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{"created":"2022-01-31T16:22:45.499112+00:00","id":"lit32003","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giering, Hermann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 39: 42-87","fulltext":[{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\n(Aus dem psychologischen Institut der Universit\u00e4t Berlin.)\nDas Augenmafs bei Schulkindern.\nVon\nHebmann Giebing.\nEinleitung.\nUnter Augenmafs versteht man die F\u00e4higkeit, auf Grund unmittelbarer Gesichtswahrnehmungen ohne Unterst\u00fctzung von Mefsinstrumenten Raumgr\u00f6fsen zu beurteilen.\nSeit Ebnst Heinbich Webeb, dem wir die ersten grundlegenden Arbeiten auf diesem Gebiete verdanken, hat eine grofse Anzahl namhafter Forscher eingehende Untersuchungen \u00fcber diesen Gegenstand angestellt: Fechneb, Volkmann, Chodin, Kundt, Messeb, v. Helmholtz, Wundt, M\u00fcnstebbebg, v. Kbies, Binet, Henbi u. a. Das Ziel, besonders der \u00e4lteren Arbeiten, war in erster Linie die Beantwortung der Frage, ob die Unter-8chiedsempfindlichkeit f\u00fcr optische Ausdehnungen auch dem WEBEBschen Gesetz unterworfen sei. Daneben wurde auch festgestellt, welchen Einflufs die Art der gesch\u00e4tzten Gr\u00f6fsen (ausgef\u00fcllte oder leere Distanzen), ihre Begrenzungsweise (Punktdistanzen, Strichdistanzen etc.), ihre Raum- und Zeitlage, die monokulare und binokulare Betrachtung derselben, die Augenbewegungen usw. auf die Beurteilung aus\u00fcben; man suchte endlich auch Aufschlufs zu erhalten \u00fcber Bedingungen und Gr\u00f6fse optischer T\u00e4uschungen und Umfang und Zuverl\u00e4ssigkeit des visuellen Ged\u00e4chtnisses.\nDie vorhegende Arbeit bezweckt eine Untersuchung des Augenmafses bei Kindern, um die Genauigkeit desselben in verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung festzustellen.\nUnter den fr\u00fcheren Arbeiten kommt hierf\u00fcr zun\u00e4chst in Betracht eine Studie von A. Binet und Victob Henbi : \u201eRecherches sur le d\u00e9veloppement de la m\u00e9moire visuelle des enfants.\u201c (Revue","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"Da* Augenma\u00df bei Schulkindern.\n43\nPhilosophique 1894, 1, S. 348.) Diese Forscher stellten mit mehr als 300 7- bis 13j\u00e4hrigen Knaben der Unter-, Mittel- und Oberstufe der Pariser Prim\u00e4rschulen Augenmafsversuche an, allerdings nicht um das Augenmafs selbst, sondern die Entwicklung des visuellen Ged\u00e4chtnisses zu untersuchen. Die Versuche gliederten sich in zwei Hauptklassen. In der ersten handelte es sich darum, eine vorliegende Normallinie einmal aus einer Linienskala herauszusuchen und das andere Mal dieselbe nachzuzeichnen. Bei der zweiten Versuchsklasse wurde die Methode derartig ge\u00e4ndert, dafs man zwischen Vorzeigen der Normallinie und deren Aufsuchen in der Linienskala resp. deren Reproduktion durch Nachzeichnen eine bestimmte Zeit einschob.\nDie Unterschiede in den Resultaten beider Versuchsklassen gaben die Grundlage f\u00fcr die Beurteilung des Umfanges des visuellen Ged\u00e4chtnisses und die Abnahme der Fehler nach Zahl und Gr\u00f6fse mit zunehmendem Alter die Grundlage f\u00fcr die Feststellung der fortschreitenden Entwicklung desselben.\nIn engstem Zusammenh\u00e4nge mit dem Gegenst\u00e4nde der vorliegenden Untersuchung steht aber eine Arbeit von A. Binet: \u201eLa Perception des longueurs et des nombres chez quelques enfants\u201c, welche in der Revue Philosophique 1890, 2, S. 68 ff. ver\u00f6ffentlicht ist. In dem hier in Betracht kommenden ersten Teile derselben berichtet Binet \u00fcber Versuche, die er mit einem 2 */s j\u00e4hrigen und einem 4j\u00e4hrigen M\u00e4dchen angestellt hat, um ihre F\u00e4higkeit, L\u00e4ngen zu beurteilen, festzustellen. Den Kindern wurden in einer ersten Klasse von Versuchen Linien zur Vergleichung vorgelegt. Dieselben waren in einer Entfernung von 1\u20142 cm untereinander gezeichnet und standen in den L\u00e4ngenverh\u00e4ltnissen **/40, 8S/40, 8*/40, 8*/40, 88/40 ; die absolute Differenz betrug in keinem Falle weniger als 1 mm. Beide M\u00e4dchen erkannten bei simultaner Darbietung die Differenz 4/40 der Normaldistanz; bei sukzessiver Darbietung liefsen sich keine brauchbaren Ergebnisse erzielen; offenbar waren die Kinder nicht imstande, die Normall\u00e4nge 10\u201415 Sekunden lang im Ged\u00e4chtnis festzuhalten. In einer zweiten Klasse von Versuchen bestanden die Beobachtungsobjekte in Winkelgr\u00f6fsen, und es zeigte sich, dafs das 4j\u00e4hrige M\u00e4dchen einen Unterschied von 8/40 zu erkennen vermochte. Die Resultate beider Versuchsklassen unterschieden Bich nur unbedeutend von denen, welche sich aus Versuchen ergaben, die unter denselben Bedingungen mit Erwachsenen","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\nHermann Giering.\nangestellt worden waren. Binet 1 schliefst hieraus, dafs die intellektuelle Entwicklung mit den niederen Funktionen beginnt, und dafs diese schon einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht, ja ihre Entwicklung fast beendet haben k\u00f6nnen zu einer Zeit, wo die h\u00f6heren Funktionen noch in den ersten Anf\u00e4ngen hegen.\nDa Binet bei dieser Untersuchung nur zwei Kinder, und zwar gleichen Geschlechts und beide dem vorschulpflichtigen Alter angeh\u00f6rig, verwandte und sich nur stetig ausgef\u00fcllter Distanzen als Beobachtungsobjekte bediente, m\u00f6ge es nicht \u00fcberfl\u00fcssig erscheinen, in eine erneute Untersuchung des in Rede stehenden Problems einzutreten.\nBei der Beurteilung einer Gr\u00f6fse bzw. Entfernung durch das Augenmafs kann ein Zweifaches verlangt werden:\n1.\tEine gegebene Raumgr\u00f6fse zu erkennen oder zu sch\u00e4tzen,\n2.\tzwei oder mehr gegebene Gr\u00f6fsen miteinander zu vergleichen.\nv. Kbie8 bezeichnet in seinen \u201eBeitr\u00e4gen zur Lehre vom Augenmafs\u201c * den ersten Fall als Erkennung, den zweiten als Vergleichung.\nVorhegende Untersuchung erstreckt sich nur auf die Vergleichung gleichzeitiger oder unmittelbar nacheinander gegebener Eindr\u00fccke.\nVon der von Binet und Henbi angewandten Methode des Nachzeichnens der Normaldistanz sah ich bei meinen Versuchen ab, weil dadurch der psychologische Vorgang kompliziert, insbesondere die Aufmerksamkeit geteilt wird und an die Handfertigkeit der Versuchspersonen Anforderungen gesteht werden, denen sie zum Teil nicht gewachsen sein d\u00fcrften.\nUnter Anwendung der psychophysischen Methode der konstanten Unterschiede \u2014 wie G. E. M\u00fclleb die Methode der richtigen und falschen F\u00e4he k\u00fcrzer bezeichnet \u2014 erstreckte sich die Untersuchung auf die drei Dimensionen, welche den Raum charakterisieren : L\u00e4nge, H\u00f6he und Tiefe. In den Fl\u00e4chendimensionen werden die Versuche sowohl unter normalen als auch unter t\u00e4uschenden Umst\u00e4nden angestellt.\n1 a. a. O. S. 75.\n\u2019 Beitr\u00e4ge zur Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane. Hkbmanh v. Hklmholtz als Festgrufs zu seinem 70. Geburtstage dargebracht. 1891.","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenmafs bei Schulkindern.\n45\nDie Untersuchung besteht also aus drei Hauptteilen:\nI. Versuche in den Fl\u00e4chendimensionen unter normalen Umst\u00e4nden.\nn. Versuche in den Fl\u00e4chendimensionen unter t\u00e4uschenden Umst\u00e4nden.\nIII. Versuche in der Tiefendimension.\n1. Versuche in den Fl^chendimensionen unter normalen\nUmst\u00e4nden.\nA. Beschreibung der angestellten Versuche.\na) Beobachtungsobjekte.\nDas jugendliche Alter der Versuchspersonen gebot die Anwendung der einfachsten Bedingungen, die der Genauigkeit des Augenmafses am g\u00fcnstigsten sind. So hatten bei den Fl\u00e4chendimensionen Normal- und Vergleichsdistanz dieselbe Richtung; es wurden wagerechte mit wagerechten und senkrechte mit senkrechten, aber nicht wagerechte mit senkrechten \u2014 und umgekehrt \u2014 verglichen. Die linearen Distanzen wurden dargestellt entweder durch den Abstand zweier durch einen leeren Zwischenraum getrennter Punkte\n\u2014 ich nenne sie in diesem Falle Punktdistanzen \u2014 oder durch den Abstand zweier senkrechter Striche:\n\u2014 ich bezeichne diese als Strichdistanzen \u2014 oder endlich in Form gerader Linien (stetig ausgef\u00fcllter Distanzen):\nAuch in dieser Beziehung wurden nur gleichartige miteinander verglichen, d. h. Punktdistanzen mit Punktdistanzen-, Strich-disrtanzen mit Strichdistanzen und gerade Linien mit geraden Linien.\nDie zu beurteilenden Entfernungen waren auf weifses Papier von 18 cm L\u00e4nge und 10 cm H\u00f6he gezeichnet. Die Normal-distanz betrug in jedem Falle 30 mm. Die Vergleichsdistanz","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nHermann Giering.\n\u00e4nderte sich in den Grenzen von 27 bis 33 mm in Abstufungen von je 0,5 mm, so dafs 13 verschiedene Vergleichsdistanzen dargeboten werden konnten. Die Begrenzung der Punktdistanzen waren Punkte von 2*/* mm Durchmesser; die senkrechten Grenzlinien der Strichdistanzen waren 1 mm breit und 20 mm hoch. Auf den Bl\u00e4ttern, welche der simultanen Darbietung dienten, waren die beiden Distanzen durch drei Punkte resp. Striche gegeben, deren mittlerer beiden zugleich angeh\u00f6rte ; auf den Bl\u00e4ttern zur sukzessiven Vergleichung befand sich nat\u00fcrlich nur eine Distanz.\nDie f\u00fcr die Linienvergleichung verwandten Geraden waren 1 mm breit und hatten dieselben L\u00e4ngenausdehnungen wie die soeben beschriebenen leeren Distanzen. Um einen stufen-m\u00e4fsigen Fortschritt vom Leichten zum Schweren zu erhalten, hatten Normal- und Vergleichslinie verschiedene Lagen zueinander. Bei simultaner Darbietung lagen sie zun\u00e4chst parallel, durch einen Zwischenraum von 10 mm getrennt, und zwar so, dafs sie das eine Mal die L\u00e4ngendifferenz auf einer Seite trugen:\ndas andere Mal die Differenz auf beide Seiten verteilt war:\nsodann aneinandergrenzend, die eine als Fortsetzung der anderen, durch einen kurzen senkrechten Strich davon getrennt:\nDurch eine Drehung der Bl\u00e4tter um 90\u00b0 wurden sie auch f\u00fcr die Untersuchung in der H\u00f6hendimension brauchbar gemacht.\nDie Versuchsbl\u00e4tter wurden in der lithographischen Anstalt und Steindruckerei f\u00fcr geographische, milit\u00e4rische und mathematische Wissenschaften von Bogdan Gisevi\u00fcs, Berlin W., Link-strafse 29, mit grofser Sorgfalt hergestellt ; die schwarze F\u00e4rbung der Punkte und Linien war durchweg gleichm\u00e4fsig und ihre Begrenzung scharf markiert.\nBei den 3\u20145 j\u00e4hrigen Versuchspersonen kamen auch Stahlst\u00e4be von 6 mm Durchmesser als Beobachtungsobjekte zur Verwendung. Der Normalstab hatte eine L\u00e4nge von 20 cm; die","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"Da\u00bb Augenmafs bei Schulkindern.\n47\nVergleichsst\u00e4be variierten von 17\u201423 cm mit einer' Stufendifferenz von 0,5 cm.\nb) Versuchspersonen.\nUm Anhaltspunkte f\u00fcr die Auswahl der Versuchspersonen zu erlangen, wurden je zwei M\u00e4dchen aus den Altersstufen von 4\u201414 Jahren Punktdistanzen zur Vergleichung vorgelegt. Dabei stellte sich heraus, dafs zwischen den einzelnen Altersstufen ein wesentlicher Unterschied nicht bestand; deshalb wurden f\u00fcr die weiteren, umfassenderen Versuche nur sechsj\u00e4hrige und vierzehnj\u00e4hrige Knaben und M\u00e4dchen aus zwei im Nordwesten- Berlins gelegenen Gemeindeschulen \u2014 von jeder Gruppe 15 \u2014 ausgew\u00e4hlt. Die vierzehnj\u00e4hrigen geh\u00f6rten zum gr\u00f6fsten Teile der von ca. 40 Kindern besuchten I. Klasse an; die sechsj\u00e4hrigen standen im ersten Semester der VIII. Klasse und wurden bei jedem Geschlecht aus ca. 50 Kindern ausgew\u00e4hlt. Bei der Auswahl kam es in erster Linie darauf an, dafs die betreffenden Kinder in der N\u00e4he des Schulhauses wohnten, die n\u00f6tige freie Zeit zur Verf\u00fcgung hatten und von ihren Eltern die Erlaubnis erhielten, an den Versuchen teilzunehmen. Es wurden nicht etwa die intelligentesten ausgesucht, sondern es wurde absichtlich diesen zuf\u00e4lligen Faktoren die Entscheidung \u00fcberlassen. Man kann so annehmen, dafs bei einer gleichen Anzahl von Kindern dieses Alters aus anderen st\u00e4dtischen Volksschulen, die ebenso zuf\u00e4llig herausgegriffen w\u00e4ren, auch \u00e4hnliche Resultate aufgetreten w\u00e4ren. Die Versuchspersonen wurden vermittels der nach SNELLENschem Prinzip entworfenen Probebuchstaben und -figuren auf ihre Sehsch\u00e4rfe untersucht und normal befunden.\nUm ungef\u00e4hr festzustellen, von welchem Alter an die Kinder imstande sind, Raumgr\u00f6fsen zu beurteilen, wurden die Versuche auch mit 30 vorschulpflichtigen Knaben und M\u00e4dchen, die einen Kindergarten des Berliner Fr\u00f6belvereins besuchten, angestellt.\nc) \u00c4ufsere Versuchsordnung.\nDie Versuche fanden an schulfreien Nachmittagen in der Zeit von Ostern 1902 bis 1903 in den gut beleuchteten Klassenzimmern einer Berliner Gemeindeschule statt. Um Bewegungen des Kopfes zu verhindern und die Augen in einer bestimmten Entfernung zu halten, legten die Kinder das Kinn auf eine an der Tischplatte befestigte St\u00fctze. Bei den Kleinen mufste oft","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nHermann Giering.