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{"created":"2022-01-31T16:35:08.322792+00:00","id":"lit32006","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fick, A. E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 39: 102-110","fulltext":[{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\n\u00dcber die Verlegung der Netzhautbilder nach aufsen.\nVon\nDr. A. E. Fick.\nWenn ein Lichtstrahl oder sonst ein Reiz eine Sehzelle unserer Netzhaut trifft, so \u201esehen\u201c wir in der Aufsenwelt ein helles Ding. Wir empfinden also den Reiz nicht da, wo er uns getroffen hat, sondern wir verlegen, \u201eprojizieren\u201c ihn nach aufsen. Die Richtung der Projektion hangt von mehreren Umst\u00e4nden ab. Unter den einfachsten Bedingungen, d. h. bei ungest\u00f6rtem Sehen mit einem Auge, wird der Reiz ungef\u00e4hr in der L\u00e4ngsrichtung des gereizten St\u00e4bchens oder Zapfens nach aufsen verlegt. Da unsere St\u00e4bchen und Zapfen senkrecht zur Oberfl\u00e4che einer Hohlkugel stehen, so m\u00fcssen sich ihre Projektionslinien \u00fcberkreuzen, also m. a. W. es m\u00fcssen die optischen Netzhautbildchen verkehrt nach aufsen verlegt werden. W\u00e4ren die Sehzellen auf einer gegen die Aufsenwelt konvexen Kugelschale aufgestellt, so w\u00fcrden ihre Projektionslinien sich nicht \u00fcberkreuzen; die Netzhautbildchen w\u00fcrden aufrecht nach aufsen verlegt, und demgem\u00e4fs m\u00fcfste auch die Dioptrik des Auges so eingerichtet sein, dafs aufrechte Netzhautbildchen zustande k\u00e4men, was ja bekanntlich1 beim Facettenauge mit seiner nach aufsen konvexen Netzhaut, auch wirklich der Fall ist.\nMit welchem Grade von Genauigkeit verlegen nun die Sehzellen einen sie treffenden Reiz in der eigenen L\u00e4ngsrichtung nach aufsen? Da man annehmen darf, dafs die zum \u201eFixieren\u201c benutzten Sehzellen im Projizieren das Genaueste leisten werden, so wollen wir unsere Fragestellung auf die Zellen der Fovea centralis beschr\u00e4nken.\n1 Sion. Exnbr: Die Physiologie der facettierten Augen von Krebsen nnd Insekten. Franz Drctikr, Leipzig u. Wien, 1891.","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die Verlegung der Netzhautbilder nach aufsen.\n103\nHering 1 hat auf diese Frage die Antwort gegeben, dafs ein heller Punkt im sonst dunkelen Gesichtsfelde sehr genau dahin verlegt werde, wo er sich wirklich befindet. Da aber die Richtigkeit dieser Ansicht nicht durch besondere Versuche bewiesen ist, so lohnt es vielleicht, auf die Frage zur\u00fcckzukommen.\nZu dem Ende klebte ich ein Blatt weifsen Kartons auf einen Holzrahmen, stach ungef\u00e4hr in die Mitte des weifsen Kartons mit einer feinen N\u00e4hnadel ein kleines Loch und stellte nun einem Menschen die Aufgabe, mit der Spitze eines Bleistiftes dies L\u00f6ch-lein von unten zu treffen, also zu treffen, ohne dafs er seine eigene Hand sehen und mit Hilfe des Gesichtes leiten konnte. Wenn man diese Aufgabe zu l\u00f6sen versucht, wird die Bleistiftspitze eine Marke auf der Unterfl\u00e4che des Kartons zur\u00fccklassen.\nVon jeder der so untersuchten Personen liefs ich den Versuch zehnmal wiederholen. Damit der einzelne Versuch die folgenden nicht beeinflussen kann, ist daf\u00fcr zu sorgen, dafs der Karton hinl\u00e4nglich steif sei, um sich nicht da, wo die Bleistiftspitze angedr\u00fcckt wird, sichtbar vorzubeulen. Auch nehme man einen recht weichen Bleistift, der nicht besonders stark angedr\u00fcckt zu werden braucht, um eine sichtbare Marke zu hinterlassen.