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{"created":"2022-01-31T15:19:46.216354+00:00","id":"lit31890","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Lange, G.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 27: 120-121","fulltext":[{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nLiteraturbericht.\nG. Lange. Zar Geschichte der Solmisation. Sammelbd. d. Internat. MurikgeteU.\n4 (Aug.\u2014Oct.), 535\u2014622. 1900. Selbstanzeige.\nSolmisation bedeutet die Lautirung der (gesungenen) T\u00f6ne. Ihr Organ ist die einfache Silbe bestehend aus Vocal und dazu tretendem als Laut-st\u00fctze dienenden Consonanten. Die Solmisation stellt also die Tonsymbolik f\u00fcr das Ohr dar und steht der Tonbezeichnung (durch Buchstaben, Noten, Ziffern) gegen\u00fcber, der Tonsymbolik f\u00fcr das Auge.\nWie die geschichtliche Untersuchung ergiebt, sind die beiden Darstellungsweisen getrennte Wege gegangen. Die Solmisation insbesondere diente dem S\u00e4nger dazu das Tonsystem nach Maafseinheiten (Tetr&chord-, Hexachord-, Oktochord-, Heptachordlehre) zu gliedern, in denen die Entfernung der T\u00f6ne von einander durch die ihnen zukommenden bestimmten Silben erkannt wurde. Die Bedeutung solcher Tonsymbolik beruht in der Leichtigkeit, mit welcher Associationen zwischen Sprach- und Tonvorstellungen zu Stande kommen; es spielen deshalb die Tonsilben beim S\u00e4nger zur Erweckung der Tonvorstellung dieselbe Rolle, nur in noch weit h\u00f6herem Grade, wie die Muskelempfindungen beim Instrumentalisten.\nNach einer langen Zeit der Unsicherheit bot die Hexachordsolmisation des Mittelalters, deren Erfindung, eine musikgeschichtliche That ersten Ranges, auf Guido von Atrezzo zur\u00fcckgeht, dem S\u00e4nger die ersehnte feste Handhabe zu seiner Orientirung im Tonsystem. Ihr Nutzen f\u00fcr den Unterricht war so grofs, dafs sie Jahrhunderte lang im ganzen Abendlande als alleinige Richtschnur galt, an der man nicht das Geringste ver\u00e4ndern durfte. Befangen von den Vorurtheilen seiner Zeit verwechselte man anf diese Weise das in der Methode zum Ausdruck gelangte, dem damaligen Stande der Kunst entsprechende System (Hexachordlehre) mit der Methode selber. Dies gab Veranlassung zu einem l\u00e4nger als zwei Jahrhunderte w\u00e4hrenden Streit \u00fcber die Abschaffung der alten Maafseinheit und Einf\u00fchrung einer moderneren und bequemeren n\u00e4mlich des Oktochords, spSter des Heptachords durch Hinzuf\u00fcgung einer siebenten Silbe si zu den sechs alten do, re, mi, fa, sol, la. Die endg\u00fcltige Abstellung des mittelalterlichen Solmisationsverfahrens und die in Deutschland erfolgte Abschaffung auch der neuen Einheit do, re, mi, fa, sol, la, si und ihre Ersetzung durch die Namen der Tonzeichen (c, d, e, f, g, a, b, h) ist also nicht das Resultat einer der obigen widersprechenden besseren Einsicht in die psychologischen Vorg\u00e4nge, sondern findet ihre Erkl\u00e4rung allein darin, dafs das einfachen Bed\u00fcrfnissen angepafste alte Solmisationssystem in seiner Entwickelung hinter dem sich zur 12 stufigen Chromatik ausreifenden Tonsystem zur\u00fcckgeblieben war und sich darum selbst im Licht stand.\t/\nMan sch\u00fcttete das Kind mit dem Bade aus und wandte sich einer ganz anderen Methode zu, der Ziffrirung der T\u00f6ne, die dem Auge allein die Erweckung der Tonvorstellung zuschiebt. Allm\u00e4hlich fand jedoch auch bei den Ziffristen die Silbe wieder W\u00fcrdigung, der beste Beweis f\u00fcr ihre Leistungsf\u00e4higkeit. Voll und ganz kommt sie in der Tonica Solfa Methode zur Geltung, die zur Zeit in England allgemein verbreitet ist. Besonders interessant ist diese Methode, weil sie in ihrem Anfangsstadium den k\u00fchnen Versuch wagte, dem nat\u00fcrlich reinen Stimmungsprincip gerecht zu werden. Das zu diesem Zwecke den alten Silben