\nvon der Benutzung der Kinnst\u00fctze abgesehen werden, da sie bei der bestehenden Entfernung der Sitzflftche von der Tischfl\u00e4che der Subsellien eine bequeme Kopfhaltung verhinderte. Nat\u00fcrlich ist nicht daran zu denken, dafs die vorgeschriebene Haltung von allen Kindern so streng beibehalten wurde wie von Erwachsenen. Um Ruhepausen zu gew\u00e4hren, wurden die 195 Urteile jeder Versuchsabteilung (vgl. S. 50) in drei Runden \u00e0 65 Urteilen vollzogen. Es lagen also vor den Versuchspersonen mit der leeren R\u00fcckseite nach oben 65 \u00fcbereinander geschichtete Versuchsbl\u00e4tter, die jede Vergleichsdistanz 5 mal enthielten und so geordnet waren, dafs event. Kontrastwirkungen verhindert oder ausgeglichen wurden. Die Beobachter wendeten die-Bl\u00e4tter der Reihe nach um und beurteilten die vorher bestimmte (rechte oder linke, obere oder untere) Distanz. Eine Mitsch\u00fclerin notierte die Urteile, kontrollierte zugleich die Nummern der Versuchsbl\u00e4tter und vermerkte auch die Zeit, wann die Versuchsrunde begann und endete. Nach jeder Runde fand eine entsprechende Pause statt. War eine Versuchsabteilung erledigt, so wurden die Versuchsbl\u00e4tter um 180\u00b0 gedreht, und dadurch den variablen Distanzen die entgegengesetzte Raumlage gegeben.\nEtwas schwieriger gestaltete sich die Handhabung bei sukzessiver Darbietung, da hier zum Ausgleiche des konstanten Fehlers der Zeitlage die Normaldistanz das eine Mal vor, das andere Mal nach der variablen Distanz zu geben war. Um Verwechslungen vorzubeugen, war die Normaldistanz dadurch besonders kenntlich gemacht, dafs sie mit st\u00e4rkerem Papier unterklebt war. Die Kinder nahmen dieselbe in die linke Hand und wendeten mit der rechten die zu beurteilenden Bl\u00e4tter um, bei weniger geschickten zeigten Gehilfen die Grunddistanz vor, und die Beobachter wendeten nur die Vergleichsbl\u00e4tter. Bei den 6 j\u00e4hrigen Kindern wurde auch das Umdrehen der Vorlagen von \u00e4lteren Sch\u00fclern oder Sch\u00fclerinnen ausgef\u00fchrt, und bei den vorschulpflichtigen fielen alle diese Handgriffe dem Versuchsleiter zu.\nAnf\u00e4nglich hatte ich versucht, eine gr\u00f6fsere Anzahl von Versuchspersonen gleichzeitig nach Kommando arbeiten zu lassen; doch mufste ich hiervon bald Abstand nehmen, da die Zeit, welche die Bildung des Urteils erforderte, bei den Beobachtern sehr verschieden war und die Aufmerksamkeit der schneller arbeitenden bei diesem Verfahren zu leicht abgelenkt wurde. Ich zog es deshalb vor, mir zun\u00e4chst Helfer heranzubilden und","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Dm Augenma\u00df bei Schulkindern.\n49\ndie Versuchsreihen in der oben angedeuteten Weise zu erledigen.\nDie t\u00e4gliche Arbeitszeit betrug gew\u00f6hnlich 1 Stunde. Individuell sehr verschieden war die Zeit, welche die Erledigung einer Versuchsrunde (65 Urteile) erforderte ; sie schwankte zwischen 2\u201410 Minuten.\nBei der Leitung der sehr zeitraubenden Versuche \u2014 waren doch im Verlaufe der Arbeit weit \u00fcber 200000 erforderlich \u2014 wurde ich in dankenswerter Weise von meiner verehrten Kollegin, der st\u00e4dtischen Lehrerin Fr\u00e4ulein Anna Selle, unterst\u00fctzt. Ihrer Geduld und ihrem p\u00e4dagogischen Geschick habe ich es in erster Linie zu danken, dafs es m\u00f6glich wurde, auch mit den vorschulpflichtigen Kindern die Versuche anzustellen und durchzuf\u00fchren. Es ist mir eine angenehme Pflicht, ihr auch an dieser Stelle f\u00fcr die wertvolle Unterst\u00fctzung meinen Dank auszudr\u00fccken.\nd) Urteilsausdr\u00fccke.\nAls Urteilsausdr\u00fccke wurden den Versuchspersonen die Bezeichnungen: \u201ekleiner, gleich und gr\u00f6fser\u201c zur Verf\u00fcgung gestellt. So vorteilhaft und w\u00fcnschenswert es f\u00fcr die Ergebnisse der Untersuchung auch gewesen w\u00e4re, diese Reihe durch Einf\u00fcgung der Bezeichnungen : \u201edeutlich kleiner\u201c, \u201edeutlich gr\u00f6fser\u201c und \u201eunentschieden\u201c zu vermehren, so gebot doch das Alter der Versuchspersonen, hiervon abzusehen; macht es doch schon Erwachsenen grofse M\u00fche, die gesamte Reihe der Urteilsausdr\u00fccke zu \u00fcbersehen, zu beherrschen und konsequent anzuwenden. Bei Vorversuchen, die an der grofsen Schultafel angestellt wurden, um festzustellen, ob die 6 j\u00e4hrigen sich auch der Bedeutung der Bezeichnungen \u201ekleiner, gr\u00f6fser und gleich\u201c bewufst w\u00e4ren, zeigte es sich, dafs bei den Punktdistanzen sich etliche lieber der Ausdr\u00fccke: \u201en\u00e4her heran\u201c und \u201eweiter ab\u201c bedienten.\ne) Kurze \u00dcbersicht \u00fcber die in den Fl\u00e4chendimensionen angestellten Versuchsreihen.\nEs ist bekannt, dafs Punktdistanzen schwerer zu beurteilen sind als gerade Linien. Um zu erfahren, ob die 6 j\u00e4hrigen Kinder auch schon imstande sind, das Schwerere zu leisten, wurde mit der Vergleichung von Punktdistanzen begonnen, und erst dann, wenn sich Unf\u00e4higkeit oder grofse Mangelhaftigkeit in ihrer Beurteilung zeigte, gerade Linien in Anwendung ge-\nZeitechrift f\u00fcr Psychologie 39.\t4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nHermann Giering.\nbracht. Simultane und sukzessive Darbietung wurden in gleichem Mafse ber\u00fccksichtigt.\nDen 6- und 14 j\u00e4hrigen Knaben und M\u00e4dchen wurden Punkt-und Strichdistanzen sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Lage vorgelegt, so dafs sich im ganzen folgende 8 Versuchsreihen ergaben:\nA.\tSimultane Darbietung :\na)\tPunktdi\u00dftanzen :\na) horizontal:\tI. Versuchsreihe\n\u00df) vertikal:\tII.\t\u201e\nb)\tStrichdistanzen :\na) horizontal:\tIII.\t\u201e\n\u00df) vertikal:\tIV.\t\u201e\nB.\tSukzessive Darbietung:\na)\tPunktdistanzen:\nor) horizontal:\tV.\t\u201e\n\u00df) vertikal:\tVI.\t\u201e\nb)\tStrichdistanzen :\ner) horizontal:\tVII.\t\u201e\n\u00df) vertikal:\tVIII.\t\u201e\nJede Versuchsreihe gliederte sich in zwei Abteilungen, die sich dadurch ergaben, dafs, um den konstanten Fehler der Raum- und Zeitlage zu eliminieren, bei der simultanen Darbietung der horizontalen Punkt- und Strichdistanzen die zu beurteilende variable Distanz zuerst rechts, dann links, bei den vertikalen zuerst oben, dann unten lag, und bei der sukzessiven Darbietung der horizontalen und vertikalen Distanzen die variable einmal zuzweit und dann zuerst geboten wurde. In jeder Versuchsabteilung kamen 13 Vergleichsdistanzen zur Anwendung: \u2014 3, - 2,5, - 2, - 1,5, - 1, - 0,5, 0, + 0,5 + 1, + 1,5, + 2, -f- 2,5, -j- 3 mm, und \u00fcber jede wurden 15 Urteile abgegeben, so dafs auf jede Vergleichsdistanz 30 Urteile entfielen.\nDie Ergebnisse dieser Versuchsreihen, die in der angegebenen Ordnung zeitlich aufeinander folgten, sind in der Tabelle III dargestellt.\nVon den 15 f\u00fcr diese Versuche ausgew\u00e4hlten 6j\u00e4hrigen M\u00e4dchen waren nur 8 (Tab. I M. VI a\u2014h) imstande, die vorgelegten Punktdistanzen sofort zu beurteilen, w\u00e4hrend 7 unter ihnen (M. VI i\u2014p) bei keiner der benutzten Differenzen mindestens 67% richtiger Urteile lieferten, die richtigen Urteile auch nicht","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenmafs bei Schulkindern.\n51\neinmal von Differenz + 0,5 bis + 3 mm Zunahmen. Ich hatte den Eindruck, dafs ihnen der Begriff der Entfernung zweier Punkte voneinander nicht klar war. Dieser letzten Gruppe wurden nun Linien in der oben (S. 46) angegebenen Anordnung zur Vergleichung vorgelegt. Es ergaben sich dabei folgende Versuchsreihen :\nI.\tSimultane Darbietung:\nA.\tParallele Linien nebeneinander :\na)\tDifferenz auf einer Seite:\na) horizontal:\tI.\tVersuchsreihe\n\u00df) vertikal:\tII.\t\u201e\nb)\tDifferenz auf beiden Seiten:\no) horizontal: III. Versuchsreihe \u00df) vertikal:\tIV.\t\u201e\nB.\tLinien hintereinander :\na)\thorizontal:\tV.\t\u201e\nb)\tvertikal:\tVI.\t\u201e\nII.\tSukzessive Darbietung :\na)\thorizontal:\tVII.\t\u201e\nb)\tvertikal:\tVIII.\t\u201e\nAuch hier bestand jede Versuchsreihe in R\u00fccksicht auf die konstanten Raum- resp. Zeitfehler aus 2 Abteilungen mit 13 verschiedenen Distanzen, von denen jede 15 mal beurteilt wurde, so dafs wiederum auf jede Vergleichsdistanz im ganzen 30 Urteile entfielen.\nDie Ergebnisse dieser acht Reihen enth\u00e4lt Tabelle IV.\nSchliefslich wurden diesen Versuchspersonen nach Erledigung dieser Versuchsreihen noch einmal die horizontalen Punktdistanzen zur Beurteilung vorgelegt.\nDie Ergebnisse dieser Versuchsreihe sind Tabelle IV angef\u00fcgt.\nVon 3\u20145j\u00e4hrigen Kindern wurden nur einige jeder Altersstufe auf die Genauigkeit des Augenmafses durch umfassendere Versuchsreihen gepr\u00fcft: Zwei 5-, drei 4- und drei 3j\u00e4hrige. Sie beurteilten gleichzeitig und nacheinander dargebotene wagerechte Punktdistanzen oder, wenn sie hierzu nicht imstande waren, wagerechte parallele Linien, bei denen die L\u00e4ngendifferenz auf einer Seite dargestellt war, wagerechte aneinandergrenzende Linien und nacheinander dargebotene wagerechte Linien. Jede Differenz wurde auch hier 30 mal beurteilt.\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nHermann Oiering.\nBei den meisten begn\u00fcgte ich mich mit weniger zahlreichen Versuchen, da es mir hier nur darauf ankam, zu ermitteln, ob Kinder in diesem Alter \u00fcberhaupt imstande sind, Raumgr\u00f6fsen zu vergleichen, und von welchem Ein-flufs hierbei die verschiedenen Arten der Vergleichsobjekte sind. Es wurden ihnen zun\u00e4chst immer Punktdistanzen vorgelegt, jede Differenz 5mal; zeigte sich, dafs sie hier die L\u00e4ngenunterschiede nicht erkennen konnten, wurden Linien geboten, und konnten sie auch diese nicht beurteilen, kamen die Stahlst\u00e4be simultan zur Anwendung. Nach den Versuchsergebnissen lassen sich die vorschulpflichtigen 3\u20145 j\u00e4hrigen Kinder in 4 Gruppen einordnen:\nZur ersten geh\u00f6ren diejenigen, welche Punktdistanzen, zur zweiten die, welche keine Punktdistanzen, aber Linien, zur dritten die, welche keine Punktdistanzen und Linien, aber Stahlst\u00e4be,\nzur vierten diejenigen, welche weder Punktdistanzen, noch Linien, noch St\u00e4be beurteilen k\u00f6nnen.\nDie Zahlen der diesen verschiedenen Gruppen angeh\u00f6renden 3-, 4- und 5 j\u00e4hrigen Versuchspersonen sind aus Tabelle II ersichtlich.\nB. Tabellen.\nDie Ergebnisse s\u00e4mtlicher Versuche habe ich in 10 Einzeltabellen zusammengestellt, von denen ich hier jedoch der Raumersparnis halber nur eine als Probe anf\u00fchre (vgl. Tab. I S. 55).1\n\u2022\u00dcber die Einrichtung dieser Tabellen ist folgendes zu bemerken :\nRechts und links von einer senkrechten Mittellinie sind in der ersten horizontalen Reihe die Stufenunterschiede : 0,5, 1, 1,5, 2, 2,5 und 3 mm verzeichnet, links die Minus- und rechts die Plusdifferenzen. In der ersten Vertikalkolumne stehen als Ersatz f\u00fcr die Namen der Versuchspersonen die lateinischen Buchstaben a\u2014p; das Alter ist durch die r\u00f6mischen Ziffern XTV und VI und das Geschlecht durch die Buchstaben K. (Knaben) und M. (M\u00e4dchen) bezeichnet. Die eingetragenen Zahlen geben an, wieviel Prozent richtiger Urteile (abgerundet) auf die betreffende Differenz entfielen. Die Unterschiedsschwelle wurde\n1 Diese Abhandlung ist mit s\u00e4mtlichen Einzeltabellen als Berliner Dissertation (1906) gedruckt und im Verlage von J. A. Barth erschienen.","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenma\u00df bei Schulkindern.\n53\nbei der Differenz angenommen, bei der sich zuerst mindestens 67 % richtiger F\u00e4lle zeigten. Nach G. E. M\u00fcller gen\u00fcgen zwar zur Festsetzung der Unterschiedsschwelle 50% richtiger F\u00e4lle; indessen muis hier vorausgesetzt werden, dafs gen\u00fcgend zahlreiche Gleichheitsurteile Vorkommen. Da nun aber bei meinen Versuchspersonen zum Teil aufserordentlich selten Gleichheitsurteile auftraten, konnte die Schwelle nicht bei 50% richtiger F\u00e4lle angenommen werden; um aber trotzdem ein Mafs f\u00fcr die Unterscheidungsf\u00e4higkeit zu haben, mochte es auch immerhin absolut genommen etwas zu hoch greifen, wurde die Prozentzahl 67 der Schwellenbestimmung zugrunde gelegt.1 Diese Zahlen sind in den Tabellen fett gedruckt. Die kurzen senkrechten Striche zeigen die kleinste Differenz an, auf welche 90\u2014100% richtiger Urteile kamen. Bei denjenigen Versuchspersonen, welche diese hohe Zahl richtiger Urteile nicht erreichten, ist in die Rubrik der h\u00f6chsten Differenzen die auf diese ent fallende Zahl richtiger Urteile eingetragen. In der letzten Vertikalkolumne (G.-U. \u00fcberschrieben) sind in Prozenten die Zahlen der Urteile \u201egleich\u201c eingetragen, welche innerhalb der Totalschwelle (untere und obere Unterschiedsschwelle zusammen-gefafst) von der betreffenden Versuchsperson abgegeben wurden, also z. B. bei dem 14 j\u00e4hrigen Knaben n der Tabelle I innerhalb der Zone von \u2014 1 bis +1,5 mm, bei dem Knaben o in der Zone \u2014 0,5 bis + 0,5.\nDemnach bedeutet die erste Reihe auf Tabelle I: Bei dem 14j\u00e4hrigen Knaben a ergaben sich als untere und obere Unterschiedsschwelle \u2014 1 und + 0,5 mm ; auf die Differenzen \u2014 1 und + 1,5 entfielen 90 \u2014 100 % richtiger Urteile ; innerhalb der Totalschwelle, also zwischen \u2014 1 und + 0,5 mm, wurde unter 100 F\u00e4llen 9mal das Urteil \u201egleich\u201c abgegeben.