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{"created":"2022-01-31T16:21:38.514612+00:00","id":"lit32153","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Umpfenbach","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 39: 148-149","fulltext":[{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nLiter at arha-icht.\nDer Verf. untersuchte sowohl den Einflufs, den die Belastung, als auch den, welchen der Rhythmus auf die Energie der Kontraktion ansabt, und gelangt zu dem Schl\u00fcsse, dafs der Sitz der auf diese Weise hervorgerufenen, schwer absch\u00e4tzbaren Erm\u00fcdung wahrscheinlich in den nerv\u00f6sen Zentren zu suchen sei. Indem der Verf. weiter ausfahrt, dafs er sich in einem Gegens\u00e4tze zu der in der Physiologie herrschenden Ansicht befinde, nach welcher die Erm\u00fcdung in bezug auf den Organismus als eine sch\u00fctzende Funktion aufgefafst wird, sucht er zu zeigen, dafs seine Arbeit vielmehr ein experimenteller Beitrag zu Wundts Lehre von den Willktirbewegungen sei.\nKibsow (Turin).\nA. Hoffmann. Bervftvahl ud lervealeben. Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens 26. Wiesbaden, J. F. Bergmann. 1904. 26 S.\nDie Erkrankungen des Nervensystems nehmen immer mehr zu. Die Widerstandsf\u00e4higkeit des einzelnen gegen\u00fcber den Sch\u00e4dlichkeiten, die sein Nervensystem treffen, ist eine individuell verschiedene. Diese Verschiedenheit liegt oft in ererbten Eigenschaften. Mancher Neurastheniker wird als solcher geboren. Auch ein von Geburt aus Gesunder kann nervenkrank werden. Vielfach iBt das Berufsleben, wie es sich heute gestaltet hat, die Ursache der Nervenkrankheit. Dies wird im allgemeinen bei der Berufswahl zu wenig ber\u00fccksichtigt. Bei der Wahl ist auf die Neigung R\u00fccksicht zu nehmen. Zwiespalt zwischen Neigung und Beruf ist eine g\u00fcnstige Vorbedingung f\u00fcr den Ausbruch der Nervosit\u00e4t. Zuviel Begeisterung taugt auch nicht. Das Streben mufs sich nach den vorhandenen Kr\u00e4ften richten. Bei der Berufswahl mufs besonders auf eine etwa bestehende nerv\u00f6se Veranlagung geachtet werden. Diese schildert H. ausf\u00fchrlich und weist auf die sog. Besch\u00e4ftigungsneurose etc. hin. Interessant ist seine Statistik betr. Beruf und Neurasthenie, genommen aus seiner eigenen Praxis.\nUmpfknbach.\nTh. Tiling. Individuelle Geisteurtnng and deUteuUrang. Grenzfragen des Nerven- und Seelenbens 27. 1904. 58 S.\nZweck der Abhandlung ist, wie T. sagt, die Pathogenese der Geistesst\u00f6rungen soviel als m\u00f6glich psychogenetisch zu erkl\u00e4ren, und eine disproportionale Anlage der Gem\u00fcts- und Geisteskr\u00e4fte als die, wenn auch nicht ausreichende, so doch Hauptursache der Psychosen nachzuweisen. T. legt den Hauptwert auf die Individualpsychologie. Er zeigt zun\u00e4chst, dafs die Gef\u00fchlssph\u00e4re bei allen geistigen Funktionen des Menschen der Hauptfaktor ist; sie tr\u00e4gt und leitet die Gedanken. Die Erfahrung zeigt, dafs im Menschenleben zuerst die Empfindungen und Gef\u00fchle da sind, und dafs die Begriffe sich erst sp\u00e4ter einstellen. Ein richtiges Verh\u00e4ltnis zwischen Gef\u00fchls- und Gedankenwelt ist Bedingung f\u00fcr das normale Leben und f\u00fcr hervorragende Leistungen ; Verk\u00fcmmerung oder \u00dcberwiegen des einen Faktors ergibt Anomalien und Perversit\u00e4ten. Das Gemeinsame bei allen D\u00e9s\u00e9quilibr\u00e9s ist das \u00dcberwuchern einzelner oder mehrerer Leidenschaften; dadurch kann der Intellekt sich immer nur nach dieser einen Richtung entwickeln und zeugen. Alle sogenannten Charaktereigenschaften sind zusammengesetzt aus einer Summe von Gef\u00fchlen und Vorstellungen; erst wenn sie ihrer","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n149\nBeziehung zu Ort, Zeit und pers\u00f6nlicher Entwicklung entkleidet sind, gelangt man zu wenigen Grundqualit\u00e4ten der Seele.