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{"created":"2022-01-31T16:28:44.236089+00:00","id":"lit32060","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Stern, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 27: 299-300","fulltext":[{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Litera turberieht.\n299\nw\u00e4hrend sie sich in allen anderen F\u00e4llen des Wissens gegen\u00fcberstehen, l\u00f6st Verf., indem er sie als selbstgeschaffen, als nur eingebildet und in Wirklichkeit gar nicht bestehend erkl\u00e4rt. Die Trennung zwischen empirischem und transcendentem oder reinem Ich lehnt er f\u00fcr die Psychologie ebenso ab wie f\u00fcr die Metaphysik und l\u00e4fst nur gelten das empirische Ich, das erkannt wird, sich \u00e4ufsert nur in und durch die wirklichen Vorg\u00e4nge des Bewufstseins, in und durch seine Inhalte. Auch wenn wir Ausdr\u00fccke gebrauchen wie Noumenon und Phaenomenon, Realit\u00e4t und Erscheinung, m\u00fcssen wir uns vor Augen halten, dafs das Erstere jederzeit nur erkannt wird, Gegenstand des Wissens wird durch das Letztere. Und \u00e4hnlich ist tu fassen das Verh\u00e4ltnis zwischen Subject und Object. Die weitere Ausf\u00fchrung und Verfolgung dieses Gedankens zeigt den Verf. in vielfacher Uebereinstimmung mit den Ideen, welche Bradley in \u201eDefence of Phenomenalism in Psychology\u201c vortr\u00e4gt.\tOffner (M\u00fcnchen).\nL. Hirschlaff. Zur Methodik und Kritik der Ergographenmessnngen. Zeitschr. f. p\u00e4dag. Psychol, w. Pathol. 3 (3), 184\u2014198. 1901.\nDie kleine Arbeit discutiert in besonnener Weise Werth und Bedeutung von Ergographenmessungen, und f\u00fchrt sowohl die p.bsprechenden Urtheile einiger Gegner, als auch die zu weit gehenden Schlufsfolgerungen einiger Experimentatoren auf das rechte Maafs zur\u00fcck. H. bespricht die Methodik, wobei namentlich auf die von Kemsies eingef\u00fchrten Verbesserungen hingewiesen wird, er\u00f6rtert sodann den Sitz der physiologischen Erm\u00fcdung, welche der Ergograph mifst, und geht dann zu den psychologischen Ergebnissen \u00fcber, wo er mit Recht die gr\u00f6fste Vorsicht anempfiehlt. Das einzige, was bis jetzt mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, ist die Existenz einer quantitativen Beziehung zwischen geistiger Arbeitsleistung and Ergographenleistung; zu Schlufsfolgerungen \u00fcber die Erm\u00fcdung und gar zu schulhygienischen Reformen bietet aber jene Constatirung noch keine Anhaltspunkte dar.\nDankenswerth ist eine der Arbeit angeh\u00e4ngte Bibliographie von 36 Nummern.\tW. Stern (Breslau).\nR. Gaupp. Die Entwlckelvng der Psychiatrie im 19. Jahrhundert. Zeitschr. f. p\u00e4dag. Psychol, u. Pathol. 2 (3), 209\u2014226. Zugleich separat erschienen als Nr.IV des: Vortragscyklus der Psychologischen Gesellschaft zu Breslau \u00fcber die Enhoickdung der Psychologie etc. im 19. Jahrhundert.\nDer Vortrag Gaupp's, der nichtfachliche Leser in knapper Form \u00fcber die wichtigsten Momente im Entwickelungsgang der Psychiatrie unterrichten soll, unterscheidet zwei Perioden, die durch das Jahr 1846 getrennt werden. In der ersten Periode dominirte die Frage nach Wesen und 8itz der Geisteskrankheiten. Zwei entgegengesetzte Antworten zeigt uns der Anfang des Jahrhunderts: die Psychiker, wesentlich unter dem Einflufs der grofsen Philosophen stehend, sehen in den Geisteskrankheiten Wirkungen der Seele selbst, die, wenn sie s\u00fcndhaft sei, sich und den Leib krank mache (Hejnhoth); f\u00fcr die Somatiker sind stets k\u00f6rperliche Ursachen vorhanden, in deren Aufstellung allerdings sehr unkritisch verfahren wurde (Gall etc.b","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nIAteratufbericht.\nAllm\u00e4hlich reifte die Einsicht in die specielle Beziehung des Gehirns a den Geisteskrankheiten, und damit war die moderne Periode der Entwickelung eingeleitet.