\nDie zehn Einzeltabellen sind aus Grundtabellen gewonnen, deren Einrichtung ein Muster (S. 54), das nach dem Vorangehenden ohne weiteres verst\u00e4ndlich ist, veranschaulichen m\u00f6ge. Der unten angef\u00fcgte Durchschnitt der verschiedenen Urteile bei jeder Vergleichsdistanz l\u00e4fst deutlich das Wachsen der > Urteile und Abnehmen der <( Urteile von 27 mm zu 33 mm und die Steige-\n1 Ein durchgef\u00fchrter Versuch, die Gleichheitsurteile \u00fcberall, wo sie Vorkommen, halb den richtigen, halb den falschen zuzuzahlen, lehrte \u00fcbrigens, dais die Ergebnisse im allgemeinen sich nicht ver\u00e4ndern. Eine Ausnahme s. u. bei der Diskussion der Tabellen.","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"6. Versuchsreihe: Sukzessive Darbietung senkrechter Punktdistanzen.\nNormaldistanz: 30 mm.\n54\nHermann O-iering.\n3\tA li\t100\t100\t100\tg\t100\t3\t3 97\tg CO\t100\t100\tfr- \u00a9\t100\t100\t100\tfr- \u00a9\t1 98\n\tV\t\t\t\t\t\tfr-\t\tfr-\t\t\tCO\t\t\t\tCO\trT\ngf\tA II\tfr- 06\tfr- OC fr-\t100\t100\t03\tg\tfr- ee CO\tfr- X CO\t100\tfr- ee\t1\t100\t100\t100\tg\t>o \u00a9 Vi\n\tV\tCO\tCO\t\t\tfr-\tO vi\t\to\t\tCO\t\t\t\t\tg\tTP\n\tA\tr\u2014 fr-\tr- X\t3\tCO 06\t3\ts\t1 08\tfr- ee\t\u00eeooj\tfr- ee\tfr- \u00a9\tfr- \u00a9\t3\t100\t3\tg\n32\tII\t\to iM\t\t\t\t\t20\tg\t\t\t\t\t\t\t\t-P\n\tV\tCO <N\tCO\tfr-\tfr-\tfr-\t\u00a9\t\tCO\t\tCO\tCO\tCO\tfr-\t\tfr*\tCD\n\tA\tg\to fr-\t06\ts\tfr- fr-\t\u00ab 06\tg\t\u00a7\tCO 06\tfr- X\tl- \u00a9\t06\tS\tfr- \u00a9\t\u00ab fr-\t3\n31,5\tII\t\tfr*\t\t\t\t\ts\tCO CM\t\t\t\t\t\t\t\tCD\n\tV\tg\tCO\tO\tCO\tCO CM\tfr-\t\tfr-\tfr-\tCO H\tCO\to H\tt-\tCO\tfr- CM\tr-i\n\tA\tCO r-\t5\tfr- fr*\t3\tfr- X\tfr- ee\t3\ti\tg\t\u00a9 X\tg\tCO \u00a9\t\u00a7\t100\tfr- ee\t\u2022Q r-\nH CO\tII\t\tS\t\t\t\t\t3\tTp TP\t\t\t\t\t\t\t\t\u00a9\n\tV\tr- CM\tCO kO\tg\t2\tCO \u2022\u2014\tCO\tCO\tg\tO\t20\t\u00a9\tfr-\tfr-\t\t3\tCD\n\tA\t3\tfr- to\tr- 40\ti> t-\t50\t00\tg\t3\teo i\u2014\t80 fr-\tfr- fr-\tfr- fr-\tfr- ee\tg\tfr- 4.0\tS\n30,5\tII\t\tg\t\t\t\t\t3\t5\u00c7\tfr-\tCO\t\t\to\t\t\t\u00a9\n\tY\tr\u2014\ts?\t3\tg\t50\t40\tTp\tg\t20\tTp CM\tg\t23\tg\t\u00a9 ri\t3\tg\n\tA\ts\tS3\t3\t3\tfr- Tp\tfr* -P\tg\tS\tfr* tP\tfr- co\ts\t\tS\tg\tc6 Tf\tiO TP\ng\tII\t\t\u00ab9\t\t\t\t\tfr\u00bb O\t5\t\t80\t\t\tCO\t\t\t00\n\tY\tCO fr-\tS\tfr- t?\tfr- Tp\tCO \u2022o\t3\tg\t3\t3\t09\t43\tg\t\u00a9 -P\tg\tfr- \u00bbo\tfr- -f\n\tA\tCO CO\t\u00e4\tCO -P\tfr- TP\tCO TP\tg\t\t-t CM\tr- co\tfr- Tf\tIT\tl'- en\ts\t\u00a3\tCO H\t3\n29,5\tII\t\to\t\tCO\t\t\tCO fr-\t3\t\t\t\t\t\t\t\tco\n\tV\tfr- CO\tfr- ee\tfr- \u00bbo\tg\tfr-\tfr- fr-\tfr- ei\tCO\t3\t3\t50\t3\t80 fr-\t3\tfr- X\t2\n\tA\t\tCO\t3\tfr- TP\tCO Vi\tCO vi\t\t-1*\tfr- V\u00bb\tg\tCO CM\tg\tfr-\t3\tg\tfr-\n8\tII\t\tfr- tH\t\t\t\t\ts\t\u00e7p CM\tCO\tCO\t\t\tCO\t\t\tfr-\n\tV\t3\tg\tfr- ee\t3\tfr- X\tfr- X\tg\tCO fr-\tg\tfr- fr-\tfr- fr-\t3\tg\tfr- ee\tg\tCD fr*\n\tA\t\tCO\tfr- H\tg\tg\tg\t\tCO\t\tTp\tg\tfr-\tfr-\tfr- <3M\t\u00a9\tCM ri\n28,5\tII\t\tfr-\t\t\t\t\t3\tfr* co\tCO\tCO\t\t\t\t\t\t\u00a9\n\tV\t3\t06\t3\tr- fr-\t80\t80\tfr- ee\tg\tfr- ee\t3\t80\t3\t93\teo t-\tg\t(M CO\n\tAli\t\t\tC\u2014\tg\tCO\tfr* vi\t\to\tfr-\tfr- vi\tCO\tCO\tCO\to\tCO\tfr*\n28\tII\t\tO rH\t\t\t\t\tfr- ei\ts\to\t\t\t\t\t\t\tkO\n\tV\ttoo\tg\t80 \u00a9\tg\tfr- ee\t3\teo fr*\t3\t3\t3\tfr- \u00a9\tfr- \u00a9\tS\t3\tfr- \u00a9\t3\n27,5\tA\t\t\tO\tCO rH\t23\t\t\tfr-\tfr*\tCO\tco\tfr-\t\tfr-\t\u00a9 ri\tCD\n\tV\t100\tCO fr- ee\tg\tfr- X\tfr- fr-\t100\t83 17\t80 13\t3\tfr- \u00a9\tfr- \u00a9\t3\tCO 3\t3\t90\t92 2\n\tA\t\tCO\t\tCO\tfr-\tO vi\t\tCO\tCO\t\t\t\tCO\t\t\tCM\nSr- aN\tII V\t100\tCO \u00a9\tooi!\u00ab\tfr- 06\t\u00bb CD\t90 1\t100\t90 7\tfr- ee\t100\t100 i\t100\ts\t100\t100\t97 1\nVergleichsdistanz :\tUrteile:\tK.XIV a\tXi\to\t\u00a9\t\u00ae\t\u00ab\u2666H\tDO\t*C\t\tM\t\ta\tfl\tO\tPi\tDurchschnitt :","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle I. Horizontale Punktdietanzen. Simultane Darbietung. Normaldistanz: 30 mm. Beide Augen frei bewegt.\nDas Augenmafs bei Schulkindern.\n55\no aj os >o co\nxajoooiOoOHOo\naeao\neo t\u00bb\ncoco\n00^3\tg 0 O A\n\u2022- m ~ a \u00f6 o a\n95 O X5 \u00ab\nMhOMt^OO\nt* t\u00bb Tjlfa CO I\u00bb P\u00bb\n\u00ab-\u00db \u00fc xJ \u00a9 \u00d4C\u00c6 '^-g\u00f6O ft\n05^3 \u00a9X> \u00a9 ^ \u00d6Oefl","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nHermann Giering.\nrung der = Urteile von beiden Seiten nach der 0 Differenz (30 mm) zu erkennen, eine Regelm\u00e4fsigkeit, welche f\u00fcr die Brauchbarkeit der Tabellen sprechen d\u00fcrfte.\nC. Ergebnisse.\n1. Aus der Zusammenstellung in Tabelle II ist zun\u00e4chst ersichtlich, \u2022 in welchem Lebensalter die Kinder im allgemeinen \u25a0 die F\u00e4higkeit, Raumgr\u00f6fsen zu beurteilen, erlangen d\u00fcrften.\nTabelle II.\n3\u20146j\u00e4hrige Kinder. Summarische Pr\u00fcfung.\nBei simultaner Vergleichung vermochten zu beurteilen:\tj\tvon 10 6 j\u00e4hrigen Kindern\tvon 10 4 j\u00e4hrigen Kindern\tvon 10 3 j\u00e4hrigen Kindern\nPunktdistanzen\t!\t7\t5\t0\nKeine Punktdistanzen aber Linien . !\t3\t\u00f6 %\t4\nKeine Punktdistanzen und Linien, . aber St\u00e4be\t!\t\t\t3\nWeder Punktdistanzen noch Linien noch St\u00e4be\t!\t\t\t3\nVon meinen zehn 3j\u00e4hrigen Versuchspersonen waren, wie aus der obigen Zusammenstellung hervorgeht, sieben imstande, die vorgelegten Linien und St\u00e4be der Gr\u00f6fse nach miteinander zu vergleichen; auch Binetb j\u00fcngste Versuchsperson stand im Alter von 2 */2 Jahren. Demnach d\u00fcrfte die Annahme berechtigt sein, dafs sich bei den Kindern in der Regel im 3. Lebensjahre die F\u00e4higkeit einstellt, Raumgr\u00f6fsen zu beurteilen.\n2. Tabelle II gibt auch Aufschlufs dar\u00fcber, an welchen Objekten sich die Gr\u00f6fsenurteile entwickeln.\nVon den zehn 3 j\u00e4hrigen Versuchspersonen vermochten sechs die Gr\u00f6fsenunterschiede der Linien nicht anzugeben; unter diesen waren aber noch drei, welche die Gr\u00f6fsenunterschiede bei St\u00e4ben auffassen konnten. Dabei wurden die L\u00e4ngendifferenzen stehender St\u00e4be besser erkannt als liegender.\nEinige 4- und 5 j\u00e4hrige Kinder konnten die dargebotenen Linien und Punktdistanzen erst beurteilen, nachdem mit ihnen zuvor einige \u00dcbungen mit St\u00e4ben, die liegend oder stehend nebeneinander gesetzt waren, angestellt worden waren. Auch die Beobachtung erscheint mir erw\u00e4hnenswert, dafs die kleinen Kinder Punktdistanzen und Linien in phantasievoller Weise vergegenst\u00e4ndlichen ; sie sehen in ihnen z. B. Strafsen oder","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Da\u00bb Augenmaf8 bei Schulkindern.\n57\nB\u00e4ume, die bald \u201el\u00e4nger\u201c, bald \u201ekleiner\u201c gewachsen sind. Am sp\u00e4testen stellt sich die Auffassung der Punktdistanzen ein ; noch unter den f\u00fcnfzehn 6 j\u00e4hrigen M\u00e4dchen befanden sich sieben, welche dazu nicht imstande waren. Sie bemerkten nur die Punkte und vermochten die zwischen ihnen liegende leere Strecke nicht herauszuheben. Dafs aber diese F\u00e4higkeit durch \u00dcbung in der Beurteilung von Linien schnell erworben wird, zeigt Tabelle IV, auf welche ich weiter unten zu sprechen komme.\nHieraus ist ersichtlich, dafs die Gr\u00f6fsenbeurteilung sich zuerst an Gegenst\u00e4nden der gew\u00f6hnlichen Umgebung bildet und dann erst nach und nach sich auch auf blofse Schemata erstreckt.\n3. \u00dcber die Genauigkeit des Augenmafses gibt die Tabelle HI Aufschlufs, in der ich zusammengestellt habe, wieviele Beobachter bei den einzelnen Versuchsreihen auf jede der zw\u00f6lf m\u00f6glichen Totalschwellen : 1, 1,5, 2, 2,5 usf. bis 6 und mehr als 6 mm entfallen.\nTabelle III.\nTotalschwelle\tI\t1,5\t2\t2,5\t3\t3,5\t4\t4,5\t5\t5,5\t6\tmehr als 6\nK. XIV Sim. Punktdist. h\u00f6r.\t11\t3\t6\t2\t1\t1\t\t\t1\t\t\t\n(15)\t\u201e\t\u201e\tvert.\t2\t8\t2\t1\t\t1\t\t\t1\t\t\t\n\u201e Strichdist. h\u00f6r.\t\t8\t4\t1\t1\t\t1\t\t\t\t\t\n\u00bb\t\u00bb\tvert.\t2\t5\t3\t3\t\t1\t\t\t1\t\t\t\nSukz. Punktdist. h\u00f6r.\t1\t6\t2\t2\t1\t1\t1\t\t\t\t\t1\n\u201e\t\u201e\tvert.\t1\t8\t4\t\t1\t1\t\t\t\t\t\t\n\u201e Strichdist. h\u00f6r.\t5\t5\t3\t\t\t1\t\t1\t\t\t\t\n\u201e\tA\tvert.\t6\t4\t3\t\t1\t\t1\t\t\t\t\t\nK. VI Sim. Punktdist. h\u00f6r.\t3\t6\t3\t1\t1\t1\t\t\t\t\t\t\n(15)\t\u201e\t\u201e\tvert.\t3\t10\t2\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\u201e Strichdist. h\u00f6r.\t1\t12\t2\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\u201e\t\u201e\tvert.\t2\t9\t4\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nSukz. Punktdist. h\u00f6r.\t4\t6\t4\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\n\u00bb\t\u201e\tvert.\t2\t8\t4\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\n\u201e Strichdist. h\u00f6r.\t6\t6\t2\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\n\u201e\t\u201e\tvert.\t4\t8\t3\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nM. XIV Sim. Punktdist. h\u00f6r.\t3\t1\t2\t3\t4\t2\t\t\t\t\t\t\n(15)\t\u201e\t\u201e\tvert.\t4\t\t3\t4\t3\t\t1\t\t\t\t\t\n\u201e Strichdist. h\u00f6r.\t1\t7\t3\t3\t\t1\t\t\t\t\t\t\n9t\t9t\tvert.\t3\t3\t3\t3\t2\t\t1\t\t\t\t\t\nSukz. Punktdist. h\u00f6r.\t2\t5\t2\t2\t2\t1\t1\t\t\t\t\t\n\u201e\t\u201e\tvert.\t2\t3\t3\t2\t1\t2\t1\t1\t\t\t\t\n\u201e Strichdist. h\u00f6r.\t3\t3\t3\t3\t1\t1\t1\t\t\t\t\t\n\u201e\t\u201e\tvert.\t2\t5\t\t4\t1\t1\t\t\t\t\t\t2","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nHermann Gier\u00eeng.\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t;\t\tmehr\nTotalschwelle\t1\t1,5\t2\t2,5\t3\t3,5\t4\t4,6\t5\t5,5\t6\tals\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t1\t\t6\nM. VI Sim. Punktdist. h\u00f6r.\t\t\t4\t4\t\t\t\t\t\t\t\t\n(8)\t\u201e\t\u201e\tvert.\t\t2\t1\t1\t2\t2\t\t\t\t\t\t\n\u201e Strichdist. h\u00f6r.\t\t2\t1\t4\t1\t\t\t\t\t\t\t\n\u201e\t\u201e\tvert.\t\t2\t3\t1\t1\t\t\t\t\t\t\t1\nSukz. Punktdist. h\u00f6r.\t\t1\t2\t1\t\t\t1\t\t\t\t\t4\n\u201e\t\u201e\tvert.\t1\t\t\t3\t2\t1\t1 I\t\t\t\t\t\n\u201e Strichdist. h\u00f6r.\t\t\t1\t1\t2\t1\t3\t\t\t\t\t\n\u201e\t\u201e\tvert.\t\t1\t1\t1\t3\t\t\t\t1\t\t\t1\nIm grofsen und ganzen ergibt sich am h\u00e4ufigsten, wie man ohne weiteres sieht, die Totalschwelle 1,5. Bei den Knaben, besonders den 6 j\u00e4hrigen, enth\u00e4lt diese und die beiden benachbarten Rubriken weitaus die gr\u00f6fste Zahl aller Urteilenden. Erheblich st\u00e4rkere Dispersion zeigen die M\u00e4dchentabellen.\nAus dieser Zusammenstellung ist folgendes zu ersehen:\na)\tDie Unterscheidungsf\u00e4higkeit f\u00fcr Punktdistanzen ist bei Kindern in beiden Altersstufen von der f\u00fcr Strichdistanzen unter den angegebenen Versuchsumst\u00e4nden nicht wesentlich verschieden. Fechner h\u00e4lt es f\u00fcr wahrscheinlich, dafs fl\u00e4chenhafte Distanzen zwischen Parallelen (Strichdistanzen) besser beurteilt werden k\u00f6nnen als lineare zwischen Punkten1 ; Messer behauptet das Gegenteil.1 2 Vielleicht zeigen sich die Unterschiede in der Beurteilung der Strich- und Punktdistanzen erst, wenn die Begrenzungslinien der Strichdistanzen l\u00e4nger genommen werden als bei den obigen Versuchen, wo sie nur 20 mm lang waren.\nb)\tAuch die Lage der Beobachtungsobjekte erweist sich als einflufslos auf die Genauigkeit des Augenmafses.\nc)\tObgleich man annehmen k\u00f6nnte, dafs die Vergleichung sukzessiv dargebotener Objekte schwieriger sei als die simultan dargebotener, da sie h\u00f6here Anforderungen an die Aufmerksamkeit und das Ged\u00e4chtnis stellt, zeigen die betreffenden Zahlen in der obigen Zusammenstellung (mit Ausnahme der Reihen M. VI) doch nicht einen irgendwie auff\u00e4lligen R\u00fcckgang. Das mag zum Teil daher kommen, dafs sich die Versuchspersonen beim Sukzessivvergleich mehr zusammennahmen, da ihnen vor Beginn\n1 Fechner: Elemente der Psychophysik, Bd. I, S. 218.\n* Messer: Vergleichen von Distanzen nach dem Augenmafs. Poggeitel orfs Annalen der Physik 157, 172.","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Da\u00bb Augenma\u00df bei Schulkindern.\n59\nder betreffenden Versuchsreihen immer gesagt wurde, dafs jetzt etwas Schwieriges k\u00e4me und sie sich besonders M\u00fche geben sollten, wodurch denn freilich etwas ungleiche subjektive Bedingungen geschaffen wurden. Daneben mag auch ein anderer Umstand nicht ohne Bedeutung sein. Erfahrungsgem\u00e4fs werden die Distanzen am besten beurteilt, wenn man bei der Vergleichung \u2014 gleichsam ohne \u00dcberlegung \u2014 dem ersten Eindr\u00fccke folgt, und das ist beim Sukzessivvergleich gew\u00f6hnlich der Fall, w\u00e4hrend beim Simultan vergleich die Wiederholung der Vergleichung oft ein Schwanken des Urteils zur Folge hat.\nDer Hauptgrund daf\u00fcr, dafs die Vergleichung sukzessiv dargebotener Objekte genauer ist als die simultan vorgef\u00fchrter, scheint allgemeiner Natur zu sein. Auch bei Tast-, Geruchsund Tonempfindungen hat man festgestellt, dafs es leichter ist, aufeinanderfolgende Reize zu unterscheiden als gleichzeitige.* 1\nd)\tDie Knaben sind den M\u00e4dchen in der Genauigkeit des Augenmafses durchschnittlich \u00fcberlegen; die 6j\u00e4hrigen Knaben \u00fcbertreffen sogar die 14j\u00e4hrigen M\u00e4dchen. Wir wollen nicht sagen, dafs hieraus bereits mit Sicherheit schon auf einen allgemeinen Geschlechtsunterschied zu schliefsen w\u00e4re. Jedenfalls m\u00fcfsten die Versuche unter anderen Bedingungen f\u00fcr beide Geschlechter wiederholt werden. Nation, Stadt und Land, Erziehung und Lebensweise vor der Schule usf. k\u00f6nnten Unterschiede bedingen. Doch bleibt die grofse Differenz bemerkenswert genug.