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{"created":"2022-01-31T16:27:16.267553+00:00","id":"lit31916","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 27: 142-143","fulltext":[{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nLiteraturbericht.\nPsyehismus verstehen als auch die ethischen Concepte, welche das Product der eigentlichen ethischen Erfahrung bilden. Die raschen Fortschritte der intellectuellen Cultur werden vom collectiven Psyehismus erst hervorgebracht. Dabei mufs man bedenken, dafs die ethischen Erfahrungen den biologischen, physico-chemischen und mechanischen Erkenntnissen nicht vorausgehen k\u00f6nnen. Auch die wildeste Gesellschaft besitzt bereits eine rudiment\u00e4re Ideologie. Der intellectuelle und moralische Fortschritt erfolgen nur auf Grund einer Verbesserung der materiellen Existenz.\nGiesslek, (Erfurt).\nNovicow. Les castes et la sociologie biologique. Rev. philos. 50 (10), 361\u2014373.\n1900.\nDie ganze Abhandlung bildet eine Polemik gegen eine Arbeit von Botjgkl\u00e9: Sur la sociologie biologique et le r\u00e9gime des castes (Rev. philos. April 1900). B. hatte die Frage aufgeworfen, ob die Gesellschaften Organismen seien, und ob die Gesetze der Biologie sich auf die Sociologie anwenden liefsen. Er macht darauf aufmerksam, dafs die biologische Entwickelung in der Weise geschieht, dafs die einzelnen Theile eines thierischen Organismus, welche Anfangs in einer gewissen Unabh\u00e4ngigkeit von einander existiren, allm\u00e4hlich sich einheitlich dem Gehirn unterordnen. Umgekehrt verl\u00e4uft die sociale Entwickelung. Urspr\u00fcnglich sind die Individuen eng mit einander vereinigt, mit dem zunehmenden Umfang der Gesellschaften werden die Individuen freier. Ein Organismus ist um so vollkommener, je differentiirter seine Functionen sind. Dies Alles ist richtig. Jedoch darf man nach N. im socialen Organismus Functionen und Kasten nicht verwechseln, wie B. dies thut. Denn die F\u00e4higkeiten, welche die Angeh\u00f6rigen einer Kaste haben, brauchen nicht dieselbe Qualit\u00e4t zu besitzen : z. B. kann sehr leicht ein der Kaste der Priester angeh\u00f6riger Spr\u00f6fsling kaufm\u00e4nnische F\u00e4higkeiten besitzen. Freiheit ist im Grunde nichts Anderes als Differen-tiirung der Function in Unabh\u00e4ngigkeit vom Staate. Der Staat mufs die Bechte seiner B\u00fcrger sch\u00fctzen. B. hat also Unrecht, wenn er behauptet, dafs die organische Theorie sich mit der Freiheit nicht vertr\u00e4gt. Ferner verquickt B. die politische Gleichheit mit der socialen. In einer gut organisirten Gesellschaft mufs politische Gleichheit bestehen. Im Gegensatz hierzu je vollkommener die Gesellschaft ist, um so gr\u00f6fser die sociale Ungleichheit, ebenso die moralische und financielle. N. macht weiterhin darauf aufmerksam, dafs beim menschlichen K\u00f6rper die Arbeitsleistung bis zum \u00e4ufsersten getrieben, die Anpassung der Organe an die Function, ebenso das Gleichgewicht zwischen der centralen Kraft und den einzelnen Theilen vollendet ist. K\u00f6nnten die menschlichen Gesellschaften dieses Modell nachahmen, so w\u00fcrde die Summe des Gl\u00fccks sich verzehnfachen. Auch dies verkennt B.\tGiessler (Erfurt).\nPAlante. Le mensonge de groupe: \u00e9tude sociologique. Rev. philos. 50 (8), 165\u2014173. 1900.\nDie verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig d\u00fcrftige Studie f\u00fchrt im Anschlufs an Schopenhauer 3 Beispiele von gesellschaftlichen L\u00fcgen an: Die optimistische L\u00fcge","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"L\u00c0ttratwfbwiekt.