\nBei jedem psychischen Prozefs ist der Geftthlsfaktor der m\u00e4chtigere; er bestimmt meist die Richtung, Kraft und Lebendigkeit der Gedanken, also auch ihre Wirkung auf die eigene Person und auf andere. Das ganze Wesen eines Menschen h\u00e4ngt von seinem Gem\u00fct ab. Disharmonie zwischen Gef\u00fchlen und Gedanken st\u00f6rt die erspriefsliche Geistest\u00e4tigkeit, ist die Ursache der psychischen Minderwertigkeit. T. bringt dann interessante Beispiele f\u00fcr die Entstehung von Anomalien und Perversit\u00e4ten aus exzessiver oder abortiver Entwicklung der Grundqualit\u00e4ten der menschlichen Seele. Der \u00dcbergang von der pathologischen Verstimmung zum Wahn oder eigentlichen Irresein geschieht allm\u00e4hlich; anatomische Verh\u00e4ltnisse sind dabei nicht mafsgebend, der psychologische Vorgang entscheidet \u00fcber das fernere Schicksal. Das induzierte Irresein illustriert diesen \u00dcbergang wie ein Experiment. Sowohl f\u00fcr den Ausbruch deB Irreseins wie f\u00fcr seine Weiterentwicklung sind die psychischen Grundqualit\u00e4ten des Individuums das Wichtigste. Von Einflufs sind aber auch die Erfahrung und Schulung des Geistes. T. will den Nachweis liefern, dafs die individuelle Eigenart des Kranken auch in der Psychose noch zu erkennen ist; Krankheit vermag die Individualit\u00e4t nicht auszul\u00f6schen.\tUmpfrnbach.\nH Schul\u00ab. Ober die Frage des Heirate\u00bb toh fr\u00fcher Geisteskranken. Leipzig, S. Hirzel. 1904. 26 S.\nSch. h\u00e4lt f\u00fcr die deklariert unheilbaren fortschreitenden Gehirnleiden ein Eheverbot f\u00fcr Rechtens. Hierzu rechnet er die Paralyse in allen Formen, die degenerativen Zykliker nach bereits mehrfachen Anf\u00e4llen, die ethisch degenerierten Epileptiker und Hysterische, die chronischen Alko-holisten mit pathologischer Charakter\u00e4nderung, schweren funktionellen als auch organischen Gehirnleiden. F\u00fcr die genannten Zust\u00e4nde solle man jetzt schon die Kodifizierung eines eventuellen Eheverbots anstreben. Die Erblichkeitsfrage mufs wieder mehr beachtet werden, die Aszendenz ist bis zu den Urgrofseltern zu verfolgen. \u00dcber den Geisteskranken selbst ist eine biologische Skizze zu erheben, namentlich ob er blofs erblich disponiert ist, oder ob schon eine degenerative, in geistigen Anomalien bereits der Kindheit und Jugend sich offenbarende Anlage vorliegt. Ferner kommt es auf eine m\u00f6glichst sichere Prognosenstellung an, wo freilich noch viel Dunkel herrscht. Trotzdem sollen wir, r\u00e4t Sch., jetzt schon prophylaktisch Vorgehen. Kranke sollen durch Entm\u00fcndigung am Heiraten gehindert werden, von psychisch Defekten geschlossene Ehen sollen event, mit Hilfe von \u00a7\u00a7 1333 BGB. angefochten werden. Nur die fr\u00fcher leichter psychisch Erkrankten (einfache Melancholie, Manie, akute Verwirrtheit), die vollkommen geheilt sind, eine gute neurotische Ahnentafel aufweisen und auch eine zeitlich gen\u00fcgende Quarant\u00e4ne gehalten haben, d\u00fcrfen heiraten. Die Ehe ist und bleibt nun einmal ein gewaltiges Memento f\u00fcr jeden psychisch Minderwertigen. Zum Schlufs gibt Sch. ein ausf\u00fchrliches Schema f\u00fcr Ahnentafel und Familienstammbaum.\tUmpfrnbach.","page":149}],"identifier":"lit32153","issued":"1905","language":"de","pages":"148-149","startpages":"148","title":"Th. Tiling: Individuelle Geistesartung und Geistesst\u00f6rung. Grenzfragen des Nerven- und Seelenbens [Corr.: Seelenlebens] 27. 1904. 58 S.","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:21:38.514622+00:00"}