\nDie nebenstehenden Figuren r\u00fchren von vier verschiedenen Personen her. Die Figuren zeigen, dafs weder die \u201eBestimmtheit\u201c, noch \u201edie Richtigkeit\u201c * * so grofs ist, wie man erwarten durfte, wenn man bedenkt, dafs die Versuchsanordnungen darauf zugeschnitten waren, die Aufgabe m\u00f6glichst zu erleichtern, also bequemer Sitz vor einem Tisch, Anlehnen des Rahmens an den Tisch, Abstand des Kartons vom Augenpaar etwa 1ji Meter und senkrechte Richtung der Medianebene gegen den Karton.\nIch habe dann ferner Versuche im Dunkelzimmer angestellt. Der Beobachter setzt sich an einen Tisch und lehnt seine Stirn gegen einen festen Rahmen. Vor ihm, in der H\u00f6he seines Augenpaares, steht auf dem Tische eine Fixiermarke die hell genug ist, um deutlich sichtbar zu sein, aber doch nicht so hell, um die schwarzen W\u00e4nde des Dunkelzimmers, den Tisch oder die H\u00e4nde des Beobachters sichtbar zu machen. Anfangs benutzte ich als Fixiermarke ein winziges blaues Stichfl\u00e4mmchen, das in einer geschw\u00e4rzten, nach dem Beobachter zu offenen\n1 Handbuch der Physiologie, III, 1, S. 414.\n* Siehe Hkhino a. a. 0.","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\n-4. E. Fifk.\nR\u00f6hre brannte. Sp\u00e4ter benutzte ich ein winziges Mattglas-fensterchen, das von r\u00fcckw\u00e4rts in passender Weise beleuchtet war. Der Beobachter wurde nun angewiesen, einen ihm unsicht-\nbaren Zeiger auf die H\u00f6he der Fixier marke einzustellen. Der Zeiger befindet sich an einem Stativ, steht wagerecht und kann durch einen Schraubentrieb h\u00f6her oder tiefer gestellt werden. Um sich von der Stellung des Zeigers eine Vorstellung zu verschaffen, betastet der Beobachter den Zeiger mit der linken Hand, w\u00e4hrend seine rechte die Stellschraube bedient. Nachdem der","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die Verlegung der Netzhautbilder nach au\u00dfen.\n105\nBeobachter dem Zeiger die vermeintlich richtige Stellung gegeben hat, schliefst er seine Augen. Nun mache ich hell und lese die Stellung des Zeigers ab; dann verdunkele ich wieder und lasse vom Beobachter eine zweite Einstellung des Zeigers machen und so fort bis zu zehnmal.\nNat\u00fcrlich werden dem Beobachter die Fehler, die er gemacht hat, nicht mitgeteilt, um seine Unbefangenheit nicht zu st\u00f6ren.\nDerartiger Versuchsreihen, zu je zehn Einstellungen, habe ich neunzehn ausgef\u00fchrt, an sieben verschiedenen Personen.\nBerechnet man aus den Versuchsreihen den \u201ekonstanten Fehler\u201c und den \u201ereinen variabelen Fehler\u201c nach Fechnek 1 Millimetern, so ergibt sich folgendes:\nm\nKonst. Fehler\nKeiner variab. Fehler\nF. (monokular) 4,4\t\tmm\t12\tmm\n\t39,2\t)>\t11,9\til\n\t56,6\t\u00bb\t8,7\th\nG.\t26,6\ta\t8,9\tii\n\t5,9\t\u00bb\t5,7\tii\n\t26\tjt\t24,6\ta\n\t6\tH\t6,1\tii\n\t2,2\t11\t7\ta\nDr. H.\t5,1\t11\t7,5\ta\n\t2\tM\t9,1\ta\nR.\t27\t\u00bb\t11,8\t\u00bb\n\t40\tM\t3,5\ta\n\t3\t\u00ab\t17,4\ta\nH.\t7 \u2022\tM\t6\tii\nG.\t15,8\t\u00bb\t13,4\tii\n\t4,2\t\u00bb\t9\t\u00bb\n\t4,6\t11\t8\tii\nS.\t1,9\t91\t6,5\tii\n\t0\t91\t12,7\tii\nDie Zahlen\tlehren,\tdafs\tdie Projektio\t\nzelnen hellen Punktes im sonst dunkeln Gesichtsfeld aufserordentlich ungenau ist. Diese Tatsache gibt sich im Grunde genommen noch deutlicher aus den rohen Versuchszahlen, als durch Berechnung des \u201ekonstanten Fehlers\u201c und des \u201emittleren variabelen Fehlers\u201c. Wenn bei einzelnen Verbuchen der Zeiger 6 selbst 7 cm h\u00f6her gestellt wird, als der\n1 Elemente der Psychophysik, I, S. 121. Leipzig, 1889.","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\n.4. E. Fi,-k.