzellen\u201c, ihre Function \u201ephotiren\u201c, der Spielraum ihrer Function \u201ePhotirfeld.\u201c Die Idirorgane sind gfr eignet, ein Bild der Aufsenwelt zu entwerfen. Je nach dem Princip ihres Baues sind (zusammengesetzte, facettirte) Complex- und (einfache) Cameraaugen zu unterscheiden. Ihre Function heilst \u201eid iren\u201c, eventuell \u201esehen\u201c, die Gesammtheit der photorecipirenden Elemente Retina, der Einzeltheil der convexen Complexaugen \u201eOmma\u201c, die einfachen Angen der Insecten \u201eSimpelaugen\u201c. Nervi optici sind die aus den Photoren hervorgehenden Nerven, welche die vom Lichtreize hervorgerufene Erregung dem Nervensystem zuleiten.\nDrei \u201ehohle Vorurtheile\u201c sind es nach Beek's Ausf\u00fchrungen, die dem Fortschritt der Erkenntnifs vom Bau und den Leistungen primitiver Sehorgane hemmend im Wege standen.\nI.\t\u201eDer physiologische Irrthum, dafs mehr oder minder dunkles Pigment \u2014 wie man es vom Innern des Wirbelthierauges her gewohnt war \u2014 ihr wesentlichster Bestandteil sei und speciell den Umsatz von Lichtreizen in Nervenerregung (\u201edie eigentliche Lichtempfindung\u201c) vermittle.\u201c \u201eDie einleuchtende Thatsache, dafs Albinos doch nicht blind sind, h\u00e4tte immer laut dagegen sprechen m\u00fcssen.\u201c Pigment tritt zwar sehr oft in Verbindung mit primitiven Photoren auf, aber bei ganzen Ordnungen von Thieren kommen auch v\u00f6llig pigmentlose Photoren vor (z. B. Lumbri-ciden, Hirudineen, Salpen).\nII.\t\u201eDer physikalische Irrthum, dafs brechende Medien (\u201eCornea\u201c, \u201eLinsen\u201c, \u201eKrystall \u201c, \u201eGlask\u00f6rper\u201c etc.) wesentliche Bestandteile eines Belichtungs\u00e4nderungen signalisirenden Apparates seien.\u201c In der n\u00e4heren Er\u00f6rterung dieser These, in der der Nachweis erbracht wird, dafs gerade die Licht recipirenden Elemente, die Photirzellen, fr\u00fcher als \u201eLinsen4 angesprochen wurden, entrollt der Verf. ein \u00fcberaus erg\u00f6tzliches Bild der massenhaften Irrth\u00fcmer, die eine einseitig morphologische Behandlung der primitiven Sehorgane mit sich brachte, in Verbindung mit dem anthropo-morphen Bestreben, die Theile des Wirbelthierauges auch in den einfachsten Photoren nach M\u00f6glichkeit wiederzufinden. Wer von \u201eAugen\u201c erfahren will, die nur aus \u201eLinse und Chorioidea\u201c bestehen, oder von solchen mit \u201emehreren Linsen\u201c (NB.! einzelligen Linsen von ganz unregelm\u00e4\u00dfiger Form I) oder gar von solchen, bei denen \u201eRetinazellen\u201c oder ein \u201eGanglion optivum\u201c vor der Linse liegen sollten, der mag das Original durchsehen, in dem reichliches Material dieser Art zusammengetragen ist. Auf den Beweis n\u00e4her einzugehen, dafs durch primitive Photoren keine Formen \u201egesehen\u201c werden, dafs vielmehr nur durch Belichtung und Beschattung Reactionen ausgel\u00f6st werden, die gr\u00f6fste Aehnlichkeit mit den Photo-tropien nervenloser Organismen, z. B. der Pflanzen haben, w\u00fcrde hier rn weit f\u00fchren.\nDer III. Irrthum, der grofsen Schaden in der Lehre von den primitiven Photoren angerichtet hat, ist \u201eder speculative Fehler \u2014 ein solcher mindestens im heuristischen Sinne \u2014 dafs der Umsatz von Lichtreizen in Nervenerregung sehr oft nicht durch specifische Sehorgane geleistet werde, sondern auch durch im Uebrigen Anderes (Getast, Geruch etc.) leistende","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n115\nApparate, etwa durch die ganze (\u00bbdermatoptische\u00ab) Haut, durch \u00bbUeber-gangs-\u00ab oder \u00bbWechselsinnesorgane\u00ab u. dgl. bewerkstelligt werden k\u00f6nne.