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Ch. Féré: L'instinct sexuel, évolution et dissolution. Paris, Alcan, 1899. 340 S

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{"created":"2022-01-31T16:27:49.706823+00:00","id":"lit31905","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"von Schrenck-Notzing","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 27: 134-136","fulltext":[{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nLiteraturberichL\nvon den beiden anderen Ideen. Allerdings ist nicht zu leugnen, dato die katholische Religion mit ihren \u00fcbertriebenen Bet- und Bufs\u00fcbungen allm\u00e4hlich im Gl\u00e4ubigen einen pathologischen Zustand erzeugen kann, unter dessen Einflufs dann die religi\u00f6sen Ideen zu pathologischen werden. Im Uebrigen kann sehr leicht ein zur Geisteskrankheit neigender Mensch die religi\u00f6se Idee zu seiner Wahnidee erheben, aber ebensogut auch jede andere Idee, so dafs man von einer speciellen Disposition der religi\u00f6s Beanlagten zur Geisteskrankheit nicht gut reden kann. Die \u00e4hnlichen Be Ziehungen zwischen Religion und Wahnsinn liegen meiner Ansicht nach vielmehr in der allgemeinen Richtung auf das Ueberschw\u00e4ngliche, die sich bekanntlich bei gewissen Formen des Wahnsinns findet. Der Volksmund bezeichnet ja auch wohl das Verr\u00fcckt werden als das \u201eSteigen in die vierte Dimension.\u201c \u2014 Der letzte Theil der Arbeit bildet einen merkw\u00fcrdigen Contrast zu dem Geiste, der die vorausgehenden beseelt, obwohl seine Richtigkeit anerkannt werden mufs.\tGlebslkr (Erfurt).\nCh. F\u00e9r\u00e9. L\u2019iutlnet sexuel, \u00e9volution et dissolution. Paris, Alcan, 1899.\n340 S.\nInstinct ist nach F\u00e9r\u00e9 ein complicirter Reflex, durch welchen angeborene F\u00e4higkeiten auf \u00e4ufseren Reiz ausgel\u00f6st werden. Der geschlechtliche, der Rassenerhaltung gewidmete Instinct entwickelt sich beim Menschen sp\u00e4ter als der Selbsterhaltungstrieb. F\u00e9r\u00e9 unterscheidet darin zwei Formen, 1. Instincte, die sich auf sexuelle Anlockung und Verfolgung beziehen und 2. solche, die eine dauernde Vereinigung und den Schatz der Nachkommenschaft erstreben. Alle peripheren Reizungen, alle Vorstellungen, Gem\u00fcthsbewegungen, welche auf den Organismus einwirken, beeinflussen auch das Geschlechtsleben. Bei civilisirten Wesen sind Erregung der Sinne, wie moralische und intellectuelle Eigenschaften f\u00fcr die Geschlechtswahl von grofser Bedeutung. Nach der Ansicht des Verf.\u2019s erw\u00e4chst aus der Vereinigung zweier mittelm\u00e4fsiger Menschen oft eine werthvollere Nachkommenschaft als aus der ungl\u00fccklichen Ehe zwischen hochbegabten Individuen. Jedes Mal wenn eine Gattung aufh\u00f6rt, durch ihre Fruchtbar keit zu k\u00e4mpfen, bringt sie besser entwickelte Nachk\u00f6mmlinge hervor und l\u00e4fst ihnen mehr Sorgfalt angedeihen. Die Vervollkommnung der Er Ziehung vermindert die Nothwendigkeit der Anzahl. Das ist eine Thatsache, die man bei Fischen, Reptilien und allen nieder organisirten Thieren wahrnehmen kann. Die V\u00f6gel, deren Nest am sorgf\u00e4ltigsten gemacht ist, legen die wenigsten Eier. Ebenso bei den Menschen. Die T\u00f6chter der wilden Rassen verheirathen sich sehr fr\u00fch. In dem Maafse wie die Civilisation vorr\u00fcckt, wird das Heirathsalter hinausgeschoben, obgleich der Geschlechte-trieb schon fr\u00fcher erwacht. Die Anzahl der Nachkommen vermindert sich, wobei die Erziehung des einzelnen w\u00e4chst.