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{"created":"2022-01-31T16:23:35.705890+00:00","id":"lit32155","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Umpfenbach","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 39: 150-151","fulltext":[{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nLi ter a turbericht.\nE. ScHm.Ta*. Ober Psychosen bel Mi\u00fctirgefangenen ubst Reformvorictaligei.\nEine klinische Studie. Jena, Fischer. 1904. 276 8. 6 M.\nDie vorliegende Arbeit ist durchaus zeitgem\u00e4fs, Auch in der Armee nehmen die Geisteskrankheiten zu. Die Zahl der Erkrankten hat sich in den letzten 30 Jahren verdreifacht. Sck. hatte Gelegenheit, in 4 Jahren 32 geisteskranke Milit\u00e4rgefangene zu beobachten, deren Krankengeschichten in die zweite H\u00e4lfte des Buches verwiesen sind. Die klinischen Resultate \u00fcber manisch-depreBBives Irresein, Dementia praecox, Imbezillit\u00e4t, Hysterie etc. werden zun\u00e4chst mitgeteilt und sind zum Teil recht interessant. Die Milit\u00e4rgefangenen bieten nat\u00fcrlich keine v\u00f6llig neuen Krankheitsbilder; eine Milit\u00e4rpsychose sui generis gibt es nicht. Und doch zeigen sich allerlei Differenzen in dieser Beziehung zwischen Milit\u00e4r und Zivil. In einer ganzen Reihe von F\u00e4llen war die Beurteilung und Diagnose offenbar ungemein schwierig, und weist Sch. mit Recht darauf hin, dafs in einer grofsen Zahl von F\u00e4llen die Beobachtungszeit recht reichlich zu bemessen sei, namentlich in den F\u00e4llen, wo Verdacht auf Simulation vorliegt. Je \u00e4lter der Psychiater, desto vorsichtiger ist er mit der Diagnose Simulation.\nSch.s Reformvorschl\u00e4ge beziehen sich zum grofsen Teil auf das Vorleben des Soldaten. Bei der Rekrutierung gen\u00fcgt es nicht, zu konstatieren, dafs der Betreffende k\u00f6rperlich fehlerfrei ist und auf den ersten Blick einen geistig normalen, gesunden Eindruck macht. Alle psychisch irgendwie verd\u00e4chtigen Individuen sollen vom Milit\u00e4rdienst m\u00f6glichst von vornherein ferngehalten werden. Zun\u00e4chst sollen ferngeh\u00e4lten werden alle, die in der Schule ausgesprochen schlecht gelernt haben. Leute, die das Pensum der Mittelschule oder des vierten Schuljahres nicht erreichten, taugen zum Milit\u00e4rdienst nicht. Die Lehrer sollten die betreffende Polizeibeh\u00f6rde, resp. die Aushehungskommission auf solche minderwertige Sch\u00fcler aufmerksam machen. Wer vor dem milit\u00e4rpflichtigen Alter bereits geisteskrank war, geh\u00f6rt nicht ins Milit\u00e4r. Verd\u00e4chtig sind auch solche, die schon an Fieberdelirien , Alkoholdelirium u. dergl. gelitten haben. Solche sollten vorher ebenso psychiatrisch untersucht werden, wie die jungen Burschen, die bereits mehrfach bestraft sind, die der F\u00fcrsorgeerziehung anheimfielen u. dzl Macht sich ferner ein Soldat wiederholt auff\u00e4llig durch sein Betragen, Widerspruch, Insubordination, so untersuche man ihn I Namentlich gilt dies auch f\u00fcr die Arbeitssoldaten. Sch. pl\u00e4diert daf\u00fcr, dafs jeder Soldat beim Eintritt einen Lebenslauf schreibt, den Offiziere und Milit\u00e4r\u00e4rzte zu studieren haben. Damit die ersten Symptome einer beginnenden Psychose besser bemerkt werden, sollen nicht nur die Milit\u00e4r\u00e4rzte besser geschult werden, sondern sollen auch Offiziere und Unteroffiziere durch Vortr\u00e4ge etc. \u00fcber geistige St\u00f6rungen, namentlich deren Anfangserscheinungen unterrichtet werden. Dabei wird auf Syphilis und Alkohol hingewiesen.