\ne)\tVergleicht man die Genauigkeit des Augenmafses der 6j\u00e4hrigen Versuchspersonen mit derjenigen der 14j\u00e4hrigen, so findet man, die 6 j\u00e4hrigen M\u00e4dchen ausgenommen, keine be-, deutenden Unterschiede.\nDafs die Resultate der 6j\u00e4hrigen M\u00e4dchen Zur\u00fcckbleiben, h\u00e4ngt mit an der Art der beurteilten Objekte ; mufsten doch von vornherein sieben Versuchspersonen dieser Gruppe von diesen Versuchen (Vergleichung von Punkt- und Strichdistanzen) ausgeschlossen werden, da sie nicht imstande waren, die leeren Distanzen herauszuheben (vgl. S. 51). Dafs trotzdem die Genauig-\n1 Vgl. E. II. Webeb, Tastsinn und Gemeingef\u00fchl. Wagners Hdwb. III, 2, S. 544 und Stumpf, Tonpsychologie II, S. 64 und rMafsbeetimmungen \u00fcber die Reinheit konsonanter Intervalle\u201c. Zeitschr. f. Psychol, u. Physiol,\ni. Sinnesorg. 18, 366, 383, 399.","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nHermann Giering.\nkeit des Augenmafses auch bei ihnen schon sehr entwickelt ist, zeigt sich bei der Beurteilung ausgef\u00fcllter Distanzen (vgl. Tab. III und S. 62).\nDie 6 j\u00e4hrigen Knaben scheinen den 14 j\u00e4hrigen Knaben und M\u00e4dchen \u00fcberlegen zu sein. Das liegt aber nur daran, dafs bei ihnen fast keine Gleichheitsurteile auftreten. Rechnet man bei den 14j\u00e4hrigen Versuchspersonen die H\u00e4lfte der Gleichheitsurteile den richtigen F\u00e4llen zu, so verschwindet der Unterschied.\nEs ergibt sich also, dafs in bezug auf die Genauigkeit des Augenmafses in der Zeit vom 6.\u201414. Jahre keine Entwicklung stattfindet. Ja sogar unter den 4- und 5 j\u00e4hrigen Kindern finden sich einige, die eine Totalschwelle von nur 1,5 mm aufweisen. Man ist also zu der Annahme berechtigt, dafs das Augenmafs der Kinder schon fr\u00fchzeitig sehr genau ist. \u201eEs ist\u201c, wie bereits Compaye\u00e9 auf Grund der BiNETBchen Versuche sagt, \u201eein Entwicklungsgesetz der F\u00e4higkeiten, dafs diejenigen, welche noch keine \u00dcberlegung voraussetzen, sehr schnell einen h\u00f6heren Grad der Vervollkommnung erreichen. Das Kind, welches an Urteilskraft wie an Abstraktionsverm\u00f6gen so sichtlich unter dem Erwachsenen steht, zeigt sich ihm selbst gleich\u201c \u2014 \u00fcbertrifft ihn vielleicht \u2014 \u201ewenn es sich darum handelt, zu sehen, mit dem Augenmafs die Fl\u00e4chen und die Linien abzusch\u00e4tzen\u201c.1\nUm die Leistungen der Kinder an denen Erwachsener messen zu k\u00f6nnen, liefs ich auch sechs Herren und Damen im Alter von 25\u201450 Jahren wagerechte Punktdistanzen simultan und sukzessiv beurteilen. Es stellte sich heraus, dafs diese Erwachsenen in der Unterscheidungsf\u00e4higkeit im allgemeinen gegen die Kinder zur\u00fcckstanden. Bei den sechs Beobachtern schwankten die Totalschwellen 'bei simultaner Darbietung der Vergleichsobjekte zwischen 1,5 und 5,5 mm; bei sukzessiver Darbietung konnte bei zwei Personen mit den zu Gebote stehenden Differenzen die Totalschwelle \u00fcberhaupt nicht festgestellt werden.\nDanach scheint die Unterscheidungsf\u00e4higkeit bei Erwachsenen ab-, jedenfalls nicht zuzunehmen. Indessen ist die Zahl der untersuchten Erwachsenen noch zu gering, um sichere Schl\u00fcsse zu ziehen.\n4. Mit der Genauigkeit des Augenmafses h\u00e4ngt auch das Vorkommen der Gleichheitsurteile zusammen. Ich habe zun\u00e4chst\n1 Compaye\u00e9, \u201eDie Entwicklung der Kinderseele\u201c 8. 94.","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenma\u00df bei Schulkindern.\n61\ndie Prozentzahlen der Gleichheitsurteile, welche innerhalb der Totalschwellen abgegeben wurden, in (hier nicht mitgeteilten) Tabellen zusammengestellt.\nEs zeigen sich hier bedeutende Unterschiede hinsichtlich des Alters und Geschlechts. Bei den 3- bis 5 j\u00e4hrigen Versuchspersonen kommen gar keine Gleichheitsurteile vor; bei den 6j\u00e4hrigen Knaben betragen sie im Durchschnitt 1 %, bei den 6j\u00e4hrigen M\u00e4dchen 6% bei Punkt- und Strichdistanzen, 17% bei Beurteilung stetig ausgef\u00fcllter Distanzen, bei den 14 j\u00e4hrigen Knaben 12 % und den gleichaltrigen M\u00e4dchen 25 % ; bei den Erwachsenen waren innerhalb der Totalschwelle 51 % Gleichheitsurteile.\nInnerhalb einer Beobachtergruppe treten bedeutende individuelle Unterschiede hervor. Im allgemeinen nimmt im Verlaufe der Versuchsreihen die Zahl der Gleichheitsurteile ab ; doch gibt es auch einzelne Individuen, welche bei der letzten Versuchsreihe noch dieselbe hohe Zahl der Gleichheitsurteile aufweisen.\nDasselbe best\u00e4tigen tabellarische \u00dcbersichten der s\u00e4mtlichen Gleichheitsurteile auch aufserhalb der Totalschwellen, die hier mitzuteilen unn\u00f6tig scheint. Auch da zeigen sich sehr grofse individuelle Unterschiede, bedeutende Unterschiede zwischen Knaben und M\u00e4dchen und im allgemeinen Abnahme mit den sp\u00e4teren Reihen, wenigstens insoweit als die beiden letzten Reihen fast regelm\u00e4lsig f\u00fcr alle Individuen erheblich kleinere Anzahlen aufweisen. Eine eigentliche Verbesserung des UrteilB m\u00f6chte ich hierin nicht erblicken, sondern eine allgemeine Urteilsdisposition, wie sie sich auch sonst vielfach bei Versuchsreihen Erwachsener einstellt, mag man sie nun als wachsende subjektive Zuversicht oder sonstwie n\u00e4her bezeichnen.\n5. Tabelle IV zeigt die Genauigkeit des Augenmafses 6 j\u00e4hriger M\u00e4dchen bei Vergleichung von Linien in verschiedenen Lagen. Auch hier habe ich die Tabellen nach der oben angegebenen Methode bearbeitet. Die Totalschwellen liegen auch hier in weitaus den meisten F\u00e4llen zwischen 1 und 2 mm. Die Unterschiede der Versuchsreihen, je nach den Lageverh\u00e4ltnissen der Linien, sind nicht grofs, aber doch merklich und aus den Umst\u00e4nden begreiflich.\nBei der Beurteilung wagerechter paralleler und senkrechter paralleler Linien (Versuchsreihen 1 bis 4) dr\u00e4ngt sich die L\u00e4ngendifferenz durch das Vorspringen und Zur\u00fccktreten der Vergleichs-","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nHermann Gitring.\nlinie auf, am meisten, wenn die Differenz auf einer Seite zum Ausdruck kommt, etwas weniger, wenn sie auf beide Seiten verteilt ist und am wenigsten, wenn die Linien aneinandergrenzen (Versuchsreihen 5 und 6).\nTabelle IV.\nTotalschwelle\t1\t1,5\t2\t2,5\t3\t3,5\t4\nI Sim. para\u00eet, horiz. Linien\t\t\t\t\t\t\t\na) Differenz auf einer Seite\t3\t2\t2\t\t\t\t\nb)\t\u201e\t\u201e\tbeiden\t\t\t\t\t\t\t\nSeiten\t\t2\t2\t1\t1\t1\t1\t\nII Sim. para\u00eet, vertik. Linien\t\t\t\t\t\t\t\na) Differenz auf einer Seite\t4\t\t2\t1\t\t\t\nb)\t\u201e\t\u201e\tbeiden\t\t\t\t\t\t\t\nSeiten\t\t2\t3\t\t1\t\t\t\nIII Sim. aneinandergr. horiz.\t\t\t\t\t\t\t\nLinien \t\t\t2\t2\t\t\t\t2\nIV Sim. aneinandergr. vertik.\t\t\t\t\t\t\t\nLinien \t\t1 \u2022\t2\t1\t2\t\t1\t\nV Sukz. horiz. Linien ....\t2\t1\t1\t3\t\t\t\nVI \u201e verk.\t\u201e\t....\t\t4\t1\t\t\t2\t\nVII Sim. horiz. Punktdist. . .\t\t3\t\t1\t3\t\t\nmehr\nals\n4\nBei dem Vergleichen der horizontalen und der vertikalen Parallelen wird weniger die eigentliche L\u00e4nge beurteilt, als vielmehr die Abweichung der Endpunkte der Vergleichslinie von der senkrechten Richtung bei den horizontalen Parallelen, resp. die Abweichung von der wagerechten Richtung bei den vertikalen Parallelen. Diese Abweichung betr\u00e4gt unter den bestehenden Versuchsbedingungen im ung\u00fcnstigsten Falle (bei einem Abstande der Parallelen von 10 mm und einer L\u00e4ngendifferenz von \u2019/* mm, wenn dieselbe auf einer Seite liegt, und '/* mm! wenn dieselbe auf beide Seiten verteilt ist) 20 8' resp. 10 25', Abweichungen, die grofs genug sind, um von der Mehrzahl der 6 j\u00e4hrigen Beobachter bemerkt zu werden. Bei der Beurteilung der aneinandergrenzenden Linien ist f\u00fcr das Zustandekommen des Urteils wesentlich, dafs eine Nachwirkung der Fixation der Normallinie oder des Durchlaufens derselben mit dem Blicke \u2014 m\u00f6ge sie nun in einem Vorstellungsbilde oder in einem Residuum irgend welcher anderen Art bestehen \u2014 mit dem Ged\u00e4chtnis festgehalten wird, um mit der durch Betrachtung der Vergleichslinie erzeugten Empfindung in Verbindung zu treten und so das Vergleichsurteil","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenmafs bei Schulkindern.\n63\nzu bewirken. Hier findet also im Grunde schon eine Art Suk-zessiwergleich statt; die Vorg\u00e4nge sind um vieles komplizierter und erfordern eine h\u00f6here Leistung der Aufmerksamkeit und des Ged\u00e4chtnisses.\nSchliefslich wurden den Beobachtern dieser Versuchsgruppe Punktdistanzen, die sie anfangs nicht beurteilen konnten, noch einmal vorgelegt, und es zeigte sich, dafs sie nunmehr auch imstande waren, die leeren Strecken zwischen den Punkten aufzufassen; jetzt hatten 3 von den 7 Beobachtern eine Totalschwelle von h\u00f6chstens 2 mm.\n6. Als allgemeine Bemerkung m\u00f6chte ich noch hinzuf\u00fcgen, dafs bei simultaner Darbietung der Vergleichsobjekte bei den ersten Versuchen Normal- und Vergleichsdistanz sehr sorgf\u00e4ltig fixiert und mehrmals miteinander verglichen wurden, ehe das Urteil abgegeben wurde. Sehr bald aber wurde nur die Vergleichsdistanz besonders ins Auge gefafst, das Urteil erfolgte unmittelbarer. Bei sukzessiver Darbietung vermochten einige Versuchspersonen, nachdem sie sich die Normaldistanz bei den ersten Versuchen einige Male genau besehen hatten, die Versuchsrunde auch mit bestem Erfolg zu Ende zu f\u00fchren, ohne weiter die Normaldistanz zu betrachten. In diesen F\u00e4llen scheint durch die Normaldistanz zeitweilig f\u00fcr das Bewufstsein ein absoluter Nullpunkt hergestellt zu sein, der die zweite Distanz nicht so sehr als gr\u00f6fser oder kleiner, denn als klein oder grofs \u00fcberhaupt erscheinen l\u00e4fst, \u00e4hnlich wie bei den MABTiN-M\u00dcLLERschen Gewichtsversuchen das Vergleichsgewicht sehr oft nach dem absoluten Eindruck beurteilt wurde.1\nIn Ber\u00fccksichtigung des Alters der Versuchspersonen konnten wichtige Aussagen der Selbstbeobachtung, die f\u00fcr die Theorie des Simultan- und Sukzessivvergleichs von Bedeutung w\u00e4ren, nicht erwartet werden.\nAls das wichtigste Ergebnis der vorstehenden Untersuchungen wird der Mangel einer Entwicklung innerhalb des schulpflichtigen Alters, ja bei manchen Kindern schon vom 3. Jahre ab, erscheinen. Selbstverst\u00e4ndlich beanspruchen wir auch f\u00fcr dieses Ergebnis keine ganz allgemeine G\u00fcltigkeit; in anderen L\u00e4ndern, bei anderen Methoden und Tendenzen des Unterrichts k\u00f6nnte sich anderes heraussteilen. Doch d\u00fcrfte es\n1 Vgl. Lillie J. Martin und G. E. M\u00fcller: Zur Analyse der Unter-schiedsempfindlichkeit, S. 43 ff.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\tHermann Gimwj.\nf\u00fcr deutsche Schulen im wesentlichen \u00fcberall zutreffen. Wie aber ist es zu erkl\u00e4ren?\nMan wird geneigt sein, den Geist und die Methode unseres Schulunterrichts, speziell des Zeichenunterrichts, daf\u00fcr verantwortlich zu machen. Indessen ist die Frage, ob der Schule \u00fcberhaupt die Aufgabe zukommt, das durch den nat\u00fcrlichen Sinnesgebrauch bereits so weit entwickelte Angenmafs noch mehr zu verfeinern, als es f\u00fcr die praktischen Bed\u00fcrfnisse des gew\u00f6hnlichen Lebens erforderlich ist. Auch dem Zeichenunterrichte darf schwerlich in erster Linie die blofse Entwicklung des Augenmaises als Ziel gesteckt werden.\nDie bemerkenswerteste Seite unseres Ergebnisses d\u00fcrfte daher weniger darin liegen, dafs das Angenmafs nicht noch weiter entwickelt wird, als vielmehr darin, dafs es bereits in so fr\u00fcher Zeit so hoch entwickelt ist.\nAnders verh\u00e4lt es sieh mit der Entwicklung des Augen-mafses nach der Tiefendimension auf Grund erfahrungsm\u00e4fslger Kriterien. In dieser Hinsicht kann man gewifs einen Fortschritt innerhalb des schulpflichtigen Alters erwarten und verlangen. Doch haben wir diese Seite der Entwicklung vorl\u00e4ufig nicht in die Untersuchung einbezogen.\nII. Versuche in den FL\u00e4chendimensionen unter t\u00e4uschenden Umst\u00e4nden.\nA. Beschreibung der angestellten Versuche.\nEine zweite Gruppe von Versuchen sollte feststellen, ob auch die Kinder schon bestimmten geometrisch - optischen T\u00e4uschungen unterworfen sind. Vom Standpunkte der verschiedenen Theorien dieser T\u00e4uschungen aus \u2014 eine allgemein anerkannte haben wir noch nicht \u2014 ist es ja nicht uninteressant zu wissen, ob die T\u00e4uschungen bei j\u00fcngeren Kindern bestehen oder nicht. Ich gebe zun\u00e4chst die von mir gefundenen Tat-Sachen und lasse die Besprechung zum Schlufs folgen.\nDa mehrere der bisherigen Versuchspersonen inzwischen aua-geschult worden waren, wurden, um die Zahl zu vervollst\u00e4ndigen, andere eingereiht. Von diesen will ich im voraus bemerken, dafs sie den T\u00e4uschungen im allgemeinen in gr\u00f6\u00dferem Umfange","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenma\u00df bei Schulkindern.