\nG. f\u00fchrt nun aus, wie sich durch Esquibol, Baylk, Pritchard, Guxsnran, Morel, Meynebt und die grofse Schaar der heute wirkenden Psychiater eine immer detaillirtere Eenntnifs der verschiedenen geistigen Erkrankungen, ihrer Ursachen und ihrer somatischen Correlate ausbildete, schildert dann die merkw\u00fcrdige Buntscheckigkeit in den Versuchen zur Systematik and Classification und schliefst mit einem Blick auf die ungeheure Umw\u00e4lzung \u201evon Scheiterhaufen, Gef\u00e4ngnifs und Ketten zur modernen Heilanstalt1, die die praktische Irrenpflege unter dem Einflufs der Mediciner w\u00e4hrend des 19. Jahrhunderts durchgemacht hat.\tW. Stbbk ( Breslau).\nII. LmPMANN, Das Krankheitsbild der Apraxie (\u201emotorische Asymbolle\u201c) aif Grund eines Falles von einseitiger Apraxie. Monatwchr. f. Psychiatrie a Neurol. 8, 15\u201444, 102\u2014132 u. 182\u2014197. 1900.\nVerf. theilt einen h\u00f6chst interessanten Fall mit, dessen Symptome auf dem H\u00f6hepunkt der Krankheit die folgenden waren. Vor Allem besteht eine fast absolute motorische Aphasie. Pat. kann keinen Laut nachsprechen, aufser zuweilen o. Das Sprachverst\u00e4ndnifs ist erhalten. Das Leseveret\u00e4nd-nifs ist f\u00fcr einzelne Worte erhalten, versagt aber f\u00fcr S\u00e4tze von einiger L\u00e4nge. Kopf-, Gesichts- und Zungenbewegungen werden auf Befehl nicht ausgef\u00fchrt. Bewegungen mit der linken Hand werden auf Verlangen prompt und richtig ausgef\u00fchrt, dagegen ist Pat. v\u00f6llig rathlos, wenn man eine rechtsseitige Bewegung von ihm verlangt. Auch vorgezeigte Bewegungen vermag Pat. nur mit den linksseitigen Extremit\u00e4ten nachzuahmen. Auf Hautreize wird nur mit der linken Hand reagirt. Werden 5 Gegenst\u00e4nde vor ihn auf den Tisch gelegt (Bleistift, Carreauk\u00f6nig, Cigarre, Uhr und Schl\u00fcsselbund) und wird er aufgefordert, mit der rechten Hand z. B. den Schl\u00fcsselbund zu zeigen, so irrt er sich meistens. Mit der linken Hand zeigt er den verlangten Gegenstand meist sofort richtig. Wiederholt kam es vor, dafs er, w\u00e4hrend er noch mit der rechten Hand rathlos an falschen Gegenst\u00e4nden herumtappte, mit der linken Hand den verlangten Gegenstand reichte. Seelenblindheit bestand nicht (auch keine halbseitige!, ebensowenig Hemianopsie. Sobald es sich nicht um eine Wahl handelte, sobald also der Kranke z. B. nach einem einzigen Gegenstand zu greifen hatte, verfehlte er sein Ziel niemals. F\u00fcr die rechte Hand besteht auch eine schwere Schreibet\u00f6rung : sowohl beim Dictatschreiben wie beim Copiren werden die Buchstaben sinnlos durch andere ersetzt. Links schreibt Pat richtig, aber in Spiegelschrift. Auch Nachzeichnen gelingt nur mit der linken Hand. Im Uebrigen vermag Pat. einzelne sehr einfache Bewegungen auch mit der rechten Hand auszuf\u00fchren (z. B. Zukn\u00f6pfen, F\u00fchren des L\u00f6ffels zum Mund etc.). Viele Handlungen gelingen auf Aufforderung oft nicht, w\u00e4hrend sie bei Gelegenheit einmal spontan richtig zur Ausf\u00fchrung kommen. Bei zweih\u00e4ndigen Bewegungen mifslingen oft die einfachsten Aufgaben dadurch, dafs die rechte Hand durch fehlerhafte H\u00fclfe die L\u00f6sung der Aufgaben behindert. Alle h\u00f6heren Sinnesorgane zeigten keine erheblichen Abweichungen. Auf mittelstarke Ber\u00fchrungen der rechten","page":300}],"identifier":"lit32060","issued":"1902","language":"de","pages":"299-300","startpages":"299","title":"R. Gaupp: Die Enwickelung der Psychiatrie im 19. Jahrhundert. Zeitschr. f. p\u00e4dag. Psychol. u. Pathol. 2 (3), 209-226. Zugleich separat erschienen als Nr. IV des: Vortragscyklus der Psychologischen Gesellschaft zu Breslau \u00fcber die Entwickelung der Psychologie etc. im 19. Jahrhundert","type":"Journal Article","volume":"27"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:28:44.236098+00:00"}