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{"created":"2022-01-31T16:22:31.122732+00:00","id":"lit32175","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Alter","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 39: 225-226","fulltext":[{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n225\nGdstav Wolff. Klinische nnd kritische Beitr\u00e4ge sir Lehre voi len Sprtch-\nittrnngen. Leipzig, Veit & Comp. 1904. 100 S. 2.40 M.\nWolpf wendet eich in seiner sehr lesenswerten Schrift in zum Teil recht scharfer Kritik gegen die Methode, von anatomischen Ausgangspunkten aus und ihnen zu Liebe rein klinisch nicht gen\u00fcgend motivierte Krankheitsbilder zu konstruieren. Ein besonders charakteristisches Beispiel f\u00fcr dieses Vorgehen sieht Wolff in der Lehre von der optischen Aphasie und sucht das zu beweisen, indem er von ihrer pr\u00e4zisen Definition ans \u2014 optische Aphasie besteht nur da, wo bei vollkommen intakter begrifflicher Identifikation die F\u00e4higkeit zu korrekter Benennung fehlt \u2014 die einschl\u00e4gige Kasuistik einer gr\u00fcndlichen Revision unterwirft. Ihr Ergebnis ist, dafs auch nicht einer dieser F\u00e4lle als unanfechtbarer Beweis f\u00fcr die Existenz der optischen Aphasie als einer isolierten Erkrppkungs-fonn geltend gemacht werden kann. Keiner der bisherigen Beobachter hat mit ausreichender Sch\u00e4rfe nachgewiesen, dafs seinem Kranken tats\u00e4chlich und ansschliefslich die F\u00e4higkeit abging, richtig Erkanntes richtig zu benennen. Damit fehlt aber gerade die unbedingte Voraussetzung einer echten optischen Aphasie. Dagegen macht W. darauf aufmerksam, dafs in all diesen F\u00e4llen von angeblicher optischer Aphasie gleichzeitig eine taktile Aphasie bestand, der sich auch \u00fcberall eine gleichwertige Aphasie der \u00fcbrigen Sinne zu gesellen schien. Er verwirft deshalb \u00fcberhaupt die Konstruktion einzelsinnlicher Aphasien und will die entsprechenden semiotischen Z\u00fcge nur als Teilerscheinungen einer allgemeinen Schw\u00e4che der Benennungsf\u00e4higkeit gelten lassen, d. h. als partielle transkortikale Aphasien. Zu ihrer genetischen Motivierung erscheint ihm gegen\u00fcber der nich^j, haltbaren \u00d6FPKKHEinschen Theorie, die die M\u00f6glichkeit einer Benennung der meisten Sinneseindr\u00fccke an das Anklingen optischer Erinnerungsvorstellungen bindet, Broadbknt und Mills Annahme eineB naming centre als die leichteste L\u00f6sung aller Schwierigkeiten \u2014 freilich nur dann, wenn es nicht anatomisch, sondern rein psychologisch, als psychisches System aufgefafst wird. Es ist bedauerlich, dafs W. hier die gerade f\u00fcr dieses Gebiet so wertvollen Ver\u00f6ffentlichungen von Hartmann und Storch nicht ber\u00fccksichtig^ ljat, deren Ergebnisse auch f\u00fcr die Analyse der weiterhin berichteten drei eigenen F\u00e4lle Wolffs von Interesse gewesen w\u00e4ren. In allen drei F\u00e4llen war die begriffliche Identifikation gewahrt, w\u00e4hrend ihr korrekter sprachlicher Ausdruck, also nach Storch: die Inanspruchnahme der stereofugalen Bahn zur Glossopsyche, erschwert oder unm\u00f6glich blieb. Wolff hebt dabei besonders hervor, dafs die analoge St\u00f6rung f\u00fcr das entsprechende soipatopsychische Gebiet ganz unverh\u00e4ltnism\u00e4fsig gering oder gar nicht bestand. Ich sehe darin nichts \u00dcberraschendes, denn gerade diese phylogenetisch schon so ausgeschliffenen Bahnen werden doch auch ontogenetisch am ersten und gr\u00fcndlichsten benutzt: jedes Kind lernt zuerst seine eigenen K\u00f6rperteile benennen und spricht, solange es seinen K\u00f6rper noch objektiviert, recht viel von ihnen. Die Konstanz dieser Beziehungen bleibt \u00fcbrigens nach meinen Erfahrungen auch bei dem geistigen Verfall der Paralytiker am l\u00e4ngsten bestehen. Jedenfalls pafst aber dieser Zug auch nur zu Wolffs Auffassung der F\u00e4lle als partielle transkortikale \u2014 nat\u00fcrlich motorische \u2014 Aphasien,\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 39.