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{"created":"2022-01-31T14:07:04.941276+00:00","id":"lit31989","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Cohn, J.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 40: 215-218","fulltext":[{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n215\nReaktionen nach dem Schema, das Jung und Riklin zugrunde gelegt hatten, war hier nicht m\u00f6glich, da die Versuchspersonen noch mehr als die Ungebildeten in der Arbeit jener Autoren das Reizwort im Sinne einer Frage auffaisten und nicht mit einzelnen Worten, sondern \u2014 entgegen der Instruktion \u2014 mit ganzen S\u00e4tzen reagierten. Als typisch f\u00fcr die schwachsinnige Reaktion bezeichnet Verf. die Definitionstendenz. Der Schwachsinnige vom \u201etorpiden Habitus sucht den Reizwortsinn zu erkl\u00e4ren oder doch wenigstens etwas f\u00fcr denselben Charakteristisches auszusagen\u201c.\nRef. kann sich der Ansicht nicht erwehren, dafs nach diesen Ergebnissen die besprochenen Versuche alB Assoziationsversuche in dem bisher \u00fcblichen Sinne eigentlich nicht bezeichnet werden k\u00f6nnen. Deren Sinn ist doch, festzustellen, welche Vorstellung am innigsten mit der durch das Reizwort repr\u00e4sentierten assoziiert ist. Die daraus sich ergebende Instruktion der Versuchsperson, die n\u00e4chste ihr einfallende Vorstellung in ein Wort zu kleiden, scheinen nun weder Ungebildete noch Schwachsinnige zu befolgen imstande zu sein.\tLlpmann (Berlin).\nL. Wolffbebg\". Warum der Hond nahe dem Horizont grBfser aissieht Wochenschrift f. Therapie und Hygiene des Auges 7, 1903,04. 418 S.\nVerf. gibt, unter Betonung seiner Eigenschaft als \u201eLaie\u201c in physiologischoptischen Fragen, zu erw\u00e4gen, ob nicht die Masse der in der Atmosph\u00e4re schwebenden \u201eWasserbl\u00e4schen\u201c sich zur Wirkung einer einzigen grofsen Lupe summieren und dadurch den Mond gr\u00f6fser erscheinen lasse.\nW. A. Nagel (Berlin).\nEthel D. Puffer. Studies in Symmetry. Psychol. Rev. Monograph. Suppl. 4, 467\u2014639. {Harvard Psychol. Studies 1.) 1903.\nDie Hauptaufgabe dieser Arbeit ist, die verborgene Symmetrie in scheinbar unsymmetrischen Anordnungen nachzuweisen. Unter Symmetrie ist dabei immer bilaterale Symmetrie verstanden. Nach M\u00fcnsterbebgs Theorie rufen gesehene Formen eine instinktive Tendenz zu motorischer Nachahmung hervor. Da unser K\u00f6rperbau f\u00fcr bilateral symmetrische Bewegungen angelegt ist, so m\u00fcssen entsprechende Anordnungen Lust erzeugen. Wird scheinbare Asymmetrie in verborgene Symmetrie aufgel\u00f6st, so erh\u00e4lt die Theorie eine wichtige Best\u00e4tigung. Gegen diese Argumentation l\u00e4Tst sich einwenden, dafs auch die Gegner von M\u00fcnbterberqs Ansicht eine Analogie der Bildeinheit mit der Einheit unseres K\u00f6rpers annehmen, aber die Erkl\u00e4rung nicht in motorischen Impulsen sondern in der \u201eEinf\u00fchlung\u201c oder \u00e4hnlichen Prinzipien suchen. Was hier bewiesen werden kann, ist beiden Theorien gleich g\u00fcnstig und widerstreitet nur rein naturalistischen Ansichten, die gar keine formalen Anordnungsprinzipien anerkennen wollen. Ich hebe die Unabh\u00e4ngigkeit der Fragestellung von M\u00fcnsterbergs Theorie absichtlich gleich anfangs hervor, damit die Ergebnisse der aufser-ordentlich wichtigen Arbeit in ihrer Anerkennung nicht durch den Streit der Meinungen gesch\u00e4digt werden.\nEhe man an die Hauptfrage herangeht, erhebt sich eine Vorfrage. Ist die Symmetrie tats\u00e4chlich unmittelbar und urspr\u00fcnglich gef\u00e4llig, oder","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nLiterat wbcrkht.