\nfixierte Punkt steht, so ist klar, dafs von einer \u00e4hnlichen Genauigkeit der Projektion, wie sie unter den Bedingungen des t\u00e4glichen Lebens vorhanden ist, gar keine Rede sein kann.\nNoch \u00fcberzeugender freilich als die Zahlen wirkt der Versuch auf den Beobachter selbst. W\u00e4hrend man sich bem\u00fcht, den Zeiger in die richtige Stellung zu bringen, wird man sich ganz unmittelbar der Unm\u00f6glichkeit bewufst, die Aufgabe genau zu l\u00f6sen. Eine der untersuchten Personen sagte geradezu, sie rate nur die H\u00f6he, die sie dem Zeiger geben m\u00fcsse. Ein anderer machte die Bemerkung, der Lichtpunkt stehe doch h\u00f6her wie seine, des Beobachters Augen, w\u00e4hrend der Lichtpunkt tats\u00e4chlich einen Zentimeter tiefer stand. Nebenbei bemerkt war rder konstante Fehler\u201c in den 19 Versuchsreihen 14 mal ein Fehler nach oben, nur 4mal ein Fehler nach unten und einmal gleich Null.\nEiner der Untersuchten machte, als ich ihm das Endergebnis seiner Versuchsreihen mitteilte, folgende Bemerkung: das wundert mich gar nicht; denn ich weifs l\u00e4ngst, dafs man einen hellen Punkt im Dunkeln nicht genau am richtigen Orte sieht; wenn ich im dunkeln Treppenhaus bin und mich nach dem hellen Schl\u00fcsselloch richte, um die T\u00fcrklinke zu erfassen, so greife ich in der Regel zun\u00e4chst fehl.\nUm die Versuchsanordnung, soweit das m\u00f6glich, dem Sehen unter gew\u00f6hnlichen Verh\u00e4ltnissen anzupassen, sind die letzten f\u00fcnf Versuchsreihen nicht im Dunkelzimmer, sondern im Tageslicht, angestellt worden. Zu dem Ende blickt das Augenpaar durch eine konvergierende Doppelr\u00f6hre; da, wo die Lichtungen der beiden R\u00f6hren zusammenfallen, befindet sich der zu fixierende Gegenstand, ein gedrucktes Wort. Durch eine besondere Einrichtung ist daf\u00fcr gesorgt, dafs das Augenpaar nicht von seitw\u00e4rts Licht bekommt. Der Beobachter sieht also im dunkeln Gesichtsfeld nichts weiter als die kleine weifse Papierfl\u00e4che mit dem darauf gedruckten Worte. Er hat nun, ganz wie bei den fr\u00fcheren Versuchen, die Aufgabe, den Zeiger mit Hilfe des Tastsinnes in die H\u00f6he des fixierten Wortes zu bringen. Der Erfolg war, wie vorauszusehen, derselbe wie bei den ersten 14 Versuchsreihen.\nEndlich habe ich auch noch einige Versuche \u00fcber die Genauigkeit der Projektion eines Lichtpunktes im dunkeln Gesichtsfelde in wagrechter Richtung angestellt. Die Anordnung der","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Verlegung der Netzhautbilder nach au/ten.\t107\nVersuche war dieselbe wie bei den vorerw\u00e4hnten Versuchen im Dunkelzimmer. Der Zeiger wurde mit der Linken betastet und mit der Rechten eine Schraube so lange gedreht, bis der Zeiger genau senkrecht unter dem Lichtpunkte zu stehen schien. Hier die Ergebnisse:\nKonstanter Fehler Keiner variabeler Fehler\nF. (monokular)\t12,1\tmm\t13,5\tmm\nG.\t8\t\u00bb\t10,8\t\u00bb\nH.\t31\t\t11,4\t\u00bb\n\t21,1\tM\t6,9\t\u00bbi\nE.\t12\t\u00bb\t11,7\t\u00bb\n\t11,7\t\t10,3\t\u00bb\nG.\t3,5\t\u00bb\t8,3\t\u00bb>\n\t7,7\t\t6,1\t\u00bb\u00bb\nS.\t10\tU\t11,3\t\u00bb\n\t0,7\t\t4,5\t\nLeider ist bei den einzelnen Versuchsreihen nicht ausdr\u00fccklich aufgezeichnet worden, ob der \u201ekonstante Fehler\u201c nach rechts oder nach links lag. Wahrscheinlich hat er sechsmal nach rechts und viermal nach links gelegen.