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{"created":"2022-01-31T16:29:01.599539+00:00","id":"lit32187","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Groethuysen","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 39: 234-235","fulltext":[{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nLiier atwberkkt.\nseits jedoch ist hervorzuheben, dafs die Rechte des Genies nicht die Pflichten des Kandidaten annullieren. Das entgegengesetzte Extrem zu dem soeben charakterisierten w\u00fcrde demnach als Verzicht auf die Pr\u00fcfung der allgemeinen Bildung des Kandidaten ebenfalls tadelnswert sein.\nVerf. gelangt zu dem Schl\u00fcsse, dafs die Examina reformiert werden m\u00fcssen. Vor allem d\u00fcrften die Examinatoren nicht mehr wie bisher jeder nach seinen eigenen Normen pr\u00fcfen, sondern sie m\u00fcfsten miteinander mehr und mehr in Konnex treten und sich \u00fcber die Kandidaten besprechen. Die Zerst\u00fcckelung des Examens in einzelne Teile, welche in bestimmten Zeitl\u00e4uften aufeinander folgen, hat den Nachteil, dafs der Kandidat immer nur von seinem augenblicklichen Wissen Zeugnis geben kann, nicht aber von der Solidit\u00e4t und Tiefe seines Wissens. Die Examinatoren m\u00fcfsten ferner ihr Augenmerk nicht auf das Quantum des angeh\u00e4uften Wissens richten, sondern darauf, wie dasselbe dressiert und klassifixiert ist, sie d\u00fcrften sich nicht alles aufgestapelten Wissens bem\u00e4chtigen, sondern nur dasjenige auskundschaften, welches voraussichtlich nicht vergessen wird. Auf diese Weise w\u00fcrden sie dem Geiste der Examinanden auf den Grund gehen. Ferner sollen die Examinatoren nicht das Genie erkennen wollen, sondern eben nur ein sicheres Urteil \u00fcber den erworbenen geistigen Fond gewinnen. Ein Examen braucht nur summarisch zu sein. Es braucht nur die Ausgangspunkte und Endpunkte, die Elemente oder Prinzipien und die Konsequenzen ins Auge zu fassen. Der Pr\u00fcfling soll gar nicht sein ganzes Wissen zutage f\u00f6rdern. Alle \u201egelehrte Barbarei\u201c, welche alles lernt und im Grunde nichts erfafst, soll auf diese Weise allm\u00e4hlich verbannt werden. Durch diese \u00d6konomie w\u00fcrden die Examina sich vereinfachen und an Zahl sich verringern. Die gewissenhaften Examina, welche eine allgemeine Pr\u00fcfung des Fonds von Kenntnissen vornehmen, d\u00fcrften auch die beste Kontrolle f\u00fcr Kapazit\u00e4ten bilden.\nDie Ausf\u00fchrungen des Verf.s, welcher im vorstehenden weit verbreitete \u00dcbel des heutigen Pr\u00fcfungsverfahrens geifselt, wie solches namentlich bei den Staatsexaminibus geliandhabt wird, sollten allseitige Beherzigung finden!\tGiesslkr (Erfurt).\nPaul Hartsnbeko. Les \u00e9motions de boute: lotet de paychologie collectif\u00ab.\nRevue philosoph. 5S (8), 162\u2014170. 1904.\nDas Milieu der B\u00f6rsenbesucher zeigt die gleichen charakteristischen Eigenschaften wie die Masse \u00fcberhaupt. Man l\u00e4fst sich an der B\u00f6rse durch die geringsten \u00e4ufseren Umst\u00e4nde beeinflussen, man glaubt leicht bei allem Skeptizismus, der Einzelne l\u00e4fst sich durch Gem\u00fctsbewegungen der Masse leicht anstecken. Was den B\u00f6rsenbesuchern ihr besonderes Gepr\u00e4ge gibt, ist das gemeinsame Vertrauen, die Panik, die Entt\u00e4uschung je nach Hausse, Baisse oder stagnierendem Kurs. Manche Bemerkungen H.s gelten nur von der Pariser B\u00f6rse, die H. allein kennt.\nGr\u00fckthcysen (Berlin).\nE. Tardieu. Le cynisme : \u00e9tude psychologique. Revue philosoph. 57 (1), 1\u201428. 1904.\nDer Cynismus ist nach T. der Egoismus, der sich br\u00fcstet. T. behandelt die Theoretiker des Cynismus \u2014 er z\u00e4hlt dazu La Rochefoucauld, Schopek-","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n235\nhacee, Renam, Stienkb, Nietzsche \u2014, die Metaphysik, die n\u00e4heren Bestimmungen und die verschiedenen \u00c4u\u00dferungen des Cynismus unter den Herren, den Sklaven, in der Ehe, gegen\u00fcber Gott, den Schwachen etc.