Open Access
{"created":"2022-01-31T16:35:43.532810+00:00","id":"lit31963","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Lipmann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 40: 116-118","fulltext":[{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nLiteratur!, ri< ht\ni 2\u00bb\tzn\ni \u25a0 z: -----\u2022 = -irrt----------_n\ndie Streuung und der reriproke Wert davon die Pr\u00e4zision darsteilen.\nVIII. Die vorstehenden Mitteilungen m\u00f6gen gen\u00fcgen, um dem Leeer eine ann\u00e4hernde Vorstellung von dem Charakter der behandelten Fragen und von der Art der Behandlung zu geben. Nur auf die Bedeutung, die M\u00fclleb \u2014 mit Recht \u2014 der Selbstbeobachtung beimifst, m\u00f6chte ich kun zu sprechen kommen, weil dieser Punkt die Methodik jedee psychophysischen Experimentes betrifft. Es ist f\u00fcr jeden Versuch von prinzipieller Bedeutung, sich stets die M\u00f6glichkeit vor Augen zu halten, dafs die Aufgabe, die der Experimentator stellt und die, welche die Versuchsperson l\u00f6st, nicht zusammenfallen. Bei vorz\u00fcglichen Selbstbeobachtern kann man das oft aus ihren Angaben unmittelbar entnehmen, sonst aber ist man auf mittelbare Anzeichen angewiesen. Jedesmal, wenn die Versuchsperson \u201eindirekte Kriterien\u201c ben\u00fctzt, hat eine Verschiebung der Fragestellung stattgefunden, m\u00f6gen diese Kriterien auch immer im Dienst der eigentlichen Frage Btehen. Die vorliegende Arbeit gibt zwei instruktive Beispiele daf\u00fcr, deren erstes schon aus fr\u00fcheren von M\u00fclles und Mabtin angestellten Untersuchungen bekannt ist, w\u00e4hrend das zweite als vollst\u00e4ndig neu auch nach Seite des Gegenstandes selbst interessieren d\u00fcrfte. Das erste betrifft die Rolle, die der \u201eabsolute Eindruck\u201c bei Gewichtsvergleichungen spielt und aus welcher hervorgeht, dafs die auf ein Relationsurteil abzielende Frage des Experimentators h\u00e4ufig gar nicht mit einem Relationsurteil beantwortet wird, mag auch die Antwort die \u00e4ufsere Form eines solchen haben. Das zweite Beispiel betrifft den Fall, dafs \u00fcber die \u00c4quivalenz zweier Reizunterschiede geurteilt werden soll, wie etwa wenn man zwischen zwei gegebenen Empfindungen A und C die scheinbare Mitte B zu suchen hat Hier hat langj\u00e4hrige Selbstbeobachtung den Verf. zur \u00dcberzeugung gef\u00fchrt, dafs kein eigentlicher Vergleich von Empfindungsunterschieden stattfindet, sondern dafs das schliefsliche Urteil von der Leichtigkeit bestimmt wird, mit der es gelingt das Empfindungspaar AB, bzw. BC als einen \u201eeinheitlichen Komplex\u201c aufzufassen; der Grad dieser Leichtigkeit (\u201eKoh\u00e4renzgrad\u201c) entscheidet dann dar\u00fcber, ob das B mehr dem A oder dem C zugeh\u00f6rt, ihm n\u00e4her steht. Hier wird nicht nur nicht \u00fcber Empfindungsunterschiede geurteilt, sondern es wird sogar \u00fcber ein Moment geurteilt, das gar nicht einmal ausBchliefslich von Empfindungsunterschieden, sondern aufserdem noch von einer Reihe anderer Umst\u00e4nde abh\u00e4ngt. Man sieht, dafs Beobachtungen dieser Art weit \u00fcber die Spezialinteressen hinausreichen, unter deren F\u00fchrung sie gemacht wurden. Untersuchungen im Rahmen eng umgrenzter Fragen beherrschen, wenn sie bis an die Wurzel dringen, oft ein ebenso ausgedehntes Feld wie die sog. \u201egrofsen Probleme\u201c \u2014 nur mit ungleich gr\u00f6fserer Sicherheit. Fa. Hillbbbaxd (Innsbruck).\nBbodxakk. Experimenteller und klinischer Beitrag snr Psychopathologie der polynenritischen Psychose I. Journal f\u00fcr Psychologie und Neurologie 1 (6), 225\u2014246, 1902 ; 3 (1), 1\u201448. 1904.