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{"created":"2022-01-31T16:36:43.433711+00:00","id":"lit32007","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"M\u00fcller, G. E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 39: 111-125","fulltext":[{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Ill\nBesprechungen.\nE. Ebbht und E. Mbumann. fiber einige firuidftagei der Ptychologie der fibogspbiionene tan Bereiche des Sediehtnisses. Zugleich ein Beitrag zur Psychologie der formalen Geistesbildung: A. Untersuchung der Wirkung einseitig mechanischer \u00dcbung auf die Gesamtged\u00e4chtnisfunktion. B. \u00dcber \u00f6konomische Lemmethoden. Archiv f\u00fcr die getarnte Psychologie 4 (1/2), 1\u2014232. 1904.\nDie vorliegende experimentelle Untersuchung hat vor allem das Verdienst, die wichtige Frage, inwieweit durch \u00dcbung im Erlernen eines speziellen Lernmateriales eine allgemeine Steigerung des Ged\u00e4chtnisses bewirkt wird, fnit Energie und Erfolg in Angriff genommen zu haben. Bei den Einflbungsversuchen wurden sinnlose Silbenreihen von je 12 Silben gelernt. Die PrOfungsversuche, mittels deren festgestellt werden sollte, inwieweit jene mit dem Silbenmaterial angestellten Ein\u00fcbungs-rersuche eine Steigerung des Ged\u00e4chtnisses auch f\u00fcr andere Lernstoffe bewirkten, waren teils V ersuche, bei denen das \u201eunmittelbareBehalten\u201c gepr\u00fcft wurde, d. h. festgestellt wurde, wieviel von einer einmal akustisch dargebotenen Reihe unmittelbar nach dieser einmaligen Darbietung noch gewnfst wurde, teils Versuche zur Pr\u00fcfung des \u201eandauernden Behaltene\u201c, bei denen die betreffenden Reihen sowohl gelernt als auch nach 24 Stunden wiedergelemt wurden. Die Pr\u00fcfungsversuche der ersteren Art fanden an 7 Arten von Lernmaterial statt, n\u00e4mlich an Reihen von Buchstaben, Zahlen, sinnlosen Silben, einsilbigen Substantiven und deutschitalienischen Vokabelpaaren, sowie an Gedichtsstrophen und Prosas\u00e4tzen philosophischen Inhaltes. Bei den Pr\u00fcfungsversuchen der zweiten Art kamen \u00f6 Arten von Lernmaterial, n\u00e4mlich Silbenreihen von je 10, 12, 14 oder 16 Silben, Reihen visueller Zeichen, deutsch - italienische Vokabelpaare, Gedichtsstrophen und Prosast\u00fccke zur Anwendung. Bei den Versuchen \u00fcber das unmittelbare Behalten wurde f\u00fcr jede der Versuchspersonen, deren Zahl im allgemeinen 6 war, festgestellt, wie viele Glieder eine Reihe umfassen mufste, um nach einmaligem Vorsagen gar keine Fehler oder 33\\, \u00b0/0 oder \u00f60% Fehler zu ergeben. Bei den Versuchen \u00fcber dag andauernde Behalten wurde die Erlernungsmethode benutzt, bei den Silbenreihen und Reihen visueller Zeichen unter Anwendung des Kymo-graphions. Die Versuche mit den deutsch - italienischen Vokabelpaaren nehmen insofern eine besondere Stellung ein, als bei ihnen mit einer Ausnahme (8. 34f.) die Pr\u00fcfung stets nach dem Prinzipe der Treffermethode","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nBesprechungen.\nstattland. Nachdem bei jeder Versuchsperson durch Versuche von den hier angelahrten 12 Arten der Anlangszustand des Ged\u00e4chtnisses lest-gestellt worden war, hatten die Versuchspersonen 32 zw\u00f6llsilbige Reihen zu lernen und nach 24 Stunden wiederzulernen und zwar so, dafs in der Regel an jedem Versuchstage 2 Neuerlernungen und 2 Wiedererlernungen stattlanden. Hieraul erlolgte eine nochmalige Bestimmung des Ged\u00e4chtniszustandes durch jene 12 Arten von Prfllungsversuchen. Alsdann landen von neuem ein\u00fcbende Versuche mit Silbenreihen (bei der einen H\u00e4llte der Versuchspersonen mit 32, bei der anderen mit nur 16 Silbenreihen) statt, woran! eine nochmalige Pr\u00fclung des Ged\u00e4chtniszustandes mittels jener 12 Arten von Versuchen unternommen wurde. Endlich wurde das Ged\u00e4chtnis der Versuchspersonen auch nach Ablaut einiger (2l/j\u20145) Monate, innerhalb deren keine besonderen Ein\u00fcbungsversuche stattgefunden hatten, durch einzelne Stichproben nochmals gepr\u00fcft.\nWie zu erwarten, zeigt sich der \u00dcbungseinflufs am gr\u00f6fsten und zwar von ganz gewaltigem Betrage bei der Erlernung von Silbenreihen, die ja direkt bei den Ein\u00fcbungsversuchen ge\u00fcbt worden war. Aber auch die anderen oben erw\u00e4hnten Bet\u00e4tigungen des Ged\u00e4chtnisses ertuhren durch die \u00dcbung im Silbenlernen und durch die \u00dcbung, welche die Pr\u00fclungs-versuche selbst mit sich brachten, eine betr\u00e4chtliche, zum Teil sogar recht bedeutende Steigerung. Bemerkenswert ist, dafs die Erg\u00e4nzungsversuche, die nach 2 V*\u20145 versuchsfreien Monaten mit einigen Stichproben angestellt wurden, nicht eine Abnahme, sondern sogar einen Fortschritt im Silbenlernen ergaben (S. 1931.). Die Verl, erkl\u00e4ren dieses Resultat aus der (assoziativen) Hemmung, welche die Ir\u00fcher eingepr\u00e4gten Silben aut die Erlernung neuer \u00e4hnlicher Silben aus\u00fcben. Diese Hemmung beim \u201e\u00dcberf\u00fcttert-sein\u201c mit Lernmaterial bestimmter Art hat sich auch hier (in G\u00f6ttingen) merkbar gemacht und war gelegentlich die Veranlassung, dals wir die Zahl der an einem Versuchstage zu erlernenden Reihen mehr einschr\u00e4nkten, als sonst erforderlich gewesen w\u00e4re, und ist, wie ich hervorheben m\u00f6chte, bei Ged\u00e4chtnisversuchen mit Bildern (von Landschaften u. dergl.) in noch h\u00f6herem Grade als bei den Versuchen mit Silbenreihen hervorgetreten. Leider haben die Verl, (abgesehen von 2 Strophenerlernungen) bei jenen Erg\u00e4nzungsversuchen nur Silbenreihen lernen lassen. H\u00e4tten sie auch bei Benutzung von anderem Lernmaterial, i. B. Strophen, nach jener monatelangen Ruhezeit einen weiteren Fortschritt des Ged\u00e4chtnisses mit voller Sicherheit konstatieren k\u00f6nnen, so w\u00e4re wohl der Beweis erbracht gewesen, dafs die nach jener Ruhezeit konstatierbare Zunahme des Ged\u00e4chtnisses nicht blofs aul dem Weglalle von assoziativen Hemmungen beruhte, sondern im Sinne des von den Verl. (S. 217) Angenommenen zum Teil auch noch durch eine w\u00e4hrend jener Ruhezeit eingetretene Erholung der bei den Versuchen beteiligt gewesenen Zentren oder durch eine w\u00e4hrend jener Ruhezeit stattfindende latente Fortbildung gewisser durch die Versuche gesetzter oder gesteigerter Dispositionen bedingt war. Denn bei der geringen Anzahl (im allgemeinen 6) von Strophen, die jede Versuchsperson bei den Pr\u00fcfungsversuchen zu erlernen hatte, w\u00e4re die M\u00f6glichkeit ausgeschlossen gewesen, eine nach jener versuchslreien Zwischenzeit lest-gestellte deutliche Erh\u00f6hung der Leml\u00e4higkeit l\u00fcr Strophen aus dem","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n113\nWegfalle hemmender Reminiszenzen an fr\u00fcher gelernte Strophen zu erkl\u00e4ren.