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{"created":"2022-01-31T16:24:03.113105+00:00","id":"lit32144","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Heine","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 39: 138-141","fulltext":[{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nLitera turberuht.\nNachdem uns C. in dem bereits genannten Kapitel \u00fcber die \u201eerste all gemeine Entwicklung\u201c der Vorstellung einer f\u00fcr sich existierenden, r\u00e4umlich ausgedehnten Anfsenwelt (Was wird hier den armen S\u00e4uglingen alles zu gemutet!) gewissermafsen in stilisierter Form vorgetragen hat, wird im n\u00e4chsten Kapitel, dem letzten und gr\u00f6fsten des 3. Teiles, die Ausbildung des Gesichts-raumes (besonders Augenmafs, Sehrirhtnng und Tiefensehen) er\u00f6rtert. Dies ist der Natur der Sache nach die wertvollste Partie des ganzen Buches. Denn geradesogut wie der Empirismus zehrt ja auch der Nativismus in Beziehung auf die Erkenntnis der psychologischen Vorg\u00e4nge, die zur Ausbildung >les Raumbewufstseins Zusammenwirken (vgl. besonders die Ausgestaltung der Tiefen Wahrnehmung), von den Forschungen und Resultaten Hklxholtz'.\nAls Nachtrag ist noch ein 4. Teil \u00fcber \u201edie Priorit\u00e4ts- und Plagiatsfrage gegen\u00fcber Schopemha trau\u201c angefttgt, wohl formell nicht ganz gl\u00fccklich. (Anh\u00e4nge scheinen \u00fcberhaupt eine formelle Schw\u00e4che es Verf. zu sein; vgl. S. 223ff.). Auch hier ist \u00fcbrigens die gr\u00fcndliche und doch \u00fcbersichtliche, wenn auch im Rahmen dieses Huches wohl zu breite Darstellung zu loben.\nAn auffallenderen Formfehlern ware sehliefslich noch der mehrfache Gebrauch des schrecklichen Wortes \u201eabnormal\u201c zu nennen. Auch sind reichlich viele Druckfehler stehen geblieben, deren einer (S. 41) das dort angef\u00fchrte Zitat bis zur Unverst\u00e4ndlichkeit entstellt.\nNachdem Ref. bei aller Anerkennung, die er gerne und dankbar gespendet hat, so nachdr\u00fccklich die offenbar beabsichtigte (s. 9. 104 u. ITHi Enthaltsamkeit des Verf. in Beziehung auf eine kritische Beleuchtung seines Stoffes ger\u00fcgt hat, m\u00f6chte er mit der Bemerkung schliefsen: Combat h\u00e4tte mit gutem Gewissen und ohne die Bef\u00fcrchtung, den Schein piet\u00e4tlosen Besser-wissenwollens zu erwecken, die oben in ihren Grundlinien angedeutete Kritik zu Worte kommen lassen d\u00fcrfen. Hklmholtz1 eigentliche und gewilh unsterbliche Verdienste w\u00e4ren dadurch nicht getroffen worden; denn sie wurzeln in jenem \u00dcbergangsgebiet zwischen Physiologie und Psychologie, einem Gebiet, das er zum gr\u00f6fsten Teil erst f\u00fcr die Wissenschaft aufgedeekt hat und das er wie kein anderer durch geniale Beobachtungsgabe und durch unerm\u00fcdlichen Fleifs bereichert und beherrscht hat. Und dafs dem \u00bbo ist, h\u00e4tte uns so oder so auch das CobratscIic Buch aufs eindrucksvollste gezeigt.\nAckkhknkcht (Stettin).\nW. Naobl, Haadkach 4er Pkycitlogie des Hauch\u00bb, ln 4 B\u00e4nden. 111. Band.\nPhysiologie der Sinne. 1. H\u00e4lfte mit 33 Abbildungen und 1 Tafel.\nBraunschweig, Vieweg. 1904. 282 S.\nDie Physiologie der Sinne ist von v. Kries, W. Naoel, K. L. Schapxr, Fb. Schbnck, Thunbkrg - Upsala, 0. Weiss - K\u00f6nigsberg, 0. Zorn-Graz bearbeitet.