\nDie KoBSAKOwsche polyneuritische Psychose (Cerebropathia psychica toxaemica) eignet sich in hervorragender Weise f\u00fcr eine Untersuchung der","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n117\nVer\u00e4nderungen, die eine einzelne psychische Funktion erleiden kann. Denn ihr hervorstechendstes Symptom sind eben St\u00f6rungen einer solchen Funktion, n\u00e4mlich des Ged\u00e4chtnisses, und zwar speziell des Ged\u00e4chtnisses f\u00fcr j\u00fcngstvergangene Eindr\u00fccke, d. i. der Merkf\u00e4higkeit. Wie aus den sehr ausf\u00fchrlich wiedergegebenen. Krankheitsprotokollen hervorgeht, tritt dieses Symptom sehr deutlich auch bei den beiden Patienten in die Erscheinung, deren Ged\u00e4chtnis Verf. einer experimentellen Untersuchung unterzogen hat.\nDiese begannen bei beiden Patienten, einem m\u00e4nnlichen und einem weiblichen, zur Zeit des H\u00f6hestadiums der Erkrankung, und zwar mit Versuchen nach dem EBBiKOHAUSschen Erlernungsverfahren. Nur war letzteres insofern modifiziert, als \u2014 wie auch bei den sp\u00e4teren Versuchen mit dem Trefferverfahren \u2014 die sinnlosen Silben nicht von den Versuchspersonen abgelesen, Bondern ihnen vorgesprochen wurden. Es ergab sich hierbei: \u201e1. dafs die Kranken im H\u00f6hestadium der polyneuritischen Psychose \u00fcberhaupt nicht imstande sind, zusammenh\u00e4ngende Vorstellungsreihen von bestimmter Beschaffenheit sich derart einzupr\u00e4gen, dafs sie frei reproduziert werden k\u00f6nnen\", \u201e2. dafs eine einmal gemachte Fehlreproduktion mit gr\u00f6fster Hartn\u00e4ckigkeit perseverierte\", \u201e3. dafs auch nach weit vorgeschrittener klinischer Genesung eine starke Herabsetzung der Merkf\u00e4higkeit nach dem Verfahren der unmittelbaren Erlernung bestehen bleibt. Die Steigerung der Merkf\u00e4higkeit im psychologischen Versuche h\u00e4lt nicht gleichen Schritt mit der Besserung der klinischen Symptome\u201c. \u2014 Ref. kann in diesen Ergebnissen nichts sehen, was typisch pathologisch w\u00e4re; er hat selbst mit durchaus Normalen \u00e4hnliche Versuche angestellt, die \u2014 wenigstens was Punkt 1 anbelangt \u2014 teilweise zu ganz entsprechenden (negativen) Ergebnissen gef\u00fchrt haben. \u00c0ufserdem bedeutet ja noch die Versuchsanordnung, dafs die Silben nur akustisch aufgenommen wurden, eine grofse Erschwerung.\nDie negativen Resultate des Erlernungsverfahrens veranlagten den Verf., noch w\u00e4hrend des H\u00f6hestadiums der Erkrankung seiner Patienten auch Versuche nach dem Trefferverfahren anzustellen. Dieselben wurden dann bei dem m\u00e4nnlichen Patienten nach Besserung des psychischen Zustandes und nochmals nach der klinischen Genesung wiederholt. Die Versuche ergaben, was die L\u00e4nge der Silbenreihen anbelangt, dafs der Unterschied in der Erlernbarkeit langer und kurzer Reihen bei dem Kranken ein viel gr\u00f6fserer ist als beim Gesunden, dafs sich ferner mit fortschreitender Genesung dies Verhalten wieder dem normalen ann\u00e4hert. Dasselbe zeigte sich f\u00fcr die Abh\u00e4ngigkeit der Trefferzahlen von der Wiederholungszahl, deren Gesetzm\u00e4fsigkeit w\u00e4hrend der Krankheit selbst auch gest\u00f6rt erscheint. Nat\u00fcrlich sind die Trefferzahlen auch absolut genommen beim Kranken kleiner als beim Gesunden unter sonst gleichen Umst\u00e4nden. \u201eMit beginnender Genesung nehmen die Treflerzahlen\u201c und die Zahl der Nullf\u00e4lle auf Kosten der Fehlreproduktionen \u201efortw\u00e4hrend zu, und zwar ver-h\u00e4ltnism\u00e4fsig mehr f\u00fcr die hohen Wiederholungszahlen als f\u00fcr die niedrigen und rascher an den langen Silbenreihen als an den kurzen.