\nWenn die Verlegung eines Bildpunktes nach aufsen sowohl in senkrechter als in wagrechter Richtung unsicher ist, so versteht es sich von selbst, dafs auch die Verlegung nach der Tiefe nicht genau sein kann. Besondere Versuche dar\u00fcber anzustellen schien unn\u00f6tig, da die Tatsache durch Wundt,1 durch Helmholtz 5 und durch R. Fb\u00f6hlich 3 bereits festgestellt ist.\nGegen den Schlufs, dafs die mitgeteilten Versuche eine grofse Unsicherheit der Projektion eines einzelnen fixierten Punktes beweisen, liefse sich nur ein Einwand erheben. Man k\u00f6nnte sagen, die Fehler in der Lokalisierung r\u00fchren davon her, dafs man \u00fcber die Lage seiner Hand keine richtige Vorstellung hat. Ich habe deshalb noch Versuche folgender Art angestellt: Bei geschlossenen Augen betaste ich mit der linken Hand eine feststehende Bleistiftspitze und suche eine zweite, von der rechten Hand betastete Bleistiftspitze in gleiche H\u00f6he zu bringen. Die zweite Bleistiftspitze ist in einer Klammer befestigt, die mittels Schraubentriebes von einem Gehilfen h\u00f6her und tiefer gestellt\n1 Erw\u00e4hnt von Helmholtz.1\n*\tPhysiologische Optik, II. Aufl., S. 795 u. S.\n*\tv. Gr\u00e4fes Archiv, XLI, 4, S. 146 u. 147.","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nA. E. Fick.\nwerden kann. Selbstverst\u00e4ndlich befinden sich beide Bleistiftspitzen einander gegen\u00fcber, in einer Frontalebene, in handlicher Entfernung.\nDiese Versuche lehren, dafs man in der Tat bei geschlossenen Augen nicht imstande ist, die Lage seiner H\u00e4nde genau zu bestimmen. Aber die Fehler sind nicht so grofs wie bei den Projektionsversuchen. Auch hat man durchaus nicht das Gef\u00fchl der Unsicherheit, ja Ratlosigkeit, das oben, beim Fixieren eines hellen Punktes im dunkeln Gesichtsfeld, erw\u00e4hnt wurde. Im Gegenteil, man glaubt sich seiner Sache ziemlich sicher und ist hinterdrein erstaunt zu sehen, dafs man doch ansehnliche Fehler gemacht hat. Bei sechs Personen schwankte der konstante Fehler, Mittel aus 10 Einzelversuchen, zwischen 0,4 und 18,8 mm. Am lehrreichsten ist der Vergleich zwischen den Fehlern bei Projektions- und bei Tastversuchen ein und derselben Person. Da ich die Projektions versuche im Jahre 1902 angestellt habe, so standen mir jetzt nicht alle die damals untersuchten Personen zur Verf\u00fcgung. Die folgende Liste bezieht sich deshalb nur auf vier Personen.\nKonstanter Fehler, in senkrechter Richtung; -j- bedeutet \u201ezu hoch\u201c, \u2014 bedeutet \u201ezu tief\u201c.\nBei Projektionsversuch\t\t\tbei Tastversuch\nA. F.\t+ 4,4\tmm\t-f- 13,8 mm\n\t+ 39,2\tyy\t- 0,4 \u201e\n\t+ 55,5\tyy\t+ 9,2 \u201e 5,1 \u201e + 4,6 \u201e + 5,2 \u201e\nG. F.\t+ 3,5\t\u00ab\t-12,1 \u201e\n\t+ 15,8\t\t+ 16,5 \u201e\n\t+ 4,2\tyy\t- 5,6 \u201e\n\t+ 4,6\t\u00bb\t+ 0,1 \u201e\nR. F.\t+ 27\tyy\t- 0,1 \u201e\n\t+ 40\tyy\t+ 0,2 \u201e\n\t+ 3\tyy\t+ 1,4 \u201e\nU. Ge.\t+ 24\ty>\t- 0,4 \u201e\n\t+ 5,9\tyy\t+ 0,4 \u201e\n\t- 26\tyy\t+ 4,1 \u201e\n\t+ 6\tyy\tT\" 0,4 \u201e\n\t\u2014 2,2\t\t+ 6,2 \u201e","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Verlegung der Netzhautbilder nach aufsen.