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{"created":"2022-01-31T16:22:16.132660+00:00","id":"lit32136","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"D\u00fcrr","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 40: 310-314","fulltext":[{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\nLiteraturberich t.\nMedium selbst als eine leere, homogene, kontinuierliche und unendliche Ausdehnung. Denn wahrend die Daten der \u00fcbrigen Sinne in Wirklichkeit intermittierend sind, liefert der Gesichtssinn konstante Daten. Streng genommen h\u00f6re ich niemals auf zu sehen. Wenn ich die Angen schliefse, sehe ich die Dunkelheit. Selbst der Blindgeborene hat nach P. immer eine Art von Sehen. Alle visuellen Daten heften sich so auf einem schwarzen Grunde fest. Und die Bewegung ist n\u00f6tig, damit sich auf diesem Grunde die Bilder der Objekte voneinander unterscheiden. W\u00e4hrend aber die Daten der \u00fcbrigen Sinne durch abstrakte, nicht intuitive Beziehungen von Richtungen oder Distanzen erfafst werden, w\u00e4hrend diese mehr \u201egez\u00e4hlt\u201c werden, erscheinen die Daten des Gesichts in ein kontinuierliches Medium eingeh\u00fcllt. Setzen wir den Fall, dafs wir mehrere K\u00f6rper nacheinander mit geschlossenen Augen betasten. Was verbindet diese K\u00f6rper? Was versetzt sie in denselben Raum? Nichts als Beziehungen der Zeit oder intensiven Qualit\u00e4t, welche mittels der Bewegung, der muskul\u00e4ren Anstrengung, die ich anwenden mufs, gemessen werden. F\u00fcr das Geeicht ist dies nicht der Fall. Hier besteht vollste Kontinuit\u00e4t.\nIm zweiten Teile der Abhandlung folgt eine Entgegnung Lachklieis. Er gibt zu, dafs es paradox ist, von einem Raume ohne Ausdehnung zu reden oder von einer Ausdehnung, welche nicht Raum w\u00e4re. Der Raum ohne die Ausdehnung w\u00fcrde ein Ensemble von Un\u00e4sthetischen Empfindungen oder Erinnerungen sein, welches Richtungen von Bewegungen repr\u00e4sentierte, oder vielmehr von Anstrengungen und Distanzen in der Zeit. Die Ausdehnung ohne den Raum w\u00fcrde dasjenige sein, was \u00fcbrig bliebe, wenn wir von allen Bestimmungen, die wir durch die Bewegung einf\u00fchren, abs\u00e4hen. Allerdings w\u00fcrde dann die Ausdehnung keine Gr\u00f6fse mehr besitzen. Einen Raum ohne Ausdehnung h\u00e4tten wir etwa bei Blindgeborenen, eine Ausdehnung ohne Raum beim Sehen der Insekten oder anderer niederer Lebewesen.\nDie Ausdehnung ist die F\u00e4rbung des Raumes. Denn Ausdehnung und Farbe bilden eins. L. ist nicht der Ansicht P.s, dafs wir immer sehen, auch bei geschlossenen Augen. Vielmehr denken wir uns dann nur das leere Gesichtsfeld, und zwar als schwarze Fl\u00e4che. Auch der Blindgeborene k\u00f6nnte, selbst wenn er die Dunkelheit s\u00e4he, keinen Raum daraus hersteilen, da keine Verbindungen mit den Muskelempfindungen vorhanden w\u00e4ren. W\u00e4ren unsere taktilen Empfindungen ausgedehnt, so k\u00f6nnte man einen Raum daraus hersteilen durch Juxtaposition, sofern sich jene in den durch unsere verschiedenen Anstrengungen gegebenen Richtungen anordnen w\u00fcrden.\tGiessler (Erfurt).\nJ. W. Baird. The Influence of Accommodation and Convenience upon the Perception of Depth. Am. Jouto. of Psychol. 14 (2), 160\u2014200. 1903.