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{"created":"2022-01-31T16:22:00.353096+00:00","id":"lit32164","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Spielmeyer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 39: 156-157","fulltext":[{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nLitcratwbcricht.\nbedeutend gebessert. Seit 1898 ist kein Zeichen einer gespaltenen Pers\u00f6nlichkeit an ihm bemerkbar geworden. Im Jahre 1900 entwickelte sich Trunksucht, ein unter seinen Vorfahren gew\u00f6hnlicher Fall. Im vierten Collegejahr trank er, wenn er im Schlafzustande war, nicht aber im normalen Zustande. Im letzteren fing er erst ein Jahr nach Verlassen des College an zu trinken. Seine Anf\u00e4lle von Trunksucht kamen nun monatlich und dauerten mehrere Tage. Hiervon wurde er geheilt durch hypnotische Suggestion von seiten des Verf.s. Gegenw\u00e4rtig ist er ganz normal, frei von Epilepsie, gespaltener Pers\u00f6nlichkeit und Trunksucht.\nVerf. diskutiert nun die theoretische Seite des Falles, namentlich die Ursachen und die Spaltung der Pers\u00f6nlichkeit. Er kommt zu dem Schlufs, dafs der Schlafzustand als das \u00c4quivalent epileptischer Anf\u00e4lle und die sp\u00e4tere Trunksucht als das \u00c4quivalent des Schlafzustandes anzusehen sind. Die erw\u00e4hnte Sch\u00e4delverletzung w\u00fcrde allein eine gen\u00fcgende Ursache f\u00fcr Epilepsie sein, selbst wenn die vererbten Anlagen anders w\u00e4ren. Als die erregenden Ursachen des abnormalen Zustandes betrachtet er angestrengtes Studium unter ung\u00fcnstigen Bedingungen und vielleicht Autohypnoeis, hervorgerufen durch das erm\u00fcdende Hin\u00fcbersehen \u00fcber die Katarakte. Der Schlafzustand hatte eine gewisse \u00c4hnlichkeit mit einem hypnotischen Zustande. Die allm\u00e4hliche Anpassung an den Zustand war besonders \u00e4hnlich. Zun\u00e4chst war blofse Suggestibility vorhanden; sp\u00e4ter zeigte sich mehr und mehr Spontaneit\u00e4t, als er sich an seinen neuen Zustand gew\u00f6hnte. Sein Ged\u00e4chtnis folgte denselben Gesetzen, die in der Hypnose zu beobachten sind. Seine normalen F\u00e4higkeiten waren etwas gesteigert.\nVerf. diskutiert schliefslich das Problem der gespaltenen Pers\u00f6nlichkeit. Als charakteristisch f\u00fcr eine Pers\u00f6nlichkeit betrachtet er 1. das individuelle Ged\u00e4chtnis, 2. die Kontrolle der Handlungen. Er betont, dafs zwischen einfacher Amnesie und vollst\u00e4ndiger Teilung von Ged\u00e4chtnissystemen unendlich viele Zwischenstufen bestehen. Wir nehmen jedoch nicht an, dafs eine andere Pers\u00f6nlichkeit Einzug in unseren K\u00f6rper gehalten und die urspr\u00fcngliche Pers\u00f6nlichkeit daraus verdr\u00e4ngt hat, wenn wir etwas vergessen haben. Vergefslichkeit bedeutet nichts als eine Unterbrechung von Assoziationen. Wir sollten daher auch nicht von doppelter Pers\u00f6nlichkeit sprechen, wenn die Unterbrechung der Assoziationen so umfangreich ist wie im Falle Kinsels, da der Unterschied doch immer nur ein gradueller iBt. Ebensowenig w\u00fcrden wir von einer Auswechselung von Pers\u00f6nlichkeiten sprechen, wenn wir einmal in der Leidenschaft die gew\u00f6hnliche Kontrolle unserer Handlungen verloren und etwas getan haben, dessen wir uns sp\u00e4ter sch\u00e4men. Man kann deshalb auch den Verlust der Kontrolle seiner Handlungen in Kinsels Fall nicht als einen Verlust seiner Pers\u00f6nlichkeit betrachten. Auch hier handelt es sich nur um graduelle Unterschiede.\tMax Meteb (Columbia, Missouri).\nBinet - Sangl\u00e9. Le proph\u00e8te Samuel. Annales m\u00e9dico-psychologiques. 1903/04.