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{"created":"2022-01-31T16:29:50.799131+00:00","id":"lit32203","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kreibig","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 39: 350-351","fulltext":[{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nLiterat urberkht.\ndie Introjektion, d. i. \u201e1. die Annahme, dafs einer anderen menschlichen Person ein snbjektives Geschehen nach Art des eigenen zukomme and 2. die Vorg\u00e4nge, in denen sich das Subjekt einem Umgebungsbestandteil, etwa einer anderen Person, substituiert.\u201c Der Vorgang der Introjektion beruht auf einem Analogieschlufs, der aber nur dann berechtigt ist, wenn er sich auf SinnesauBsagen st\u00fctzen kann. Daher ist die Introjektion des psychischen in das lebende Tier une durchaus unbeweisbare metaphysische Annahme.\nAuch wenn man nicht auf dem Standpunkte des Vitalismus steht, d. h. auch wenn man alle Lebensvorg\u00e4nge prinzipiell f\u00fcr zur\u00fcckf\u00fchrbar auf physikalische und chemische Erscheinungen h\u00e4lt, mufs man doch in-geben, dafs dies zurzeit nicht v\u00f6llig m\u00f6glich ist. Um eine vorl\u00e4ufige Ordnung in die \u201eunendlich mannigfaltigen Verh\u00e4ltnisse in Form and Funktion in der Tierreihe\u201c zu bringen, m\u00fcssen daher intermedi\u00e4r andere \u2014 nicht physikalische und chemische \u2014 Begriffe geschaffen werden. Zu diesen geh\u00f6rt auch der biologische Individualbegriff, der als \u201eein Komplex lebendiger Substanz, der biologisch selbst\u00e4ndig existiert und als geschlossene\u00ab System Ver\u00e4nderungen erleidet\u201c, definiert wird. Seine Bedeutung liegt darin, dafs er dem psychologischen und erkenntnistheoretischen Ich- oder Subjekt-Begriff substituiert werden kann. Und das ist darum ein Fortschritt, weil dann auch von seiten der Naturwissenschaft her eine diskutierbare Bestimmung des Ich erm\u00f6glicht wird. Denn die Transplantationsversuche Thembleys, Chubs, Wetzels, Jobsts und besonders Boies, \u00fcber die Verf. einen \u00dcberblick gibt, lassen alle metaphysischen Spekulationen \u00fcber die Einheit der Person haltlos zusammenbrechen. Sie haben gezeigt, dafs das Individuum nicht an die Abstammung von einem Ei gebunden ist, ja dafs sogar \u201eein biologisches Individuum in seinen verschiedenen Teilen etwa zwei Arten angeh\u00f6ren kann.\u201c Lipxahn (Berlin).\nC. M. Giesslsb. Der Elaflvfs der Dukelhelt auf du Seelenlebea des Keuthea.\nVierleljahrsschr. f\u00fcr wissenschaftl. Philosophie 28 (3), 255\u2014279. 1904.\nMit einem \u00fcberaus dankbaren Stoff besch\u00e4ftigt sich der neueste Artikel des r\u00fchrigen Verf. Er kommt zu dem Resultate: \u201eDas Seelische bewegt sich im Dunklen in der N\u00e4he seines motorischen Poles, entfernter von seinem sensitiven\u201c (277). \u201eUnter dem Einfl\u00fcsse der Dunkelheit traten die haupts\u00e4chlichsten Funktionsweisen des Seelischen aus fr\u00fcheren Perioden seiner E n t w i c k 1 u n g wieder gesonderter indie Erscheinung\u201c (278). (F\u00fcr K\u00e4lte und Hitze gilt dieser Satz nicht; ihre Einfl\u00fcsse sind fut durchgehende als Abschw\u00e4chungen der Aktivit\u00e4t charakterisiert.) Im Dunklen funktioniert das motorische Ged\u00e4chtnis mehr als das repr\u00e4sentative, die Aufmerksamkeit als die Apperzeptionst\u00e4tigkeit, die Phantasie mehr als das logische Denken, die defensiven Affekte mehr als die offensiven, auch die egoistische Moral mehr als die altruistische.