\nDie erste H\u00e4lfte des dritten Bandes, die dem Referenten vorliegt, um-fafst aufser einem Vorwort Nagels eine allgemeine Einleitung zur Physiologie der Sinne\u201c und als deren erstes Kapitel: \u201eDie Lehre von den spezifischen Sinnesenergien\u201c aus derselben Feder ( S. 1\u201415), daran schliefst sich \u201eZur Physiologie der Sinne\u201c von v. Keies: r\u00e4umliche und zeitliche Ordnung der Sinneseindr\u00fccke, Grenzen der Wahrnehmung und Unterscheidung,","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n139\nSchwellenwerte, spezifische Vergleichungen, Messung der Empfindungs-st\u00e4rken (S. 16\u201429).\nDer Gesichtssinn ist auf S. 30\u201490 von Schekck bearbeitet. Nach einer kurzen physikalischen Einleitung (von 7 Seiten) gelangen Dioptrik und Akkommodation, dann die Unvollkommenheiten des dioptrischen Apparates, Kompensation derselben durch physiologische Einrichtungen, die Iris und die Theorie des Augenspiegels zur Besprechung. Hieran schliefst sich ein Kapitel Ober die Wirkungen des Lichtes auf die Netzhaut von W. Nagel (S. 91\u2014105) : Objektive Erscheinungen der Netzhauterregung (tinktorielle, phototrope Reaktion, Sehpurpur, Ort der Reizwirkung des Lichtes). Den breitesten Raum nehmen sodann \u201edie Gesichtsempfindungen von v. Kries ein von S. 109\u2014279. Inhaltlich reihen sich aneinander Gesetze der Lichtmischung, die Gesichtsempfindungen und ihre physiologische Ordnung, die dichromatischen Farbensysteme, Adaptation, D\u00e4mmerungs- und Tagessehen, angeborene totale Farbenblindheit, exzentrisches Sehen, Nachbilder, Umstimmung, zeitliche Verh\u00e4ltnisse der Lichtwirkung, Licht- und Farben Induktion, Grenzen der Wahrnehmung und Unterscheidung, krankhafte und experimentelle Modifikationen des Farbensinns, Wirkung nicht ad\u00e4quater Reize. Den SchluCs bildet eine \u201e\u00dcbersicht der Tatsachen und die Ergebnisse f\u00fcr die theoretische Auffassung des Sehorgans\u201c.\nDie Kapitel Ober Augenbewegungen und Gesichtswahrnehmungen von 0. Zoth, \u00fcber Ern\u00e4hrung und Schutzorgane des Auges von O. Weiss haben wir in der zweiten H\u00e4lfte des dritten Bandes bei den \u00fcbrigen Sinnesorganen zu suchen.\nBetreffs der spezifischen Sinnesenergien iBt Nagbl (S. 15) der Ansicht, dais das J. M\u00fcLLR&sche Gesetz im grofsen und ganzen mit einigen Vorbehalten bez\u00fcglich der niederen Sinne als g\u00fcltig zu Recht besteht, die HzLKBOLTzsche Weiterbildung aber, d. h. die Anwendung auf die Komponentengliederung innerhalb der einzelnen Sinne anfechtbar, vielleicht direkt als mifslungen zu betrachten sei.\nDie M\u00f6glichkeit k\u00f6nne nicht bestritten werden, dafs die einzelne Sinnesfaser je nach der Reizart qualitativ verschiedene Empfindungen aus-l\u00f6sen k\u00f6nne.\nSchbnck gibt uns sodann eine knappe aber sehr pr\u00e4gnante und alles Wesentlichste enthaltende Darstellung der Dioptrik usw. (s. oben).\nW\u00fcrde Referent auch einige kleine \u00c4nderungen f\u00fcr w\u00fcnschenswert kalten, so z. B. die Refraktionsberechnung durchweg auf die Hauptpunkte zu beziehen und nicht gelegentlich auf den Knotenpunkt, so sind dies ja selbstverst\u00e4ndlich Kleinigkeiten, die der Gediegenheit des Ganzen keinen Abbruch tun.\nTrotz aller fleifsigen Arbeiten wissen wir \u00fcber die Wirkungen des Lichtes auf die Netzhaut noch sehr wenig und das von Naorl \u00fcbersichtlich Zusammengestellte ist nur zum* Teil auf den Menschen \u00fcbertragbar, handelt es sich doch meist um Frosch und Kaninchen. Betreffs des Ortes der Reizwirkung (8. 107) ist vielleicht doch an die Zapfeninnen- (nicht aulsen-) Glieder zu denken, wie Referent versucht hat, wahrscheinlich zu machen (s. v. Ghr. Arch. f. Ophthalm. 51, 8. 159).","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140\nLiteratvrbcrich t.