\n65\nerlagen als diejenigen, welche an den vorhergehenden Versuchen teilgenommen und dadurch gr\u00f6fsere \u00dcbung im genauen Betrachten erlangt hatten. Es handelte sich im nachfolgenden weniger um eine genaue quantitative Messung als vielmehr um eine sichere Konstatierung des Vorhandenseins der T\u00e4uschung nnd um ann\u00e4hernde Bestimmung ihres Umfanges. Zu diesem Zwecke wurden die Distanzen, die in den folgenden Figuren, obschon objektiv gleich, gew\u00f6hnlich als \u201egr\u00f6fser\u201c bezeichnet werden, in mehreren Abstufungen verkleinert.\n\u00dcber das Verfahren ist nur zu bemerken, dafs die Versuchspersonen an einem Tische safsen und vom Versuchsleiter, die auf Kartonpapier gezeichneten Figuren in regelloser Aufeinanderfolge gleichzeitig vorgelegt erhielten. \u00dcber jede Differenz wurden 10 Urteile abgegeben, die von einem Gehilfen notiert wurden. Wenn von diesen 10 Urteilen noch 7 im Sinne der T\u00e4uschung ausfielen, habe ich angenommen, dafs bei der betreffenden Differenz die T\u00e4uschung noch besteht.\n, 1. Zun\u00e4chst sollten 2 horizontale, zwischen 6 mm. entfernten Parallelen liegende Strecken miteinander verglichen werden:\nFig. l.\nDie Normallinie, welche zwischen k\u00fcrzeren (18 mm langen) Parallelen lag, hatte in jedem Falle eine L\u00e4nge von 31 mm, die Vergleichslinie zwischen l\u00e4ngeren (44 mm langen) Parallelen eine solche von 31, 30, 29, 28 und 27 mm. Die nachfolgende \u00dcbersicht l\u00e4fst erkennen, wieviel Versuchspersonen bei der bezeich-neten Distanz die Vergleichslinie als gr\u00f6fser beurteilten.\nBei einer Differenz von\t0\t\u2014 1\t\u2014 2\t\u2014 3\t\u2014 4 mm\nwurden getauscht von 16 K. XIV 16 M. XIV\t3h\t3h\t!2\\24 12V4\t\t6/13\n16 K. VI 16 M. VI\tah\tSh\t101 oa 13/\"\tOCX) cc\t!}>\u00bb\nvon 6 Erwachsenen\t6\t6\t5\t4\t4\nVier von den 6 j\u00e4hrigen Knaben hatten die T\u00e4uschung nicht. Ein 14j\u00e4hriges und ein 6j\u00e4hriges M\u00e4dchen hatten zwar bei objektiver Gleichheit der Vergleichslinien die T\u00e4uschung nicht, beurteilten aber auch die Vergleichslinie bei \u2014 1 und \u2014 2 mm\nZeitiehritt fflr Psychologie 39.\t5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"Hermann Oiering.\nDifferenz als gleich. Im allgemeinen zeigt sich, dafs die T\u00e4uschung bei 6j\u00e4hrigen, 14j\u00e4hrigen und Erwachsenen in gleichem Umfange vorhanden ist.\n2. In der folgenden Zeichnung handelte es sich um die Beurteilung der beiden mittleren Kreisbogen:\nFig. 2.\nDie Sehne des oberen Bogens hatte die konstante L\u00e4nge von 19 mm, der untere Vergleichsbogen wurde auf beiden Seiten derartig verk\u00fcrzt, dafs seine Sehne mit der des oberen Bogens um 0, \u2014 1li, \u2014 1, \u2014 l1/, und \u2014 2 mm differierte. Die T\u00e4uschung bestand darin, dafs von den beiden mittleren Kreisbogen der untere erheblich \u00fcbersch\u00e4tzt wurde.\nBei einer Differenz von\t0\t-V.\t\u2014 I\t-17s\t\u2014 2 mm\nerlagen der T\u00e4uschung von 15 K. XIV 15 M. XIV\t15W 15/30\t14/^\t13\\24 11/^\t8\u00ab\t2\\a o r\n15 K. VI 15 M. VI\tH\\26 14T\u00b0\t9\\iq 10/\t8\\u 6/14\t8\u00bb\t2\\o o/2\nvon 6 Erwachsenen\t5\t5\t4\t2\t0\nBei vier 6j\u00e4hrigen Knaben und einem 6 j\u00e4hrigen M\u00e4dchen war die T\u00e4uschung nicht vorhanden; die 14j\u00e4hrigen scheinen demnach dieser T\u00e4uschung mehr unterworfen zu sein als die 6 j\u00e4hrigen.\n3. Im folgenden sollte der \u00e4ufsere Kreis des kleineren Ringes mit dem inneren Kreise des gr\u00f6fseren Ringes verglichen werden.\nO\nFig. 3.","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenmafs bei Schulkindern.\n67\nDer Normalkreis hatte in jedem Falle einen Durchmesser von 25 mm; der Durchmesser des Vergleichskreises differierte um 0, \u20141 Van \u20142Vs, \u201431jt und \u20144 mm. Die Mittelpunkte der Kreisringe waren 49 mm voneinander entfernt. Die T\u00e4uschung bestand darin, dafs der eingeschriebene Kreis \u00fcbersch\u00e4tzt wurde.\nBei einer Differenz von\t0\t-1'/.\t-27,\t-37,\t\u2014 4 mm\nhatten die T\u00e4uschung von 15 K. XIV 15 M. XIV\t15/28\t11}\u201c\til)20\t^12 7 r*\t3*\n15 K. VI 15 M. VI\t16/\"\tSh\tSh\t7\\ig uz18\tio}11\nvon 5 Erwachsenen\t5\t4\t2\ti\t0\nZwei 14j\u00e4hrige Knaben und ein 6 j\u00e4hriger hatten die T\u00e4uschung nicht. Die VIM. sind dieser T\u00e4uschung besonders zug\u00e4nglich; bei einer Differenz von 4 mm sind von 15 Versuchspersonen noch 10 der T\u00e4uschung unterworfen.\n4. Bei der n\u00e4chsten T\u00e4uschung handelte es sich um die Vergleichung einer leeren Distanz mit einer ausgef\u00fcllten :\n\u2022 \u2022\nFig. 4.\nDie Normaldistanz war durch zwei Punkte bezeichnet und betrug 50 mm; die Vergleichsdistanz war durch sechs nebeneinander liegende Punkte dargestellt und betrug 50, 49, 48,5, 48 und 47,5 mm. Wie aus nachfolgender Zusammenstellung zu ersehen ist, war die angewandte Differenz von 2,5 mm bei der Mehrzahl der Beobachter aller Gruppen noch nicht imstande, die T\u00e4uschung zu beseitigen.\nBei einer Differenz von\t0\t\u2014 1\t-1,6\t-2\t-2,6 mm\nhatten die T\u00e4uschung von 16 K. XIV 15 M. XIV\t16\\go 15/^\t141 og 15/\"\t13\\\u00abq 16/28\t11}\u201c\t111 22 11/\"\n15 K. VI 15 M. VI\t131 an\t161\u00ab 14/\"\t43\\.2g 14/\"\tSh\t1312g 13/\"\nvon 5 Erwachsenen\t5\t5\t5\t6\t4\n5*","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nHermann Q-iering.\n5. Im folgenden sollte eine horizontale Ausdehnung mit einer vertikalen verglichen werden. Zu dem Zwecke wurden den Versuchspersonen eine Reihe rechtwinkliger Parallelogramme, die eine konstante Breite von 30 mm besafsen, und deren H\u00f6he 27, 27Vj, 28, 28%, 29, 29%, 30, 31 und 32 mm betrug, vorgelegt.\nBei einer Differenz von\t-3\t-2,5\t\u2014 2\t-1,5\t-1\t\u2014 0,5\t0\t+ 1\t+ 2 mm\nbearteilten die H\u00f6he als:\t<=>\t<=>\t<=>\t<=>\t<=>\t<=>\t<=>\tA II V\t<=>\nvon 15 K. XIV\t15\t15\t13 2\t12 1 2\t10 2 3\t8 2 5\t2 2 11\t15\t15\n\u201e 15 M. XIV\t12 3\t11 4\t11 3 1\t3 6 6\t4 4 7\t2\t13\t2 13\t15\t15\n\u201e 15 K.VI\t15\t15\t14\t1\t13\t2\t10 6\t9\t6\t1\t14\t16\t15\n\u201e 15 M. VI\t14 1\t13 1 1\t11 4\t9 15\t11 2 2\t3\t12\t15\t15\t15\nv. 5 Erwachsenen\t5\t5\t5\t4 1\t3 2\t1 3 1\t3 2\t5\t5\nAus dieser Tabelle geht hervor, dafs \u2014 wie gew\u00f6hnlich angenommen \u2014 auch bei den Kindern schon die \u00dcbersch\u00e4tzung der Vertikalen beim Quadrat f\u00fcr die meisten vorhanden ist, da selbst bei einer Differenz von \u2014 1% mm noch eine gr\u00f6fsere Anzahl der T\u00e4uschung unterlag. Aber die Tendenz ist nicht ganz allgemein, da von den 60 Versuchspersonen vier das Quadrat als solches erkannten und drei die H\u00f6he Bogar untersch\u00e4tzten.\nNach den Erfahrungen, die sich bei Gelegenheit von Seminar-\u00dcbungen im Psychologischen Institut ergeben haben, hat sich gezeigt, dafs weniger als die H\u00e4lfte der Studenten die Vertikale des Quadrats f\u00fcr deutlich gr\u00f6fser hielt. Es fanden sich auch \u00f6fters Herren, die die Horizontale \u00fcbersch\u00e4tzten.\n6. Zuletzt wurde den Beobachtern ein Normalrechteck von 26 mm H\u00f6he und 40 mm Breite vorgelegt, das mit anderen Rechtecken, deren H\u00f6he in jedem Falle 26 mm betrug, deren Breite aber nur um + 1, 2, 3 mm differierte, verglichen werden sollte. Die Aufgabe war, auf H\u00f6he und Breite zu gleicher Zeit die Aufmerksamkeit zu lenken und anzugeben, ob und in welchem Sinne sich dieselben ge\u00e4ndert hatten.\nDie nachfolgende \u00dcbersicht enth\u00e4lt die Summe der Urteile, welche in jeder Gruppe der Beobachter auf die neun m\u00f6glichen Kombinationen :\n<<< = = = >>>\n< = >< = >< = >\nentfielen.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Da\u00bb Augenmafs bei Schulkindern.\n69\nDifferenz\t\u2014 3\t\u2014 2\nBreite: i<< < = = = >>> H\u00f6he: !< = > <=><=>\t\t\nK. XIV\t| 6\t24\t107 1 2\t6\t4\t1 M. XIV\t3\t21\t112\t2\t8\t1\t3 K. VI\til 31\t78\t28\t13 M. VI\t117\t6\t109\t4\t3\t2\t9\t\t6 24 104 1 4 6\t5 3 16 110\t39234 25\tTi\t35\t17 12 5 102\t4 1 8 1 17\nDifferenz Breite : H\u00f6he:\t\u2014 1\t+ 1\n\t\t:><\u00a3<=>\u00a3>\u00a3\nK. XIV M. XIV K. VI M. VI\t6 19 84 2 8 8 12 6 5 4 15 70\t9 20 5 9 18 17\t63 1\t46\t23 15 4 61\t6\t1 24 9 30\t4\t11 24 3 11 3 67 12 15 3\t2 22\t12 10 23 27 61 5\t31\t86\t28 4\t1 24\t1 2 57 14 47\nDifferenz\t+ 2\t+ 3\nBreite : H\u00f6he:\t^< = >\u00a3>\u00a3\t\nK. XIV M. XIV K. VI M. VI\t2 3 12 1\t84 36 13 2\t2\t3\t2\t9\t44\t51\t37 3\t14\t102\t1\t30 1\t1\t1\t1\t1\t1\t93\t8\t43\t4\t7 1 84 35 19 1 2 3\t2 3 33 52 54 6\t16\t103\t25 1\t5\t1\t84 9 50\nIn den wenigsten F\u00e4llen wurde die Ver\u00e4nderung richtig erkannt. (Richtig ist bei den Minusdifferenzen die Kombination <, bei den Plusdifferenzen die Kombination >.) Der gr\u00f6fsere Teil der Versuchspersonen liefs sich durch das Hervortreten der relativ gr\u00f6fseren Seite verleiten, bei verkleinerter Breite zugleich die H\u00f6he als gr\u00f6fser und bei vergr\u00f6fserter Breite zugleich die H\u00f6he als kleiner zu bezeichnen. (Vgl. die hohen Zahlen bei\n<\n>\nresp\n\nDie bei den 14- und 6 j\u00e4hrigen M\u00e4dchen auf die Plusdifferenzen entfallende gr\u00f6fsere Anzahl der Urteile ^ ist wohl auf fl\u00fcchtiges Beobachten zur\u00fcckzuf\u00fchren.","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nHermann Gierin\u00ff.\nB. Diskussion.\nSehen wir nun zu, wie sich die obigen Resultate zu den zur Zeit am meisten diskutierten Theorien der geometrisch-optischen T\u00e4uschungen verhalten.\n1.\tNach Lipps erf\u00fcllt unsere Phantasie alle geometrischen Formen mit Kr\u00e4ften, die wir in uns selbst erleben. Diese Kr\u00e4ftevorstellungen sollen dann sowohl dem \u00e4sthetischen Eindr\u00fccke als auch den T\u00e4uschungen zugrunde liegen. Betrachten wir zwei r\u00e4umliche Gr\u00f6fsen nacheinander zum Zwecke des Vergleichens, so legen wir nach der gew\u00f6hnlichen Anschauung ein Vorstellungsbild der zuerst betrachteten Gr\u00f6fse gleichsam auf die zweite. Lipps meint nun, dafs das vom ersten Eindruck zur\u00fcckgebliebene Vorstellungsbild durch die Kr\u00e4ftevorstellung in seiner Gr\u00f6fse ver\u00e4ndert werde, und dafs dadurch die T\u00e4uschung bedingt sei. Vom Standpunkte dieser Theorie aus m\u00fcfsten bei den 6 j\u00e4hrigen Kindern der Volksschule, da sie den T\u00e4uschungen unterliegen, auch schon die betreffenden Kr\u00e4ftevorstellungen vorhanden sein. Da eine sichere Entscheidung \u00fcber das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der als un-bewulst vorausgesetzten Kr\u00e4ftevorstellungen vorl\u00e4ufig wohl nicht herbeigef\u00fchrt werden kann, so ist das Bestehen der T\u00e4uschungen bei 6 j\u00e4hrigen Kindern mit der Lippsschen Theorie nicht unvereinbar. Eine gewisse Schwierigkeit d\u00fcrfte ihr immerhin daraus erwachsen.\n2.\tW\u00fcndt bringt die geometrisch-optischen T\u00e4uschungen mit den Muskelempfindungen des Auges in Zusammenhang, die nach ihm bekanntlich bei der Raumwahmehmung eine ganz fundamentale Rolle spielen. Er f\u00fchrt z. B. die \u00dcbersch\u00e4tzung vertikaler Linien gegen\u00fcber horizontalen darauf zur\u00fcck, dafs beim Wandern des Blickpunktes in vertikaler Richtung zwei Muskeln t\u00e4tig sind, die sich zum Teil in ihrer Kraft kompensieren, w\u00e4hrend die Drehung des Auges, in horizontaler Richtung immer nur von einem einzigen Muskel besorgt wird. Vom Standpunkte dieser Theorie aus m\u00fcfste man erwarten, dafs die \u00dcbersch\u00e4tzung vertikaler Linien bei allen Personen mit normalen Augenmuskeln best\u00e4nde, soweit sie nicht durch anderweitige Erfahrungen kompensiert wird. Dies letztere ist aber bei 6 j\u00e4hrigen K\u00fcndern sicher weniger zu erwarten als bei Erwachsenen. Nun hat sich zwar gezeigt, dafs, abgesehen von einem einzigen Kinde, alle 6j\u00e4hrigen","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augcnmafs bsi Schulkindern.\n71\nbeim objektiven Quadrate die Vertikale in der Tat ebenso wie Erwachsene f\u00fcr gr\u00f6fser erkl\u00e4ren; aber schon neun 6j\u00e4hrige Knaben erkennen die Vertikale richtig als kleiner, wenn sie nur um V* * mm verringert ist. Der konstante Fehler ist also mindestens aufserordentlich gering. Auch ist er viel geringer als derjenige, der bei der Vergleichung zweier Linien, einer vertikalen und einer horizontalen, bei sukzessiver Darbietung von gleichaltrigen Kindern begangen wird, w\u00e4hrend die T\u00e4tigkeit der Muskeln in beiden F\u00e4llen die n\u00e4mliche ist.1\nEine besondere St\u00fctze f\u00fcr die Theorie der Muskelempfindungen hat man ferner in der Tatsache erblickt, dafs die ausgef\u00fcllte Strecke gegen\u00fcber der leeren im allgemeinen \u00fcbersch\u00e4tzt wird. Man nahm an, dafs bei der ausgef\u00fcllten Distanz das Auge der Reihe nach die einzelnen Teilpunkte fixiere und dafs der antagonistische Muskel jedesmal eine Bremswirkung aus\u00fcbe, so dafs die Gesamtmuskelt\u00e4tigkeit eine gr\u00f6fsere w\u00e4re. F\u00fcr diese Erkl\u00e4rung w\u00fcrde zwar die Tatsache g\u00fcnstig sein, dafs diese T\u00e4uschung bei allen Kindern vorhanden iBt. Nun hat aber Ebbinghaus neuerdings gezeigt3, dafs diese T\u00e4uschung auch noch besteht, wenn fest fixiert wird, also alle Augenbewegungen ausgeschlossen sind. Auf Grund dieser Tatsache nimmt auch Ebbinghaus an, dafs diese T\u00e4uschung mit Augenbewegungen nichts zu tun hat.\n3. Sehen wir endlich zu, wie sich die Resultate zu Schumanns Theorie verhalten.