\nberuht die Lust an ihr auf sekund\u00e4ren Assoziationen, die von der bequemen Herstellung, der technischen Brauchbarkeit, der Nachahmung symmetrischer Naturgegenst\u00e4nde usw. herstammen? Antwort auf diese Frage kann nur durch Untersuchung der primitiven Erzeugnisse der sogenannten Naturv\u00f6lker gewonnen werden. Verfasser hat unter sorgf\u00e4ltiger Ausschaltung aller F\u00e4lle, in denen nicht-\u00e4sthetische Motive zur Symmetrie f\u00fchren, eine Reihe von Beispielen zusammengestellt, bei denen Naturformen oft recht gewaltsam in symmetrische Ornamente umgewandelt 'sind. Alle Umwandlung und Verzerrung der Naturmotive, die besonders bei den totemistischen Symbolen fast bis zur Unkenntlichkeit f\u00fchrt, wandelt das Vorbild im Sinne geometrischer Symmetrie um. Dem steht gegen\u00fcber, dafs die naturalistische Wiedergabe von Menschen und Tieren, die besonders bei J\u00e4gerv\u00f6lkern oft eine relativ hohe Vollkommenheit erreicht, sich um Symmetrie gar nicht k\u00fcmmert. Hier ist die Freude an Natur-Wiedergabe und Naturerkennen alleinherrscheud; dies negative Beispiel erh\u00e4rtet um so mehr, dafs die symmetrische Umbildung der ornamentalen Motive nicht einer Besonderheit der primitiven Naturauflassung oder Technik, sondern wirklich der Lust an der Symmetrie entspringt.\nIst hierdurch die Urspr\u00fcnglichkeit der Symmetrie nachgewiesen, so soll nun die scheinbare Asymmetrie auf Symmetrie zur\u00fcckgef\u00fchrt werden. Diese Untersuchung zerf\u00e4llt in einen experimentellen und in einen bilderstatistischen Teil. Fechners Methode der Herstellung wirkt aufs gl\u00fccklichste mit seiner Methode der Verwendung zusammen. Die Experimente sind so angestellt, dafs die Versuchsperson vor einer Tafel von 400 mm H\u00f6he und 600 mm Breite sitzt. Unter dieser Tafel befindet sich ein Mafsstab, auf dem zwei Schlitten verschiebbar sind. W\u00e4hrend jedes Versuches wird an dem einen ein Objekt festgestellt, w\u00e4hrend das an dem anderen befestigte Objekt von der Versuchsperson in die gef\u00e4lligste Stellung ger\u00fcckt wird. Die Beleuchtung wurde so gew\u00e4hlt, dafs nur die beiden Objekte sieh von dem gleichm\u00e4fsigen Schwarz der Bildfl\u00e4che abhoben. Die Bildfl\u00e4che war von einem grauen Rahmen umgeben. Die Versuchspersonen wurden nicht etwa zur Herstellung einer Symmetrie oder Abw\u00e4gung beider Seiten gegeneinander, sondern zur Herstellung der gef\u00e4lligsten Anordnung aufgefordert Jede Wahl war das Resultat l\u00e4ngeren Hin- und Herschiebens. Da zum Teil mehrere Stellungen als wohlgef\u00e4llig angegeben wurden und auch die individuellen' Unterschiede sehr grofs waren, wurde auf jede Berechnung von Durchschnittswerten verzichtet, und jeder einzelne Fall f\u00fcr sich diskutiert. Stand auf der einen Seite ein kleinerer, auf der anderen Seite ein doppelt so langer weifser Streifen, so ergaben sich sehr verschiedene Resultate. Nach rein mechanischen Prinzipien m\u00fcfste der l\u00e4ngere Streifen der Mitte n\u00e4her liegen, d. h. am k\u00fcrzeren Hebelarm wirken. Diese Anordnung findet sich oft, aber in anderen F\u00e4llen widerstreitet ihr der Wunsch einer gleichm\u00e4fsigen Ausf\u00fcllung der Bildfl\u00e4che. Aus dem Gegeneinanderwirken dieser zwei Motive entstehen mannigfaltige Kompromisse. Dann wurden der geraden Linie Formen gegen\u00fcber gestellt, die als bewegt interpretiert werden, zum Teil schr\u00e4ge Linien, zum Teil verschiedene Kurven. Eine nach aufsen geneigte Linie oder nach aufsen gewendete Kurve, d. h. eine Bewegung von der Mitte fort, wird durchschnittlich der","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n217\nMitte n\u00e4her