\nVerf. gibt zun\u00e4chst einen \u00dcberblick \u00fcber die Geschichte des Problems der Tiefenwahrnehmung, der mit Leonardo da Vinci beginnt und mit W\u00fcndt abschliefst. Er unterscheidet zwei Richtungen der theoretischen Behandlungen dieses Problems, von denen die eine Descartes und Berkeley zu ihren Begr\u00fcndern hat und durch Helmholtz ihre vollkommenste Auspr\u00e4gung findet, w\u00e4hrend die andere von Johannes M\u00fcller bis zu Herd\u00ab!","page":310},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n311\neine anisteigende Entwicklung nimmt. Zwischen diesen beiden Richtungen, die durch die Begriffe Empirismus und Nativismus nicht vollkommen richtig charakterisiert werden, soll die genetische Theorie Wundts in gewissem Sinne eine vermittelnde Stellung einnehmen.\nNur bei vier Forschern, n&mlich bei Wundt, Hillebband, Arber und Duos, hat nach der Meinung unseres Autors das Tiefenproblem bisher eine ann\u00e4hernd befriedigende experimentelle Behandlung erfahren.\nDen gegenw\u00e4rtigen Stand des in Rede stehenden Problems bestimmt Baibd dahin, dafs als der einzige Punkt, in dem allgemeine \u00dcbereinstimmung herrsche, die Ansicht zu gelten habe, dafs die motorische Einstellung des Sehapparates bei der Tiefenlokalisation eine Rolle spiele. \"Welche Rolle diesem motorischen Faktor zukomme und in welcher Weise die Tiefenlokalisation sich vollziehe, dar\u00fcber gehen nach Baud die Meinungen sehr auseinander. Nach der Meinung Hillebrands kommt die Akkommodation in dem Sinn in Betracht, dafs zun\u00e4chst Zerstreuungsbilder entstehen, durch welche ein Willensimpuls ausgelbst wird, darauf gerichtet, gute Akkommodation herbeizufahren und scharfe Bilder entstehen zu lassen. Biese bewufste Einstellung der Akkommodation (oder vielmehr die Innervation, welche dieselbe einleitet) ist nach Hillbbkand der bestimmende \"Faktor in der monokularen Tiefenlokalisation des Fixationspunktes unter den Versuchsbedingungen dieses Autors. Nach Dixon ist es die Differenz in dem Grad der Schnelligkeit und Leichtigkeit der Akkommodationsver\u00e4nderung, was bei seinen Versuchen als haupts\u00e4chliches Kriterium der Tiefe in Betracht kommt. Nach Wcndt und Arbeb liefern \u00c4nderungen der Konvergenz .und begleitende \u00c4nderungen der Akkommodation Muskelempfindungen, welche ihrerseits die Orientierung im dreidimensionalen Raum bedingen. In diesem Streit der Meinungen eine Entscheidung herbeizuftihren, ist der Zweck von Baibds Versuchen.\nDie Versuchsanordnung \u00abist, wie Baird selbst erw\u00e4hnt, die Hille-BBANDSche mit einigen unbedeutenden Modifikationen. Sie ist haupts\u00e4chlich darauf angelegt, den Einflufs des Konvergenz- und Akkommodationsfaktors zu isolieren von der Mitwirkung anderer Faktoren. Das Tiefenkriterium, welches in der Verschiedenheit der Netzhautbilder von demselben Gegenstand besteht, wird ausgeschaltet, indem Versuche mit monokularer Beobachtung angestellt werden. Der Einflufs, welchen der Wechsel in der Gr\u00f6fse des Gesichtswinkels auf die Tiefenlokalisation aus\u00fcbt, wird beseitigt durch die Wahl eines Beobachtungsobjekts, das in verschiedener Entfernung gleich grofs gesehen wird. Als solches dient die Kante eines schwarzen Schirms, welcher in verschiedener Entfernung vom Beobachter in der Weise vor einen m\u00e4fsig hell erleuchteten Hintergrund gebracht wird, dafs die durch ein Diaphragma blickende Versuchsperson einen Kreis von stets gleicher Gr\u00f6fse, aus einem schwarzen und einem weifsen Halbkreis bestehend, erblickt. Bei richtiger Akkommodation mufs die Kante des schwarzen Schirms, die Grenze zwischen dem schwarzen und weifsen Halbkreis ganz scharf gesehen werden. Es fragt sich nun, inwieweit die Akkommodationseinstellung eine richtige Tiefensch\u00e4tzung, d. h. eine richtige Sch\u00e4tzung der Entfernung des schwarzen Schirms erm\u00f6glicht. Mit der be-","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"312\nLiterutwbeucJit.