\nDafs die \u00dcbersch\u00e4tzung der Senkrechten gegen\u00fcber einer gleichlangen Horizontalen beim Quadrate erheblich geringer ist als bei zwei isoliert gegebenen Linien, ist nach den von Schumann entwickelten Anschauungen leicht verst\u00e4ndlich. Nach ihm kommt das Urteil beim Quadrat* durch Simultanvergleich zustande und beruht auf der Gestaltqualit\u00e4t dieser Figur. W\u00e4hrend bei den isoliert gegebenen Linien ein Sukzessivvergleich eintritt und das Urteil in einer ganz anderen Weise zustande kommt.\nDie T\u00e4uschung der eingeteilten Strecke h\u00e4ngt ferner nach Sch\u00fcmann damit zusammen, dafs wir von einer Reihe gleicher\n1 Fr\u00e4ulein Salle hat hier\u00fcber Versuche angestellt, die demn\u00e4chst publiziert werden sollen.\n*\tVgl. Bericht \u00fcber den I. Kongrefs f\u00fcr experimentelle Psychologie 8. 22 fl.\n*\tVgl. Diese Zeitschrift 24, S. 13 S.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nHermann Giering.\nund in gleichen Abst\u00e4nden angeordneter Elemente (Punkte, Linien, Kreise, Quadrate etc.) im allgemeinen nur drei bequem durch die Aufmerksamkeit gleichzeitig herausheben k\u00f6nnen. Da diese F\u00e4higkeit bei Kindern jedenfalls nicht besser entwickelt sein wird als bei Erwachsenen, so ist nach der Theorie zu erwarten, dafs auch bei Kindern die T\u00e4uschung mindestens im gleichen Mafse besteht wie bei Erwachsenen, eine Erwartung, die durch die von mir gefundenen Resultate best\u00e4tigt wird.\nDie unter 1\u20143 angef\u00fchrten T\u00e4uschungen sind nach Sch\u00fcmann auf eine St\u00f6rung des Vergleichungsvorganges zur\u00fcckzuf\u00fchren. Betrachten wir beispielsweise zuerst eine Linie und wenden dann den Blick einer zweiten gr\u00f6fseren oder kleineren zu, so sollen vom ersten Eindruck Residuen Zur\u00fcckbleiben, die bei der Wahrnehmung der zweiten Linie mitwirken und bestimmte Nebeneindr\u00fccke hervorrufen. Diese Nebeneindr\u00fccke sollen das Vergleichungsurteil bedingen. Befinden sich nun in unmittelbarer N\u00e4he der zu vergleichenden Linien, Kreise etc. andere r\u00e4umliche Gebilde, so k\u00f6nnen diese auf das Zustandekommen der Nebeneindr\u00fccke Einflufs gewinnen und dadurch unser Urteil in eine falsche Richtung lenken. Dabei ist wichtig, dafs die zu beurteilenden Gr\u00f6fsen mit den benachbarten im Be-wufstsein ein einheitliches Ganzes bilden, da die T\u00e4uschungen sofort aufh\u00f6ren, sobald man die zu beurteilenden Gr\u00f6fsen vor den anderen im Bewufstsein hervortreten l\u00e4fst.\nWenn sich nun gezeigt hat, dafs die T\u00e4uschungen auch bei dem gr\u00f6fsten Teil der 6 j\u00e4hrigen Kinder vorhanden sind, so steht diese Tatsache mit der Theorie in \u00dcbereinstimmung unter der Voraussetzung, dafs auch schon in diesem Alter im allgemeinen die zu vergleichenden Gr\u00f6fsen mit den benachbarten einheitlich verbunden sind, so dafs letztere Einfluls auf die das Urteil bedingenden Nebeneindr\u00fccke gewinnen k\u00f6nnen. Ob diese Voraussetzung wirklich zutrifft, l\u00e4fst sich allerdings bei unseren jetzigen Kenntnissen nicht sicher entscheiden. K\u00f6nnten wir ferner voraussetzen, dafs die Linienkomplexe der Figuren 1 und 2 bei den 6 j\u00e4hrigen Kindern noch nicht so allgemein einheitlich verbunden sind wie bei den 14 j\u00e4hrigen, so w\u00fcrde sich die Tatsache erkl\u00e4ren, dafs bei mehreren 6 j\u00e4hrigen Kindern die T\u00e4uschungen 1 und 2 nicht auftreten, w\u00e4hrend sie bei s\u00e4mtlichen 14 j\u00e4hrigen Kindern vorhanden sind (nur bei einem M\u00e4dchen ist es fraglich cf. S. 67). Bei Figur 2 k\u00f6nnte aber auch die Einheitlichkeit bei","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenma\u00df bei Schulkindern.\n73\nden 6 j\u00e4hrigen Kindern ebensogut vorhanden sein und daf\u00fcr nur eine andere mit der Einheitlichkeit in Zusammenhang stehende Erscheinung fehlen, die Schumann zur Erkl\u00e4rung heranzieht.1\nBei Erwachsenen treten n\u00e4mlich subjektive Grenzlinien auf, welche die untereinander liegenden Endpunkte der drei oberen Kreisbogen miteinander verbinden. Diese konvergierenden, subjektiven Grenzlinien setzen sich nach unten fort und die Aufmerksamkeit umfafst dann im allgemeinen nicht nur die drei oberen Bogenlinien mit der zwischen ihnen befindlichen Fl\u00e4che, sondern es tritt auch noch derjenige Teil der darunter befindlichen Fl\u00e4che im Bewufstsein hervor, welcher zwischen den konvergierenden subjektiven Grenzlinien liegt. Hierdurch soll eine Tendenz entstehen, aus den unteren der beiden zu vergleichenden Kreisbogen ein mittleres St\u00fcck herauszuschneiden. Es ist nun m\u00f6glich, dafs bei den 6 j\u00e4hrigen Kindern diese Grenzlinien bzw. das Heraustreten eines nach unten spitz zulaufenden Fl\u00e4chenst\u00fcckes noch nicht vorhanden sind, w\u00e4hrend die Einheitlichkeit besteht.\nDemnach stehen die Resultate meiner Versuche in keinem Widerspruch zu Sch\u00fcmanns Theorie. W\u00fcrde aber durch weitere Untersuchungen an Erwachsenen die Richtigkeit dieser Theorie erwiesen werden, so k\u00f6nnte man die Schlufsfolgerung ziehen, dafs bei den 6 j\u00e4hrigen Kindern die einheitliche Verbindung der betreffenden Komplexe schon vorhanden ist. Ferner w\u00fcrde man aus der Tatsache, dafs auch die sechste T\u00e4uschung bei den 6 j\u00e4hrigen Kindern besteht, schliefsen k\u00f6nnen, dafs bei ihnen schon die Verh\u00e4ltnissch\u00e4tzung eine Rolle spielt, auf die Sch\u00fcmann diese T\u00e4uschung zur\u00fcckf\u00fchrt.\nTTT- Versuche in der Tiefendimension.\nA. Aufgabe und Stand der Frage.\nEine dritte Gruppe von Versuchen sollte einen Beitrag liefern zur Entscheidung der Frage, ob Akkommodations- oder Konvergenzempfindungen eine Grundlage f\u00fcr unsere Tiefensch\u00e4tzung bilden. Es erschien mir nicht uninteressant, gerade bei Kindern, die sich doch, wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich ist, als gute Beurteiler r\u00e4umlicher Verh\u00e4ltnisse erwiesen haben, hier\u00fcber\n1 cf. Diese Zeitschrift 80, 8. 264.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nHermann (Hering.\nVersuche anzustellen. Aufserdem leitete mich auch ein weiter unten anzuf\u00fchrender Grund.\nBevor ich zur Beschreibung der Versuche \u00fcbergehe, mufs ich jedoch erst den gegenw\u00e4rtigen Stand dieser Frage er\u00f6rtern.\nBekanntlich schreiben W\u00fcndt und seine Schule den Ak-kommodations- und Konvergenzempfindungen eine hervorragende Rolle f\u00fcr das Tiefensehen zu, w\u00e4hrend im Gegensatz dazu Hebing mit seinen Sch\u00fclern von einer solchen Bedeutung derartiger Empfindungen nichts wissen will. Beide Parteien st\u00fctzen ihre Ansicht auf die Ergebnisse von sorgf\u00e4ltig angesteUten Versuchen.\nWundt hat in den Jahren 1859 und 1861 diese Frage zuerst experimentell n\u00e4her untersucht.1\nSeine Resultate wurden sp\u00e4ter von Abber kontrolliert und best\u00e4tigt.2\n.Die Versuchsanordnung war folgende: Der Beobachter safs vor einem undurchsichtigen Schirme und sah durch eine kleine innen geschw\u00e4rzte R\u00f6hre, die sich im Schirme befand und die den Ausblick auf eine mehrere Meter entfernte gleichm\u00e4lsig weilse Wand gew\u00e4hrte. Im Gesichtsfelde befand sich nur ein sehr d\u00fcnner schwarzer Faden, der senkrecht aufgeh\u00e4ngt war und in der Richtung des Netzhautmeridians des gerade nach vorn blickenden Auges verschoben werden konnte. Dieser Faden war so lang, dafs auch bei den gr\u00f6fsten Entfernungen weder das obere noch das untere Ende sichtbar waren, und ferner so d\u00fcnn (0,22 mm), dafs die Ver\u00e4nderung der Gr\u00f6fse des Netzhautbildes bei N\u00e4herung oder Entfernung innerhalb der hier in Betracht kommenden Grenzen nach Wundts Ansicht, der sich dabei auf Ergebnisse von Versuchen st\u00fctzt, die W\u00fclfing \u00fcber den kleinsten Gesichtswinkel angestellt hat {Zeitschrift f\u00fcr Biologic 2d, S. 199 ff.), nicht bemerkt werden konnte.\nDie Versuchspersonen beobachteten monokular und binokular die gleichzeitig und nacheinander dargebotenen F\u00e4den.\n1 Zeitschrift f\u00fcr rationelle Medizin von Henlf. und Pfbcfes Bd. VIII: \u201e\u00fcber den Einfiuls der Akkommodation auf die r\u00e4umliche Tiefen Wahrnehmung\u201c, Bd. XII : \u201e\u00dcber den Einflufs der Konvergenz auf die r\u00e4umliche Tiefensch\u00e4tzung\u201c ; beide Abhandlungen sind in Wundts Beitr\u00e4gen zur Theorie der Sinneswahrnehmung 1862 wieder abgedruckt.\n! \u00dcber die Bedeutung der Konvergenz- und Akkommodationsbewegungen f\u00fcr die Tiefenwahrnebmung. Philosophische Studien 1898, 13, S. 116\u2014161 und 222\u2014304.","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenmafs bei Schulkindern.\n75\nBei sukzessiver Darbietung wurde von Arber nicht derselbe Faden benutzt, um etwa vorhandene Unebenheiten als Kriterien der Vergleichung auszuschalten.\nEs ergab sich, dafs es auch bei monokularer Betrachtung \u2014 wenn auch in beschr\u00e4nkterem Mafse als bei binokularer \u2014 m\u00f6glich war, Tiefenunterschiede wahrzunehmen.\nWtjndt nimmt zur Erkl\u00e4rung dieser Tatsache die Akkommodationsempfindungen, die bei Kontraktion der Binnenmuskulatur entstehen, in Anspruch und vertritt diesen Standpunkt auch noch in der 5. Auflage der Grundz\u00fcge der Physiologischen Psychologie 2, 8. 598: \u201eBei monokularem Sehen tritt wahrscheinlich in einem gewissen, wenngleich sehr unvollkommenen Grade die Akkommodationsanstrengung als Ersatz (f\u00fcr die bei binokularem Sehen die Unterscheidung der Tiefendistanzen vermittelnden Konvergenzempfindungen) ein, die aber regelm\u00e4fsig zugleich an der infolge der Synergie zwischen Akkommodation und Konvergenz eintretenden Konvergenz\u00e4nderung eine Unterst\u00fctzung gewinnt.\u201c\nGegen Wundts Methode und Schlufsfolgerungen wandte sich im Jahre 1893 F. Hillebband in einer unter Herings Leitung ausgef\u00fchrten Untersuchung des Problems: \u201eDas Verh\u00e4ltnis der Akkommodation und Konvergenz zur Tiefenlokalisation\u201c1 und in einer sp\u00e4teren Verteidigungsschrift: \u201eIn Sachen der optischen Tiefenlokalisation.\u201c2 Er schlofs binokulare Versuche und solche, bei denen Normal- und Vergleichsdistanz gleichzeitig gegeben wurden, aus, die binokularen, da bei ihnen die Disparation der Netzhautbilder f\u00fcr die Beurteilung der Tiefenunterschiede ausschlaggebend ist, und sie daher zur Pr\u00fcfung des Einflusses der Akkommodation und Konvergenz nicht geeignet sind, die simultanen u. a. aus dem Grunde, weil bei unruhiger Haltung des Kopfes die parallaktische Verschiebung ein Kriterium f\u00fcr die Tiefenlokalisation abgibt. Auch die Verwendung von F\u00e4den als Beobachtungsobjekte verwarf Hillebband, da bei ihnen die bei der Verschiebung unvermeidliche \u00c4nderung der Gr\u00f6fse des Netzhautbildes als Kriterium f\u00fcr die Beurteilung der Tiefe ins Gewicht f\u00e4llt. Die Untersuchung von W\u00fclfing, auf die sich Wundt und Abree st\u00fctzen, k\u00f6nnten zur Entscheidung der Frage, ob bei einem Faden von 0,22 mm Dicke noch die Wahrnehmung\n1 Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 7, S. 97\u2014151.\n* Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 1C, S. 51\u2014171.","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nHermann Giering,\nder Gr\u00f6fsen\u00e4nderung ausschlaggebend sei, nicht herangezogen werden, da diese Versuche sich auf wesentlich andere Versuchsbedingungen bez\u00f6gen. Er bediente sich deshalb einer mathematischen Linie als Beobachtungsobjektes.\nDie Versuchspersonen sahen durch einen kurzen Tubus auf eine gleichm\u00e4fsig beleuchtete feststehende Milchglaeplatte. Vor derselben war ein schwarzer Kartonschirm, nach der Tiefe verschiebbar, so eingestellt, dafs er bei jeder Entfernung die H\u00e4lfte des Gesichtsfeldes bedeckte. Der durch den Tubus blickende Beobachter sah also das Gesichtsfeld halb weifs und halb schwarz ; er fixierte die senkrechte Begrenzungslinie, auf deren scharfes Hervortreten besondere Sorgfalt verwandt worden war. Es wurden zwei Klassen von Versuchen angestellt Bei der ersten wurde der schwarze Schirm w\u00e4hrend der Fixation der Begrenzungslinie kontinuierlich verschoben ; bei der zweiten Klasse wurden zwei Schirme, die in verschiedenen Entfernungen standen, angewandt; der erste verschwand aus dem Gesichtsfelde, wenn der andere von der entgegengesetzten Seite in dasselbe eintrat; im ersten Falle war also der Akkommodationswechsel ein kontinuierlicher, im zweiten ein abrupter.\nDas Ergebnis der ersten Versuchsklasse war, dafs keine von den Versuchspersonen die Tiefen\u00e4nderung richtig anzugeben vermochte ; dagegen zeigte es sich bei der zweiten Klasse, dafs innerhalb gewisser Distanzen Tiefenunterschiede richtig erkannt wurden. Nach den Aussagen der Beobachter wurden die Differenzen aber nicht gesehen, sondern erschlossen. Hlllebrand schliefst aus den negativen Resultaten der ersten Versuchsklasse (kontinuierlicher Wechsel der Tiefenlage), dafs f\u00fcr die Beurteilung der Tiefenunterschiede beim Ausschlufs aller anderen Kriterien keinerlei Muskelempfindungen mafsgebend sein k\u00f6nnen. Die Tatsache, dafs bei der zweiten Versuchsklasse (sprungweise \u00c4nderung der Tiefenlage) trotzdem gen\u00fcgend grofse Tiefendifferenzen erkannt wurden, erkl\u00e4rt er auf folgende Weise1:\n\u201eDas zweite Objekt tritt auf und wird unscharf gesehen, in dem Bestreben des Deutlichsehens beginnt der Beobachter seine Akkommodation nach einer der beiden m\u00f6glichen Richtungen (also z. B. f\u00fcr die N\u00e4he) zu \u00e4ndern; war die Richtung dieser \u00c4nderung die passende, so werden die Zerstreuungskreise\n1 a. a. O. S. 131 ff.