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{"created":"2022-01-31T15:26:07.126735+00:00","id":"lit31974","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Jerusalem","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 40: 196-198","fulltext":[{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nLitera tu rberich t.\nJ. Geybkb. \u00a7rn\u00ab!!\u00abftag der emplrlechee Psychologie. Boon, Haustein, 1902.\n240 8. Mk. 4,50.\nVerf. will eine erkenntn is theoretische Grundlegung der Psychologie geben und ihr Gebiet gegen das der Naturwissenschaft abgrenzen. Sein Standpunkt ist der \u201ekritische Realismus\u201c, den auch Ref. vertritt. G. macht aber dem Idealismus grofse Zugest\u00e4ndnisse, da nach ihm die \u201eEmpfindung\u00ab-inhalte\u201c nicht nur vom erlebenden Subjekt abhlingig sind, sondern in gewissem Sinne sogar vom Subjekt \u201eproduziert\u201c werden. Der Grundgedanke des Verf.s ist n\u00e4mlich die selbst\u00e4ndige Realit\u00e4t des Subjektes. Das \u201eIch\u201c ist nicht etwa der Zusammenhang der psychischen Ph\u00e4nomene, sondern ein durchaus selbst\u00e4ndiges Wesen, dem sich die Inhalte \u201emanifestieren\u201c.\nGegliedert ist das Buch in f\u00fcnf Abschnitte. I. \u201eDie Erfahrungs-Wissenschaft im allgemeinen\u201c. Die biologische Wurzel des Erkenntnis triebes wird mit Aristoteles (wie Ref. glaubt mit Unrecht) abgeleh&t. Ebenso M\u00fcnsterbekqs Beschr\u00e4nkung der \u201eWirklichkeit\u201c auf die \u201eStellungnahme\u201c des Ich. Auch die Vereinfachung und \u00f6konomische Ordnung der Erfahrung ist nicht, wie Avenabius, Mach und Rickebt wollen, der Endzweck der Erfahrungswissenschaft. Dieser liegt vielmehr in der \u201eAuffindung des die Erfahrungswirklichkeit bindenden Zusammenhanges\u201c. Dadurch erst wird die Erfahrungsmannigfaltigkeit zur Erkenntniseinheit. II. \u201eAllgemeinste Tatsachen der Erfahrung. Das Subjekt.\u201c Die Erfahrung zerf\u00e4llt in \u201eObjekte und Affekte\u201c. Beide werden vom Subjekt erlebt. Dieses Subjekt ist die Bedingung aller Erfahrung und wird daher selbst nicht erfahren. Das Subjekt ist \u201ereal\u201c, die Erfahrung \u201eph\u00e4nomenal\u201c. G. verteidigt das \u201eIch\u201c gegen Avenabius, das theoretische Ich gegen Mcnstm-berg als real und urspr\u00fcnglich. Verschieden vom \u201eErleben\u201c der Inhalte sind die \u201eAkte\u201c des Subjekts. Diese schaffen nach dem Verf. das Erlebte verm\u00f6ge der \u201einnersubjektiven Dispositionen\u201c, deren Summe er die \u201eseelische Produktionsenergie\u201c nennt. Diese Dispositionen k\u00f6nnen aber nur durch reale, vom Subjekt unabh\u00e4ngige Vorg\u00e4nge angeregt werden. Die \u201eRealit\u00e4t\u201c des Ich wird dann noch gegen Kant, dessen Lehre vom Selbst-bewufsteeih gut analysiert ist, und gegen die -immanente Philosophie\u201c (bes. Schuppe, Rehmkk) verteidigt. III. \u201eDas seelische und das naturwissenschaftliche Erfahrungsgebiet\u201c. Das Unterscheidende liegt am \u201eWillens-erlebnis\u201c. Was dem vom Subjekt in Selbstbestimmung gefafsten logischen und finalen Zusammenhang direkt unterliegt, das geh\u00f6rt zur subjektiven","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n197\nWelt; was hingegen einen hiervon unabh\u00e4ngigen, dinglichen und kausalen Zusammenhang besitzt, \u201eist Inhalt einer objektiven Welt\u201c (85), Diese \u201eobjektive\u201c Welt besteht aber aus unseren Empfindungen und Wahrnehmungen. Der Inhalt derselben wird vom \u201enaiven Realismus\u201c einfach als so beschaffen betrachtet, wie er uns erscheint. Dieser