hinzugef\u00fcgte nothwendige Flick","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht\n121\nwerk machte aber die Durchf\u00fchrung dieses f\u00fcr den Gesang wichtigen Principes so verwickelt, dafs man sich schliefslich mit einem vereinfachten System \u00e4hnlich der pythagor\u00e4ischen Notirungsweise der T\u00f6ne begn\u00fcgte. Was der Tonica Solfa Methode durch k\u00fcnstlichen Ausbau des alten Silbenstockes nicht gelang, das ist von C. Eitz aus Eisleben durch eine v\u00f6llig neue sinnreiche Ausn\u00fctzung des gesammten Vocal- und Konsonantenmaterials erreicht worden. Die 6 Fliefs- und 6 Stofslaute r, m, s, l, f, n \u2014 b, f, g, p, d, k vermitteln die Darstellung der chromatisch temperirten Stimmung, die 5 Vocale a, c, t, o, u, bringen in Verbindung mit den Consonanten die siebenstufige Diatonik zur Anschauung, indem die Halbtonschritte durch Liegenbleiben des Vocales ausgezeicl^et werden. Die Resultate des jetzt in die Wege geleiteten vom K\u00f6niglich Preufsischen Kultusministerium genehmigten Unterrichtsverfahrens nach dieser Methode an der zweiten B\u00fcrgerschule zu Eisleben, versprechen f\u00fcr die wissenschaftliche Er\u00f6rterung der Frage, welch hohen Werth Tonsilben zur begrifflichen Aneignung des Toncomplexes besitzen, wichtiges Material zu liefern.\nMaeage. Formation dos voyelles. Ann\u00e9e psychologique 6, 485\u2014492. 1900.\nM. war im Stande, die verschiedenen Vocale k\u00fcnstlich zu erzeugen, indem er die Mundh\u00f6hle durch einen nach ihr geformten Resonator, die Stimmb\u00e4nder durch eine Sirene ersetzte. Ein durch den Resonator allein gef\u00fchrter Luftstrom ergiebt den Vocal, dessen Mundh\u00f6hlenform durch die Resonatorform dargestellt wird, als gefl\u00fcsterten. Mittels der Sirene konnten klingende Vocale dadurch hergestellt werden, dafs durch Verstopfung von L\u00f6chern zusammengeh\u00f6rige Gruppen von 3 Schwingungen (f\u00fcr a), zwei Schwingungen (f\u00fcr e und o) etc. erzeugt wurden. Doch damit die Sirenent\u00f6ne als Vocale deutlich werden, m\u00fcssen sie durch die auf sie abgestimmten Resonatoren geleitet werden. Bei Durchleitung durch andere Resonatoren entstehen andere Vocale.\tW. Steen (Breslau).\nA. Bdtrt. Recherches sur la sensibilit\u00e9 tactile pendant l\u2019\u00e9tat de distraction.\nAnn\u00e9e psychologique 6, 405\u2014440. 1900.\nB. untersucht, ob die Tastsch\u00e4rfe im Zustande der Ablenkung und in <Jem der Aufmerksamkeit merklich verschieden sei. Als Ablenkung diente Fortgesetzte Addition, w\u00e4hrend deren geurtheilt werden mufste, ob die Ber\u00fchrung von einer oder zwei Spitzen empfunden worden sei. Die Methode 'Vvar die der richtigen und falschen F\u00e4lle. Das vor Allem an einem 14j\u00e4hrigen M\u00e4dchen gefundene Ergebnifs besagt, dafs zwischen den Zust\u00e4nden der Aufmerksamkeit und der Zerstreuung ein verschiedenes Verhalten gegen\u00fcber den Tasteindr\u00fccken bestehe, dafs aber diese Verschiedenheit nicht die Hautempfindlichkeit selber betreffe. In der Ablenkung ist \u00abine starke Tendenz zu einem generalisirenden Automatismus im Antworten vorhanden. Eine Versuchsanordnung, die an sich eine st\u00e4rkere H\u00e4ufigkeit des Urtheils \u201ezwei\u201c provocirte, erh\u00f6hte diese H\u00e4ufigkeit noch im Zustande der Abgelenktheit (so dafs hier der paradoxe Schein einer gesteigerten Empfindlichkeit geweckt wurde); eine andere Versuchsanordnung, bei der das Urtheil \u201eeins\u201c h\u00e4ufiger war, steigerte wieder in der","page":121}],"identifier":"lit31890","issued":"1902","language":"de","pages":"120-121","startpages":"120","title":"G. Lange: Zur Geschichte der Solmisation. Sammelbd. d. Internat. Musikgesell. 4 (Aug.-Oct.), 535-622. 1900.","type":"Journal Article","volume":"27"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:19:46.216360+00:00"}