\u201c\n\u201eGeht man den Veranlassungen zu solchen Annahmen auf den Grund, so ergeben sich ihrer vorwiegend drei:\n1.\t\u201eDas Dogma, dafs \u00bbbei den niedersten Thierformen die ganze K\u00f6rperfl\u00e4che allen Sinnesreizen Einwirkung auf die Empfindungsnerven gestattet\u00ab (Ranke), eine Anschauung, die nicht einmal f\u00fcr den Protistenk\u00f6rper v\u00f6llig g\u00fcltig ist; kennen wir doch z. B. bei Euglena einen distincten Bezirk st\u00e4rkster Lichtreizbarkeit \u201eAuch die Regenwurmhaut hat einmal als Universalsinnesorgan gegolten, und doch kennt man jetzt gesonderte Tango-, Chemo- und Photoreceptoren.\u201c\n2.\t\u201eDie Annahme, dafs relativ rasche Reizbeantwortungen nur durch Sinnesorgane und Nervensystem vermittelt, also blos als Reflexe (\u2014 nicht auch als Antitypien \u2014) aufgefafst werden k\u00f6nnen.\u201c Demgegen\u00fcber bleibt die Annahme directer Lichtmuskelreizbarkeit immer noch als wahrscheinlichere Erkl\u00e4rung f\u00fcr viele F\u00e4lle, besonders seit in neuerer Zeit Steinach nicht nur f\u00fcr die Muskulatur der Iris bei Amphibien und Fischen, sondern auch f\u00fcr die Cephalopoden-Chromatophoren-Muskeln solche directe Reizbarkeit nachgewiesen hat. Auch die M\u00f6glichkeit liegt vor, dafs specifische Sinnesorgane vorhanden, zur Zeit aber noch nicht aufgefunden sind ; sollten aber solche auch nicht gefunden werden, so liegt es zur Erkl\u00e4rung rascher Reizbeantwortungen immer noch n\u00e4her, an Reizbeantwortung ohne Vermittelung des Nervensystems, an Phot-Antitypien zu denken, als an \u201eWechselsinnesorgane\u201c.\n3.\t\u201eDas Vorurtheil, dafs in allen F\u00e4llen, wo bis jetzt keine \u00bbAugen\u00ab bekannt oder die bekannten entfernt worden sind und doch Lichtreactionen zu beobachten waren, auch in Zukunft \u00bbkeine specifischen Organe des Lichtsinnes\u00ab gefunden werden k\u00f6nnten.\u201c Die Consequenzen, die aus dem Fehlen solcher Organe zu ziehen sind, wurden schon oben ber\u00fchrt, h\u00f6chstwahrscheinlich aber kommen bei niederen Thieren \u201eanelective\u201c Sinnesorgane vor, d. h. Sinnesorgane, bei denen keine Reizauswahl stattfindet. Solche Sinnesorgane w\u00e4ren dann das directe Gegentheil der \u201eWechselsinnesorgane\u201c. W\u00e4hrend diese im Stande sein sollten, durch dieselbe Zelle qualitativ verschiedene \u201eSinnes\u201ceindr\u00fccke aufzunehmen, besteht das Wesen der anelectiven Sinnesorgane darin, dafs sie, was f\u00fcr Reize sie auch treffen m\u00f6gen, Btets in der gleichen Weise reagiren.\nSeinen entschiedenen Kampf gegen die Annahme der \u201eWechselsinnesorgane\u201c schliefst Beer mit folgender Zusammenfassung: \u201eDer Haut als solcher ist vorl\u00e4ufig keine Photoreception zuzuschreiben, wie so lange geschah, weil in der Haut mancher Thiere Photoreceptoren liegen, und weil solche und auch andere Thiere Phototropien oder Phot-Antitypien aufweisen, oder weil in der Haut Aenderungen der Pigmentirung, therapeutische Wirkungen etc. durch Lichteinflufs beobachtet werden; es w\u00e4re h\u00f6chste Zeit, dafs die \u201eDermatoptik\u201c (\u201eVision dermatoptique, photo-dermatique, Somatoptik\u201c etc.) begraben w'\u00fcrde und definitiv aus der Literatur verschw\u00e4nde.