\nDie vorliegende Plauderei \u00fcber den Cynismus ersch\u00f6pft keineswegs das Thema. Schon die Basierung des Cynismus auf den Egoismus ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Es w\u00e4ren zu ber\u00fccksichtigen gewesen : der Cynismus in der Verfolgung gewisser altruistischer Ziele, der Cynismus gewisser mittelalterlicher Asketen, gewisser Selbstm\u00f6rder, der gegen sich selbst gerichtete Cynismus, das Wegwerfen Beiner selbst, der Cynismus als Begleiterscheinung gewisser Geisteskrankheiten, der Cynismus in der \u00c4ufserung \u00fcber sexuelle Vorg\u00e4nge. Es w\u00e4re der Typus deB Cynikers ab-xugrenzen gewesen gegen\u00fcber dem Typus des Frivolen, des Pessimisten. Merkw\u00fcrdigerweise ber\u00fccksichtigt T. unter den von ihm angef\u00fchrten literarischen Erscheinungen nicht \u201e Rameaus Neffe\u201c. Er h\u00e4tte viel daraus lernen k\u00f6nnen.\tGeoeth\u00fcysen (Berlin).\nG. Domas. Le sonrtre: \u00e9tude pijchophjiiologlque. Revue philoeoph. 58 (7), 1-23; (8), 136-151. 1904.\nDas L\u00e4cheln ist nach D. mechanisch-physiologisch seinem Urspr\u00fcnge nach zu erkl\u00e4ren ; er lehnt die psychologischen Erkl\u00e4rungsversuche Dabwins und W\u00fckdts ab und st\u00fctzt sich auf Spbncbbs Theorie der motorischen diffusen Entladung, die er durch die Annahme erg\u00e4nzt, die Muskeln z\u00f6gen sich um so leichter zusammen, je mehr sie in \u00dcbereinstimmung mit benachbarten Muskeln sind oder je weniger andere Muskeln sie an der Spannung verhindern. Das spontane L\u00e4cheln ist nun die leichteste Reaktion der Gesichts-muakeln auf eine gem\u00e4\u00dfigte Erregung, und zwar gen\u00fcgt die Erregung eines motorischen Gesichtsmuskels, um den Ausdruck des L\u00e4chelns hervorzubringen. I). st\u00fctzt seine Theorie durch ein Experiment. Bei vier Versuchspersonen reizte er leicht durch einen elektrischen Strom den Facialis und fand, da\u00df die koordinierten Gesichtsmuskeln so gereizt wurden, da\u00df ein L\u00e4cheln oder ein dem L\u00e4cheln \u00e4hnlicher Gesichtsausdruck hervorgebracht wurde. Das L\u00e4cheln ist so eine Reflexbewegung; alle Ursachen, die die Tonizit\u00e4t der Gesichtsmuskeln steigern, haben die Tendenz, den Ausdruck des L\u00e4chelns hervorzurufen.\nWie hat nun der Mensch das mechanische L\u00e4cheln, diese Reflexbewegung, in einem Gef\u00fchlsausdruck umgewandelt? Die leichten Erregungen sind angenehm, behauptet D. im Anschlu\u00df an W\u00fcndt. So erscheint uns das L\u00e4cheln infolge einer physiologischen Assoziation als nat\u00fcrlicher Ausdruck der Freude. Zu einem willk\u00fcrlichen Gef\u00fchlsausdruck wird es dann durch Nachahmung unserer selbst. Von dem L\u00e4cheln, das zum willk\u00fcrlichen Ausdruck aller angenehmen Gef\u00fchle wird, von dem .L\u00e4cheln der Freude\u201c unterscheidet D. das \u201eL\u00e4cheln des Lachens\u201c, das leichte Lachen. Ein L\u00e4cheln kann etwas von den beiden Arten haben ; ferner kann sich eine der beiden Arten mit einem anderen Gef\u00fchlsausdruck verbinden; es entsteht dann das bittere L\u00e4cheln, das L\u00e4cheln der Verachtung, das mokante L\u00e4cheln etc. Zum Schlu\u00df bemerkt D., da\u00df wie beim L\u00e4cheln, so auch bei den \u00fcbrigen Gef\u00fchls\u00e4u\u00dferungen die Forscher bisher","page":235}],"identifier":"lit32187","issued":"1905","language":"de","pages":"234-235","startpages":"234","title":"E. Tardieu: Le cynisme: \u00e9tude psychologique. Revue philosoph. 57 (1), 1-28. 1904","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:29:01.599545+00:00"}