\nschriebenen Versuchsanordnung llfst Baud im ganzen f\u00fcnf Be then tob Beobachtungen anstellen. Zun\u00e4chst n\u00e4mlich m\u00fcssen die Versuchspersonen bei monokularer Fixation verschiedene Entfernungen des schwarzen Schirms so vergleichen, dafs sprungweise variierte Vergleichsentfernungen im Verh\u00e4ltnis zu je einer Normalentfernung als gleich, kleiner oder gr\u00f6sser beurteilt werden. Eine zweite Beihe von Versuchen wird in derselben Weise mit binokularer Fixation ausgef\u00fchrt, ln einer dritten Versuchsreihe wird die Vergleichsentfernung zu jeder Normalentfernung kontinuierlich variiert und der Beobachter hat bei monokularer Fixation den Punkt zu bestimmen, wo er die Sichtung der Variation erkennt. In der vierten und f\u00fcnften Versuchsreihe werden absolute Entfernungssch\u00e4tzungen bei monokularer und binokularer Beobachtung verlangt. Die Zahl der Versuchspersonen betr\u00e4gt f\u00fcnf. Eine von diesen Versuchspersonen zeichnet sich durch eine Abnormit\u00e4t des Akkommodationsapparates aus, wodurch ihr eine rasche \u00c4nderung der Akkommodation unm\u00f6glich wird.\nDie Ergebnisse der ersten Versuchsreihe sind nun folgende: Die vier Beobachter mit normalem Akkommodationsapparat geben zumeist entschiedene richtige Urteile ab, ohne einen Grund f\u00fcr die Urteilsrichtung im BewuTstsein zu haben. Die Differenzen zwischen Vergleichsentfernung und Normalentfernung, bei denen die Verschiedenheit erkannt wird, sind verschiedene f\u00fcr verschiedene Normalentfernungen. Aber die relativen Unter-Bchiedsschwellen sind ann\u00e4hernd konstant. Verschieden sind die relativen Unterschiedsschwellen beim \u201eN\u00e4her-Urteil\u201c und beim \u201eFerner-Urteil\u201c und zwar sind sie bei jenem kleiner als bei diesem. Verschieden sind auch die relativen Unterschiedsschwellen f\u00fcr verschiedene Beobachter. Der f\u00fcnfte Beobachter mit abnormer Akkommodation gibt \u00fcberwiegend unentschiedene, meist falsche Urteile ab, die nicht den Charakter der Unmittelbarkeit tragen, wie die Urteile der anderen Versuchspersonen.\nBei den Ergebnissen der zweiten Versuchsreihe (mit binokularer Fixation] verschwindet der Unterschied zwischen den normalen und dem abnormen Beobachter. Die Schwellenwerte sind bei allen Versuchspersonen sehr klein. Der Unterschied der Schwellen bei den \u201eN\u00e4her\"-und \u201eFerner-Urteilen\u201c besteht zwar auch hier, aber er ist im Durchschnitt geringer. Bei allen Beobachtern zeigt sich grofse Unmittelbarkeit des U rteils.\nIn der dritten Versuchsreihe (bei monokularer Beobachtung mit kontinuierlicher \u00c4nderung der Vergleichsentfernung) tritt der Unterschied der Beobachter mit normaler und abnormer Akkommodation insofern wieder hervor, als die Schwellen im letzteren Fall bedeutend h\u00f6here Werte auf-weisen. Im \u00fcbrigen zeigt sich, dafs die Schwellen in diesem Fall bei allen Beobachtern gr\u00f6fser sind als in den vorausgehenden Versuchsreihen und dafs die Schwellen bei den Urteilen, in denen Verringerung der Entfernnng konstatiert wird, wiederum kleiner sind als bei den entgegengesetzten Urteilen.\nDie vierte und die f\u00fcnfte Versuchsreihe ergeben in der Hauptsache dies, dafs absolute Entfernungen auch unter den Bimitschen Versaehe-bedingungen mit einem gewissen Grad von Bestimmtheit gesch\u00e4tzt werden","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n313\nk\u00f6nnen \u2014 ein Ergebnis, was in Gegensatz steht zn der Behauptung Wundts und Herings, dafs unter solchen Bedingungen die absolute Entfernung eines Fixationsobjektes nicht gesch\u00e4tzt werden k\u00f6nne.