\u201c\nAls Beispiele zu diesen theoretischen Ausf\u00fchrungen m\u00f6gen einige\n","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nLiteraturbericht\nMittheilungen aus den umfangreichen Arbeiten R. Hesse\u2019s gemacht werden, denen wir eine sehr bedeutende Erweiterung und Vertiefung unserer Kenntnisse vom Baue primitiver Sehorgane verdanken. Die Anwendung der neuen Nomenclatur auf die von Hesse beschriebenen Befunde scheint umsomehr berechtigt, als, wie Beer mittheilt, der Verf. selbst sich mit derselben einverstanden erkl\u00e4rt hat.\nDie Photirorgane der Plattw\u00fcrmer: Es sind nach Bm'i Ausdruck fast alles \u201einvertirte Pigmentbecherocellen\u201c. Ah 0 c e 11 e n bezeichnet er pigmentumgebene Photirzellen oder Photirzell-gruppen. Eine Anordnung, bei der das Licht erst die Photirzelle und dann den Nerv trifft, helfet vertirt, trifft das Licht zuerst die Opticusfaaera und dann die Photirzellen, so ist die Anordnung invertirt.\nDen wichtigsten und allein unentbehrlichen Bestandtheil der Oceilet bilden nat\u00fcrlich die Photirzellen. Bei fast allen Platt W\u00fcrmern sind diese Zellen durch einen Saum von protoplasmatischen Stiftchen ausgezeichnet, die dem Licht abgewandt sind. In dem Stiftchensaum irt der recipirende Apparat der Photoren zu sehen. Das ganze Plasma zeigt fibrill\u00e4ren Bau und diese Photirfibrillen, die je mit einem Photir* stiftchen in Verbindung stehen, bilden durch ihren Zusammentritt dea optischen Nerv. Den zweiten Bestandtheil des Ocells bildet der Pigmentbecher, der die Photirzellen kappenf\u00f6rmig umfafst, so dafs das Lid! dieselben nur von einer Seite aus treffen kann. Im einfachsten Falle besteht der Pigmentbecher nur aus einer einzigen Zelle, und enth\u00e4lt nur eine Photirzelle (Tristomum molae). Die Entwickelung der Photoren innerhalb des Stammes geht zwei Wege, die aber beide darauf abzielen, die Anzahl der Photirstiftchen im Ocell zu vermehren. Der erste Weg, auf dem keine Formenmannigfaltigkeit erreicht ist, ist der, dafs die Stiftchen tragende Seite der Zelle gefaltet und dadurch ihre Oberfl\u00e4che vergr\u00f6fsert wird (Tri* stomum papillosum). Viel reichere Entwickelungsm\u00f6glichkeiten bietet der zweite Weg: Durch Vermehrung der Photirzellen das Ocell function\u00ab-kr\u00e4ftiger zu machen. Eine Vermehrung der Photirzellen bei gleichbleibender Dicke w\u00fcrde bald eine solche Verflachung des Pigmentbechers (der auch mehrzellig wird) zur Folge haben, dafs er nicht mehr gen\u00fcgend das Licht abblenden k\u00f6nnte; es tritt daher mit der Vermehrung der Photirzellen zugleich eine Differenzierung in einen volumin\u00f6seren kernhaltigen Theil, der aus dem Pigmentbecher heraus, vor denselben verlegt wird, und in einen schmalen Theil innerhalb des Pigmentbechers ein. Diese im Pigmentbecher gelegenen Zelltheile gestalten sich zu Photirzellkolben, und tragen den Saum der Photirzellstiftchen, der entweder nur an ihrem trichterf\u00f6rmig verbreiterten Ende, dem Licht abgewandt liegt (Euplanaria gonocephala), oder den ganzen Photirkolben allseitig umgiebt (Dendro-coelum lacteum). Die Zahl der Zellen innerhalb eines Pigmentbechen kann bei dieser Anordnung bis auf \u00fcber 200 steigen. Hesse hat bei Platt-W\u00fcrmern keine Photirkolben frei im K\u00f6rperparenchym, ohne Beziehung zu Pigmentbechern gefunden, dagegen beschreibt J\u00e4nichen 1 solche Befunde\n1 J\u00e4nic\u00fcex, Beitr\u00e4ge zur Kenntnifs des Turbellarienauges. Zeitschr. f. iv iss. Zool. 62. 