Standpunkt ist nach dem Verf. der einfachste und mttfste festgehalten werden, wenn er sich widerspruchsfrei festhalten liefse. Dies scheint ihm aber nicht der Fall zu sein. Die Wahrnehmungsinhalte bleiben immer vom Subjekt abh\u00e4ngig und ihre unabh\u00e4ngige reale Existenz l\u00e4fst sich schwer beweisen. Da sie aber vom Wollen unabh\u00e4ngig sind, so scheint ihnen doch eine selbst\u00e4ndige Realit\u00e4t zu entsprechen. Zur L\u00f6sung dieser Schwierigkeit stellt der Verf. die Hypothese auf, die physiologischen Prozesse h\u00e4tten die Wirkung, dafs dadurch gewisse im Subjekt vorhandene immanente Dispositionen aktuell werden. Dadurch erst werden die Empfindungsinhalte vom Subjekte produziert, bleiben aber in gesetzlichem Zusammenhang mit dem ihnen entsprechenden Geschehen in der Aufsenwelt. \u201eInfolge dieses Zusammenhanges gewinnt das erlebende Subjekt in den seinen inter-subjektiven Dispositionen zwar nicht qualitativ wohl aber gesetzm\u00e4fsig entsprechenden Wahrnehmungsinhalten Kenntnis vom Dasein und den gesetzm\u00e4fsigen Beziehungen der realen Dinge. Darum geh\u00f6ren die Wahrnehmungsinhalte in der Tat zugleich dem Subjekt wie den vom Subjekt unabh\u00e4ngigen Dingen an, d. h. besitzen eine \u201esubjektiv-objektive Realit\u00e4t\u201c. Demgem\u00e4fs gibt es zwei getrennte Erfahrungsgebiete, das der Psychologie und das der Naturwissenschaft. Erfahrungsmaterial der letzteren ist dann \u201edasjenige an unserem Wahrnehmungsinhalt, was Wirkung der realen Welt ist und vom Subjekte lediglich dies hat, dafs es erfahren wird\u201c (100).\nMan sieht, der \u201ekritische Realismus\u201c des Verf.s ist in ontologischer Hinsicht ein ausgesprochener Dualismus, wobei die Beziehungen zwischen dem Ich und der Umgebung als Wechselwirkung aufgefafst werden. Ref. kann darin keinen Mangel erblicken, weil er selbst diese L\u00f6sung f\u00fcr einfacher und entsprechender h\u00e4lt als den materialistischen Monismus oder den psycho-phyBischen Parallelismus (vgl. des Ref. Einleitung in die Philos. 2. Aufl., S. 1363.). Nur die vom Verf. gemachte Annahme \u201eimmanenter\u201c, \u201einnersubjektiver\u201c Formen und Dispositionen, durch welche dieEmpflndungs-qualit\u00e4ten erst geschaffen werden sollen, scheint dem Ref. unwahrscheinlich. Erst in der Wahrnehmung zeigt sich ein Akt der Spontaneit\u00e4t, der Akt, durch welchen die einzelnen Empfindungsqualit\u00e4ten zu einem einheitlichen Komplex zusammengefafst werden. Dieser Akt erkl\u00e4rt sich nach des Ref. Auflassung aus der \u201efundamentalen Apperzeption\u201c (vgl. Urteilsfunktion 217, Einleitung i. d. Phil. 78 fl.). Die Arbeiten des Ref. scheinen \u00fcberhaupt dem Verf. unbekannt geblieben zu sein. \u2014 Abschnitt IV behandelt die logische Stellung der Psychologie als Erfahrungswissenschaft (109\u2014196) und V Aufgabe und Methode der Psychologie (146\u2014237). Verf. verteidigt die Selbst\u00e4ndigkeit der Psychologie sehr geschickt gegen Natorp und bek\u00e4mpft den psychophysischen Parallelismus. Sehr energisch tritt er f\u00fcr Willensfreiheit ein und sucht die vom energetischen Standpunkte dagegen erhobenen Einw\u00e4nde zu entkr\u00e4ften. Sehr richtig protestiert er dagegen, dafs die","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nft I era f itrbtrie h t.