\nAus den mitgeteilten Ergebnissen schliefst nun unser Autor vor allem, dafs nach Ausschaltung aller \u00fcbrigen Kriterien der Tiefensch\u00e4tzung Akkommodation und Konvergenz noch hinreichen, eine solche Sch\u00e4tzung zu erm\u00f6glichen. Damit ist die Tatsache sicher gestellt, dafs entweder die Akkommodation oder die Konvergenz oder beide zusammen die Tiefen-sch\u00e4tzung bestimmen. Da sich nun aber in Bairds Versuchen gezeigt hat, dafs die Abnormit\u00e4t in der Tiefensch\u00e4tzung, welche eine Versuchsperson bei monokularer Beobachtung aufwies, bei binokularer Fixation nicht ebenfalls zu konstatieren war, so schliefst Baird, dafs die Faktoren, welche die relative Tiefensch\u00e4tzung bestimmen, bei monokularer Beobachtung andere seien als bei binokularer. Da ferner bei monokularer Fixation die Versuchsperson mit abnormer Akkommodation unf\u00e4hig war zu richtigen Tiefen-sch\u00e4tzungen, so scheint der Schlafs gerechtfertigt, dafs bei den Versuchen mit monokularer Fixation die Akkommodation (ohne die Konvergenz) das wesentliche Tiefenkriterium lieferte.\nIm Anschlufs an seinen Befund diskutiert unser Autor die verschiedenen Formen der Theorie vom Einflufs der Akkommodation auf die Tiefensch\u00e4tzung. Er weist zun\u00e4chst darauf hin, dafs die Lehre von der Erkenntnis der Ann\u00e4herung eines Objekts aus zunehmender Spannung des Akkommodationsapparates seit Berkeley bekannt sei, dafs aber die Auffassung, wonach auch die Entfernung eines Objekts vom Beobachter durch Ver\u00e4nderung (Entspannung) des Akkommodationsapparates erkannt werde, bisher keine Vertreter gefunden habe. Im Gegenteil habe beispielsweise Wundt in seiner ersten hierhergeh\u00f6rigen Ver\u00f6ffentlichung ausdr\u00fccklich erkl\u00e4rt, dafs die letztere Annahme unhaltbar sei; denn die Entspannung des Ziliarmuskels k\u00f6nne keine Empfindung vermitteln und demgem\u00e4fs auch nicht die Grundlage eines Urteils bilden. Diese Ansicht findet Baird verst\u00e4ndlich unter Voraussetzung der Theorie der Innervationsgef\u00fchle. Dagegen glaubt er, dafs sie mit der Aufgabe der letztgenannten Theorie hinf\u00e4llig geworden sei. Nehme man einen peripheren Ursprung der Muskel-empfindungen an, so m\u00fcsse man zugeben, dafB die Entspannung ebenso wie die Kontraktion eines Muskels Empfindungen erzeuge. Nur dies sei auf Grund der Untersuchungen v. Freys zuzugeben, dafs die Unterschiedsschwelle f\u00fcr Relaxationsempfindungen gr\u00f6fser sei als f\u00fcr Spannungsempfindungen. Dies stehe aber im besten Einklang mit den Versuchsergebnissen, wonach die Schwellenwerte bei den \u201eN\u00e4her-Urteilen\u201c niedriger befunden worden seien als bei den \u201eFerner-Urteilen\u201c.\nZum Schlufs bringt Baird die Resultate seiner Untersuchung noch in Beziehung zu den allgemeinen psychologischen Raumtheorien. Er kommt zu einer Ablehnung der nativistischen Theorie, obwohl er zugibt, dafs dieselbe f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der relativen Lokalisation bei binokularer Beobachtung die geeignetste sei. Die Gr\u00fcnde, die zur Verwerfung der in Rede Btehenden Hypothese in ihrer vollkommensten, von Hering und Hillkbhand gegebenen Formulierung f\u00fchren sollen, sind folgende:","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nLi tcralwbcricht.