1897.","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n117\n(bei Polycelis nigra). Eine wichtige Beobachtung machte Hesse an den 0 cell en mehrerer Plattw\u00fcrmer, er fand h\u00e4ufig bei frischen Pr\u00e4paraten den Saum der Photirstiftchen r\u00f6thlich gef\u00e4rbt. Die Farbe verschwindet nach und nach, besonders lebhaft ist sie bei Polystomum (dem bekannten Parasiten in der Harnblase des Frosches), was vielleicht mit seinem dunklen Aufenthaltsorte in Beziehung gebracht werden kann. Es liegt nahe, in diesem Farbstoff ein Analogon des Sehpurpurs der Wirbelthiere zu sehen.\nEin Photirorgan, das mit dem der Plattw\u00fcrmer grofse Aehnlichkeit hat, zeigt der Amphioxus. Es liegen bei ihm die Ocelle zu beiden Seiten und ventral vom Centralcanal des R\u00fcckenmarks, in diesem selbst. Sie sind sehr einfach gebaut und bestehen nur aus je einer Photirzelle mit Stiftchensaum, die von einem einzelligen Pigmentbecher kappenartig bedeckt ist.\nDie Photoren der Hirudineen und Lumbriciden. Ein wesentlich anders gestaltetes Element liegt den s\u00e4mmtlichen Photoren der Hirudineen und Lumbriciden, der Egel und Regenw\u00fcrmer zu Grunde. Es ist eine Photirzelle, die, meist in ihrem dem Licht abgewandten Ende, eine oder mehrere Vacuolen enth\u00e4lt. Die Vacuolen sind wohl mit Fl\u00fcssigkeit gef\u00fcllt und h\u00e4ufig, doch nicht ausnahmslos, von einem verdichteten Plasmasaum umgeben. In der dem Licht zugewandten Seite der Zelle liegt der Kern, hier entspringt auch die Nervenfaser. Die Vacuolen m\u00fcssen als die Vermittler der Photoreception angesehen werden. Ihre Gestalt ist nicht selten \u00e4ufserst unregelm\u00e4fsig, mit vielen Ein- und Ausbuchtungen, wodurch nat\u00fcrlich die Fl\u00e4che der Vacuolen wand wesentlich vergr\u00f6fsert wird. Bei den Egeln l\u00e4fst sich fast Schritt f\u00fcr Schritt verfolgen, in welcher Weise dieser prim\u00e4re, wichtigste Bestandtheil des Photirorganes mit dem zweiten, accessorischen Bestandtheil, dem abblendenden Pigment in Verbindung tritt.\nDas primitivste Verhalten zeigt Pontobdella muricata Lam. Sie hat die gr\u00f6lsten Photirzellen unter allen Egeln, und diese liegen im K\u00f6rpergewebe ohne irgend welche Beziehung zu dem Pigment des Thieres. Das Licht kann also die Photirzellen von allen Seiten reizen und dementsprechend sind auch die Vacuolen nicht, wie bei den meisten Egeln nur auf einer Seite der Zelle vorhanden, sondern umgeben den central gelegenen Kern von allen Seiten.\nEin weiteres Stadium zeigt Brancheilion torpedinis Sav. Hier ist das Pigment zu einer Wand angeordnet und die Photirzellen liegen vor und hinter derselben, die vorderen sind also vor Belichtung von hinten, die hinteren vor solcher von vorne gesch\u00fctzt.\nDann sehen wir echte Pigmentbecher auftreten, die nur Licht von einer bestimmten Richtung zu den Photirzellen gelangen lassen. Und wiederum macht sich das Bed\u00fcrfnifs geltend, eine m\u00f6glichst grofse Anzahl Zellen in einem Ocell zu vereinigen. Auch hier ist die L\u00f6sung angebahnt, die sich bei den Platt w\u00fcrmern als so praktisch erwies : die Differenzierung der Zellen in einen schlanken Theil, der den recipirenden Apparat enth\u00e4lt, also hier die Vacuolen, und im Pigmentbecher steckt, und in einen volumin\u00f6sen Theil, der den Kern enth\u00e4lt und aufserhalb des Pigmentbechers","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nLiteraturbericht.