ger\u00fcckt, umgekehrt eine nach der Mitte hinbewegte Linie ferner. Auch hier ist das Resultat \u00f6fter durch Interessen der Raumaus-f\u00fcllung getr\u00fcbt. Um zu untersuchen, ob auch das Schwergewicht eines rein intellektuellen Interesses auf die Anordnung wirkt, wird auf der einen Seite ein bei allen Versuchen gleichbleibendes, auf der anderen ein bei jedem Versuch wechselndes Bildchen angebracht. Beide Bilder haben nat\u00fcrlich gleiche Gr\u00f6fse. In den weitaus meisten F\u00e4llen wird das gewechselte Bild, das also das Interesse der Neuheit f\u00fcr sich hat, n\u00e4her zum Zentrum ger\u00fcckt. Endlich wird der Einfiufs perspektivischer Vertiefung dadurch untersucht, dais auf die eine Seite das Bild eines geschlossenen Tunnels oder HoftoreB, auf die andere das Bild des ge\u00f6ffneten, gleichen Einganges gesetzt wird. Wenn auch durchschnittlich der offene Tunnel dem Zentrum n\u00e4her ger\u00fcckt wird, gibt es doch eine ganze Reihe entgegengesetzter F\u00e4lle, die durch Nebenmotive erkl\u00e4rt werden m\u00fcssen. Im allgemeinen kann man Bagen, dafs sich die Ergebnisse der Versuche mit der Theorie einer mechanischen Abw\u00e4gung der beiden Seiten einer Bildfl\u00e4che vereinigen lassen, aber kaum, dafs sie einen exakten Beweis daf\u00fcr liefern. Das iBt auch bei der Mannigfaltigkeit der in Betracht kommenden Momente nicht anders zu erwarten. Trotzdem liefert besonders auch die Analyse der Aussagen der Personen viel wichtiges Material.\nNoch bedeutsamer fast sind die Ergebnisse des letzten bilder-statistischen Teils. Tausend Lichtdrucke der Sammlung \u201eklassischer Bilder-schatz\u201c wurden dazu verwendet. 8ie wurden eingeteilt einerseits nach den Gegenst\u00e4nden der Darstellung, andererseits danach, ob sie ein Zentrum, zwei gleichwertige Zentren oder ein Haupt- und ein Nebeuzentrum der Komposition haben. F\u00fcr jede Gruppe wurde dann in jedem Falle die Abw\u00e4gung der Elemente: Gr\u00f6fse, Richtung der Aufmerksamkeit (z. B. durch den Blick der beteiligten Personen), Richtung der Linie, tiefe Perspektive und Interesse untersucht. Es ergab sich fast \u00fcberall eine Ausgleichung der beiden Seiten. Dabei spielten die verschiedenen Elemente je nach dem Gegenstand der Darstellung eine verschiedene Rolle. Einige wie eine tiefe Perspektive konzentrieren das Interesse, andere wie die Linienf\u00fchrung verbreiten es \u00fcber das ganze Bildfeld. Durch die Ausgleichung so verschieden wirkender Momente auf beiden Seiten des Bildes entsteht jene so viel reichere Gesamterscheinung, die die freie, durch Ausgleich gewonnene Symmetrie vor der strengen, geometrischen auszeichnet. Weiter wurden die KompositionBprinzipien der Gem\u00e4lde untersucht. Bei ruhigen Gegenst\u00e4nden wie Altarst\u00fccken, Madonnen und Portr\u00e4ts herrscht weitaus die pyramidale Anordnung; bei bewegten, wie im Genre, in der Verk\u00fcndigung tritt diagonale und V f\u00f6rmige Anordnung h\u00e4ufiger hervor, noch mehr in der Landschaft. Anordnung in einem Rechteck findet sich fast nur in primitiven, erz\u00e4hlenden Bildern. W\u00e4hrend in fr\u00fchen Perioden der Kunst ganz \u00e4hnlich wie bei den Naturv\u00f6lkern zwei Typen einander gegen\u00fcberstehen: das erz\u00e4hlende Bild mit nur durch den Inhalt bestimmter Anordnung und das Andachtsbild mit seiner strengen Symmetrie werden die hier getrennten Interessen der Form und des Inhalts in den Meisterwerken entwickelter Kunst zu h\u00f6herer Einheit ausgeglichen.\nDas Referat vermochte nur einen kleinen Teil der Ergebnisse zu ver-","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nLiteratnrhericht.