\n\u00dcber die Vorg\u00e4nge, welche dem beobachteten Einfl\u00fcsse der \u00dcbung zugrunde liegen, haben die Versuchspersonen eine Reihe von Aussagen gemacht (8. 202 ff.), welche des Interesses nicht entbehren. Hervorgehoben wird die Zunahme der F\u00e4higkeit, die Aufmerksamkeit zu konzentrieren und in zweckm\u00e4fsiger Weise auf die verschiedenen Teile des LernstoSes zu verteilen, die Verbesserung der Gef\u00fchlslage beim Lernen, die bessere Benutzung des Rhythmus, die Abnahme zweckloser motorischer Spannungen beim Lernen, die Zunahme des Bestrebens, das Ged\u00e4chtnis immer mehr zu vervollkommnen, u. a. m. Die hier oft gemachte Beobachtung, dafs die Benutzung von Hilfen beim Lernen sinnloser Silbenreihen bei fortschreitender \u00dcbung eich verringert, wird best\u00e4tigt.\nVerf. beantworten weiterhin (S. 208 ff.) die Frage, wie die von ihnen festgestellte Tatsache der Vervollkommnung des allgemeinen Ged\u00e4chtnisses durch fortgesetztes Lernen sinnloser Silbenreihen zu erkl\u00e4ren sei. Sie meinen, dafs diese Tatsache in erster Linie darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren sei, dafs bei der \u00dcbung eines Spezialged\u00e4chtnisses, z. B. desjenigen f\u00fcr Silbenreihen, auf einem noch zu erforschenden psychophysischen Wege zugleich eine Mit\u00fcbung verwandter Ged\u00e4chtnisfunktionen stattflnde. Nur als Mitursachen w\u00e4ren noch anzuf\u00fchren einerseits die eintretende Verbesserung gewisser allgemeiner psychischer Funktionen, die bei aller Ged\u00e4chtnisarbeit mitwirken (die Steigerung der F\u00e4higkeit, die Aufmerksamkeit zu konzentrieren, die Verbesserung der Gef\u00fchlslage beim Lernen, die Zunahme des Bestrebens, durch die Versuche das Ged\u00e4chtnis zu vervollkommnen, u. dgl. m.) und andererseits die Vervollkommnung in der allgemeinen Lerntechnik, in der Anwendung von Kunstgriffen, die mehr oder weniger bei allem Lernen in Betracht kommen. Da das Eintreten dieser beiden letzteren Wirkungen der \u00dcbung eines Spezialged\u00e4chtnisses, auch nach den eigenen Angaben der Verf., aufser Zweifel steht, hingegen jene etwas mysteri\u00f6se psychophysische Mit\u00fcbung verwandter Ged\u00e4chtnisfunktionen keine festgestellte Tatsache ist, und es eine allgemeing\u00fcltige Vorschrift der Methodologie ist, dafs Erkl\u00e4rungsgr\u00fcnde, deren Bestehen nicht bereits nachgewiesen ist, nur dann heranzuziehen sind, wenn wirklich bewiesen ist, dafs die Faktoren von sicherer Existenz zur Erkl\u00e4rung nicht ausreichen, so erhebt sich die Frage, durch welche Tatsachen die Annahme jener psychophysischen Mit\u00fcbung verwandter Ged\u00e4chtnisfunktionen gefordert werden soll. Die Verf. meinen, dafs diese Annahme durch die aus ihren Resultaten sich ergebende Erscheinung gefordert werde, \u201edafs die Vervollkommnung der \u00fcbrigen, nicht ge\u00fcbten Ged\u00e4chtnisleistungen keine gleichm\u00e4fsige und allgemeine ist, sondern dafs sie sich sichtbar abstuft nach dem Grade der Verwandtschaft der Ged\u00e4chtnisleistungen mit dem durch die einseitige \u00dcbung vervollkommneten mechanischen Ged\u00e4chtnis f\u00fcr sinnlose Silben\u201c (S. 210). Angenommen, es sei wirklich in einwandfreier Weise erwiesen, \u201edafs die speziellen Ged\u00e4chtnisse genau in dem Mafse durch Mit\u00fcbung vervollkommnet werden, als sie auf Grund der Satur des Stoffes, der Lernmittel und der Lernweisen dem einseitig ZeitDchrift f\u00fcr Psychologie 39.\t8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nBesprechungen.\nge\u00fcbten Ged\u00e4chtnisse verwandt sind\u201c (S. 200), so vermag ich wirklich nicht einzusehen, weshalb sich ein solches Gesetz nicht erkl\u00e4ren lassen sollte, wenn man alle Mit\u00fcbung der nicht speziell ge\u00fcbten Ged\u00e4chtnisfunktionen lediglich auf die im Verlaufe der Versuche eintretende bessere Beherrschung der Lerntechnik und Vervollkommnung jener bei aller Ged\u00e4chtnisarbeit mitwirkenden allgemeinen Funktionen zur\u00fcckf\u00fchrt. Von letzterem Standpunkte aus w\u00fcrde sich durchaus begreifen lassen, dafs durch die \u00dcbung im Silbenlernen die anderen Spezialged\u00e4chtnisse um so mehr mitge\u00fcbt werden, je mehr sie hinsichtlich der \u201eLernmittel (Assoziationsmittel)\u201c und \u201eLernweisen\u201c dem Silbenged\u00e4chtnis verwandt sind. Es versteht sich z. B. ganz von selbst, dafs die beim Silbenlernen erworbene F\u00e4higkeit, der Komplexbildung beim Lernen mehr Aufmerksamkeit zu widmen, bei der Erlernung von anderem sinnlosen Material sich in h\u00f6herem Grade geltend machen kann als bei sinnvollem Materiale, bei dem die Komplexbildung erstens durch den Sinn und die Interpunktion und eventuell auch durch die Art der Strophenbildung u. dgl. viel mehr vorgezeichnet ist und zweitens \u00fcberhaupt nicht eine gleich hohe Rolle spielt wie bei sinnlosem Lernstoffe. Ebenso erscheint es von dem erw\u00e4hnten Standpunkte aus ganz selbstverst\u00e4ndlich, dafs, wenn eine Versuchsperson (von gemischtem Typus) dahinter gekommen ist, in welcher Weise und Ausgiebigkeit sie beim Lernen von Silbenreihen einerseits das visuelle und andererseits das akustisch-motorische Ged\u00e4chtnis in Anspruch zu nehmen hat, um m\u00f6glichst zweckm\u00e4fsig zu verfahren, sie alsdann von dieser Kenntnis oder Routine um so mehr Vorteil f\u00fcr das Erlernen eines anderen Lernstoffes haben wird, je mehr eine zweckm\u00e4fsige Erlernung-des letzteren gem\u00e4fs seiner Art und Vorf\u00fchrungsweise eine \u00e4hnliche Beteiligung jener verschiedenen Ged\u00e4chtnisse erfordert wie die Erlernung der benutzen Silbenreihen.\nZu dem soeben Bemerkten kommt hinzu, dafs obiges von den Verf. aufgestellte Gesetz von denselben nicht erwiesen ist und sich \u00fcberhaupt nur sehr schwer beweisen lassen d\u00fcrfte. Nur beil\u00e4ufig m\u00f6chte ich erw\u00e4hnen, dafs, wenn man die Versuchsresultate der Verf. f\u00fcr mafsgebend h\u00e4lt, man z. B. annehmen mufs, dafs das unmittelbare Behalten der Silben in Widerspruch zu jenem Gesetz durch das Lernen der Silbenreihen weniger gef\u00f6rdert wird als das unmittelbare Behalten von Zahlen (S. 200). Wichtiger scheint mir der Umstand, dafs die f\u00fcr eine Pr\u00fcfung obigen Gesetzes erforderliche Vergleichung der Verwandtschaftsgrade, die zwischen verschiedenen Spezialged\u00e4chtnissen und dem andauernden Behalten von Silbenreihen \u201enach der Natur des Stoffes, der Lernmittel und der Lernweisen\u201c bestehen, sich gar nicht mit hinl\u00e4nglicher Sicherheit vollziehen l\u00e4fst. Jene Verwandtschaftsgrade d\u00fcrften von dem sensorischen Typus und den besonderen Lernweisen des Individuums nicht unabh\u00e4ngig sein. Und wie will man z. B. mit Sicherheit