\nliegt. Aber diesen Modus finden wir nur bei wenigen Formen (Clepsine, die Mehrzahl der Photoren hat eine andere Entwickelung genommen: Die Anordnung der Photirzellen in einer Schicht, die bei den Plattw\u00fcrmern durchg\u00e4ngig gewahrt blieb, wird aufgegeben, und die Zellen werden in vielen Schichten innerhalb des tiefen Pigmentbechers \u00fcber einander ge^ lagert. Zugleich mit dieser Zunahme der Zahl der Photirzellen vollzieht sich der Uebergang des invertirten Ocells in ein vertirtes. Der optische Nerv, der bisher (auch bei allen Plattw\u00fcrmern) von vorne her an das Ocell herantrat, durchbricht zun\u00e4chst die Seitenwand des Pigmentbechers (Haementeria officinalis) und tritt endlich beim Blutegel von hinten an das Ocell heran, in dessen Axe er nach vorne zieht, und sich durch Abgabe der Fasern, die zu den Photirzellen gehen, allm\u00e4hlich ersch\u00f6pft.\nDas meiste Interesse d\u00fcrften aber die Photoren der Re gen W\u00fcrmer in Anspruch nehmen. Da es eine sicher bekannte Thatsache war, dafs der Regenwurm durch Licht reizbar sei, man aber keinerlei Organe kannte, denen man die Function der Photoreception zuschreiben konnte, so nahm man, wie z. B. auch noch Nagel thut, hier \u201eWechselsinnesorgane\u201c an. Es war daher von grofser Bedeutung, als Hesse Zellen auffand, f\u00fcr die er den Beweis erbringen konnte, dafs sie Photoreceptoren seien. Es soll hier nicht dieser ganze mit grofser Umsicht gef\u00fchrte Beweis erbracht werden. Nach dem, was \u00fcber die Photoren der Egel vorausgeschickt wurde, gen\u00fcgt wohl schon die eine Thatsache als Beweis, dafs die Photirzellen des Regenwurmes fast ganz den gleichen Bau zeigen, wie die der Egel. Sie enthalten eine, h\u00e4ufig sehr unregelm\u00e4fsig gestaltete Vacuole (Hesse bezeichnet sie in seiner ersten Arbeit mit dem indifferenten Namen \u201eBinnenk\u00f6rper\u201c), die von einem verdichteten Plasmasaum umgeben ist, und entsenden eine Nervenfaser. Sehr interessant ist ihre Vertheilung im K\u00f6rper. Eine grofse Anzahl liegt in der Epidermis, sie erreichen hier nie die Cuticula, sondern haben meist nur die halbe H\u00f6he der Epithelzellen, oft sind sie noch niedriger, dabei aber von bedeutend gr\u00f6fserer Breite, als ihre Nachbarzellen. Am zahlreichsten sind sie in der Oberlippe; in den zun\u00e4chst darauf folgenden Segmenten sind sie bei Weitem seltener, am Schwanzende findet sich wieder eine st\u00e4rkere Anh\u00e4ufung der Zellen, die aber nicht so bedeutend ist, wie an der Oberlippe. Bei einigen Arten beschr\u00e4nken sich die Zellen nicht auf die Epidermis, sondern sie finden sich auch im Innern des Wurmk\u00f6rpers, besonders im Kopflappen. Sie liegen hier unter anderem auch zahlreich im Schlundganglion (Gehirn-ganglion). Im Gehirnganglion liegen die Photirzellen in besonderer Weise vertheilt. \u201eWir finden diese Ganglien bei den Regenw\u00fcrmern zusammengesetzt aus einem \u00e4ufseren zelligen Theil, der eine innere \u201ePunktsubstanz\u201c umgiebt. In der \u00e4ufseren Zellh\u00fclle liegen unsere Zellen, und zwar ziemlich weit nach der Oberfl\u00e4che des Ganglions zu.\u201c Sie sind auch hier nicht gleiclim\u00e4fsig vertheilt, sondern liegen im hinteren oberen Ende, in den nach aufsen gekehrten Theilen des Doppelganglions. Von Wichtigkeit ist auch die Thatsache, dafs die Photirzellen der Regenw\u00fcrmer keine Beziehung zu Pigmentansammlungen haben, ein schlagender Beweis f\u00fcr die auch von Beer vertretene Anschauung, dafs das Pigment durchaus kein","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n119\nnothwendiger Bestandteil eines Photirorgans sei. Wir fanden ja auch bei Hirudineen Photirzellen ohne Pigmentblendung.