\n1.\tDiese Hypotbeae setzt eine F\u00e4higkeit (r\u00e4umlicher Erkenntnis) der Retina voraus, welche nicht nachgewiesen werden kann.\n2.\tWenn dahei der Willensimpuls zur Akkommodations\u00e4nderung ils Erkl\u00e4rungsprinzip verwendet wird, so heilst das nichts anderes als einen Namen an Stelle einer Erkl\u00e4rung einf\u00fchren.\n3.\tEndlich vollzieht die in Rede stehende Hypothese eine unnat\u00fcrliche Scheidung zwischen den Tatsachen des monokularen und des binokularen Sehens.\nDiese Gr\u00fcnde scheinen unserem Autor gen\u00fcgend, einen \u00fcberzeugten Anh\u00e4nger der HzaiNGschen Theorie zu der Ansicht Wcndts und Abrees zu bekehren, sofern die letzte nur etwas modifiziert wird.\nD\u00fcbb (W\u00fcrzburg).\nJames h. Hyslop. Bilocular Vision and the Problem of Knowledge- Amer.\nJoum. of Psychol. 14 (3- 4), 306\u2014323. 1903.\nVerf. unterzieht zun\u00e4chst den Begriff des Nativismus, der in der psychologisch optischen Raumtheorie h\u00e4ufig so kritiklos angewandt wird, einer interessanten Pr\u00fcfung. Er weist nach, welche Verwirrung in der Anwendung der Begriffe \u201eempirisch\u201c und \u201eangeboren\u201c auf die Ph\u00e4nomene der Tiefenwahrnehmung allenthalben herrscht, seit dem Berkeley die Angeboren-heit des Tiefensehens mit der Begr\u00fcndung bestritten hat, dafs die dritte Dimension nicht in den urspr\u00fcnglichen Empfindungen des Gesichtssinns gegeben sei. Seit dieser Lehre Berkeleys versucht man, wie Hyslop aus f\u00fchrt, das Tiefensehen vielfach als ein Assoziationsph\u00e4nomen und somit als ein Erfahrungsprodukt hinzustellen. Aber mit Recht betont unser Autor, dafs zwischen einem erfahrungsm\u00e4fsig gewonnenen Assoziationsprodukt und dem dreidimensionalen Gesichtsraum ganz bedeutende Unterschiede bestehen. Die optische Tiefenwahrnehmung ist etwas anderes als alles, was in Empfindungen \u2014 m\u00f6gen es nun urspr\u00fcnglich gegebene optische oder hinzuassoziierte taktile und motorische sein \u2014 enthalten ist. Gerade deshalb aber, weil das Tiefensehen sich nicht in Sensationen aufl\u00f6sen l\u00e4fst, gerade deshalb, weil wir eine Empfindung der Tiefe nicht ebenso aufzeigen k\u00f6nnen wie eine Empfindung des Rot oder des Blau \u2014 gerade deshalb mais im Gegensatz zu Berkeleys Behauptung das Tiefensehen auf eine angeborene F\u00e4higkeit des Menschen zur\u00fcckgef\u00fchrt werden.\nWas folgt nun aus der Tatsache, dafs die Gesichtswahrnehmung der K\u00f6rper im Raum von dem Inhalt der Sinnesdaten verschieden ist, f\u00fcr die Erkenntnistheorie ?\nZun\u00e4chst scheint die Folgerung sich zu ergeben, dafs wir Objekte im Bewufstsein oder besser, dafs wir Bewufstsein von Objekten haben, die nicht in Sinnesinhalten bestehen, die den Sinnesinhalten gegen\u00fcber transzendent sind. Es scheint also eine gewisse St\u00fctze f\u00fcr den Realismus gewonnen zu sein.\nAber der Idealist kann dem entgegenhalten, dafs das \u201eTranszendente\u201c, von dem hier die Rede ist, gewissermafsen eine h\u00f6here Potenz der Subjektivit\u00e4t darstellt. Die Verschiedenheit zwischen Tiefenwahrnehmung und Sinnesdaten beweist doch nur, dafs der dreidimensionale optische Raum","page":314}],"identifier":"lit32136","issued":"1906","language":"de","pages":"310-314","startpages":"310","title":"J. W. Baird: The Influence of Accommodation and Convergence upon the Perception of Depth. Am. Journ. of Psychol. 14 (2), 150-200. 1903","type":"Journal Article","volume":"40"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:22:16.132665+00:00"}