entscheiden, ob das dauernde Behalten von Silbenreihen dem Behalten von philosophischer Prosa n\u00e4her steht als dem Behalten von Strophen? Noch bedenklicher erscheint mir der Umstand, dafs die f\u00fcr die Pr\u00fcfung obigen Gesetzes gleichfalls erforderliche Vergleichung der f\u00fcr die verschiedenen Spezialged\u00e4chtnisse erzielten \u00dcbungsfortschritte sich bei weitem nicht in so einfacher Weise durchf\u00fchren l\u00e4Xst,","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n115\nwie die Verf. anneumen. Die Verf. pr\u00fcfen z. B. den \u00dcbungsfortschritt im dauernden Behalten von Silben, vianellen Zeichen, Strophen und philosophischer Prosa in der Weise, dafs sie bei jeder der 3 Pr\u00fcfungen des Gesamtznstandes des Ged\u00e4chtnisses 4 Beihen von 10, 12, 14, 16 Silben, 2 Reihen von je 12 visuellen Zeichen, 2 achtzeilige Strophen und 20 Druckzeilen philosophischer Prosa auswendig lernen lassen und feststellen, um wieviel Prozent sich tc \u2014 so will ich in herk\u00f6mmlicher Weise die f\u00fcr die Erlernung erforderliche Wiederholungszahl einschliefslich des Hersagens1 bezeichnen \u2014 f\u00fcr jede dieser 4 Stoffarten infolge der ersten und infolge der zweiten Beihe von Ein\u00fcbungsversuchen verringert hat. Je gr\u00f6fser diese prozentige Abnahme von to ist, desto gr\u00f6fser soll der \u00dcbungsfortschritt f\u00fcr das betreffende Spezialged\u00e4chtnis sein. Nun ist aber durchaus nicht ohne weiteres vorauszusetzen, dafs der \u00dcbungsfortschritt, der in dieser Weise f\u00fcr ein bestimmtes Lernmaterial erhalten -wird, von der L\u00e4nge der Reihen oder Lernetflcke, in denen dieses Material dargeboten wird, unabh\u00e4ngig sei.1 Die Verf. w\u00fcrden bei ganz denselben Ein\u00fcbungsversuchen z. B. f\u00fcr die philosophische Prosa vermutlich einen anderen (in der angegebenen Weise berechneten) \u00dcbungsfortschritt erhalten haben, wenn sie statt 20 Druckzeilen vielmehr 40 oder nur 10 Druckzeilen solcher Prosa h\u00e4tten lernen lassen. Kann aber der \u00dcbungsfortschritt nicht als unabh\u00e4ngig von der benutzten L\u00e4nge der Beihen oder Lernst\u00fccke angesehen werden, so ist es etwas ganz Willk\u00fcrliches, wenn die Verf. die \u00dcbungsfortschritte der verschiedenen Spezialged\u00e4chtnisse ausschliefslich nach denjenigen Besultaten beurteilt wissen wollen, die sie bei den von ihnen gerade gew\u00e4hlten L\u00e4ngen der Beihen oder Lernst\u00fccke erhalten haben. Wie wollen sie z. B. beweisen, dafs es richtig ist, den \u00dcbungsfortschritt einerseits des Ged\u00e4chtnisses f\u00fcr visuelle Zeichen und andererseits des Ged\u00e4chtnisses f\u00fcr philosophische Prosa ausschliefslich nach den Besultaten zu beurteilen, die man erh\u00e4lt, wenn man bei den Pr\u00fcfungsversuchen einerseits 2 Reihen von je 12 visuellen Zeichen und andererseits 20 Druckzeilen philosophischer Prosa lernen l\u00e4fst? Das Lernen einer Beihe von 12 visuellen Zeichen erforderte bei den letzten Pr\u00fcfungsversuchen nur eine Lernzeit von ca. 109 Sek., das Lernen von 20 Druckzeilen philosophischer Prosa ca. 27 Min. Aber selbst dann, wenn diese beiden Arten von Lernmaterial zuf\u00e4llig Lernzeiten von gleicher Gr\u00f6fsenordnung beansprucht h\u00e4tten, w\u00fcrde es willk\u00fcrlich und nicht einwandsfrei sein, wenn man die erzielten \u00dcbungsfortschritte ausschliefslich nach den Besultaten beurteilen wollte, die bei der gerade benutzten einen L\u00e4nge der Zeichenreihen und bei der gerade benutzten einen L\u00e4nge der Prosast\u00fccke sich ergeben haben.\nDafs die Werte der \u00dcbungsfortschritte, welche die Verf. f\u00fcr die verschiedenen Lernstoffe berechnet haben, auch schon insofern als mit Unsicherheit behaftet anzusehen sind, weil sie auf einer zu geringen Ver-\n1 Die von den Verf. angegebenen Wiederholungszahlen schliefsen das Hersagen nicht mit ein.\n* Auch mit der benutzten Vorf\u00fclirungs- oder Lesegeschwindigkeit \u0153ufs jener \u00dcbungsfortschritt variieren.\n8*","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nBesprechungen.\nsuchszahl beruhen, mag noch erw\u00e4hnt werden.1 Doch kann man mit den Verf., deren 6 Versuchspersonen sich \u00fcberdies hinsichtlich der Resultate gegenseitig in gewissem Grade kontrollieren und korrigieren, wegen dieses und \u00e4hnlicher Punkte nicht viel rechten. Denn h\u00e4tten sie die Pr\u00fcfungs-Versuche l\u00e4nger ausgedehnt, so w\u00e4re, wie sie selbst hervorheben, dem Zwecke der Untersuchung entgegen der Anteil der Pr\u00fcfungsversuche an der Ein\u00fcbung zu grofs ausgefallen. Ferner kann bei der Beurteilung einer Untersuchung, die einen ersten Vorstofs zur L\u00f6sung eines bisher noch nicht ernstlich in Angriff genommenen Problems darstellt, \u00fcberhaupt nicht der Mafsstab angelegt werden, den man bei den sp\u00e4teren mehr dem Ausbau als dem Aufbau unserer Anschauungen dienenden Arbeiten anlegen mu\u00fcs. Nur 3 Punkte methodologischer Art m\u00f6chte ich hier zur Sprache bringen.' Die Verf. benutzen bei ihren Zahlenreihen sowohl ein- als auch zweistellige Zahlen, w\u00e4hrend die Methode der behaltenen Glieder fordert, daft die Glieder jeder Reihe m\u00f6glichst gleichartig seien. Es ist nat\u00fcrlich nicht dieselbe Leistung, wenn jemand 5 einstellige, und wenn er 5 zweistellige Zahlen noch zu nennen weifs. Ein kritischer Leser wird ferner (zumal in Hinblick auf das weiterhin \u00fcber die Versuchsleitung zu Bemerkende) den Einwand erheben, dafs, wenn die Verf. bei den 3 Reihen von Pr\u00fcfungs-Versuchen jedesmal z. B. 2 Reihen von je 12 visuellen Zeichen h\u00e4tten lernen lassen, gar keine Garantie daf\u00fcr bestehe, dafs die Reihen der 3 Pr\u00fcfungsperioden wirklich gleich schwer und nicht z. B. die Reihen der zweiten Pr\u00fcfungsperiode leichter als diejenigen der ersten und die der dritten noch leichter als die der zweiten gewesen seien. Diesem Einwar.de h\u00e4tte man durch Benutzung eines zyklischen Wechsels der benutzten Reihen begegnen k\u00f6nnen. Die kurz mit den Buchstaben A, B. . . . F. zu bezeichnenden 8 Versuchspersonen h\u00e4tten die mit den Ziffern 1, 2 ... 6 zu bezeichnenden 6 Reihen in der Weise lernen sollen, dafs bei der ersten\n1 Ebenso ist es eine Unvollkommenheit, dafs bei Bestimmung der \u00dcbungsfortschritte f\u00fcr die von den Versuchspersonen frei (d. h. ohne Benutzung des Kymographions) abgelesenen Lernstoffe der Umstand ganz aufser Acht geblieben ist, dafs die Lesegeschwindigkeit bei den sp\u00e4teren Pr\u00fcfungsversuchen zum Teil eine erheblich andere war als bei den fr\u00fcheren Pr\u00fcfungsversuchen. So la\u00ae z. B. nach dem auf S. 56 und 184 Mitgeteilten die Versuchsperson F. eine Reihe von 30 deutsch - italienischen Vokabelpaaren bei den ersten Pr\u00fcfungsversuchen so, dafs die auf eine Lesung durchschnittlich entfallende Zeit gleich 67 Sek. war, bei den letzten Pr\u00fcfungaversuchen dagegen so, dafs diese Zeit nicht weniger als 180 Sek. betrug. In solchen F\u00e4llen kann man doch den \u00dcbungsfortschritt nicht einfach nach den erforderlich gewesenen Wiederholungszahlen bestimmen.