\nDer Prophet Samuel war ein \u201eD\u00e9g\u00e9n\u00e9r\u00e9 c\u00e9r\u00e9bral\u201c. Von haus ans belastet, war er sehr beeinflufsbar, schw\u00e4rmerisch. Auf dem Boden dieser hohen Reizbarkeit und Suggestibilit\u00e4t entwickelten sich zahlreiche Sinnes-","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n157\nUuschungen, die sich mit expansiven religi\u00f6sen Wahnideen kombinierten. Sie bestimmten sein Handeln, seine r\u00fccksichtslosen egoistischen Impulse.\nSpielmeykr (Freiburg i. B.).\nA. Fick. Ober einige bedeutsame Psycho-Neurosen des Kindesalters. Sammlung zwangloser Abhandlungen aus dem Gebiete der Nerven- und Geisteskrankheiten, herausgegeben von Prof. Dr. A. Hoche. 5 (1), 26 S. 1904. 0,80 M.\nDer Aufsatz des gesch\u00e4tzten Prager Psychiaters bietet in der anspruchslosen Form eines Vortrages eine reiche F\u00fclle von Beobachtungen und Anregungen, die seine Lekt\u00fcre lehr- und genufsreich machen. Aus dem grofsen, im Titel genannten Gebiete greift Verf. einige bisher weniger studierte Kapitel heraus: die sogenannten Fugues (den Wandertrieb), die Tics, die Zwangsvorstellungen und die damit zusammenh\u00e4ngende Skrupulosit\u00e4t, endlich die pathologische Tr\u00e4umerei. Die psychasthenische Grundlage, die Beziehungen zur Epilepsie und zur Hysterie, die ausl\u00f6senden \u00e4ufseren, wie die psychologischen Momente schildert Verf. an der Hand eigener geistvoll analysierter Beobachtungen und weist auf alle Konsequenzen hin, welche nicht nur die \u00c4rzte, sondern auch die Juristen und die P\u00e4dagogen zu ziehen haben. Bemerkenswert ist, um nur einen wichtigen Punkt zu erw\u00e4hnen, dafs der Wandertrieb nach dem Urteile des Verf.s nicht ohne weiteres als \u00c4quivalent der Epilepsie aufgefafst werden darf, wie es vielfach geschieht.\nDen Schlufs der Arbeit bildet eine Auseinandersetzung \u00fcber die verschiedenen Arten der Nervosit\u00e4t bzw. Abartung vom Durchschnittstypus und ein Hinweis auf die hohe Bedeutung der Affekte oder ganz allgemein des Gem\u00fctslebens f\u00fcr die Herbeif\u00fchrung oder Verh\u00fctung funktioneller Nervenleiden. Hier bekennt sich der Verf. als Gegner des \u201eschiffbr\u00fcchigen Intellektualismus\u201c, der mit seiner \u00dcbersch\u00e4tzung des Wissens viel Unheil verschuldet habe.\tThiemich (Breslau).\nH. Probst. Gehirn und Seele des Kindes. Sammlung von Abhandlungen aus dem Gebiete der p\u00e4dagogischen Psychologie und Physiologie, herausgegeben von Th. Ziboleb und Th. Ziehen, 7 (2 u. 3). 148 S. 1904. 4 M.\nDer als Vorstand des hirnanatomischen Laboratoriums der N.-\u00f6. Landesirrenanstalt in Wien durch eine Beihe wertvoller wissenschaftlicher Arbeiten r\u00fchmlich bekannte Verfasser gibt in dem vorliegenden Buche eine sehr eingehende Darstellung unserer derzeitigen Kenntnisse der anatomischen und physiologischen Entwicklung des embryonalen und kindlichen Nervensystems.\nDas gesamte Material wird in drei Hauptabschnitten vorgef\u00fchrt. Der erste behandelt \u201edie anatomischen Eigenheiten des kindlichen Gehirns\u201c (Wachstum, Furchung), der zweite sehr eingehend und klar \u201edie histologischen Eigenheiten\u201c und der dritte die \u201ephysiologischen Eigenheiten des kindlichen Gehirns\u201c.\nAm Schl\u00fcsse ist ein umfangreiches Literaturverzeichnis angef\u00fcgt.\nEs liegt in der Natur des Gegenstandes, dafs der weitaus gr\u00f6fste Teil des Buches sachlich referierender Art ist, doch hat der Verf. da und dort","page":157}],"identifier":"lit32164","issued":"1905","language":"de","pages":"156-157","startpages":"156","title":"Binet-Sangl\u00e9: Le proph\u00e8te Samuel. Annales m\u00e9dico-psychologiques. 1903/04","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:22:00.353101+00:00"}