\nKonstanz der Energie als der ganze Inhalt des Kausalit\u00e4tsgeeetzes betrachtet werde. Die Konstanz der Energie ist vielmehr nnr die Anwendung dieses Gesetzes auf ein spezielles Gebiet. Sehr treffende Bemerkungen \u00fcber die M\u00f6glichkeit und Notwendigkeit der Selbstbeobachtung (1&6S.) und eingehende Betrachtungen aber die Me\u00dfbarkeit psychischer Vorginge bilden den Schlufs des im ganzen anregenden und gut geschriebenen Buches. Als unzul\u00e4nglich und unrichtig mufs bezeichnet werden, wm Verl 134 fl. \u00fcber die Zeitvorstellung vorbringt. \u201eDas prim\u00e4re an der Zeit Vorstellung ist also die Folge oder das Vor- und Nacheinander\u201c (137). Nach den Er\u00f6rterungen Machs (Analyse der Empfindungen 1. Aufl. S. 106, 4. Aul 8. 194), die Ref, weitergef\u00fchrt hat (Lehrb. d. Psychologie 3. Aufl. 8. 1331t) empfinden wir die stetige Arbeit des Bewu\u00dftseins als Zeit, und dM Prim\u00e4re an der Zeitvorstellung ist dann nicht die Sukzession, sondern die Dauer. Schliefslich sei der Verf. darauf aufmerksam gemacht, da\u00df Avikaubj nicht von einer \u201ePrinzipalkoordination\u201c spricht, wie Verf. 8. 96, 98 u. 6. schreibt, sondern von einer empiriokritischen \u201ePrin z i p i alkoordination\u201c, d. h. von einer urspr\u00fcnglich (a principio) gegebenen Zuordnung von Ich und Umgebung.\tJkbusalkm (Wien).\nJ. K, Angill, Piychology. An Introductory Study of the Structure and Fiat tlon of Human Couctouneu. New York, Holt. 1904. 402 S.\nF\u00fcr den deutschen Leser d\u00fcrfte das Hauptinteresse an diesem Buch darin bestehen, dafs es einem eine klare Vorstellung geben kann von der Weise, wie gegenw\u00e4rtig in einer amerikanischen Universit\u00e4t Anfangsunterricht in der Psychologie erteilt wird. Wie diese Wissenschaft gelehrt wird, ist ziemlich dieselbe Frage als: was gelehrt wird. Verf. deutet im Vorwort an, dafs in den letzten Jahren das fr\u00fcher fast ausschliefslich der Struktur des Bewufstseins zugewandte Interesse einer gerechteren Behandlung der geistigen Funktionen gewichen ist. (Dem Bef. scheint es freilich, dafs die gegenw\u00e4rtige Tendenz im vorliegenden Buch ein wenig \u00fcbers Ziel hinausgeschossen ist, und dafs die Behandlung der Struktur des Bewufs\u00dfeins etwas zu kurz gekommen ist.) Ein Verst\u00e4ndnis der Funktion des Bewufstseins ist nat\u00fcrlich nur m\u00f6glich auf Grund eines Verst\u00e4ndnisses des engen Zusammenhangs zwischen reiner Geistest\u00e4tigkeit \u2014 f\u00fcr sich betrachtet \u2014 und der gesamten Lebenst\u00e4tigkeit des menschlichen Individuums. Man kann in der Tat sagen, dafs unter geistigen Funktionen nichts anderes gemeint sein kann als das Auftreten bestimmter Gruppen und Reihen von Bewufstseinszust\u00e4nden w\u00e4hrend der Umformung von Sinnesreizen in Muskelt\u00e4tigkeit. Dieser Gesichtspunkt ist im Verlauf der Darstellung von Anoell stets festgehalten und betont.\nDas erste Kapitel behandelt die Probleme und Methoden der Psychologie. Zwei weitere Kapitel sind dem Nervensystem gewidmet. Das vierte Kapitel bespricht Aufmerksamkeit, Unterscheidung, Assoziation. Das f\u00fcnfte Kapitel ist \u00fcberschrieben \u201eSensation\u201c. Es besteht haupts\u00e4chlich aus einer illustrierten, aber sehr kurzen Beschreibung der Anatomie der Sinnesorgane und einigen \u2014 doch ziemlich oberfl\u00e4chlichen \u2014 Bemerkungen betreffend solche Ph\u00e4nomene wie Farbenkontrast, Abh\u00e4ngigkeit der Geruchsnamen von Geschmacksempfindungen etc. Irgend welche tiefere Einsicht in die psycho-","page":198}],"identifier":"lit31974","issued":"1906","language":"de","pages":"196-198","startpages":"196","title":"J. Geyser: Grundlegung der empirischen Psychologie. Bonn, Hanstein. 1902. 240 S.","type":"Journal Article","volume":"40"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:26:07.126741+00:00"}