\n* Eine kleine logische Unzul\u00e4nglichkeit ist es, wenn die Verf. (S. 33) aus dem Umstand, dafs die einsilbigen Substantivs bessere Resultate betreffs des unmittelbaren Behaltene geben als die Silben, ohne weitere\u00ae auf das Eingetretensein einer \u201egewissen \u00dcbung im unmittelbaren \u25a0 Behalten.\u201c echliefsen. Das bessere Resultat kann auch in dem anderen Material\u00a9 seinen Grund haben.","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n117\nPr\u00fcfung A und B die Reihen 1 und 2, C und D die Reihen 3 und 4, E und F die Reihen 6 und 6, bei der zweiten Pr\u00fcfung dagegen A und B die Reihen 3 und 4, C und D die Reihen 5 und 6, E und F die Reihen 1 und 2, bei der dritten Pr\u00fcfung A und B die Reihen 5 und 6 usw, erlernten. Entsprechend bei den anderen Pr\u00fcfungsversuchen. Geradezu deprimierend mufs auf jeden Leser, der den Ausf\u00fchrungen der Verf. mit Interesse gefolgt ist, der dritte hier zu erw\u00e4hnende Punkt wirken. Auf 8. 9. wird uns mitgeteilt, dafs bei der einseitigen \u00dcbung des mechanischen Ged\u00e4chtnisses Reihen von je 12 sinnlosen Silben (\u201eNormalreihen\u201c) benutzt worden seien, \u201edie nach den Regeln von G. E. M\u00fcller aufgebaut waren\u201c. Auf S. 95 wird dann hervorgehoben, dafs die Silbenreihen \u201etrotz aller Sorgfalt des Aufbaues der Reihen\u201c keineswegs gleich leicht erlernbar gewesen seien, und es werden uns 3 Beispiele besonders schwieriger Reihen vorgef\u00fchrt. Diese 3 Beispiele zeigen aber, dafs der Versuchsleiter (Ebebt) trotz der erw\u00e4hnten \u201eSorgfalt\u201c sich \u00fcberhaupt gar nicht die M\u00fche genommen hat, die von Schumann und mir f\u00fcr den Aufbau von Normalreihen aufgestellten Vorschriften anzusehen, geschweige denn zu beachten. Die mitgeteilten zw\u00f6lfsilbigen Reihen zeigen Fehler, die man bei Kenntnis der von uns angegebenen Verfahrungsweisen \u00fcberhaupt gar nicht begehen kann. Der Versuchsleiter weifs nicht einmal, dafs bei Befolgung der von uns angegebenen Vorschriften niemals derselbe Anfangs- oder Endkonsonant oder Vokal zweimal in derselben zw\u00f6lfsilbigen Reihe vorkommt. In der ersten der 3 mitgeteilten Reihen kommt i und der Anfangskonsonant g, in der zweiten eu und a und der Endkonsonant d, in der dritten der Anfangs-konBonant k zweimal vor, um von anderen Eigent\u00fcmlichkeiten dieser Reihen ganz abzusehen. Nach Konstatierung dieses Sachverhaltes kann man leider die von den Verf. mitgeteilten Resultate nur noch mit dem leisen Vorbehalte entgegennehmen, dafs die \u201eSorgfalt\u201c oder besser die Gewissenhaftigkeit des Versuchsleiters hinsichtlich der anderen f\u00fcr den Ausfall der Resultate noch wichtigeren Punkte, betreffs deren dem Leser eine Kontrolle fehlt, eine weit h\u00f6here gewesen sei als hinsichtlich des Aufbaues der Silbenreihen.\nAuff\u00e4llig sind die geringen absoluten Werte von w, die nach AbBchlufs der Ein\u00fcbungsversuche erreicht worden sind. F\u00fcr eine l\u00f6silbige Reihe betrug w bei 5 von den 6 Versuchspersonen am Anf\u00e4nge der Versuche 32, 24, 20, 35, 34, am Schlufs dagegen nur 6, 9, 6, 4, 11. So weit gehende \u00dcbungseffekte sind bei den zahlreichen hier angestellten Versuchen mit 8ilbenrelhen nie erreicht worden, obwohl die Zahl der erlernten Silbenreihen in manchen unserer Versuchsreihen eine unvergleichlich gr\u00f6fsere war als die Zahl der bei den Ein\u00fcbungsversuchen der Verf. erlernten Silbenreihen (nur 48 oder 64 pro Versuchsperson). Ich gebe ein Beispiel, ln Versuchsreihe IV von M\u00fcller und Sch\u00fcmknn lernte Pilzecker, der zwar nicht hinsichtlich des Behaltene, wohl aber hinsichtlich des Lernens zu den besten der hier benutzten Versuchspersonen geh\u00f6rt, im ganzen (ein-schliefslich der Vorversuche) 552 zw\u00f6lfsilbige Reihen, unter denen sich 300 ganz neu gebaute befanden. In einer vorausgegangenen kleinen Versuchsreihe hatte sich f\u00fcr die ersten 6 der \u00fcberhaupt von P. erlernten zw\u00f6lfsilbigen Reihen w = 19, 14, 12, 14, 17, 16 ergaben. Der erste Vorversuchs-","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nBesprechungen.\ntag von Versuchsreihe IV lieferte folgende Werte von w: 15, 14, 11, 12, 16, 12. An den beiden letzten Tagen dieser Versuchsreihe betrug w f\u00fcr die gleichfalls ganz neu gebauten und zw\u00f6ifsilbigen Vorreihen 6, 16, 10, 11, 11, 12, 10, 12. Es ist leicht zu sehen, dafs auch bei anderen Ged\u00e4chtnisunter Buchungen, z. B. der von Ebbihoha\u00fcs, w durch die \u00dcbung nicht auf so niedere Werte herabgedrQckt worden ist, wie bei den relativ wenig zahlreichen Versuchen der Verf. der Fall war. Um diese Differenz zu erkl\u00e4ren, kann man Verschiedenes geltend machen. Man kann darauf hinweisen, dafs bei unseren Versuchen die Lesegeschwindigkeit eine h\u00f6here was als bei den Z\u00fcricher Versuchen. Abgesehen von den beiden orientierenden Versuchsreihen I und II von M\u00fcller und Schuhabe entfallen hier auf eine Lesung von 12 Silben (1 Rotation der betreffenden Kymographiontrommel) je nach der \u00dcbung und Beschaffenheit der Versuchsperson 7, 9 bis 9,0 Sek., w\u00e4hrend bei den Z\u00fcricher Versuchen die entsprechende Zeit 10 Sek. betr\u00e4gt Ferner kann man die Frage erheben, in welcher Weise und mit welcher Gewissenhaftigkeit der Versuchsleiter die Vorschrift befolgt hat, nach welcher eine Reihe als gelernt zu betrachten war, \u201ewenn sie in der vorgef\u00fchrten Aufeinanderfolge einmal fehlerfrei reproduziert werden konnte\u201c (S. 43). Dafs es in dieser Hinsicht anders gehalten wurde als bei unseren Versuchen *, scheint sich aus Notizen folgender Art zu ergeben: \u201eDie Reproduktion ist zwar fehlerfrei, aber etwas stockend, zum Teil r\u00fcckl\u00e4ufig\u201c (8. 