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{"created":"2022-01-31T16:26:30.269690+00:00","id":"lit31935","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Offner","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 27: 213-214","fulltext":[{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n213\nunangenehm, der Duraccord angenehm, \u201eund zwar umsomehr, je mehr sich die Zusammenstellung derjenigen der harmonischen Theilt\u00f6ne eines Klanges n\u00e4herte\u201c. An der Geige vermochte er hei gleichzeitigem Streichen der beiden oberen Saiten die reine Quinte genau zu bestimmen. \u2014 Die Proben und Analysen siamesischer Musik best\u00e4tigen vielfach fr\u00fchere Be1 obachtungen auch an anderen exotischen Tonwerken: die stetige Beschleunigung des Tempo im Verlaufe der St\u00fccke, das ritardando am Schlufs; die ausschliefsliche Herrschaft des 4/4- bezw. 2/4-Tactes; den aus1 \u2022giebigen Gebrauch der Schlaginstrumente; die Betonung schlechter Tact1 theile; die Vorliebe f\u00fcr Wiederholungen und Nachahmungen der kurzen Motive; das h\u00e4ufige Vorkommen des Sextenschlusses. Der melodische Gesammteindruck war regelm\u00e4fsig der des Durgeschlechtes. Der letzte Ton oder Accord eines St\u00fcckes fiel stets auf das 1. oder 3. Viertel. Dynamische Unterschiede liefs die Natur der Instrumente nur in geringem Umfange zu. Beim Studium der mitgetheilten Notenbeispiele ist zu beachten, dafs die f\u00fchrenden Instrumente, also \u201edie Banats und Kongs jede l\u00e4ngere Note, vom Viertel angefangen durch ein Tremolo wiedergeben\u201c. Die Musik der Siamesen besteht durchweg aus kurzen T\u00f6nen und kurzen Zusammenkl\u00e4ngen. Diese Thatsache scheint mir keineswegs gleichg\u00fcltig zu sein f\u00fcr die Frage nach der Entstehung des siamesischen Tonsystems und der \u00fcberraschend geringen Bedeutung, die der Consonanz und Dissonanz dabei zukommt. \u2014 Bein musikgeschichtliche Er\u00f6rterungen, zu denen einige der St\u00fccke Anlafs geben, k\u00f6nnen hier \u00fcbergangen werden. Die zunehmende Verbreitung europ\u00e4ischer Einfl\u00fcsse l\u00e4fst auch auf musikalischem Gebiete die Feststellung des eigenw\u00fcchsigen Fremden doppelt w\u00fcnschenswerth erscheinen. Den Schlufs der reichhaltigen Monographie bilden methodische Bathschl\u00e4ge f\u00fcr die Erforschung exotischer Musik, die Beschaffung des Materials (wozu der Phonograph empfohlen wird) und seine Uebersetzung in unsere musikalischen Vorstellungen. Die vorliegende Untersuchung ist ein Muster solcher methodisch sicheren Forschung, deren Nothwendigkeit und Werth dem Psychologen und Aesthetiker ebenso einleuchten mufs wie dem Musikhistoriker und dem Ethnologen.\tKrueger (Kiel).\nYrj\u00f6 Hirn. The Psychological and Sociological Study of Art. Mind, N. S. 9 (36), 512\u2014522. 1900.\nEinleitend erinnert der Verf. dieses sehr ansprechenden Artikels an die wechselnde Werthsch\u00e4tzung, welche die Aesthetik erfahren hat. Bald nachdem sie durch Baumgarten im Kreise der Wissenschaften einen Platz\n> 'r '\nerrungen, gelangte sie rasch zu hohem Ansehen, besonders seitdem sie von Kant in der \u201eKritik der Urtheilskraft\u201c als Vermittlerin zwischen Vernunft und Sinnlichkeit bestimmt worden war. Als aber dieser Gegensatz als keineswegs unl\u00f6sbar erkannt und der Dualismus durch den Monismus \u00fcberwunden war, bedurfte man dieser Vermittlerin nicht mehr und die Aesthetik sank in der Achtung der Metaphysiker. Die Kunst aber, die zu Baumgarten\u2019s Zeit gewissermafsen abgeschlossen schien und darum zum Aufstellen abstracter Gesetze wohl geeignet war, gewann bald wieder neue Lebenskraft und wuchs derart, dafs sie die aus viel Deduction und wenig Induction gewonnenen Gesetze der Aesthetik zu Schanden machte und","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nLiteraturberich t\ndiese auch bei den Nicht-Metaphysikern in Mifscredit brachte. Der