\nzeichnen, di\u00a9 in der sehr konzentriert geschriebenen Arbeit zusammen gedr\u00e4ngt sind. Keiner, der sich f\u00fcr die hier behandelten Probleme interessiert, darf sich ein gr\u00fcndliches Studium des Originals entgehen lassen. Weiteren Studien des Verfassers, die uns angek\u00fcndigt werden, sehen wir mit h\u00f6chstem Interesse entgegen.\tJ. Cohn (Freiburg i. B.).\nPaul Cohn. SemftaerrsgUfek n4 Inakieilst. Eine Studie \u00fcber Weser, und Sitz der Gem\u00fctserregungen, ihre Beziehung zu Erkrankungen, und \u00fcber Wege zur Verh\u00fctung. Berlin, Vogel u. Kreienbrink, 1903. 148 8.\nMk. 2,00.\nDer Eiuflufs psychischer Vorg\u00e4nge auf die K\u00f6rperorgane und ihre Funktionen, und die Bedeutung, welche ihnen dadurch f\u00fcr die Entstehung und Behandlung von Krankheiten zukommt, ist lange Zeit von der medizinischen Wissenschaft v\u00f6llig ignoriert worden ; und ein Buch, wie das vorliegende, w\u00e4re wohl noch vor wenigen Jahren von der Kritik als unwiseen schafUich beiseite gelegt worden.\nDas ist anders geworden. Die M\u00f6glichkeit solchen Einflusses wird heute wohl kaum mehr bestritten, und sie durch zusammenh\u00e4ngende Darstellung plausibel gemacht zu haben, ist ein Verdienst, f\u00fcr das der Verf. auf Dank rechnen kann.\nDas Gehirn steht mit allen Organen durch die Nerven in Verbindung; nerv\u00f6se Einfl\u00fcsse spielen bei allen Funktionen eine wichtige Rolle, und so ist es verst\u00e4ndlich, dafs Gehirnfunktionen (und als solche m\u00fcssen wir die psychischen Vorg\u00e4nge, speziell die Gem\u00fctserregungen hier auffassen) die T\u00e4tigkeit jedes anderen Organs beeinflussen k\u00f6nnen.\nAls Krankheitsursachen k\u00f6nnen Gem\u00fctserregungen entweder ver schlimmernd auf vorhandene Krankheitsanlagen einwirken, oder selbst\u00e4ndig Krankheiten hervorrufen. Im einzelnen besprochen werden die Wirkungen auf Gehirn und Nervensystem, auf die willk\u00fcrliche Muskulatur, auf die unwillk\u00fcrliche Muskulatur, und zwar a) auf Herz und Gef\u00e4fse, b) auf Magen und Darm, endlich auf gewisse Dr\u00fcsenwirkungen und auf die Haut.\nNachdem Verf. uns so vor Augen gef\u00fchrt hat, wie umfangreich das Gebiet der pathologischen Wirkungen der Gem\u00fctserregungen ist, er\u00f6rtert er im letzten Abschnitte die Prophylaxe, welche haupts\u00e4chlich auf dem Gebiete der Jugenderziehung einzusetzen hat.\nDie psychologischen Betrachtungen, mit welchen Verf. sein Buch ein-leitet, wirken zun\u00e4chst befremdend. Die Bezeichnungen \u201eEmpfindung', \u201eGef\u00fchl\u201c, \u201eStimmung\u201c, \u201eVorstellung\u201c braucht er durchweg in anderem Sinne als \u00fcblich. Im Vorwort bemerkt er, dafs er niemals Psychologie studiert habe, und dafs er diese \u201eautodidaktische Art, Psychologe zu werden\u201c f\u00fcr die einzige richtige halte, denn in der Psychologie sei Selbstdenken Grundbedingung. Man m\u00f6chte entgegenhalten, dafs bald alles gegenseitige Verst\u00e4ndnis verloren gehen w\u00fcrde, wenn jeder das bereits vorhandene ignorierte und von vorn anfinge. H\u00e4tte Verf. ein wenig mehr Psychologie studiert, so w\u00e4re vielleicht seine psychologische Einleitung ungeschrieben geblieben. Denn wenn man sich einmal an seine ungewohnte Ausdruckweise gew\u00f6hnt hat, dann kommt man dahinter, dafs er eigentlich recht wenig Neues bringt.\tDkitebs (Bonn).","page":218}],"identifier":"lit31989","issued":"1906","language":"de","pages":"215-218","startpages":"215","title":"Ethel D. Puffer: Studies in Symmetry. Psychol. Rev. Monograph. Suppl. 4, 467-539. (Harvard Psychol. Studies 1.) 1903","type":"Journal Article","volume":"40"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:07:04.941281+00:00"}