88). \u201eBei G-Reihe auff\u00e4llig weit zur\u00fcckgreifende r\u00fcckl\u00e4ufige Reproduktion\u201c (S. 90) u. dgl. m. Indessen neben diesen und anderen \u00e4hnlichen Gesichtspunkten scheint mir vor allem noch daran erinnert werden zu m\u00fcssen, dafs bei unseren Versuchen die Versuchspersonen sich im allgemeinen bem\u00fchten dem Versuchszwecke und der erhaltenen Instruktion gem\u00e4fs alle Reihen mit einem konstanten Ged\u00e4chtnishabitus zu lernen und nicht von der Hauptabsicht einer Vervollkommnung im Lernen beherrscht waren, dagegen die Versuchspersonen der Verf., wie letztere selbst wiederholt (z. B. S. 203) angeben, von dem festen Willen beseelt waren, durch \u00dcbung sich im Lernen, immer mehr zu vervollkommnen. Es ist ein Verdienst der Verf., die wesentliche F\u00f6rderung, welche der \u00dcbungsfortachritt der Ged\u00e4chtnist\u00e4tigkeit durch den Willen erf\u00e4hrt, in das richtige Licht gestellt zu haben, wenn auch ihre Behauptung (S. 215), dafs der Wille, eine Vervollkommnung zu erreichen, ein absolut notwendiges Element des \u00dcbungsfortschrittes sei, ein wenig zu weit geht. Denn z. B. der Vorteil, den bei fortgesetzter Erlernung von Silbenreihen das Gel\u00e4ufigwerden des Silbenmateriales bietet, stellt sich auch dann ein, wenn jenes Streben nach Vervollkommnung fehlt\n1 Bei uns gilt (falls nicht besondere Versuchszwecke ein anderes Verfahren erfordern) gem\u00e4fs dem von M\u00fcller und Schtjmabn (S. 97) Bemerkten eine Reihe nur dann als hergesagt, wenn jede Silbe fehlerlos und an der richtigen Stelle ausgesprochen worden ist, bevor sie von der Versuchsperson im Schirmspalt erblickt werden konnte, ein Verfahren, das erstens f\u00fcr die Hersagegeschwindigkeit eine untere Grenze festlegt und zweitens den Vorteil hat, dafs die Versuchsperson im Falle eines Nicht Weiterk\u00f6nnens beim Hersagen sofort noch selbst die nicht gefundenen Silben von der Trommel ablesen kann.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n119\nVon dem Einfl\u00fcsse, den in diesem Gebiete die Vervollkommnungstendenz auf die Wirkungen der \u00dcbung aus\u00fcbt, habe ich mich durch eigene Erfahrungen \u00fcberzeugen k\u00f6nnen. W\u00e4hrend ich bei meinen fr\u00fcheren Erlernungen von Silbenreihen \u2014 allein in Versuchsreihe X von M\u00fcllbb und ScKUXAKir habe ich 8 bzw. 11 mal so viel Silbenreihen gelernt als die Versuchspersonen der Verf. \u2014 niemals den Eindruck hatte, dadurch mein Ged\u00e4chtnis in einem wesentlichen Grade zu verbessern, haben neuere Versuche mit allerlei Lernmaterial, bei denen ich mich immer bem\u00fchte, m\u00f6glichst kraft\u00f6konomisch zu lernen und hinter die besten Lernmethoden zu kommen, einen (der Raumersparnis halber- hier nicht n\u00e4her zu spezifizierenden) bedeutenden Aufschwung meiner Ged\u00e4chtnist\u00e4tigkeit bewirkt Vor allem haben diese neueren Versuche auch meine Aufgelegtheit zum Auswendiglernen in hohem Mafse gesteigert, in \u00dcbereinstimmung mit dem von den Verf. betonten Satze, dafs das Fortschreiten der von der Vervollkommnungstendenz beherrschten \u00dcbung \u201esich selbst die f\u00fcr die Ausf\u00fchrung einer T\u00e4tigkeit g\u00fcnstige Stimmungslage\u201c erzeugt. Wir m\u00fcssen also in diesem Gebiete 2 Arten der \u00dcbung unterscheiden, die unwillk\u00fcrlich sich vollziehende und die von der Vervollkommnungstendenz beherschte \u00dcbung. Die letztere schliefst nat\u00fcrlich die bei der ersteren stattfindenden Vorg\u00e4nge im allgemeinen mit ein. In p\u00e4dagogischer Hinsicht mufs man mit den Verf. von der Schule fordern, dafs sie mehr wie bisher daf\u00fcr sorge, dafs die Ged\u00e4chtnis\u00fcbungen der Kinder von der zweiten Art seien.\nDie Verf. haben neben der Untersuchung des \u00dcbungseinflusses sich noch eine zweite Hauptaufgabe gestellt, n\u00e4mlich die, einen Beitrag zur Beantwortung der in der Arbeit von Lottie Steffeks angeregten Frage nach den zweckm\u00e4Gsigsten Lernmethoden zu liefern. Sie liefsen n\u00e4mlich bei den Ein\u00fcbungsversuchen die 12silbigen Reihen nach 4 verschiedenen Methoden lernen, nach dem G-Verfahren (Lernen im ganzen), nach dem T-Verfahren (zuerst die 1., dann die 2. H\u00e4lfte der Reihe gesondert erlernt nnd dann die Reihe im ganzen) und nach 2 Methoden, die ich \u00e4hnlich wie die Verf. kurz als die F- Methode der ersten und der zweiten Art bezeichnen will. Die beiden letzteren Methoden unterscheiden sich von der G-Methode nur dadurch, dafs bei dem F-Verfahren der ersten Art bei jeder Lesung nach der 6. Silbe \u201eeine Pause im Zeitwert einer 8ilbe\u201c eingeschoben wurde, bei dem V-Verfahren der zweiten Art sowohl nach der 4. als auch nach der 8. Silbe eine solche Pause eingef\u00fcgt wurde. Wie es scheint, aber nicht ganz sicher zu ersehen ist, war die an den Schlufs jeder Reihenlesung fallende Pause bei den beiden F- Methoden um den Zeitwert der in die Reihenlesung eingeschobenen Pause, bzw. der in die Reihenlesung eingeschobenen 2 Pausen verk\u00fcrzt, so dafs die auf eine Lesung nebst zu geh\u00f6riger Pausierung entfallende Zeit bei allen 4 Lernmethoden konstant war. Die Verf. kommen auf Grund ihrer Resultate zu dem Schl\u00fcsse, dafs das F-Verfahren der zweiten Art mit der gr\u00f6fsten, das G-Verfahren dagegen mit der geringsten Geschwindigkeit zum Ziele f\u00fchre, w\u00e4hrend das T-Verfahren und das F-Verfahren der ersten Art eine mittlere Stellung einn\u00e4hmen. Die Inangriffnahme der Untersuchung des \u00f6konomischen Wertes der beiden F-Methoden ist nat\u00fcrlich als ein Fortschritt zu begr\u00fcfsen. Wenn aber die Verf. meinen, dafs die Resultate ihrer Versuche ein \u201eab-","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nBe&prcchungen.\nschliefsendes\u201c Urteil (S. 75) \u00fcber die vorteilhafteste Lernmethode, insbesondere auch \u00fcber daa zeit\u00f6konomische G\u00fcteverh\u00e4ltnis zwischen dem G-Verfahren und dem T-Verfahren gewinnen lassen, so scheinen sie mir die Bedeutung ihrer in Bede stehenden Versuchsergebnisse bedeutend zu \u00fcbersch\u00e4tzen. Zun\u00e4chst ist daran zu erinnern, dafs es sich nicht gerade empfiehlt, eine Entscheidung \u00fcber den \u00f6konomischen Wert verschiedener Lernweisen durch Versuche gewinnen zu wollen, bei denen der Wille der Versuchspersonen in erster Linie auf Vervollkommnung ihres Lernens gerichtet ist und sich demgem\u00e4fs der Lernmodus fortw\u00e4hrend stark \u00e4ndert Man pflegt f\u00fcr derartige Untersuchungen durch Vorversuche und Instruktion einen m\u00f6glichst gleichf\u00f6rmigen Lernhabitus der Versuchspersonen anzustreben, und zwar aus verschiedenen sehr berechtigten Gr\u00fcnden. Niemand, der den \u00f6konomischen Wert mehrerer zum Vergleich gestellter Maschinen abwechselnd zu pr\u00fcfen hat, wird die Versuche so anstellen, dafs er die Umst\u00e4nde, unter denen die Maschinen arbeiten, sich fortw\u00e4hrend in bestimmten Richtungen \u00e4ndern l\u00e4fst. Das hier Bemerkte kommt f\u00fcr die Versuche der Verf. um so mehr in Betracht, als die Versuchszahl n, die auf jede der 4 zu pr\u00fcfenden Verfahrungsweisen entfiel, trotz des gewaltigen Hervortretens des \u00dcbungseinflusses eine nur geringe war, bei der einen H\u00e4lfte der Versuchspersonen gleich 16, bei der anderen gar nur gleich 12. Umfassen doch z. B. schon allein die beiden Versuchsreihen 17 und 18 von Steffens erheblich mehr Versuche nach dem G-Verfahren und nach dem T-Verfahren