\n143\nhat ihren Grand darin, dafs jede Gesellschaft bei ihren Mitgliedern einen Grad von Optimismus erhalten mufs, um sie zum Handeln anzustacheln und das Maximum von Anstrengung zu erzielen. Sie umgiebt sich daher mit einem Glanz, der bei vielen Dingen unmotivirt ist. Eine zweite Art der gesellschaftlichen L\u00fcge entsteht dadurch, daJOs der Einzelne die Entscheidungen der \u00f6ffentlichen Meinung respectirt und sein eigenes Urtheil unterordnet. Drittens liegt es im Interesse der guten Gesellschaft, die ungef\u00e4hrliche Mittelm\u00e4fsigkeit zu beg\u00fcnstigen und intelligente Leute nicht in die H\u00f6he kommen zu lassen.\nDer allen diesen L\u00fcgen gemeinsame Zug besteht in dem Widerspruch zwischen den Gedanken und den Worten bezw. Handlungen dessen, der ihnen huldigt Die Ursachen der gesellschaftlichen L\u00fcgen sind nach Seeley vor Allem die, dafs f\u00fcr das Bestehen einer Gruppe von Wesen die Gleichf\u00f6rmigkeit ein wichtiger Factor ist, auch schon der Glaube daran. Auch \u00fcbersch\u00e4tzen manche Gesellschaften ihren Werth. Das Individuum erkennt jedoch die Ungereimtheiten durch Vergleichen, Urtheilen, Ueberlegung: In dem Maafse, als die gesellschaftliche Entwickelung vorw\u00e4rts schreitet, wird das individuelle Bewufstsein umfangreicher, freier und dadurch geschickter, die Ungereimtheiten zu entdecken, namentlich je gr\u00f6fser die Zahl der gesellschaftlichen Kreise ist, in denen das Individuum verkehrt. Den Gegenstand mehrerer Dramen Ibsen\u2019s bildet der Kampf gegen die gesellschaftlichen L\u00fcgen.\tGiessler (Erfurt).\nA. N. Kl\u00e4r. Heber die Ergebnisse des nSamlagsu-Sjstems in den norwegischen\nSt\u00e4dten. Der AUcoholismus 1 194. 1900.\nDas durch die Gesetze von 1871 und 1894 in Norwegen eingef\u00fchrte Samlag-System besteht darin, dafs unter gewissen Bedingungen das Monopol des Branntweinausschanks und des Detailverkaufs in einer Stadt einer f\u00fcr gemeinn\u00fctzige Zwecke gebildeten Actiengesellschaft zugestanden werden kann. Man wollte so den Branntweinconsum einschr\u00e4nken, Ordnung in den Schankst\u00e4tten einf\u00fchren und die reichlichen Einnahmen f\u00fcr gemeinn\u00fctzige Zwecke verwenden. Neuerdings wird die Einf\u00fchrung des Samlag-Systems von der Volksabstimmung abh\u00e4ngig gemacht. Spricht diese sich dagegen aus, so ist damit in der betreffenden Stadt \u00fcberhaupt jeder Ausschank und Kleinverkauf f\u00fcr die n\u00e4chsten 5 Jahre verboten. In der That verh\u00e4lt eich die Volksabstimmung recht oft ablehnend dank der Th\u00e4tigkeit der Enthaltsamkeitsvereine und besonders dank der Mitwirkung der Frauen. Daraus aber schliefsen zu wollen, das System habe sich nicht bew\u00e4hrt, ist nicht berechtigt, wie Verf. an der Hand der bisher mit dem System gemachten Erfahrungen darthut.\tErnst Schultze (Andernach).\nKlausener. Ursachen der Trunksucht und Mittel zur Bek\u00e4mpfung derselben.\nDer Alkoholismus 1 201. 1900.\nKurze Skizze \u00fcber einige Ursachen und Mittel zur Bek\u00e4mpfung der Trunksucht. Mit Recht wird darauf besonderer Werth gelegt, dafs eine zweckm\u00e4fsige Erziehung des weiblichen Geschlechts in Haushaltungs-","page":143}],"identifier":"lit31916","issued":"1902","language":"de","pages":"142-143","startpages":"142","title":"Palante: Le mensonge de groupe: \u00e9tude sociologique. 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