\nInteressant ist die allerdings nicht einwurfsfreie atavistische Auffassung der Entartung des Geschlechtstriebes. Nach F\u00e9r\u00e9 werden Tendenz zu regelloser Polygamie, zu geschlechtlicher Z\u00fcgellosigkeit und Neigung zur Prostitution bei der senilen und pathologischen Regression geifltes schwacher Individuen vorzugsweise beobachtet. Jedes noch so geringe Ab-","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n135\nweichen verr\u00e4th nach dem Autor einen Fehler in der Entwickelung. Dieser atavistische Entwickelungsfehler dr\u00fcckt sich f\u00fcr den ganzen Organismus als ein Mangel der Anpassungsf\u00e4higkeit an das actuelle Milieu aus. F\u00fcr den Geschlechtstrieb bildet die vorzeitige oder versp\u00e4tete Entwickelung die Basis zu Perversionen. Die erste Stufe der Entartung beginnt damit, dafs der Familieninstinct, das Interesse am Schutz der Neugeborenen, an der dauernden ehelichen Verbindung zur\u00fccktritt. Als noch ernsteres Symptom fafst F\u00e9r\u00e9 den Verlust des sexuellen Anlockungs- und Verfolgungstriebes auf, weil dadurch die Chancen der Zuchtwahl verringert werden. Wenn das unbefriedigte Verlangen psychisch defecter, mit mangelhaften Instincten und mangelhaften Mitteln der Verfolgung begabten Individuen zur definitiven Resignation f\u00fchrt, so ist das ein anderer Procefs der Entartung. In vielleicht \u00fcbertriebener Auffassung dieses Princips geht F\u00e9r\u00e9 so weit, selbst den Nothzuchtsact als atavistisches Ph\u00e4nomen hinzustellen.\nDie Entartung des Geschlechtstriebes kann sich \u00e4ufsem einerseits im 'Fehlen des Anlockungs- und Paarungsinstinktes (bei getrennter Entwickelung und Ern\u00e4hrungsst\u00f6rungen), in absoluter sexueller Apathie, in asexueller mechanischer Onanie, andererseits in sexueller Perversion und in der Eliminirung der geschlechtlichen Tendenzen, welche beim Mann in Verweiblichung und beim Weib in Verm\u00e4nnlichung bestehen. Die Effemination beginnt mit der Thatenlosigkeit und dem Mangel an Initiative, die Viragi-nit\u00e4t tritt in den Bestrebungen der Frauenbewegung deutlich hervor. Diese Bewegung Belbst ist ebenfalls nach F\u00e9r\u00e9 ein bedeutender Factor der Entartung.\nIn logischer Weiterf\u00fchrung seines Standpunktes verlangt der Verf., dafs Individuen mit perversen Neigungen an der Fortpflanzung gehindert w\u00fcrden, da sie die Zukunft der Rasse bedrohen. Die Aufgabe der Suggestionstherapie sei hier, v\u00f6llige Enthaltsamkeit zu erziehen anstatt der Herstellung normaler sexueller Rapporte.\nWenn die \u00e4rztliche Intervention auch hier den Privatinteressen dient, so geschieht das nach F\u00e9r\u00e9 auf Kosten der Gesellschaft.\nGewifs steckt in der atavistischen Lehre, wie sie vom Verf. in geistreicher Weise dem ganzen Werke zu Grunde gelegt wird, ein Wahrheitskern. Indessen sind andere Erkl\u00e4rungsm\u00f6glichkeiten f\u00fcr zahlreiche Formen sexueller Abweichungen kaum ber\u00fccksichtigt; so werden z. B. das Streben der Natur nach Variabilit\u00e4t, die grofse Anpassungsf\u00e4higkeit des menschlichen Trieblebens, die Neigung zur Abwechselung, die Bestimmbarkeit derselben durch \u00e4ufsere Einfl\u00fcsse etc. kaum ber\u00fccksichtigt. Solange es nicht wissenschaftlich feststeht, welcher Antheil in einer entwickelten psycho-sexuellen Erkrankung der Vererbung, welcher Antheil der Anpassung, dem Milieu zukommt, solange erscheint es verfr\u00fcht, weitgehende Theorien \u00fcber die heredit\u00e4ren Folgen des perversen Geschlechtslebens sowie \u00fcber sexuelle Rassenverbesserung aufzustellen. Die Gefahren, welche nach F\u00e9r\u00e9 die Zukunft unserer Rasse bedrohen, bed\u00fcrfen vorl\u00e4ufig noch selbst eines Beweises! Seine Vorschl\u00e4ge d\u00fcrften auch kaum durchf\u00fchrbar sein, so z. B. gegen\u00fcber der Prostitution, die nachgewiesenermaafsen so alt ist, wie die Menschheit \u00fcberhaupt. Dafs sexuelle Zwangsrichtungen sich stets vererben, ist vorerst nicht bewiesen; dagegen ist bewiesen, dafs sexuelle","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nLiteraturbericht.