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{"created":"2022-01-31T16:27:42.746777+00:00","id":"lit31923","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Stern, L. W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 27: 201-202","fulltext":[{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\nL. W. Stern. Die psychologische Arbeit des 19. Jahrhunderts, insbesondere in Deutschland. Zeitschr. f. p\u00e4dag. Psychol, u. Pathol. 2, 329\u2014352, 413\u2014436. Zugleich separat erschienen als Nr. I/II des: Vortragscyklus der Psychologischen Gesellschaft zu Breslau \u00fcber die Entwickelung der Psychologie etc. , im 19. Jahrhundert. Berlin, H. Walther, 1900. 48 S. (Selbstanzeige.)\nAls st\u00e4ndigem Bef. \u00fcber die in der Zeitschrift f\u00fcr p\u00e4dagogische Psychologie erscheinenden Abhandlungen liegt es mir diesmal ob, \u00fcber eine eigene Arbeit zu berichten.\nDie psychologische Gesellschaft zu Breslau hat in den letzten Wintern einen Cyklus von Vortr\u00e4gen veranstaltet, in welchem Jahrhundertr\u00fcckblicke \u00fcber die Entwickelung der Psychologie und wichtiger zu ihr in Beziehung stehender Gebiete (Psychiatrie, Gehirnphysiologie, Sprachpsychologie, Beligionspsyehologie, Kriminalanthropologie u. s. w.) gegeben wurden. \u201eDiese Vortr\u00e4ge, von Fachleuten, aber nicht f\u00fcr Fachleute gehalten, sollen zur Orientirung des wissenschaftlich gebildeten Publikums dienen.\u201c Die Vortr\u00e4ge erscheinen, aufser in der genannten Zeitschrift, auch als Einzelbrosch\u00fcren und werden sp\u00e4ter in einem Sammelband vereinigt ausgegeben werden.\nDie beiden Vortr\u00e4ge \u00fcber die psychologische Arbeit des 19. Jahrhunderts, welche den Cyklus er\u00f6ffneten, habe ich in der vorliegenden Publication zu einer knappen, aber wenigstens alles Wesentlichste andeutenden \u00dcbersicht \u00fcber Entwickelungsgang und Charakter der modernen Psychologie auszugestalten versucht. Hierbei ist allerdings mit Absicht die Betrachtung nur auf die Psychologie als Specialwissenschaft beschr\u00e4nkt worden, da ihre philosophische Seite in einem besonderen, noch nicht ver\u00f6ffentlichten Vortrage (\u201eDas Problem der Seele im 19. Jahrhundert\u201c) zur Darstellung kam.\nDer Gang der Betrachtung ist der folgende: Aus der ersten H\u00e4lfte des Jahrhunderts hat die Psychologie als Fachwissenschaft nur zwei bedeutende Namen aufzuweisen, Herbart und Beneke, deren Lehren kurz skizzirt werden. Die zweite Jahrhunderth\u00e4lfte bringt innerhalb eines Jahr-zw\u00f6lfts (1851\u201463) die v\u00f6llige Physiognomiever\u00e4nderung der Seelenwissenschaft zu Stande: neue M\u00e4nner, neue Probleme, neue Methoden erstehen; die herrschende Tendenz in dieser Bewegung ist der Zug zur \u201eVernatur-","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nLiteraturbericht.\nwissenschaftlichung\u201c. Dieser Zug gliedert sich sofort in drei deutlich unterscheidbare Richtungen: die physiologische, die psychophysische und die eigentlich psychologische. An der Spitze einer jeden steht je ein bahnbrechender Forscher : Helmholtz, Fechner, Wundt ; ihr Werk und ihre Lehre f\u00fcllt die zweite H\u00e4lfte des ersten Vortrags.\nDer zweite Vortrag, der die psychologischen Bestrebungen und Leistungen der letzten Jahrzehnte zum Gegenstand hat, verl\u00e4fst die bisherige Betrachtungsweise ; nicht mehr nach einzelnen Psychologen, sondern nach psychologischen Tendenzen, Disciplinen, Methoden und Anschauungen mufste hier der Stoff gegliedert werden. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge wird als die Eigenart der modernen Psychologie constatirt: multum et multa: ungeheure Betriebsamkeit, sch\u00e4rfste Analyse, \u00fcberw\u00e4ltigende Materialf\u00fclle, aber auch ungeheure Buntscheckigkeit, Kleinstaaterei und Zerfahrenheit, Mangel an grofsen Gesichtspunkten und an synthetischer Kraft.\nEs ziehen zun\u00e4chst die einzelnen Unterdisciplinen an uns vor\u00fcber, die physiologische, die genetische (nebst Kindespsychologie) die Gemeinschaften V\u00f6lker- und Social-)Psychologie, die der individuellen Differenzen, die Psychopathologie. Es folgt eine Betrachtung der modernen Behandlungsweisen: die Ausdehnung des Experiments auf immer centr&lere Gebiete der Seele, die Selbstbeobachtung, der scholastische Formalismus (Brentano nebst Schule, Rehmke). Die Schlufsausf\u00fchrungen gelten den theoretischen Grundanschauungen, soweit sie heut die specialwissenschaft liehe Arbeit beeinflussen. Als Hauptscheidungsmerkmal wird hier die Annahme oder Leugnung eines einheitlichen Seelen- oder Subjectsprmcips eingef\u00fchrt; es stehen sich die \u201esubjectlosen\u201c und die \u201eSubject-Psychologen\u201c gegen\u00fcber.\nDa es bisher an einem historischen Abrifs \u00fcber die Psychologie des 19. Jahrhunderts fehlte, so wird die kleine Arbeit vielleicht nicht ganz unn\u00fctz sein, um Studirenden und anderen Interessenten eine orientirende Uebersicht zu gew\u00e4hren.\tL. W. Stern (Breslau).\nW. R. B. Gibson. The Principle of Least Action as a Psychological Principle.\nMind, N. S. 9 (36), 469-495. 1900.\nDas Princip der kleinsten Wirkung (least action, cf. Helmholtz), ein Grundprincip der Mechanik, wurde bekanntlich auch auf die Psychologie ausgedehnt. Mit welchem Recht, das will der Verf. pr\u00fcfen. Die mathematische Fassung des Gesetzes ist ebenso verschieden wie sein Name. Im Allgemeinen wird damit die Thatsache bezeichnet, dais ein K\u00f6rper, der sich von einem Punkt zu einem anderen bewegt, auf dem Weg sich bewegt, welcher die geringste Gesammtsumme von Wirkung einschliefst, wobei Wirkung (action) in LEiBNiz\u2019schem Sinne als Product von Masse, Geschwindigkeit und Weg verstanden ist.\nDieses mechanische Princip, \u00fcber dessen ganze Tragweite und entsprechenden Rang in der Reihe der Principien die Physiker keineswegs eins sind, wurde gelegentlich mutatis mutandis auch zu einem psychologischen Principe erhoben und zwar in drei Fassungen, als Princip kleinst-","page":202}],"identifier":"lit31923","issued":"1902","language":"de","pages":"201-202","startpages":"201","title":"L. W. Stern: Die psychologische Arbeit des 19. Jahrhunderts, insbesondere in Deutschland. Zeitschr. f. p\u00e4dag. Psychol. u. Pathol. 2, 329-352, 413-436. Zugleich separat erschienen als Nr. 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