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenmafs bei Schulkindern.\n77\nkleiner und verschwinden endlich ganz, der Gegenstand wird scharf gesehen; war sie unpassend (spannt er z. B. die Akkommodation an, w\u00e4hrend das Objekt ferner liegt) dann wird das Bild nur noch imdeutlicher, und der Beobachter merkt alsbald, dais er den verkehrten Weg gegangen war und umkehren m\u00fcsse ; er gibt also die entgegengesetzte Innervation und gelangt so zum gew\u00fcnschten Ziele.\nNun weifs man aber bei willk\u00fcrlich intendierter Akkommo-dationsftnderung, in welchem Sinne man die \u00c4nderung vorgenommen hat. (Im gew\u00f6hnlichen Falle d\u00fcrfte diese Kenntnis schon dadurch gegeben sein, dafs die Akkommodations\u00e4nderung unter der Leitung einer in der Phantasie auftretenden N\u00e4hen-bzw. Femvorstellung erfolgt. Nur bei besonderer planm\u00e4\u00dfiger \u00dcbung kann eine derartige Leitung vielleicht erspart werden.) Ob ferner die \u00c4nderung eine passende war oder nicht, dies erkennt man aus dem Gr\u00f6fser- resp. Kleinerwerden der Zerstreuungskreise und diese zwei Daten reichen hin, um zu erkennen, ob man es mit einem n\u00e4her oder ferner gelegenen Objekte zu tun hat. Die Richtung des Tiefenunterschiedes wird also hier durch eine Art Ausprobierens erkannt.\u201c\nHillebrand st\u00fctzte die Annahme des Ausprobierens mit Hilfe der Akkommodation durch Versuche, in denen die Unterschiede der Zeiten festgestellt wurden, die zur Akkommodation n\u00f6tig waren, je nachdem der Beobachter wufste, ob das Vergleichsobjekt n\u00e4her oder ferner war, oder nicht.\nDas HtLLEBRANDsche Verfahren wurde kontrolliert zun\u00e4chst von Dixon und Abreb, welche im wesentlichen seine Resultate best\u00e4tigten. Dixon fand1, dafs die Versuchspersonen bei abruptem Wechsel der Distanzen imstande waren, noch kleinere Tiefenunterschiede zu erkennen.\nAbbeb h\u00e4lt Hillebbands Versuchsanordnung f\u00fcr eine verfehlte, da es u. a. unm\u00f6glich sei, die mathematische Linie bestimmt zu lokalisieren.* * \u201eNiemals wufste der Beobachter mit Bestimmtheit anzugeben, ob die Kante, wenn sie verschoben wurde, nahe oder fern sei ; und blieb sie an einem und demselben Orte stehen, so konnte er sich ebensogut denken, sie sei n\u00e4her\n1 On the Relation of Accommodation and Convergence to our Sense of Depth. Mind. New Series vol. IV. S. 195\u2014212.\n* a. a. O. S. 285.","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nHermann Giering.\nals ferner. Wie sollte da aber eine relative Tiefensch\u00e4tzung m\u00f6glich sein, wenn der Beobachter \u00fcberhaupt keine bestimmte Vorstellung von der Entfernung der ersten Kante hat?\u201c F\u00fcr ihn steht fest, dafs Akkommodations- und Konvergenzempfindungen 1 2 * * * * * das Mafs waren, nach dem die Tiefenvorstellungen verglichen werden konnten und auch verglichen werden.\nWundt macht in seiner Abhandlung: Zur Theorie der r\u00e4umlichen Gesichtswahmehmungen (Philos. Studien 14, S. 16 ff.) gegen die HiLLEBEANDsche Versuchsanordnung geltend, dafs an der Grenze von Weifs und Schwarz unter den von Hillebband angegebenen Bedingungen die Irradiation so stark w\u00e4re, dafs eine genaue Akkommodation nicht m\u00f6glich sei. Hillebband meint dagegen, diesem \u00dcbelstande lasse sich doch leicht abhelfen : man macht einfach den hellen Hintergrund nicht allzu lichtstark.\nHierin stimmt ihm auch Baibd bei, der die HiLLEBBANDschen Versuche nachmachte, aber sonst im wesentlichen auf Seite \"Wundts steht.\u00ae\nIm Gegensatz zu Hillebbands Ergebnissen konnten Baibdb Versuchspersonen nicht nur bei abruptem, sondern auch bei kontinuierlichem Wechsel der Tiefendistanzen die Unterschiede innerhalb gewisser Grenzen erkennen.8\n1\ta. a. O. S. 303.\n2\t\u201eThe Influence of Accommodation and Convergence upon the Per-\nception of Depth.\u201c American Journal of Psychology 14, Nr. 2, S 160\u2014200.\n* Baird f\u00fchrt die negativen Kesultate Hillbbrands auf ein fehlerhaftes\nVereuchBverfahren desselben zur\u00fcck. Er ist der Meinung, dafs der verschiebbare Schirm schon in Bewegung war (a. a. O. S. 192), wenn die Beobachter das Auge an den Tubus legten, und dafs sie so nicht imstande\nwaren, eine f\u00fcr die Abgabe eines Vergleichsurteils notwendige Ausgangsakkommodation zu gewinnen. Diese Annahme ist aber irrig. Hillebrakd sagt bei der Beschreibung der betreffenden Versuchsanordnung: \u201eBei dieser ersten Klasse von Versuchen (a. a. O. S. 118) kommt es darauf an, das Objekt wahrend der Bewegung in der Tiefendimension zu fixieren und der Bewegung mit der Akkommodation zu folgen, wobei der Beobachter selbstverst\u00e4ndlich nicht weifs, wann die Bewegung beginnt und wann sie schliefst,\nnoch auch, in welchem Sinne sie erfolgt, ob zu ihm hin oder von ihm weg.\nUnd weiter unten: \u201eDer Schirm war gew\u00f6hnlich langst (oft 20 cm und mehr) in Bewegung, ehe der Beobachter die entsprechende Angabe machte \u2014 sofern dies \u00fcberhaupt geschah. In manchen F\u00e4llen wurde \u00fcbrigens auch bei ruhender Kante Bewegung angegeben.\u201c Hieraus geht doch, meine ich, hervor, dafs sich Hillebband des ger\u00fcgten Fehlers nicht schuldig ge-","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenmafs bei Schulkindern.\n79\nDiese Resultate sind \u00fcberraschend. Jedoch in R\u00fccksicht darauf, dafs Hillebeands Versuche mit kontinuierlicher Verschiebung des Schirmes auch von seinen Gegnern Dixon und Akreb gewifs mit peinlicher Sorgfalt gepr\u00fcft und best\u00e4tigt, wenn auch anders gedeutet worden sind, und in Anbetracht der \u00fcberaus grofsen Schwierigkeit, alle empirischen Momente f\u00fcr die Tiefenlokalisation auszuschliefsen, wird es erlaubt sein, vorl\u00e4ufig den Ergebnissen skeptisch gegen\u00fcberzustehen und anzunehmen, dafs doch noch Kriterien im Spiele waren, die unbemerkt gebheben sind. Unter den zahlreichen Personen, die im Berliner Psychologischen Institut am HiLLEBRANDschen Apparate Beobachtungen anstellten, ist bis jetzt noch keine gefunden worden, (he bei kontinuierlicher Verschiebung des Schirmes und Aus-schliefBen aller anderen empirischen Momente die Tiefenunterschiede erkannt h\u00e4tte.\nVor Baird ver\u00f6ffentlicht auch B. Bourdon in der \u201eRevue Philosophique (1898, 46, S. 124ff.), eine Untersuchung: \u201eLa Per-\nmacht hat, and dafs seine Versuche mit denen Baibds \u2014 entgegen dessen Ansicht sehr wohl in Parallele gestellt werden k\u00f6nnen.\nBated wendet sich auch gegen die Annahme eines bewufsten Willensimpulses und sagt : Es w\u00e4re interessant zu erfahren, wie Hillebrand (a. a. O. S. 193) die negativen Resultate dieser Experimente mit seiner Annahme eines bewufsten Willensimpulses, durch welchen AkkommodationB\u00e4nderungen bewirkt und zum Bewufstsein gebracht werden, vereinen will. Akkommodationsanderungen m\u00fcssen entstanden sein, wenn der sich bewegende Schirm in verschiedenen Entfernungen in vollst\u00e4ndiger Deutlichkeit gesehen wurde. Wenn nun diese \u00c4nderungen das Ergebnis eines bewufsten Willensimpulses waren, wie kam es, dafs der Beobachter sich der Distanzen nicht bewufst war?\nEs ist nicht schwer, die Antwort hierauf den Ausf\u00fchrungen Hillebrands zu entnehmen. Dafs AkkommodationB\u00e4nderungen in dem angezogenen Falle stattfanden, ist auch seine Meinung; denn aus ihrem Vorhandensein und der Tatsache, dafs die Tiefenunterschiede nicht erkannt wurden, schliefst er ja, dafs sie f\u00fcr das Zustandekommen der Tiefenlokalisation nicht mafsgebend sind. Aber die AkkommodationB\u00e4nderungen sind hier nicht das Ergebnis eines bewufsten Willensimpulses ; denn dieser tritt nur ein, wenn Undeutlichsehen des Bildes voraufgeht. Die Geschwindigkeit der Bewegung des Schirmes ist aber eine derartige, dafs die Akkommodation sich automatisch fortsetzen kann und so die Kante stets scharf gesehen wird. Es fehlt hier also die Vorbedingung f\u00fcr den Eintritt des bewufsten Willensimpulses und damit auch die Grundlage f\u00fcr das Bewuf8twerden der Distanz\u00e4nderung.","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nHermann Giering.\nception monoculaire de la profondeur.\u201c Die Fixationsobjekte waren leuchtende Punkte, deren Gr\u00f6fse und Intensit\u00e4t so variiert werden konnten, dafs bei den verschiedenen Entfernungen diese sekund\u00e4ren Kriterien f\u00fcr die Distanzsch\u00e4tzungen keine Anhaltspunkte geben konnten. Bourdon gab die leuchtenden Punkte sukzessiv und simultan in einer Entfernung von 2 und 6,50 resp. 1 und 6 m. Die Beobachtung fand einmal mit unbewegtem und dann mit bewegtem Kopfe statt. Es zeigte sich bei der hier nur in Betracht kommenden Beobachtung ohne Bewegung des Kopfes, dafs die Tiefenunterschiede nicht erkannt werden konnten, woraus Bourdon den Schlufs zieht, dafs Akkommodationsempfindungen f\u00fcr die Tiefensch\u00e4tzung bei monokularer Betrachtung und unbewegtem Kopfe ohne Einflufs sind.\nDer Gegensatz der Meinungen rechtfertigt eine erneute Untersuchung. Dafs hierbei auch einmal Kinder als Versuchspersonen benutzt werden, empfiehlt sich namentlich aus dem Grunde, weil mit zunehmendem Alter \u00c4nderungen der Akkommodationsf\u00e4higkeit einzutreten pflegen und darum die Versuche, bei denen Herr Professor Schumann und ich selbst Versuchspersonen waren und die in bezug auf das Erkennen der Tiefenunterschiede ein negatives Resultat gaben, nicht voll beweiskr\u00e4ftig sind. Sodann aber auch aus dem Grunde, weil bei Kindern der Einflufs der Konvergenz resp. Akkommodation am reinsten zutage treten m\u00fcfste, vorausgesetzt, dafs Wundts Ansicht von der grundlegenden Bedeutung der Konvergenz- und Akkommodationsempfindungen f\u00fcr die Tiefenwahmehmung richtig ist. Es bliebe ja immerhin denkbar, dafs bei Erwachsenen die Bedeutung der Muskelempfindungen gegen\u00fcber anderen Kriterien erheblich zur\u00fccktreten k\u00f6nnte.\nB. Beschreibung der angestellten Versuche.\nIch stellte in der Tiefendimension zwei Arten von Versuchen an:\n1.\tmonokulare Betrachtung gleichzeitig gegebener,\n2.\tmonokulare Betrachtung kurz nacheinander gegebener Objekte.\nVon diesen beansprucht die erste Art nur die Bedeutung von Vorversuchen; sie hatten in erster Linie den Zweck, besonders die 6 j\u00e4hrigen unter meinen Versuchspersonen in Be-","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenma\u00df bei Schulkindern.\n81\nfolgung der methodischen Forderung des Fortschrittes vom Leichten zum Schweren auf die Beobachtung der sukzessiven Objekte vorzubereiten.\nTrotz der grofsen Vorz\u00fcge des HiLi\u00c6BHANDschen Apparates schien es mir in R\u00fccksicht auf das Alter eines Teiles meiner Beobachter ausgeschlossen, denselben mit Aussicht auf Erfolg verwenden zu k\u00f6nnen, denn die 6 j\u00e4hrigen wissen noch nichts von einer Begrenzungslinie ; sie sehen im Gesichtsfelde nur die schwarze und weifse Fl\u00e4che und nicht die trennende Kante. Um also die sich hieraus ergebenden Versuchsfehler zu vermeiden, bediente ich mich runder Eisenst\u00e4be von verschiedener Dicke als Beobachtungsobjekte, die auch den j\u00fcngsten meiner Versuchspersonen die M\u00f6glichkeit einer scharfen Fixation boten.\na) Monokulare Beobachtung gleichzeitig gegebener Objekte.\nDer f\u00fcr die Versuche angewandte Apparat war von h\u00f6chst einfacher Konstruktion.\nFig. 5.\nVon der Mitte der oberen und unteren Kante einer h\u00f6lzernen Stirnwand von 80 cm H\u00f6he und 80 cm Breite f\u00fchrten nach der Tiefe zwei Leisten, die am Ende einen der Stirnwand an Gr\u00f6fse gleichen Holzrahmen trugen. An den Leisten waren von cm zu cm Ringe zur Aufstellung der Eisenst\u00e4be angebracht. In der Mitte der Stirnwand befand sich eine innen geschw\u00e4rzte, kurze R\u00f6hre, die eine kleine Seh\u00f6ffnung besafs. Der ganze Apparat war dunkel gestrichen. Er stand vor einem grofsen Fenster der\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie \u00bb.\t6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nBermann Oiering.\nAula, so daf\u00df eine gleichm\u00e4fsige Beleuchtung erzielt wurde. Um alle anderen Gegenst\u00e4nde, die f\u00fcr die Lokalisation der St\u00e4be Anhaltspunkte geben konnten, aus dem Gesichtsfelde zu entfernen, war hinter dem Apparate ein Schirm aus weifser Leinwand aufgestellt. Die Beobachter safsen oder standen vor dem Apparate mit dem R\u00fccken nach dem Fenster und legten das rechte Auge an den Tubus in der Stirnwand. Sie bemerkten einen senkrechten Stab, der \u00fcber das ganze Gesichtsfeld ging. Derselbe befand sich in einer Entfernung von 50 cm und hatte eine Dicke von 4,5 mm. Links von diesem Normalstabe stellte ich nun, nachdem der Beobachter das Auge vom Sehrohr entfernt hatte, einen anderen Stab, der entweder 4,24 mm oder 4,75 mm Durchmesser besafs, in verschiedenen Entfernungen innerhalb + 15 cm auf und liefs seine Stellung zum Normalstabe beurteilen. Die Urteile lauteten: \u201evor, neben, hinter\u201c \u2014 bei den 6j\u00e4hrigen aber lieber \u201en\u00e4her heran, weiter ab und ebenso weit\u201c. Es ergab sich, dafs fast alle Beobachter bei den verschiedenen Distanzen die Stellung der St\u00e4be zueinander richtig erkannten und sich auch durch die durch Verwendung von St\u00e4ben verschiedener Dicke absichtlich herbeigef\u00fchrten Unterschiede in der scheinbaren Bildgr\u00f6fse nicht t\u00e4uschen liefsen, w\u00e4hrend ich selbst bei gelegentlichen Versuchen zur grofsen Freude meiner Versuchspersonen den gr\u00f6bsten T\u00e4uschungen unterlag. Der Grund lag darin, dafa ich den Kopf unbewegt hielt, w\u00e4hrend sie durch leichte Kopfbewegungen an der parallaktischen Verschiebung die relativen Entfemungsunterschiede erkannten. Auch gaben einige von den \u00e4lteren Sch\u00fclern an, dafs der Vergleichsstab vor dem Normalstabe dunkler erschiene, eine Folge des von der Stirnwand erzeugten Schattens.