\nv. Kries fafet \u00abeine Ausf\u00fchrungen selbst folgendermafsen zusammen (S. 279); \u201eDer \u00dcberblick \u00fcber die theoretischen Versuche f\u00fchrt meines Erachtens zu dem Ergebnis, dafs trotz allen Aufwandes an Scharfsinn und Phantasie ein Hinausgehen \u00fcber die oben skizzierten allgemeinen Anschauungen mit einiger Sicherheit zurzeit nicht m\u00f6glich ist.\nWenn wir zum Abschlufs dieser Betrachtungen zusammenfassen, wieweit eine Aufkl\u00e4rung und Deutung der Erscheinungen durch theoretische Vorstellungen gelingt, und welches im ganzen der Stand unserer Probleme ist, so darf wohl in erster Linie gesagt werden, dafs die als Duplizit\u00e4tstheorie bezeichnete Anschauung, die die purpurhaltigen St\u00e4bchen als Organe des \u201eD\u00e4mmerungssehens\", die Zapfen als die Tr\u00e4ger eines in den verschiedensten Hinsichten abweichenden \u201eTagessehen\u201c auffafst, eine grofse Reihe funktioneller Verh\u00e4ltnisse in vollkommen befriedigender Weise auf-ki\u00e4rt. Denkt man sich ferner den dem Tagessehen dienenden Bestandteil im 8inne der Zonentheorie zun\u00e4chst in seinen peripheren Abschnitten aus Rot-, Gr\u00fcn- und Violettkomponenten zusammengesetzt und denkt man sich die Zusammensetzung der Empfindungen einerseits von dem T\u00e4tigkeits-Verh\u00e4ltnis jener Komponenten, andererseits aber noch von weiteren Bedingungen abh\u00e4ngig, denen zufolge wir besondere Bedingungen der Farbigkeit anzunehmen haben nnd einen Rot-Gr\u00fcnsinn einer-, einen Gelb-Blausinn andererseits unterscheiden k\u00f6nnen, so kann man zwar nicht von allen, aber doch von einem sehr grofsen Teile der bekannten Tatsachen Rechenschaft geben. In der Tat; betrachtet man das protanopische oder deuteranopisehe Sehorgan als durch einen Ausfall, das rotanomale und gr\u00fcnanomale durch eine Abweichung der Rot- resp. Gr\u00fcnkomponente entstanden, und f\u00fchrt man die Farbenblindheit der exzentrischen Xetzhautteile, sowie die erworbene Farbenblindheit auf einen Mangel des zentral bedingten Rot-Gr\u00fcnsinnes und Gelb-Blausinnes zur\u00fcck, so ist man in der Lage, die grofse Menge von Tatsachen, die sich in der SehweiBe dieser verschiedenen Individuen bzw. der verschiedenen Teile des Sehorgans kundgibt, einfach darzustellen nnd aus einfachen Voraussetzungen in einer mit der Erfahrung (soweit wir sagen k\u00f6nnen) durchweg und genau \u00fcbereinstimmenden Weise abznleiten.\u201c\nMan sieht, der Hauptvertreter der von Newton inaugurierten, von Helmholtz fortgesetzten Methoden der Untersuchungen unserer Gesichtsempfindungen ist zu weitgehenden Konzessionen an Hering und seine Schule bereit. Betreffs der \u201eDuplizit\u00e4tstheorie\u201c d\u00fcrften sich vielleicht weniger Schwierigkeiten ergeben, als betreffs der \u201eZonentheorie\u201c ; dafs in dem peripheren Organ eine Komponententheorie, im Zentralorgan eine Gegenfarbentheorie im Sinne Herings anzunehmen sei, das d\u00fcrfte doch suf erhebliche Bedenken stofsen. Gerade die peripheren Organe d\u00fcrfte Hering znletzt preisgeben wollen. Dafs ihn der Unterschied zweier Sorten von \u201eRot-Gr\u00fcn-verwechslern\u201c dazu veranlassen sollte, ist -vor der Hand nicht anzunehmen. Bedarf es auch noch weiterer Untersuchungen, um das Vorhandensein solcher Unterschiede zu erkl\u00e4ren, so ist doch andererseits auch f\u00fcr die Komponententheorie recht schwer zu erkl\u00e4ren, warum zwei Rotgr\u00fcnblinde eine Gleichung zwischen Rot und Gr\u00fcn und Grau machen, wenn dem einen nur die Rot-, dem anderen nur die Gr\u00fcnkomponente fehlt. Sie m\u00fcfsten","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n141\ndenn ein ganz anderes Licht farblos nennen, was nach v. Kries\u2019 eigener Ansicht (8. 