\u201c\nDas empirische Material, mittels dessen der Verf. diese S\u00e4tze za beweisen trachtet, ist in dankenswerter Weise gew\u00e4hlt und zusammen-gestellt, wenn auch nicht durchweg einwandfrei. Der Verf. behauptet beispielsweise, dafs bei Blindgeborenen, entgegen der herk\u00f6mmlichen Ansicht, die Tastsch\u00e4rfe geringer sei als bei Sehenden (nach Ghibsbach), daft","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n351\ndas Marschieren des Nachts anstrengender sei als bei Tage, dais wir uns schon im Halbdunkel freier f\u00fchlen als im Hellen, wo ein gewisser Zwang uns gefangen h\u00e4lt; auch soll in der D\u00e4mmerung die Zahl der unterscheidbaren Farben abnehmen, bis wir nur noch die vier Hauptfarben, rot, gelb, blau, gr\u00fcn au unterscheiden verm\u00f6gen. (Wie stimmt dies zu Pcbkuwes Ph\u00e4nomen?) Beitr\u00e4ge experimenteller Art enth\u00e4lt der Artikel nicht. Volle Zustimmung verdient es, wenn der Verf. \u2014 wenigstens in den meisten F\u00e4llen \u2014 hervorhebt, ob die angef\u00fchrte Tatsache f\u00fcr Blindgeborene (L. Bbxdsman nnd H. Keller h\u00e4tten herangezogen werden k\u00f6nnen), f\u00fcr Sehende mit geschlossenen Augen, oder f\u00fcr Sehende mit offenen Augen (im Dunkel bzw. im D\u00e4mmerlicht) gilt.\tKbbibig (Wien).\nM. F. Washburn. The Genetic Method in Psychology. Journ. of Philos., Psychol.\nand Scient. Methods 1 (18), 491\u2014494. 1904.\nVerf. wendet sich gegen eine k\u00fcrzlich getane \u00c4u\u00dferung betreffend eine gegenw\u00e4rtige Reaktion von analytischer zu funktioneller nnd genetischer Psychologie. Die genetische Methode ist nach ihr keine neue. Die sogenannte \u201eQuerschnittsmethode\u201c in der vergleichenden Psychologie ist zugleich analytisch; nur beobachtet man dabei einige spezielle Vorsichts-mafsregeln.\nDie genetische Psychologie enth\u00e4lt zwei Forderungen: 1. die \u00c4nderungen, die in einem Organismus stattfinden, m\u00fcssen stufenweise verfolgt werden; 2. diese \u00c4nderungen m\u00fcssen verst\u00e4ndlich gemacht werden. Die Beobachtungen macht man zu einem grofsen Teil vermittels analytischer Methoden, aber um die Resultate verst\u00e4ndlich zu machen, hat man zurzeit nur ein einziges allgemein angenommenes Prinzip : das der nat\u00fcrlichen Auswahl. Deshalb darf man behaupten, dafs die genetische Psychologie als besonderes Feld erst im Anfang ihres Bestehens ist, und bis wir n\u00e4here Kenntnis \u00fcber die Gehirnprozesse haben und allgemeinere und endg\u00fcltigere Prinzipien aufstellen k\u00f6nnen, bleiben wir lieber der analytischen Methode treu.\tOgdkn (Columbia, Missouri).\nA. H. Abbot. Psychologische und erkenntnisthooretische Probleme bol Hob bas.\nDies. W\u00fcrzburg. 1904. 136 S.\nDie Abhandlung ist als Teil eines gr\u00f6fseren Werkes \u00fcber die Entwicklung der Psychologie und Erkenntnistheorie Grofsbritanniens von Bacon bis in die neueste Zeit angelegt. Ein abschlie\u00dfendes Urteil wird also erst m\u00f6glich sein, wenn das ganze Werk vorliegt. Doch l\u00e4fst sich soviel jetzt schon sagen : Die Entwicklung der britischen Philosophie unter dem Gesichtspunkt einer Entwicklung psychologischer und erkenntnis-theoretischer Probleme darzustellen, ist ein \u00e4u\u00dferst fruchtbares Unternehmen. Freilich mu\u00df dann bei den einzelnen Philosophen um so klarer und unbefangener herausgestellt werden, von welcher Seite sie an die psychologischen und erkenntmstheoretischen Fragen herangedr\u00e4ngt wurden. Bei Hobbes z. B. mu\u00dfte das praktisch - politische Interesse a\u00df das Prim\u00e4re deutlicher aufgezeigt werden. Auch sonst h\u00e4tte manches im einzelnen 'sch\u00e4rfer pointiert und straffer znsammengefa\u00dft werden d\u00fcrfen. Dies gilt gleich von dem einer allgemeinen Einleitung folgenden Kapitel \u00fcber","page":351}],"identifier":"lit32203","issued":"1905","language":"de","pages":"350-351","startpages":"350","title":"C. M. Giessler: Der Einflu\u00df der Dunkelheit auf das Seelenleben des Menschen. Vierteljahrsschr. f\u00fcr wissenschaftl. Philosophie 28 (3), 255-279. 1904","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:29:50.799136+00:00"}