\nSchoctzes Forderungen sind durchaus m\u00e4fsig und geeignet, hei all gemeiner Durchf\u00fchrung derselben seitens der Milit\u00e4rbeh\u00f6rden, sowohl die Zahl der Geisteskranken beim Milit\u00e4r zu verringern, als auch zu verh\u00fcten, dafs so mancher arme Kerl erst lange Zeit als widerspenstig, verbrecherisch oder als Simulant behandelt, und so in manchen F\u00e4llen eine Besserung oder Heilung unm\u00f6glich gemacht wird. Auch wird durch rechtzeitige Entfernung aller irgendwie psychisch Verd\u00e4chtigen oder ausgesprochen Geisteskranken","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n151\naus der Armee die Zahl der Selbstmorde beim Milit\u00e4r sinken. Denn auch beim Milit\u00e4r ist der Selbstmord in vielen F\u00e4llen Folge von geistiger Abnormit\u00e4t oder Geisteskrankheit.\tU mpfrnbach.\nR. Wollenberg. 11# Hypochondrie. Wien, Alfred Holder. 1904. 66 S. 1,60 M.\n(Spezielle Pathologie und Therapie XII. Teil I. Abt. 3.)\nIn dem Handbuch f\u00fcr spezielle Pathologie, das Nothnagel in genanntem Verlag herausgibt, behandelt W. die Hypochondrie. Er beginnt damit zu schildern, wie der Krankheitsbegriff der Hypochondrie im Laufe der Zeiten verschiedentlich tiefgreifende Wandlungen erfahren hat. Schon Galenus spricht von einem Morbus hypochondriacus. Auch Hippokrates scheint die Krankheit bereits gekannt zu haben. Noch jetzt bestehen grofse Meinungsverschiedenheiten. Eine ganze Reihe Forscher verneinen die nosologische Selbst\u00e4ndigkeit der Hypochondrie, wenn auch nicht alle bereit sind, dieselbe restlos in der Neurasthenie aufgehen zu lassen. W. unterscheidet mit anderen Autoren zwei Grundformen der Hypochondrie, die konstitutionelle und die akzidentelle, will damit aber nicht das Vorhandensein einer scharfen Grenze zwischen beiden Formen ausdr\u00fccken. Er kommt znm Schlufs, dafs die Hypochondrie als eigentliche Krankheit nicht aufrecht erhalten werden kann, dafs sie vielmehr nur einen psychopatho-logischen Zustand, eine krankhafte psychische Disposition besonderer Art darstellt. Der hypochondrische Zustand kommt n\u00e4mlich bei Krankheitsformen der allerverschiedensten Art vor.\tUmpfenbach.\nLachjkund. Ober yerelnielt auftretende Halluzinationen bei Epileptikern.\nMonatsschr. f. Psychiatrie u. Neurol. 15 (6), 434 - 444. 1904.\nL. macht hier, unter Beibringung von 3 Krankenberichten, aufmerksam auf gewisse intravall\u00e4r, d. h. ohne Beziehung zu Krampfanf\u00e4llen bei den Epileptikern auftretende Sinnest\u00e4uschungen. Charakteristisch f\u00fcr dieselben ist, dafs sie nicht br\u00fcsk auftreten und schwinden, dafs dabei die Kriterien irgend welcher Bewufstseinsst\u00f6rung, d. h. einer St\u00f6rung des allgemeinen Assoziationszusammenhanges fehlen. Es besteht keine Amnesie. W\u00e4hrend dieser Sinnest\u00e4uschungen ist die Sensibilit\u00e4t nicht gest\u00f6rt, die Schleimhaut-reflexe reagieren prompt, das Gesichtsfeld ist nicht ver\u00e4ndert.\nUmpfenbach.\nW. Steinbiss. Ober einen teltenen Fall transitorischer Bewnfstselnsstfirnng.\nArchiv f. Krim.-Anthrop. u. Kriminalistik. 15, 309\u2014326. 1904.\nTransitorische Bewufstseinsst\u00f6rungen beobachtet man meistens bei Epileptikern und nach Alkoholintoxikation, seltener bei Hysterie und Neurasthenie. Sehr selten trifft man sie bei v\u00f6llig Gesunden. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen 28 j\u00e4hrigen Krankenpfleger, v\u00f6llig gesund, kein Alkoholiker. Er verl\u00e4fst pl\u00f6tzlich bei Beginn der Nacht sein Bett, passiert in Eile verschiedene T\u00fcren, die er sorgf\u00e4ltig wieder abschliefst. Erst im Laufe des folgenden Vormittags kehrt er zur\u00fcck mit mangelhafter und durchn\u00e4fster Kleidung und erkundigt sich zun\u00e4chst, ob ein gewisser Kranker -wieder zur Anstalt zur\u00fcckgebracht sei. Er habe abends gemerkt, dafs er entwich, sei ihm deshalb nachgeeilt, bis er ihn auf einmal aus dem Auge verlor, wobei er zugleich merkte, dafs er selbst bis zum Halse in","page":151}],"identifier":"lit32155","issued":"1905","language":"de","pages":"150-151","startpages":"150","title":"E. Schultze: \u00dcber Psychosen bei Milit\u00e4rgefangenen nebst Reformvorschl\u00e4gen. Eine klinische Studie. Jena, Fischer. 1904. 276 S.","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:23:35.705895+00:00"}