K\u00fcnstler k\u00fcmmert sich nicht um sie, sowenig wie der Kunstfreund, der Kunstgelehrte wurde Kunsthistoriker und zerbricht sich nicht mehr den Kopf \u00fcber die Begriffe Kunst und Sch\u00f6nheit. Und doch spielen diese Begriffe eine grofse Bolle im menschlichen Leben, ganz besonders im modernen Leben, eine so grofse, dafs es sich wohl verlohnt, den Beziehungen forschend nachzugehen, welche k\u00fcnstlerische Th&tigkeit und \u00e4sthetisches Urtheil zu den \u00fcbrigen Factoren des individuellen und socialen Lebens haben. Hat so heute die Aesthetik, die moderne Aesthetik, eine neue, eigenartige Aufgabe, so hat sie auch ihre neue Methode, statt der mehr dialektischen die historisch-psychologische, welche die Kunst betrachtet als eine menschliche Th\u00e4tigkeit und das Sch\u00f6ne als einen Gegenstand menschlichen Verlangens und eine Quelle menschlicher Freude.\nWas speciell die Kunst angeht, so ist \u2014 um einige Gesichtspunkte dieser neuen Behandlung der Kunstphilosophie zu geben \u2014 ihre erste Aufgabe, die verschiedenen Begriffsbestimmungen oder Auffassungen derselben, wie sie in Sprache, Literatur und Wissenschaft vorliegen, festzustellen und zu pr\u00fcfen. Dabei zeigt sich dann, dafs sie alle einseitig sind, dafs die eine diese, die andere jene Kunstgattung bevorzugt und daraus nat\u00fcrlich eine ungen\u00fcgende Bestimmung des Wesens der Kunst entnimmt. So entstanden die widersprechendsten Definitionen, denen schliefslich nur ein einziges gemeinsames Merkmal bleibt, das rein negative Kriterium der Kunst, dafs sie Selbstzweck sei, keinen Nutzen anstrebe, kein anderes Interesse verfolge als einzig und allein das \u00e4sthetische. Kant's Definition des Sch\u00f6nen ist ja bekannt. Und selbst diesen letzten Punkt der Uebereinstimmung stellt Guyau in Frage. Gerade die Beobachtung der Kunst\u00fcbung tieferstehender V\u00f6lker zeigt ihm, dafs alles, was wir hier als Kunstleistungen zu betrachten pflegen, von diesen V\u00f6lkern selbst in durchaus aufser\u00e4sthetischer Absicht, nur aus N\u00fctzlichkeitsgr\u00fcnden hervorgebracht ist. Trotzdem kann dieses Ergebnifs der rein historischen Kunstbetrachtung G\u00fcya\u00fc\u2019s mit jenem so allgemein vertretenen negativen Kriterium der Kunst in Einklang gebracht werden. Beide Parteien sind einseitig. Der Selbstzweck hat freilich nicht jene grofse, entscheidende Rolle gespielt, wie von jenen angenommen wird; aber er kann trotzdem nicht aus dem Begriff des K\u00fcnstlerischen verdr\u00e4ngt werden, wie dieser m\u00f6chte. Es kann vielmehr als Grundsatz aufgestellt werden: In der sog. k\u00fcnstlerischen Th\u00e4tigkeit, die anf\u00e4nglich rein praktischen Zwecken diente, dr\u00e4ngt sich beim Schaffenden wie beim Betrachtenden der Selbstzweck immer mehr vor, tritt die N\u00fctzlichkeit immer mehr zur\u00fcck. Das Verh\u00e4ltnifs dieser beiden Factoren, des Fremdzweckes \u2014 es sei dem Bef. dieses Wort gestattet \u2014 und des Selbstzweckes, in den Kunstsch\u00f6pfungen und in der Th\u00e4tigkeit des K\u00fcnstlers zu bestimmen, ergiebt sich als Aufgabe der Kunstphilosophie, die zu l\u00f6sen ist durch kunst psychologische und kunstgeschichtliche Betrachtung. Das sind die leitenden Gedanken f\u00fcr eine moderne Philosophie der Kunst, wie sie der Verf. in einem ausf\u00fchrlicheren Werke demn\u00e4chst darlegen wird. Diese orientirendc Einleitung mit ihrem vorsichtigen Abw\u00e4gen und ihrem klaren Scheiden des Thats\u00e4chlichen und des Theoretischen lassen uns seinem gr\u00f6fsereu Werke mit Interesse entgegen sehen.\tOffner (M\u00fcnchen).","page":214}],"identifier":"lit31935","issued":"1902","language":"de","pages":"213-214","startpages":"213","title":"Yrj\u00f6 Hirn: The Psychological and Sociological Study of Art. Mind, N. S. 9 (36), 512-522. 1900","type":"Journal Article","volume":"27"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:26:30.269695+00:00"}