\nDie Augen der polych\u00e4ten Anneliden und einiger Mollusken, die Hesse in seinen letzten Arbeiten behandelt, zeigen auch yiele interessante Verh\u00e4ltnisse, doch wird es am besten sein, mit einem Bericht \u00fcber sie zu warten, bis die zusammenfassende allgemeine Arbeit \u00fcber die primitiven Sehorgane vorliegt, die Hesse verspricht.\tP\u00fcttes (Breslau).\nJune E. Downey. An Experiment on getting an After-Image from a Mental\nImage. Psychol. Review 8 (1), 42\u201455. 1901.\nDie Versuche wurden an einer Studentin angestellt, die von der Theorie der Nachbilder nichts wufste und erst nach Beendigung der Versuche dar\u00fcber belehrt wurde. Sie hatte auf einem dargebotenen Grunde (gew\u00f6hnlich Schwarz oder Weifs) eine farbige Fl\u00e4che 20 bis 40 Sec. lang vorzustellen und dann anzugeben, was f\u00fcr ein Nachbild ihr erschien. Die Ergebnisse dieser Versuche sind in mehreren Tabellen ausf\u00fchrlich dargestellt. Sie scheinen zu beweisen, dafs eine lebhafte Farbenvorstellung ein Nachbild erzeugt.\tMax Meyer (Columbia, Missouri).\nJ. M. Gillette. Multiple After-Images. Psychol. Revieiv 8 (3), 279\u2014280. 1901.\nGillette beschreibt hier, wie man durch wiederholtes Sehen in die Sonne eine Beihe (bis f\u00fcnfzehn) gleichzeitiger, theils positiver, theils negativer, theils durch \u201eMischung\u201c erkl\u00e4rbarer Nachbilder hervorrufen kann.\nMax Meyer (Columbia, Missouri).\nM. B. Bourdon. La distinction locale des sensations correspondantes des deux\nyeux. Bull, de la soc. scient, et m\u00e9d. de Vouest 9 (1), 1\u201420. 1900.\nVerf. untersuchte die Frage, ob es m\u00f6glich sei, rechts\u00e4ugige Wahrnehmungen von links\u00e4ugigen zu unterscheiden. Er kommt in dieser Frage zu einem positiven Ergebnifs, doch erscheint dem Bef. dieses der Technik der Versuchsanordnung wegen nicht hinreichend gesichert. Den Grund f\u00fcr die M\u00f6glichkeit der Unterscheidung sucht B. in Muskelempfindungen, ohne indes diesbez\u00fcgliche Versuche mitzutheilen. Auch dieser Punkt bed\u00fcrfte noch weiterer Untersuchung.\tHeine (Breslau).\nBaymond Dodge and T. S. Cline. The Angle Velocity of Eye Movements.\nPsychol. Review 8 (2), 145\u2014157. 1901.\nDie Bestimmung der Geschwindigkeit von Augenbewegungen ist wichtig f\u00fcr das Verst\u00e4ndnifs der psychologischen und physiologischen Processe beim Lesen. Dodge und Cline haben die Winkelgeschwindigkeit des Auges vermittelst einer neuen Methode gemessen. Sie liefsen einen Lichtstrahl von der Cornea auf eine photographische Platte refleetiren. Die Platte wurde senkrecht bewegt, so dafs Augenbewegungen eine Kurve auf der Platte beschrieben. Die Durchschnittszeit von Lesebewegungen nach rechts war 22,9 a f\u00fcr Winkel von 2\u00b0 bis 7\u00b0. Die Durchschnittszeit von Lesebewegungen nach links war 40,7 g f\u00fcr Winkel von 12\u00b0 bis 14\u00b0.\nMax Meyer (Columbia, Missouri).","page":119}],"identifier":"lit31885","issued":"1902","language":"de","pages":"112-119","startpages":"112","title":"Th. Beer, A. Bethe und J. v. Uexk\u00fcli: Vorschl\u00e4ge zu einer objectivirenden Nomenclatur in der Physiologie des Nervensystems. Centralbl. f. Physiol. 6, 137-141. 1899. / Th. Beer: Ueber primitive Sehorgane. Wiener klinische Wochenschrift (11-13). 1901. / R. Hesse: Untersuchungen \u00fcber die Organe der Lichtempfindung bei niederen Thieren. I-VI. Zeitschr. f. wiss. Zool. 61, S. 393-419; 62, S. 527-582; 62, S. 671-707; 63, S. 456-464; 65, S. 446-516; 68, S. 379-477. 1896-1900","type":"Journal Article","volume":"27"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:27:28.609399+00:00"}