als alle 6 Versuchsreihen der Verf. zusammengenommen. Das Bedenklichste aber ist, das die Resultate der Verf. \u00fcberhaupt der erforderlichen Eindeutigkeit entbehren, da keine Sorge daf\u00fcr getragen war, dafs der Takt, in dem die Reihen gelernt wurden, bei allen 4 Lernmethoden derselbe war. Auf S. 96 wird uns in Beziehung auf die erste (je 8 Versuche f\u00fcr jede Lernmethode umfassende) Abteilung der Ein\u00fcbungsversuche mitgeteilt, dafs das Gros der Versuchspersonen bei Benutzung des G-Verfahrens und des F-Verfahrens der zweiten Art im \u2018/\u00bb-Takte, bei Anwendung der beiden anderen Lernmethoden dagegen im \u2019/*-Takte lernte und nur eine Versuchsperson sich nicht starr an bestimmte Takte band. Diese Versuche, betreffs deren ganz unbekannt bleibt, inwieweit die Verschiedenheiten des benutzten Taktes z. B. einerseits die mittels des G-Verfahrens und andererseits die mittels des T-Verfahrens erhaltenen Resultate beein-fiufst haben, k\u00f6nnen also mit den entsprechenden Versuchen von Steffens, bei denen der Takt in allen F\u00e4llen derselbe (der troch\u00e4ische) blieb und \u00fcberhaupt m\u00f6glichst daf\u00fcr gesorgt war, dafs aufser der Verteilungsweise der Lesungen der einzelnen Teile alle anderen Faktoren konstant blieben, gar nicht in eine Parallele gestellt werden. Der Umstand, dafs 3 Versuchspersonen ungef\u00e4hr in der Mitte der zweiten Versuchsabteilung erkl\u00e4ren, dafs sie nun ebensogut im \u2018/*- Takt wie im \u2019/* - Takt lernen k\u00f6nnten (S. 131), kann hieran nichts \u00e4ndern. Denn abgesehen davon, dafs diese Erkl\u00e4rung nur f\u00fcr eine sehr geringe Zahl von Versuchen noch in R\u00fccksicht k\u00e4me, ist gar nicht einzusehen, wie jene Versuchspersonen bei den in Betracht kommenden wenigen Versuchen der zweiten Abteilung der Ein\u00fcbungsversuche zu einer zuverl\u00e4ssigen Feststellung des von ihnen Behaupteten gelangt sein k\u00f6nnten. Sie h\u00e4tten doch bei einer und derselben Lernmethode, z. B. dem G-Ver-","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n121\nfahren, eine gr\u00f6fsere Anzahl von Reihen in dem einen Takte und eine andere gleichfalls ausreichende Zahl von Reihen in dem anderen Takte lernen und sich dann mit Hilfe des Versuchsleiters davon \u00fcberzeugen m\u00fcssen, dafs der benutze Takt ohne Einflufs auf das Lernen war.\nWerfen wir endlich einen R\u00fcckblick auf s\u00e4mtliche bisher angestellte Versuchsreihen, welche den zeit\u00f6konomischen Wert des ff-Verfahrens und des T Verfahrens (des S-Verfahrens der zweiten Art nach Steffens) betreffen, so zeigt sich folgendes. Steffens hat an 4 Erwachsenen \u2014 auf die Versuche an Kindern komme ich weiterhin besonders zu sprechen \u2014 6 hierher geh\u00f6rige Versuchsreihen (Nr. 11, 12, 13, 17, 18, 19) und zwar 3 mit sinnvollem, 3 mit sinnlosem Materiale angestellt, die s\u00e4mtlich einen Vorteil des G-Verfahrens ergaben.1 Pentschew hat an 5 Erwachsenen lOVersuchs-reihen, bei denen die Lesegeschwindigkeit f\u00fcr die ff-Reihen und die T-Reihen (s\u00e4mtlich Silbenreihen) konstant war, angestellt. Neun von diesen 10 Versuchsreihen ergeben das ff-Verfahren als das g\u00fcnstigere. Nur eine mit 12silbigen Reihen angestellte Versuchsreihe (Nr. 6) ergab einen kleinen Vorteil des T-Verfahrens. Dieselbe Versuchsperson ergab aber mit 16silbigen Reihen einen sehr erheblichen Vorteil des ff-Verfahrens. Pentschew hat aufserdem an 4 Erwachsenen noch 5 Versuchsreihen mit sinnvollem Materiale angestellt, von denen 2 das ff-Verfahren, 3 das T-Verfahren als das schneller zum Ziele f\u00fchrende erscheinen lassen. Diese Versuchsreihen m\u00fcssen aber hier aufser Betracht bleiben, weil bei ihnen, wie schon Ephbussi (diese Zeit-Schrift 37, S. 215) betont hat, die Lesegeschwindigkeit f\u00fcr das ff-Verfahren eine ganz andere war als f\u00fcr das 7\u2019 Verfaliren. Es betrug das Verh\u00e4ltnis\nzwischen der durchschnittlichen Lernzeit z und der f\u00fcr die Erlernung\ndurchschnittlich erforderlichen Wiederholungszahl w in jenen 5 Versuchsreihen (Nr. 5, 8, 9, 14, 15) bei dem G-Verfahren 41, 63, 133, 46, 72, bei dem T-Verfahren bzw. 19, 36, 43, 24, 39. Es ist klar, dafs derartige Versuchsreihen Resultate, die an sich eindeutig sind, nicht zu liefern verm\u00f6gen. Nach den von Ephbussi betreffs des Einflusses der Lesegeschwindigkeit erhaltenen Resultaten ist anzunehmen, dafs in jenen 5 Versuchsreihen von Pentschew die Resultate f\u00fcr das ff-Verfahren in zeit\u00f6konomischer Hinsicht g\u00fcnstiger ausgefallen w\u00e4ren, wenn die Lesegeschwindigkeit f\u00fcr beide Arten von Reihen ann\u00e4hernd dieselbe gewesen w\u00e4re.* * F\u00fcr eine Pr\u00fcfung des in\n1 Von Versuchsreihe 16 ist wegen der in derselben vorgekommenen, von Steffens selbst hervorgehobenen Fehlerquellen hier abgesehen worden. Der in den Versuchsreihen 17, 18 und 19 erhaltene Vorteil des ff-Verfahrens erscheint nur noch gr\u00f6fser, wenn man der von Pentschew [Arch. f. d. ges. Psychol. 1, S. 422 f.j hervorgehobenen angeblichen Fehlerquelle, die ja, wie ohne weiteres ersichtlich, die G-Reihen mehr betraf als die T-Reihen, irgend welche Bedeutung beilegt.\n* Cber den sonderbaren Umstand, dafs Pentschew vermeint den Kraftaufwand beim Lernen schlechtweg nach der Zahl der ben\u00f6tigten, sei es in langsamem, sei es in schnellem Tempo vollzogenen, Lesungen bemessen zu d\u00fcrfen und unter wiederholtem Hinweise auf das Bahnbrechende dieser seiner Auffassung Steffens als eine ganz unzul\u00e4ngliche Bearbeiterin ihrer","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nBesprechungen.\nden Ausf\u00fchrungen von Steffens enthaltenen Satzes, dafs bei hinl\u00e4nglich gleichm\u00e4fsigem Lernmaterial und unter sonst gleichen Umst\u00fcnden das G-Verfahren schneller zum Ziele f\u00fchrt als das T-Verf\u00e4hren, lagen also bei Beginn der Untersuchung der Verf. 16 mit konstanter Lesegeschwindigkeit an Erwachsenen angestellte Versuchsreihen vor, von denen 14 das G-Verfahren, 1 das T-Verfahren g\u00fcnstiger erscheinen lassen. Wie die Verf. diesen Versuchsreihen gegen\u00fcber ihren 6 kleinen und mit einem bedenklichen Mangel behafteten Versuchsreihen, von denen 5 bei dem T-Verfahren, eine (die mit Wbeschneb) bei dem G-Verfahren die schnellere Erlernung ergeben haben, eine abschliefsende Bedeutung zuzuerkennen verm\u00f6gen und das T-Verfahren f\u00fcr zeit\u00f6konomisch im allgemeinen g\u00fcnstiger erkl\u00e4ren k\u00f6nnen als das G Verfahren, vermag ich nicht zu verstehen.