\n109\nMeines Erachtens lehren diese Versuche folgendes: Bei geschlossenen Augen ist man \u00fcber den Ort, wo sich die H\u00e4nde befinden, nicht genau unterrichtet; jede Hand macht einen Fehler von durchs\u00f6hnittlich 1\u20142 cm ; die Fehler der beiden H\u00e4nde k\u00f6nnen sich aufheben, aber auch summieren. W\u00fcrde beim Fixieren eines hellen Punktes im dunkeln Gesichtsfeld kein Fehler gemacht, so h\u00e4tten bei den Projektionsversuchen die Fehler nur halb so grofs ausfallen d\u00fcrfen, als bei den Tastversuchen. Tats\u00e4chlich sind aber die Fehler bei den Projektionsversuchen sogar gr\u00f6fser als bei den Tastversuchen. Mithin ist die Ortsbestimmung eines Punktes durch Fixieren noch ungenauer als durch Betasten mit der Hand.\nDie Tatsache, dafs die Lokalisierung eines einzelnen Punktes, selbst des fixierten, aufserordentlich unsicher ist, scheint der Erfahrung des t\u00e4glichen Lebens zu widersprechen. Denn wir bewegen uns bekanntlich mit der gr\u00f6fsten Sicherheit im Paume, selbst unter den schwierigsten Bedingungen. Der Widerspruch verschwindet aber, wenn man die naheliegende Annahme macht, dafs die Verlegung eines Netzhautbildes in die Aufsen-welt gar nicht von den bestrahlten Sehzellen allein bewerkstelligt wird, sondern ein \u00e4ufserst verwickelter Vorgang ist, bei dem das ganze Gesichtsfeld und die in ihm verteilten Dinge mitbenutzt werden.\nWesentlich ist dabei, dafs wir mit unserem eigenen K\u00f6rper in das Gesichtsfeld hineinragen und so die M\u00f6glichkeit besitzen, den Abstand des fixierten Punktes zu messen von solchen Punkten des Gesichtsfeldes, die wir nicht blofs durch das Gesicht sondern auch durch das Getast \u00f6rtlich bestimmen.\nJa, wenn es sich um die allergenauesten Leistungen der gesichtssinnlichen Lokalisierung handelt, dann gen\u00fcgen die eben erw\u00e4hnten Hilfsmittel nicht einmal. Dann bleibt nichts anderes \u00fcbrig, als den fixierten Punkt mit dem Finger (oder einer Bleistiftspitze) dadurch zu erreichen, dafs man w\u00e4hrend der Bewegung die Richtung der Hand nach Bedarf \u00e4ndert, den Finger zu dem fixierten Punkte hinleitet. Dieses Ertasten eines fixierten Punktes kommt uns nicht zum Bewufstsein, weil sich der ganze Vorgang, gen\u00fcgende \u00dcbung vorausgesetzt, so schnell abspielen kann, dafs es einem Zuschauer den Eindruck macht, als ob der Finger wie aus der Pistole geschossen sein Ziel erreiche.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"ne\nA. E. Pick.\nDie vorstehend dargelegte Ansicht \u00fcber das Projizieren scheint bereits von Sachs ausgesprochen und begr\u00fcndet worden zu sein. Wenigstens findet sich im Zentralbl. f. Augenheilk. 1904, S. 362 ein kurzer Bericht \u00fcber einen Vortrag, den Sachs am 26. X. 1904 in der Wiener ophthalmol. Gesellsch. gehalten hat; und in diesem Berichte kommen folgende drei S\u00e4tze vor:\n\u201eNach Sachs wird der Schwankungsbereich in der absoluten Lokalisation einer Gesichtsempfindung durch das Hinzutreten von anderen, relativ bestimmt lokalisierten, eingeengt. Es w\u00e4chst die Bestimmtheit und Richtigkeit der absoluten Lokalisation, unter gleichen Umst\u00e4nden, mit der Menge des gleichzeitig Sichtbaren. Es wird also die absolute Lokalisation durch den Gesamtinhalt' des Gesichtsfeldes, in hohem Grade gewifs auch durch die Wahrnehmung von Teilen des eigenen K\u00f6rpers gef\u00f6rdert.\u201c\n(Eingegangen am 2. Dezember 1904.)","page":110}],"identifier":"lit32006","issued":"1905","language":"de","pages":"102-110","startpages":"102","title":"\u00dcber die Verlegung der Netzhautbilder nach au\u00dfen","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:35:08.322798+00:00"}