165/66) unwahrscheinlich ist.\nLassen wir aber vorl\u00e4ufig alle weiteren \u00dcberlegungen, wer von den beiden im Kampf der Geister hervorragenden Forschern \u2014 oh v. Kries oder ob Hering \u2014 in seinen Auflassungen der Wahrheit n\u00e4her komme, gestehen wir vor der Hand ein, dafs es f\u00fcr uns alle bis zu einer auch nur ann\u00e4hernden Erkenntnis des sinnesphysiologischen Geschehens noch ein recht weiter Weg ist. v. Kries hat uns in grofsen Z\u00fcgen ein Bild, ein Panorama entworfen, wie sich die Welt, in der er lebt, von dem Punkte aas ansieht, bis zu dem er und seine Sch\u00fcler in treuer Arbeit vorgedrungen sind.\nSoweit dies m\u00f6glich, hat er das Bild auch im kleinen ausgemalt und uns in die M\u00fchseligkeiten der Spezialarbeiten hineinblicken lassen. Der Horizont seiner Warte ist kein engbegrenzter, beherrscht der Blick nach dieser oder jener Seite hin auch ausgedehnte Arbeitsgebiete, so kann ihm doch nicht entgehen, dafs nach einer anderen Richtung hin uns ein Stand-pnnktswechsel vielleicht doch noch weiter sehen, noch weiteres erkennen lassen kann.\nGerade diese Objektivit\u00e4t der Darstellung, die Anerkennung und W\u00fcrdigung gegnerischer Ansichten bei aller Wahrung eigener \u00dcberzeugungen, das ist es, was die Lekt\u00fcre, was das Studium dieses Meisterst\u00fcckes echter deutscher Gelehrtenarbeit so erfreulich und wohltuend macht.\nHeine (Breslau).\nlihreabericht tber die Fortschritte der Physiologie. Unter Mitwirkung von Prof. R. Cohn, Dr. Ellingek, Prof. Samojlope, Dr. O. Weiss herausgegeben von Prof. L. Hermann. Bd. VII : Bericht \u00fcber das Jahr 1903. Stuttgart, F. Enke. 1905. 334 S. Preis 16 Mk.\nDurch den Tod des bisherigen Verlegers von Hermanns Jahresbericht ist dieser in neuen Verlag \u00fcbergegangen, ohne dabei wesentliche Modifikationen zu erfahren. F\u00fcr den physiologisch-chemischen Teil ist ein zweiter Mitarbeiter in der Person des Herrn Dr. Ellinger - K\u00f6nigsberg gewonnen worden, f\u00fcr die russische Literatur Prof. Samojlopp-Kasan. Unter Beibehaltung des bisherigen Formats ist es durch bessere Ausn\u00fctzung der einzelnen Druckseiten erm\u00f6glicht worden, den Inhalt des Bandes zu vermehren, ohne dafs der ganze Band gr\u00f6fser geworden w\u00e4re. In allem wesentlichen ist der Bericht unver\u00e4ndert geblieben und er wird im neuen Gew\u00e4nde dieselben guten Dienste leisten, wie hisher.\nW. A. Nagel (Berlin).\nL. Mann. Zur Symptomatologie des Kleinhirn. (Ober xerebellare Ataxie und ihre Entstehung.) Monatsschr. f. Psych. \u00ab. Neurol. 15 (6), 409 - 419. 1904.\nVerf. hat schon fr\u00fcher den Satz aufgestellt, dafs bei einseitigen Klein-hirnerkrankungen sehr h\u00e4ufig eine halbseitige typische Bewegungsataxie der Extremit\u00e4ten auftritt, bei der das Fehlen von Sensibilit\u00e4tsst\u00f6rungen charakteristisch ist. Dabei kann Hemiparese auftreten. Hemiataxie ohne nachweisbare St\u00f6rungen der Sensibilit\u00e4t kann als ein Lokalsymptom der gleichnamigen Kleinhirnh\u00e4lfte angesehen werden. Best\u00e4tigt sieht M. diesen Satz","page":141}],"identifier":"lit32144","issued":"1905","language":"de","pages":"138-141","startpages":"138","title":"W. Nagel: Handbuch der Physiologie des Menschen. In 4 B\u00e4nden. III. Band. Physiologie der Sinne. 1. H\u00e4lfte mit 33 Abbildungen und 1 Tafel. Braunschweig, Vieweg. 1904. 282 S.","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:24:03.113110+00:00"}