\nb) Monokulare Beobachtung sukzessiv dargebotenep Objekte.\nF\u00fcr diese Versuche nahm ich an dem oben beschriebenen Apparate folgende Ver\u00e4nderung vor: An der Stelle der oberen Leiste, welche die Stirnwand mit dem hinteren Rahmen verband, wurde eine Welle von 1,50 m L\u00e4nge angebracht, die durch einen kleinen Griff in der N\u00e4he der Stirnwand leicht gedreht werden konnte. An dieser Welle befanden sich Laufringe, die durch eine Schraube fest gegen die Welle geprefst und in deren Peripherie die als Beobachtungsobjekte dienenden Eisenst\u00e4be ein-","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Dot Augenma\u00df bei Schulkindern.\n83\ngeschraubt werden konnten. Diese St\u00e4be hatten einen Durchmesser von 4,5 und 6 mm und waren in einer Entfernung von 80 bzw. 100 und 120 cm vom Auge des Beobachters so aufgesetzt, dafs sich immer nur einer im Gesichtsfelde befand. Durch eine geringe Drehung der Welle konnten sie in schneller Aufeinanderfolge ohne das geringste Ger\u00e4usch nacheinander in die Mitte des Gesichtsfeldes gebracht werden. Der Apparat wurde im Dunkelzimmer des Psychologischen Instituts aufgestellt, und die weifse Leinwandfl\u00e4che im Hintergr\u00fcnde durch Tageslicht, das durch eine verstellbare \u00d6ffnung des Fensterverschlusses fiel, so beleuchtet, dafs dem Beobachter die St\u00e4be in scharfer Begrenzung und gleich dunkel erschienen. Besonders dies letzte Erfordernis war sehr schwer zu erreichen und doch unbedingt notwendig, da Unterschiede in der Beleuchtung sich als wesentliche Kriterien f\u00fcr die Lokalisation ergaben.\nNach dieser Anordnung konnten aufser den gleichen Distanzen solche von + 20 und + 40 cm zur Vergleichung geboten werden. Nach Fixation des Normalstabes entfernte der Beobachter das Auge einen Augenblick vom Sehrohr, um es nach Einstellung des Vergleichsstabes sofort wieder anzulegen. Um zu erproben, ob nicht etwa durch das Entfernen des Auges vom Tubus die Beurteilung unsicher gemacht w\u00fcrde, wurden auch (hier nicht mitgerechnete) Versuche veranstaltet, bei denen w\u00e4hrend der Umstellung der St\u00e4be das Auge am Sehrohre blieb; es zeigten sich aber keine wesentlichen Unterschiede in den Resultaten. Als Versuchspersonen dienten 14- und 6 j\u00e4hrige Knaben und M\u00e4dchen, von jeder Gruppe 10. Jeder Beobachter gab \u00fcber jede Distanz bei Ann\u00e4herung und Entfernung 10 Urteile ab.\nC. Tabelle.\nIn der nachstehenden Tabelle, die nach den vorangehenden Bemerkungen ohne weiteres verst\u00e4ndlich ist, geben die eingetragenen Zahlen die absoluten Anzahlen der F\u00e4lle an, in denen bei der betreffenden Entfernung \u201en\u00e4her\u201c \u00ab), \u201egleich\u201c (\u2014) und \u201eentfernter\u201c Q>) geurteilt wurde.\ns*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nHermann Giering.\n\u25a0 Monokulare Beobachtung sukzessiver Objekte.\nStab I : Gr\u00f6fse : 4\tmm\tDurchmesser,\tEntfernung\tvom\tAuge :\t80 cm ;\n\u00bb II \u2022\t\u00bb\t\u00ae\t\u00bb\t\u201e\t>\u00bb\t\u201e\t\u201e \u25a0\t100 ,,\t,\n\u201eIII:\t\u201e\t6\t\u201e\t\u201e\t\u201e\t\u201e\t\u201e :\t120 \u201e\t;\nDifferenz\t\t\t\t\t\t20\tcm\t\t\t\t\t\t\t\t40\tcm\t\t\n\tAnn\u00e4herung\t\t\t\t\t\tEntfernung\t\t\t\t\t\tAn- n\u00e4herung\t\t\tEnt- fernung\t\t\nSt\u00e4be\tII\tu.\tI\tIII\tu.\tII\tI\t11.\tII\tII\tu.\tIII\tIII u.\t\tI\tI\tu. in\t\nUrteile\t<\t=\t>\t<\t=\t>\t<\t=\t>\t<\t=\t>\t<\t=\t>\t<\t=\t>\nK. XIV a\t8\t1\t1\t\u00ab\t3\t1\t2\t3\t5\t3\t3\t4\t4\t3\t3\t2\t4\t4\nb\t5\t1\t4\t4\t2\t4\t8\t1\t1\t6\t\t4\t8\t\t4\t5\t3\t2\nc\t2\t3\t5\t3\t4\t1\t9\t\t1\t6\t1\t3\t4\t1\t6\t9\t1\t\u2014\nd\t7\t\t3\t8\t\t2\t7\t\t3\t5\t\t5\t10\t\t\t7\t\t3\ne\t3\t\t7\t8\t\t2\t7\t\t3\t6\t1\t4\t1\t\t9\t5\t1\t4\nf\t3\t3\t2\t9\t1\t\t3\t2\t3\t1\t8\t1\t8\t1\t1\t\t3\t7\ng\t5\t\t5\t5\t\t5\t9\t\t1\t8\t\t2\t3\t\t7\t8\t\t2\nh\t\u2014\t2\t8\t\u2014\t5\t5\t\t3\t7\t\t5\t5\t\u2014\t\t10\t\t2\t8\ni\t\u2014\t6\t4\t\u2014\t4\t6\t\t6\t5\t\t8\t2\t\u2014\t2\t8\t\t3\t7\nk\t7\t2\t1\t4\t6\t\t8\t2\t\u2014\t6\t4\t1\t8\t2\t\t5\t1\t4\nM. XIV a\t8\t\t2\t7\t\t3\t1\t\t\u00bb\t8\t\t2\t9\t\t1\t\t\t10\nb\t5\t1\t4\t4\t1\t5\t4\t\t\u00ab\t3\t\t7\t5\t\t5\t4\t\t8\nc\t6\t3\t1\t8\t1\t1\t5\tE\u00bb\t\u2014\t5\t4\t1\t0\t2\t2\t5\t5\t\u2014\nd\t6\t\t4\t2\t\t8\t5\t\t5\t2\t2\t0\t4\t2\t4\t1\t1\t8\n6\t0\t\t1\t6\t\t4\t2\t\t8\t3\t\t7\t3\t\t5\t2\t\t8\nf\t3\t\t7\t4\t\t6\t2\t\t8\t\t\t10\t2\t\t8\t3\t\t7\ng\t3\t2\t5\t5\t2\t3\t5\t2\t3\t3\t\t7\t3\t5\t2\t5\t1\t4\nh\t10\t\t\t4\t\t6\t3\t\t7\t8\t\t2\t8\t\t2\t2\t\t8\ni\t7\t\t8\t8\t\t4\t3\t\t7\t4\t1\t3\t7\tI\t3\t3\t1\t\u00ab\nk\t6\t\t4\t4\t\t6\t9\t1\t\u2014\t4\t2\t4\t8\t\t2\t4\t1\t5\nK. VI a\t1\t\t9\t6\t\t4\t4\t\t6\t4\t\t0\t1\t\t9\t4\t\t0\nb\t8\t\t7\t4\t\t6\t6\t\t5\t5\t\t5\t3\t\t\u00f6\t1\t\t9\nc\t4\t\t6\t6\t\t4\t8\t\to\t3\t\t7\t3\t\t5\t7\t\t3\nd\t3\t\t5\t3\t\t7\t7\t\t3\t5\t\t5\t4\t\t6\t5\t\t3\ne\t4\t4\t2\t1\t2\t7\t2\t5\t3\t5\t4\t1\t4\t4\t2\t2\t4\t4\nf\t1\t9\t\t1\t8\t1\t1\t9\t\u2014\t\t10\t\u2014\t1\t8\t1\t1\t9\t\u2014\ng\t8\t\t2\t3\t\t5\t4\t\t6\t10\t\t\u2014\t4\t\t0\t4\t\t6\nh\t1\t\t9\t1\t\t9\t1\t\t9\t1\t\t9\t2\t\t8\t1\t\t9\ni\t5\t\t5\t7\t\t3\t4\t\t0\t5\t\t3\t8\t\t2\t6\t\t4\nk\t0\t\t4\t6\t\t4\t4\t\t6\t8\t\t2\t0\t\t4\t4\t\t6\nM. VI a\t6\t\t4\te\t\t4\t4\t\t0\t8\t\t2\t3\t\t7\t2\t\t8\nb\t\u2014\t6\t5\t1\t9\t\t3\t7\t\u2014\t1\t9\t\u2014\t1\t6\t3\t5\t2\t3\nc\t2\t\t8\t1\t\t9\t2\t\t8\t1\t\t9\t4\t\t6\t3\t\t7\nd\t3\t\t7\t3\t1\t6\t6\t\t4\t4\t\t0\t8\t1\t6\t3\t\t7\ne\t4\t\t6\t\u00ab\t\t4\t5\t\t5\t9\t\t1\t5\t\t5\t9\t\t1\nf\t\u00ab\t\t4\t4\t\t6\t4\t\t0\t4\t\t0\t4\t\t0\t8\t\t2\ng\t6\t\t4\t7\t1\t2\t5\t\t5\t5\t\t3\t4\t1\t6\t7\t\t3\nh\t4\t\t6\t5\t\t6\t2\t\t8\t6\t\t4\t3\t\t7\t4\t\t6\ni\t\u2014\t4\t6\t\u2014\t10\t\t\t10\t\u2014\t\t10\t\u2014\t\u2014\t2\t8\t\t9\t1\nk\t7\t\t3\t0\t\t4\t5\t\t5\t4\t\t0\t4\t\t0\t4\t\t\u2022","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenmafs bei Schulkindern.\n85\nD. Ergebnisse.\nDer Diskussion lege ich zun\u00e4chst die Urteile \u00fcber die Differenz 40 cm zugrunde; denn da diese das 5fache der von Wundt f\u00fcr 100 cm Normaldistanz angegebenen Unterschiedsschwelle betr\u00e4gt, m\u00fcfste doch erwartet werden k\u00f6nnen, dafs meine Versuchspersonen diesen grofsen Unterschied sicher zu erkennen imstande w\u00e4ren. Tats\u00e4chlich finden wir jedoch, dafs nur wenige Kinder sowohl f\u00fcr Ann\u00e4herung als f\u00fcr Entfernung in mehr als % der F\u00e4lle (7) richtig geurteilt haben. Es sind dies K. XIV f. M. XIV a. h. ; nur ann\u00e4hernd erreichen die gesetzte Grenze M. XIV e., i.; von den 6j\u00e4hrigen Versuchspersonen kommt niemand in Betracht. Ob aber die betreffenden Kinder wirklich auf Grund von Akkommodations\u00e4nderungen ihr Urteil abgegeben haben, erscheint fraglich, da sich nachtr\u00e4glich herausgestellt hat, dafs bei den betreffenden Versuchen bei aller angewandten Vorsicht doch ein Kriterium nicht ganz ausgeschaltet war. Ich hatte die Versuchsanordnung so getroffen, dafs nur die in den verschiedenen Entfernungen angebrachten St\u00e4be gleich dunkel erschienen. Als jedoch hinterher an Erwachsenen Versuche angestellt wurden, um festzustellen, ob nicht dennoch ein indirektes Kriterium vorhanden war, zeigte es sich, dafs einige Erwachsene die N\u00e4herung und Entfernung sehr gut erkennen konnten. Als sie dann gefragt wurden, ob vielleicht noch irgend welche Helligkeitsunterschiede bei den nacheinander im Gesichtsfelde auftretenden St\u00e4ben von ihnen bemerkt w\u00fcrden, gaben sie tats\u00e4chlich solches zu (die n\u00e4heren St\u00e4be erschienen dunkler als die ferneren). Doch auch diese Versuchspersonen konnten N\u00e4herung und Entfernung nicht mehr erkennen, nachdem an der R\u00fcckseite der Stirnw\u00e0nd weifses Papier angebracht war, welches die n\u00e4heren St\u00e4be soweit aufhellte, dafs die betreffenden Personen auch keine Helligkeits-Unterschiede mehr zu erkennen vermochten. Ich versuchte nun auch diejenigen meiner Versuchspersonen zur Nachkontrolle heranzuziehen, welche fr\u00fcher richtig gesch\u00e4tzt hatten. Leider war nur noch eine f\u00fcr mich erreichbar M. XIV h (die anderen hatten die Schule inzwischen verlassen), und diese gab nun auch bei 40 cm Entfernung nicht mehr 2/s der F\u00e4lle richtig an. Es ist daher wohl die Vermutung erlaubt, dafs auch bei den anderen Kindern solche Helligkeitsunterschiede im Spiele waren, zumal sich auch bei den Vorversuchen gezeigt hatte, dafs die Kinder nach Helligkeitsunterschieden die Entfernungen beurteilten.","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nHerman* Gierbig.\nEs ist nicht uninteressant zu sehen, wie sich die Kinder bei ihren Urteilen verhalten, wenn sie kein eigentliches Kriterium haben.\nDa sind zun\u00e4chst solche, die gar kein Urteil \u201en\u00e4her1* abgeben : K. XIV h und i. Sie sind insofern lehrreich, als sie sich offenbar als unf\u00e4hig erweisen, \u00fcber Ann\u00e4herung und Entfernung zu urteilen, was sich auch daraus ergibt, dafs sich ihre > Urteile ungef\u00e4hr gleichm\u00e4\u00dfig auf die r. und f. F\u00e4lle verteilen. K. XIV h urteilt 43 mal, i 32 mal \u201eentfernter\u201c, von diesen Urteilen sind bei h 20 r. und 23 f., bei i 14 r. und 18 f.\nEine zweite Gruppe von Versuchspersonen zeigt eine Tendenz zu einer Art von Urteilen \u00ab oder \u00bb. Eine solche Tendenz wollen wir solchen Beobachtern zuschreiben, bei denen mit Ausnahme h\u00f6chstens einer einzigen Rubrik ein starkes \u00dcberwiegen der einen Klasse von Urteilen sich findet und in dem etwaigen einzigen Ausnahmefall entweder ein schwaches \u00dcberwiegen oder Gleichheit vorhanden ist. Zu dieser Gruppe geh\u00f6ren: K. XIV d und k, M. XIV c, die eine Tendenz, \u201en\u00e4her\u201c zu urteilen aufweisen, und M. XIV f, K. VI a, h, M. VI c, die das Urteil \u201eferner\u201c vorziehen ; auch bei ihnen verteilen sich die bevorzugten Urteile ziemlich gleichm\u00e4fsig auf die r. und f. F\u00e4lle.\nEine dritte Gruppe von Beobachtern zeigt eine Tendenz zu Gleichheitsurteilen. Als Kriterium mag gelten, dafs unter den 60 Urteilen eines Individuums \u00fcber 30 Gleichheitsurteile vorhanden sind. Hierher geh\u00f6ren K. VI f, der nur 7 andere Urteile abgibt, von denen 5 < und 2 \u00bb M. VI b, von deren 22 sonstigen Urteilen 11 < und 11 >* lauten, M. VI i, deren 15 sonstige Urteile auf > entfallen.\nDie Tendenz zu Gleichheitsurteilen ist in unserem besonderen Falle nicht als Unentschiedenheit anzusehen, da ja vielleicht tats\u00e4chlich unter diesen Versuchsumst\u00e4nden keine Ver\u00e4nderung des Empfindungsinhaltes stattfindet.\nBei den \u00fcbrigen Versuchspersonen, die die Distanzen nicht erkannten, verteilen sich die Urteile auf die angewandten Urteilsarten entweder ziemlich gleichm\u00e4fsig, wie bei K. XIV a, b, e, M. XIV b, g, K. VI c, d, e, g, i, k, M. VI a, f, g, k, ohne dals die Bevorzugung einer Urteilsart zutage tritt, oder so, dafs eine schwache Tendenz zu ]>- Urteilen (M. XIV d, K. VI b, M. VI d, hj, oder zu <-Urteilen (K. XIV c, g, M. XIV k, M. AH e), sich bemerkbar macht.","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Das Augenma\u00df bei Schulkindern.\n87\nDas Ergebnis meiner Versuche in der Tiefendimension scheint mir also das zu sein, dafs, wenn alle empirischen Momente ausgeschlossen sind, bei monokularem Sehen Tiefenunterschiede von Bindern nicht erkannt werden, obgleich dieselben Kinder sonst imstande sind, Tiefenunterschiede monokular sehr genau zu erkennen. Es ist also nicht ang\u00e4ngig, den Akkommodationsempfindungen und den damit verbundenen Konvergenzempfindungen in diesem Fall eine wesentliche Bedeutung f\u00fcr die Tiefenwahmehmungen zuzuschreiben. Wenn bei Versuchen dieser Art Tiefenunterschiede erkannt werden, so sind entweder die empirischen Kriterien nicht vollst\u00e4ndig ausgesohaltet oder die Beobachter \u2014 es handelt sich meist um solche, die durch vielfache Versuche geschult sind \u2014 gelangen auf einem Umwege, wie ihn beispielsweise Hillebrand beschrieben hat, zu einem richtigen Urteile.\nIch kann meine Arbeit nicht schliefsen, ohne meinen verehrten Lehrern Herrn Geheimrat Professor Dr. C. Stumpf und Herrn Professor Dr. Schumann f\u00fcr die reiche Unterst\u00fctzung im Verlaufe dieser Untersuchung meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen.\n(Eingegangen am S. Dezember 1904.)","page":87}],"identifier":"lit32003","issued":"1905","language":"de","pages":"42-87","startpages":"42","title":"Das Augenma\u00df bei Schulkindern","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:22:45.499117+00:00"}