\nAbweichungen, die nach F\u00e9r\u00e9 und v. Krafft-Ebing zu der im Embryo pr\u00e4-formirten Entartungsform geh\u00f6ren sollen, vollkommen correcturf\u00e4hig sind, bis zu einem solchen Grade, dafs derartige Individuen im Stande sind, eine Familie zu gr\u00fcnden und normale Kinder zu erzeugen. Sobald der Arzt, wie F\u00e9r\u00e9 es w\u00fcnscht, anfinge, als Keformator auf socialem Gebiet nur im Interesse der Allgemeinheit, das ja oft genug dem des Individuums widerstreitet, aufzutreten, so k\u00e4men ganz unhaltbare Zust\u00e4nde. H\u00f6chstens ein Viertel aller Menschen d\u00fcrften sich fortpflanzen ! Denn e* giebt wohl heute kaum eine Familie, in der sich nicht eine Vererbungs-tendenz nach irgend einer pathologischen Richtung hin nachweisen liefe\u00ab. V\u00f6llige sexuelle Enthaltsamkeit von Individuen zu verlangen, die erfahrungs-gem\u00e4fs neben ihrer perversen Geschmacksrichtung oft auch unter einer anormalen St\u00e4rke ihres Geschlechtstriebes (bis zu Zwangshandlangen) leiden, ist ebenfalls ein undurchf\u00fchrbares Ideal! Und aufserdem ist sexueller Rapport noch durchaus nicht immer identisch mit Befruchtung. Es mag F\u00e4lle geben, in denen der Geschlechtsverkehr w\u00fcnschenswert ist, dagegen die Fortpflanzung besser vermieden wird 1 Gegen Anwendung eines sicheren anticonceptionellen Mittels bei solchen Individuen d\u00fcrfte vom Standpunkt einer vern\u00fcnftigen sexuellen Hygiene kaum etwas einni-wenden sein.\nMit den hier kurz besprochenen Grundlagen des F\u00c9R\u00c9\u2019schen Werkes steht und f\u00e4llt der Inhalt der \u00fcbrigen Capitel, welcher lediglich die einzelnen Hypothesen weiter ausbaut und im Ganzen sich eng an die bekannte Lehre und Eintheilung von v. Krafft-Ebing anschliefst. Da die letztere hinreichend bekannt ist, so kann an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen werden.\tvon Schbenck-Notzing (M\u00fcnchen).\nG. T. W. Patrick. The Psychology Of Profanity* Psychol. Review 8 (2), 113\u2014127.\n1901.\nDer Verfasser stellt sich die beiden Fragen: Warum flucht man und warum gebraucht man dazu die besonderen Worte, die man gebraucht? Er weist darauf hin, dafs die Beantwortung dieser Fragen von Wichtigkeit ist f\u00fcr die Probleme des Ursprungs der Sprache und der Beziehung zwischen Gem\u00fcthsbewegungen und ihrem Ausdruck. Er unterscheidet zun\u00e4chst die beiden Arten von swearing (das englische Wort ist doppeldeutig), n\u00e4mlich feierliche Versicherung und blofsen Ausruf. Die zweite Art (profanity) will er n\u00e4her untersuchen. Er unterscheidet sieben Classen von Fl\u00fcchen: 1. Namen von Gottheiten, Engeln und Teufeln. 2. Namen, die zur Religion irgendwie in Beziehung stehen, wie Sacrament, Kreuz. 3. Namen von heiligen und biblischen Personen, wie Maria und Joseph. 4. Namen von heiligen Orten. 5. W\u00f6rter, die zum k\u00fcnftigen Leben in Beziehung stehen, wie Himmel, H\u00f6lle, verdammt. 6. Vulg\u00e4re Ausdr\u00fccke, die man in guter Gesellschaft nicht gebraucht. 7. W\u00f6rter, die aus verschiedenen Gr\u00fcnden eine starke Wirkung haben, wie tausend. Solche W\u00f6rter haben jedoch gew\u00f6hnlich auch eine Beziehung zu religi\u00f6sen Begriffen. Die Geschichte des Fluchens lehrt uns, dafs ein gewisser Zusammenhang besteht zwischen diesem Laster und der Religiosit\u00e4t eines Volkes. Bei den alten Israeliten war es so gew\u00f6hnlich, dafs ein besonderes Verbot dagegen noth wendig war.","page":136}],"identifier":"lit31905","issued":"1902","language":"de","pages":"134-136","startpages":"134","title":"Ch. F\u00e9r\u00e9: L'instinct sexuel, \u00e9volution et dissolution. Paris, Alcan, 1899. 340 S","type":"Journal Article","volume":"27"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:27:49.706829+00:00"}

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