* 1 In einem unbestreitbaren Widerspruche zu dem obigen Satze w\u00fcrden \u00fcbrigens die Besultate der Verf. selbst dann nicht stehen, wenn sie zahlreicher und mit dem auf S. 120 angegebenen Mangel nicht behaftet w\u00e4ren. Denn nach dem auf S. 117 Konstatierten entbehren die von den Verf. benutzten Silbenreihen desjenigen Grades von Gleichm\u00e4fsigkeit, den die von Steffens und Pentschbw benutzten Silbenreihen besafsen. Von letzterem nehme ich an, dafs seine Versicherung, die Silbenreihen nach den Vorschriften von M\u00fclles und Schumann aufgebaut zu haben, auch wirklich dem Sachverhalte entspricht.\nWenden wir uns nun noch zu den Versuchen mit Kindern, so finden wir, dafs zwar die beiden von Steffens mit sinnvollem Materiale angestellten Versuchsreihen einen Vorteil des G-Verfahrens ergeben, dagegen bei den 6 Versuchsreihen, die Pentschew an 6 Schulkindern mit Silbenreihen anstellte, das G-Verfahren sich ung\u00fcnstiger erwies als das T-Verfahren.* Die\nAufgabe behandelt, weil sie zu dieser Auffassung nicht durchgedrungen sei, brauche ich mich nach dem von Efhbussi iS. 214) Bemerkten nicht weiter zu verbreiten.\n1 Dafs die Verf. sich jeder Auseinandersetzung mit den numerischen Ergebnissen der Versuchsreihen von Steffens und Pentschew entziehen, ist umso weniger zu billigen, weil sie dadurch die gleichfalls im Z\u00fcricher Institute angestellten Versuchsreihen des letzteren dem Verdachte aussetzen mit einem den Verf. bekannten Fehler behaftet zu sein, der ihren numerischen Besultaten alle Bedeutung nehme. Der Untersuchung von Pentschew gedenken die Verff. nur insofern, als sie (S. 71) unter v\u00f6lligem Verschweigen des von Steffens Geleisteten bemerken, dafs die Vorz\u00fcge und Schw\u00e4chen der G-Methode und der T-Methode \u201espeziell durch die mehrj\u00e4hrigen Versuche im Z\u00fcricher Laboratorium\u201c hinreichend bekannt geworden seien. Mir will es scheinen, dafs die wenigen neuen Gesichtspunkte, welche der Abhandlung von Steffens gegen\u00fcber die Arbeit von Pentschew enth\u00e4lt, durch die Mangelhaftigkeiten und Verkehrtheiten der letzteren (man vergleiche z. B. das oben Bemerkte) mehr als kompensiert werden.\n* In einer von diesen Versuchsreihen lieferte das G-Verfahren zwar g\u00fcnstigere Resultate als das Lernen der 12silbigen Reihen in Gruppen von je 6, aber ung\u00fcnstigere als das Lernen in Gruppen von je 4 Silben.","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n123\nmit sinnvollem Stoffe an Kindern angestellten 4 Versuchsreihen Pentschews, von denen eine dem ff-Verfahren g\u00fcnstigere Resultate gab, zeigen wiederum den Mangel, da\u00a3s die Lesegeschwindigkeit bei dem T-Verfahren bedeutend gr\u00f6fser war als bei dem ff-Verfahren. Es erhebt sich die Frage, wie es komme, dafis die mit Silbenreihen an Kindern angestellten Versuche das ^Verfahren g\u00fcnstiger erscheinen lassen als das ff-Verfahren. Eine Antwort finden wir in den Ausf\u00fchrungen von Pentschew (S. 522) und Ephbcssi. Wie letztere hervorhebt, m\u00fcssen im allgemeinen beim Lernen einer Reihe die Glieder derselben zun\u00e4chst auf einen gewissen Gel\u00e4ufigkeitsgrad gebracht werden, damit die Assoziierung derselben in wesentlichem Grade vor sich gehen k\u00f6nne (ein Satz, der durch die Mitteilungen unserer beiden Verf., X. B. auf S. 44, bestens best\u00e4tigt wird). Ferner zeigt die Beobachtung, dais ein Verfahren, bei dem jeder Teil unmittelbar hintereinander mehrere Male wiederholt wird, der Gel\u00e4ufigmachung der Teile g\u00fcnstiger ist als eine entsprechende Anzahl von Lesungen nach dem ff-Verfahren. Der Vorteil, den von diesem Gesichtspunkte aus das T-Verfahren besitzt, mufs sich nat\u00fcrlich nm bo mehr geltend machen, je mehr die Glieder der Reihe der Gel\u00e4ufigmachung bed\u00fcrfen; er wird also ganz besonders ins Gewicht fallen, wenn es eich um Kinder handelt, die im sprachlichen Artikulieren und Lesen weniger ge\u00fcbt sind als Erwachsene, und zugleich auch der Lernstoff in dem von Haus aus sehr ungel\u00e4ufigen Silbenmateriale besteht.1 Auf eine weitere Diskussion des G\u00fcteverh\u00e4ltnisses zwischen dem ff-Verfahren und dem T-Verfahren und seine Abh\u00e4ngigkeit von der Individualit\u00e4t, der (f\u00fcr beide Verfahrungsweisen konstant zu haltenden) Lesegeschwindigkeit und anderen Faktoren soll hier nicht eingegangen werden. Nur einen Punkt m\u00f6chte ich noch kurz betonen. Auf S. 198 bemerken die Verf., dafs, falls man auf das bessere Behalten den Nachdruck lege, das ff-Verfahren das am meisten \u00f6konomische Verfahren sei, und zwar sei es gerade der bei dieser Methode notwendige Mehraufwand von Wiederholungen, der ihre \u00dcberlegenheit in Beziehung auf das Behalten bedinge. Dem gegen\u00fcber m\u00f6chte ich daran erinnern, das eine Lernmethode in Beziehung auf das Behalten nur dann als \u00f6konomischer erkl\u00e4rt werden kann als eine andere, wenn sie bei gleichem Zeit- oder Kraf tauf w\u00e4nde f\u00fcr das Behalten g\u00fcnstiger ist oder bei minderem Zeit- oder Kraftaufwande zu dem gleichen Behalten f\u00fchrt wie letztere.\nDie Verf. kommen auf S. 164f. auch auf die Perseveration zu\n1 Einen weiteren Gesichtspunkt zur Erkl\u00e4rung des bei Kindern beobachteten Vorteiles des T-Verfahrens f\u00fchrt Me\u00fcmann (\u00dcber \u00d6konomie und Technik des Lernens, S. 66) an.\nVon den Resultaten, die J. Labg\u00fcieb des Bancels (Ann\u00e9e psychol. 8 und 10) bei seinen Vergleichungen des globalen und fraktionierenden Lernens erhalten hat, habe ich im obigen abgesehen, weil es sich hier nicht um jedes beliebige fraktionierende Lernverfahren, sondern nur um das T-Ver-fahren handelte. Wegen fehlenden Details k\u00f6nnen auch derartige Mitteilungen wie die von E. Freydank (Wie verbessern wir unser Ged\u00e4chtnis, Berlin, 1903, S. 56f.), der sich gleichfalls f\u00fcr das ff-Verfahren entscheidet, nicht ber\u00fccksichtigt werden.","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nBesprechungen.\nsprechen. Der Versuchsleiter habe trotz auf diesen Punkt verwandter \u201ebesonderer Sorgfalt\u201c nur 2 F\u00e4lle (Heimsuchung das eine Mal durch gelernte Strophen, das andere Mal durch gelernte visuelle Zeichen) finden k\u00f6nnen, welche die Vertreter der Perseverationstheorie f\u00fcr sich in Anspruch nehmen k\u00f6nnten. Ich will hier nicht weiter bei der Tatsache verweilen, dafs laut den mitgeteilten Versuchsprotokollen (S. 41) Meumakn selbst bei den Versuchen einmal erkl\u00e4rt hat, dafs ihn der Gedanke an eine literarische Arbeit \u201eperseverantisch\u201c verfolge. Ich m\u00f6chte hier nur kurz darauf hinweisen, dafs alles, was die Verff. (S. 205 f.) \u00fcber den Unterschied zwischen dem unmittelbaren und dem mittelbaren Behalten bemerken, im Sinne der Ausf\u00fchrungen von M\u00fcller und Pilzecker darauf beruht, dafs bei den Versuchen \u00fcber unmittelbares Behalten die Perseverationstendenzen eine sehr wesentliche und viel gr\u00f6fsere Rolle spielen als bei den Versuchen \u00fcber