\t15","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nLiteraturbrricht.\nderen anatomische Lokalisation Wolff durch den allein verwertbaren Sektionsbefund des dritten Falles (Herd in der dritten linken Schlifen-windung) trotz der Koinzidenz mit Mills naming centre um so weniger gekl\u00e4rt sieht, als die qua Herde negativen Sektionsergebnisse der anderen F\u00e4lle von einer Lokalisation auf das Zentrum direkt zu einer Lokalisation auf das System hinweisen.\tAltkb (Leubus).\nH. Wilbrand und \u00e0. Sarnger. Die leirologle des Anges. Kd III, Abt l. Anatomie und Physiologie der optischen Bahnen und Zentren. Wiesbaden, J. F. Bergmann. 474 S. 1904. Mit zahlreichen Abbildungen im Text und auf 26 Tafeln.\nln dem Gesamtwerk der Verff. ist der vorliegende Band der physiologisch bedeutsamste; er gliedert sich naturgera\u00e4fs in einen anatomischen und physiologischen Abschnitt. Die Anatomie der optischen Bahnen wird von der Retina durch den Opticus, das Chiasma, den Tractus opticus bis zur Endigung in der Sehrinde verfolgt und durch vorz\u00fcgliche Abbildungen erl\u00e4utert. Eine besonders eingehende Darstellung ist der Anatomie des Chiasma und der speziellen Lage der gekreuzten und ungekreuzten FaBern gewidmet.\nIm physiologischen Teile wird unter dem nicht sehr gl\u00fccklich gew\u00e4hlten Titel \u201eOrt des Energieumsatzes in der Retina\u201c die Sehsch\u00e4rfe und ihre Bestimmungsmethode, das Gesichtsfeld, Projektion und Taxation der Entfernung besprochen. In einem weiteren Kapitel \u201eder Verlauf der Erregung in der Retina\u201c folgt Licht- und Farbenempfindung und ein \u00dcberblick \u00fcber die durch Licht hervorgerufenen objektiven Ver\u00e4nderungen in der Retina. Unter den Funktionen, die den prim\u00e4ren Opticuszentren zugeschrieben werden, ist bemerkenswert, dafs das Corpus geniculatum externum nach Ansicht der Verff. nicht nur die retinalen Erregungen ohne Unterbrechung nach dem kortikalen Sehzentrum hindurchleitet, sondern auch zu den Adaptationsverh\u00e4ltnissen der Netzhaut in Beziehung steht. Sie schliefsen dieses aus der Tatsache, dafs organische Erkrankungen der optischen Leitung von der Netzhaut bis zum Corpus geniculatum externum auf8er Gesichtsfelddefekten Adaptationsst\u00f6rungen in Form von nerv\u00f6ser Asthenopie, Nyktalopie, schneller Erm\u00fcdbarkeit der Netzhaut zeigen. Diese St\u00f6rungen werden auf den Untergang zentrifugaler Fasern zur\u00fcckgef\u00fchrt, welche die Produktion der Sehsubstanzen regeln. Das Corpus geniculatum externum schaltet nun die zentripetal fortgeleiteten Reize auf zentrifugale Bahnen um, hier soll \u201edurch Selbststeuerung jene Produktion von Sehsubstanzen im grofsen betrieben werden, f\u00fcr deren jeweilige \u00f6rtliche Anh\u00e4ufung nach Bed\u00fcrfnis das amakrine Zellensystem zu sorgen hat.\u201c Pa unsere Kenntnisse von der Funktion der anderen sog. prim\u00e4ren Opticuszentren nicht minder l\u00fcckenhaft sind, so ist auch die ihnen zugeschriebene physiologische Bedeutung nicht frei von Hypothesen: so soll der sich zum Pulvinar begebende Faseranteil des Tractus opticus Erregungen zum Thalamus opticus leiten, die nichts mit dem direkten Sehen zu tun haben, Bondern nur \u201eeinen st\u00e4ndigen Erregungszustand\u201c in demselben erhalten und so f\u00fcr andere Reize z. B. taktile, deren Reflexzentrum zur Ausl\u00f6sung","page":226}],"identifier":"lit32175","issued":"1905","language":"de","pages":"225-226","startpages":"225","title":"Gustav Wolff: Klinische und kritische Beitr\u00e4ge zur Lehre von den Sprachst\u00f6rungen. Leipzig, Veit & Comp. 1904. 100 S.","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:22:31.122737+00:00"}