\u201c \u2014 Mit zunehmender Zwischenzeit zwischen Einpr\u00e4gung und Reproduktion nimmt die Zahl der Treffer st\u00e4ndig ab, die der falschen Reproduktionen st\u00e4ndig zu. Nach 24 Std. bestanden Reproduktionstendenzen zwischen den asso-","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nLit'ni tnrhcrirhl\nziiert gewesenen Silben \u00fcberhaupt nicht mehr, w\u00e4hrend solche bei einem Gesunden unter gleichen Versuchsbedingungen noch sehr deutlich nachweisbar waren. Doch zeigte ee sich auch bei den Kranken, dafs anch die vergessenen Assoziationen teilweise l\u00e4ngere Zeit hindurch latente Erinnerungsspuren im Ged\u00e4chtnisse hinterlassen ; denn nach einer gleichen Zahl von Wiederholungen ergaben Reihen, die fr\u00fcher schon einmal gelernt waren, mehr Treffer als neue Reihen. \u2014 Bei der Analyse der Fehlreproduktionen ergab sich, dafs die Krankheit die Zahl der Teiltreffer und der reihenrichtigen Fehler vermehrt, so dafs diese w\u00e4hrend des H\u00f6hepunktes der Erkrankung die Zahl der Treffer \u00fcbersteigt. Aus der grofsen Zahl reihenrichtiger falscher F\u00e4lle und aus der H\u00e4ufigkeit der habituellen Aushilfssilben schliefst Verf. \u2014 aus ersterem mit, aus letzterem gegen M\u00fcller und Pilzecker \u2014, dafs bei den Kranken eine Steigerung der Perseverationstendenz der Vorstellungen besteht, was \u00fcbrigens auch gut mit dem klinischen Krankheitsbilde \u00fcbereinstimmt.\nEndlich erfahren wir in der vorliegenden Arbeit noch von den Versuchen des Verf.s \u00fcber Wiedererkennen, die er mit seinem m\u00e4nnlichen Patienten w\u00e4hrend des H\u00f6hepunktes der Krankheit und nach der Genesung angostellt hat. Die Versuche bestanden darin, dafs dem Patienten Silben, die ihm 1\u20142 Minuten vorher mehrmals vorgelesen worden waren, nun untermischt mit neuen nochmals vorgelesen wurden, und er nun jede einzelne als bekannt oder unbekannt zu bezeichnen hatte. So ergab sich, \u201edafs nach eingetretener Genesung eine Zunahme der richtigen Wiedererkennungen um ann\u00e4hernd 30 %\u201c stattfand. Auf der H\u00f6he der Erkrankung trat ferner in 26 \u00b0/0 aller F\u00e4lle eine F\u00e4lschung der Erinnerung ein, nach vorgeschrittener Genesung dagegen nur in 6%.\nDie Zur\u00fcckf\u00fchrung der verwickelten Ged\u00e4chtnisabweichungen, die das klinische Bild der KoRSAXowschen Psychose zeigt, auf diese experimentell dargestellten St\u00f6rungen, stellt Verf. f\u00fcr eine sp\u00e4tere Ver\u00f6ffentlichung in Aussicht.\tLipmank (Berlin).\nC. Boldt. Studien Aber Merkdefekte. Monatsschr. f\u00fcr Psychiat. u. Neurol. 17 (2), 97\u2014115. 1905.\nVerf. hat sich f\u00fcr eine Modifikation der \u00e4lteren RAXSCHBUKGSchen Methode entschieden ; er beh\u00e4lt dessen Einteilung in 7 Gruppen bei, von denen 3 akustische, 4 optische Versuche betrafen. In betreff seiner \u00c4nderungen mufs auf die Abhandlung selbst verwiesen werden. Das ganze Gebiet der Merkf\u00e4higkeit ist damit auch noch nicht ersch\u00f6pft; es fehlen z. B. Pr\u00fcfungen der Merkf\u00e4higkeit f\u00fcr Ber\u00fchrungen, sowie f\u00fcr Geruch und Geschmack. Die Anforderungen, die Ranschburg an seine Versuchspersonen stellt, h\u00e4lt B. f\u00fcr zu grofs. \u2014 Die Merkf\u00e4higkeit setzt sich zusammen aus Perzeption und Reproduktion. Nur wo die Perzeption einwandsfrei ist, kann man exakte Resultate \u00fcber das Wesen der Merkf\u00e4higkeit erwarten. Z. B. beim Ersch\u00f6pfungsstupor mit schwerer Hemmung kann jede Spur von Merkdefekt fehlen. B. operiert nur mit Leuten, deren Aufnahmef\u00e4higkeit intakt ist. 13 geistig Normale und 35 Patienten hat er untersucht. W\u00e4hrend bei den geistig Normalen die ersten Resultate (nach 5 Minuten) schlecht ausfallen, die zweiten (nach 15 Minuten) schon besser, und die letzten","page":118}],"identifier":"lit31963","issued":"1906","language":"de","pages":"116-118","startpages":"116","title":"Brodmann: Experimenteller und klinischer Beitrag zur Psychopathologie der polyneuritischen Psychose I. Journal f\u00fcr Psychologie und Neurologie 1 (6), 225-246, 1902; 3 (1), 1-48. 1904","type":"Journal Article","volume":"40"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:35:43.532816+00:00"}