andauerndes Behalten. Die Aussagen zweier Versuchspersonen (S. 22 f.) weisen bereits direkt auf diesen Punkt hin. Dafs es sich bei dem unmittelbaren Behalten nicht um Nachbilder handelt, ist ohne weiteres zu erkennen. Die Nachbilder einer Reihe akustischer oder visueller Wahrnehmungen von Silben oder dergleichen w\u00fcrden ein simultanes Laut- oder Farbengemisch, nicht aber ein sukzessives Auftauchen distinkter einzelner Vorstellungen von Silben, optischen Zeichen u. dgl. ergeben. Die Perseverationsbilder k\u00f6nnen selbstverst\u00e4ndlich die verschiedensten Grade von Deutlichkeit annehmen. Je unmittelbarer nach der Einwirkung der betreffenden Reize sie beobachtet werden, desto deutlicher sind sie unter sonst gleichen Umst\u00e4nden, desto deutlicher klingen z. B. die vernommenen Silben \u201enoch im Ohre\u201c. Wenn die Verf. (S. 205f.) bemerken, dafs die auffallendste Erscheinung des unmittelbaren Behaltens die r\u00fcckw\u00e4rts wirkende Hemmung sei, die eine auftretende St\u00f6rung auf die Reproduzierbarkeit der ihr vorausgegangenen f\u00fcr das unmittelbare Behalten eingepr\u00e4gten Eindr\u00fccke aus\u00fcbe, so ist dies nur eine Best\u00e4tigung dessen, was Pilzecker und ich (S. 68 und 197) \u00fcber die r\u00fcckwirkende Hemmung bemerkt haben, die eine anderweite Inanspruchnahme der Aufmerksamkeit auf die Perseverationstendenzen aus\u00fcbt. Ebenso werden durch dasjenige, was die Verf. \u00fcber das schnelle Abklingen des unmittelbaren Behaltens, \u00fcber den hohen Einfiufs der Aufmerksamkeit auf dasselbe und \u00fcber das individuell schwankende G\u00fcteverh\u00e4ltnis zwischen unmittelbarem und mittelbarem Behalten bemerken, nur die Ausf\u00fchrungen best\u00e4tigt, die Pilzecker und ich \u00fcber das Abklingen der Perseveration, \u00fcber den Einfiufs der Aufmerksamkeit auf dieselbe und \u00fcber das individuell schwankende Verh\u00e4ltnis zwischen Perseverations- und Assoziationst\u00fcchtigkeit gegeben haben. Dafs bei Versuchen \u00fcber das unmittelbare Behalten die zur Nennung gelangenden Glieder nicht ausschliefslich durch die Perseverationstendenzen ins Bewufstsein gef\u00fchrt werden, sondern zuweilen auch zum Teil auf Grund ihrer Assoziationen mit den absoluten Stellen gefunden werden, wird an der Hand von Versuchen gezeigt werden. Selbstverst\u00e4ndlich ist ferner, dafs die durch Perseveration oder Mitwirkung der Stellenassoziationen aufgetauchten Glieder nicht selten auch dazu dienen, andere mit ihnen assoziierte Glieder ins Bewufstsein nachzuziehen.\nZum Schl\u00fcsse (S. 217 ff.) teilen die Verf. noch die Resultate einiger Versuche mit, bei denen nach je 2 Lesungen der betreffenden Reihe, bzw.","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n125\nnach einer Lesung bei den separierten H\u00e4lften einer T- Reihe, das Gewu\u00dfte vollst\u00e4ndig aufgesagt werden mufste, und zwar dieses Verfahren so lange fortgesetzt wunie, bis die Reproduktion des Ganzen einmal fehlerlos gelang. Die Ergebnisse dieser Versuche best\u00e4tigen und erg\u00e4nzen hinsichtlich der Abh\u00e4ngigkeit, in welcher die Einpr\u00e4gung eines Gliedes zu seiner Stelle in der Reihe steht, die Resultate fr\u00fcherer, von den Verf. nicht erw\u00e4hnter, verwandter Versuche (man vergleiche M\u00fcller und Pilzeckre, S. 263 ff. und die daselbst angef\u00fchrte einschlagende Literatur und Ebbinghaus, Grundz\u00fcge, 8. 626 und 629). Die von M\u00fcller und Pilzecker mitgeteilten Resultate zeigen indessen, dafs die individuellen Verschiedenheiten in dieser Hinsicht gr\u00f6\u00dfer sind, als es nach den nur an 3 Versuchspersonen angestellten Versuchen der Verf. scheint. Die F\u00e4lle assoziativer Mischwirkung, auf welche die Verf. (S. 227) die Aufmerksamkeit der Philologen lenken, sind nur als einige Best\u00e4tigungen des einschlagenden, reicheren und vielseitigeren Beobachtungsmateriales anzusehen, das in der Abhandlung von M\u00fcllbb und Pilzeckeb (S. 226 ft.) enthalten ist, von welch letzterer die Verf. anscheinend keine Kenntnis genommen haben.\tG. E. M\u00fcllbb (G\u00f6ttingen).\nP. J. M\u00f6bius. Ausgew\u00e4hlte Wirke. Leipzig, J. A. Barth. Band 1. J. J. Rousseau. Mit einem Titelbild und einer Handschriftprobe. 1903. XII u. 312 S. Band IV. Schopenhauer. Mit 13 Bildnissen. 1904. XII u. 282 S. Band V. Nietzsche. Mit einem Titelbilde. 1904. XI u. 194 S. Jeder Bd. M. 3.\u2014, geb. M. 4.50.\nBand II u. III, die uns nicht zur Besprechung vorliegen, behandeln Goethe. In einer allgemeinen \u201eEinleitung zu den ersten vier B\u00e4nden\u201c macht der Verf. \u201eweil an jedem hervorragenden Menschen das Pathologische teilhat\u201c, das Recht des Neurologen geltend, vom Biographen als Sachverst\u00e4ndiger geh\u00f6rt zu werden. \u201eIch wei\u00df, dafs meine Worte den Leuten heute spanisch Vorkommen, aber die Zukunft wird mir Recht geben, und ihr diene ich.\u201c Anderenteils will er aber auch \u201eden Kollegen\u201c zeigen, wie der Seelenarzt zu diesem Zwecke zu Werke gehen mufs.\nDie drei mir vorliegenden B\u00e4nde treten hier zum zweiten Male vor das Publikum. Der Rousseauband ist bereits 1889 erschienen (in Bd. I d. Zeitschr. von Pelman kurz, aber anerkennend besprochen), Schopenhauer 1899, Nietzsche 1902. Tiefergreifende Ver\u00e4nderungen hat die neue Auflage nicht erfahren.\nDie B\u00e4nde \u00fcber Rousseau und Nietzsche zeigen eine \u00fcbereinstimmende Anordnung. In beiden handelt es sich ausschlie\u00dflich um das pathologische Gutachten; die Bezugnahme auf die Schriften dient nur diesem Zwecke und findet daher auch an ihm ihre Begrenzung. Vorangestellt wird die Diagnose in k\u00fcrzerer Formulierung; die gesamte Ausf\u00fchrung ist lediglich die Begr\u00fcndung der Diagnose durch die Krankheitsgeschichte, die von den Vorfahren beginnend alles erreichbare Material bis zur Katastrophe und dem Tode heranzieht. Der Schopenhauerband hat einen anderen Charakter. Hier bildet das neuropathische Gutachten nur einen Teil des Ganzen (8. 1\u201498), an den sich ein Paar interessante Abschnitte \u00fcber Schopenhauers Sch\u00e4del und die vorhandenen Bilder anschliefsen (8. 98\u2014132). Der gr\u00f6fsere","page":125}],"identifier":"lit32007","issued":"1905","language":"de","pages":"111-125","startpages":"111","title":"E. Ebert und E. Meumann: \u00dcber einige Grundfragen der Psychologie der \u00dcbungsph\u00e4nomene im Bereiche des Ged\u00e4chtnisses. Zugleich ein Beitrag zur Psychologie der formalen Geistesbildung: A. Untersuchung der Wirkung einseitig mechanischer \u00dcbung auf die Gesamtged\u00e4chtnisfunktion. B. \u00dcber \u00f6konomische Lernmethoden. Archiv f\u00fcr die gesamte Psychologie 4 (1/2), 1-232. 1904","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:36:43.433717+00:00"}