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{"created":"2022-01-31T16:17:36.937564+00:00","id":"lit32250","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Groethuysen","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 39: 385-386","fulltext":[{"file":"p0385.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n385\nder ausschliefslichen Realit\u00e4t des Geistes aufsuchen, der nicht rein pragmatisch ist. Auf die zweite Frage antwortet Verf., dafs es zwar im allgemeinen wahr sei, dafs Realit\u00e4ten mit ihrer Entdeckung erst geschaffen werden, dafs alles Neuentdeckte in Wirklichkeit nur eine Adaptation der bereits bestehenden Realit\u00e4ten bedeute, dafs unentdeckte Realit\u00e4ten daher keine Existenz haben, daft jedoch das Problem der architektonischen Prinzipien des Denkens, die keinen aufweisbaren Ursprung in Wahrnehmungsprozessen besitzen, noch nicht gel\u00f6st sei. Auf die dritte Frage antwortet er, dafs die Allgemeinheit der logischen Denkgesetze nicht \u00fcbereinstimme mit einer Theorie, die die Kriterien der Realit\u00e4t einzig und allein in konkreten Erlebnissen der N\u00fctzlichkeit, Brauchbarkeit etc. findet.\nMoobe bringt einige Einw\u00e4nde vor gegen die Beschr\u00e4nkungen, denen der Pragmatist nach B. unterworfen sein soll. Er meint, dafs es in der Erfahrung kein \u201eBesonderes an sich\u201c oder \u201eAllgemeines an sich\u201c gebe. Die Systematisierung der Erfahrung, die in allgemeinen Ideen ihren Ausdruck findet, ist nichts als ein Prozefs, der seine Berechtigung in weiterer spezieller Erfahrung beweist.\nB. antwortet auf die Einw\u00e4nde von M. mit einem wiederholten Hinweis darauf, dafs alle Wissenschaften, die abstrakte Verh\u00e4ltnisse behandeln, die deduktiven und mathematischen Wissenschaften, tats\u00e4chlich ihre Resultate erreichten durch blofse Anwendung allgemeiner Denkgesetze, ohne jemals spezielle Erfahrungen zur Pr\u00fcfung ihrer Resultate herbeizuziehen.\nMax Mbykk (Columbia, Missouri)\nTh. Ribot. La logique de\u00bb sentlneit\u00bb- Paris, F. Alcan. 1906. 900 S.\nDas vorliegende Werk soll trotz seines Titels, wie R. ausdr\u00fccklich sagt, eine psychologische Arbeit sein. Die Logik der Gef\u00fchle hat es mit emotionellen oder affektiven Schl\u00fcssen zu tun, d. h. mit einem Schlufs-verfahren, in welchem die Wahl und die Verkettung der intellektuellen Vorg\u00e4nge durch einen Gef\u00fchlszustand bestimmt wird. Sie ist bestimmt durch die subjektive Beschaffenheit eines Individuums, das sich vornimmt, eine Meinung, einen Glauben zu begr\u00fcnden. Ihr Ursprung liegt also in einem Wunsch und ihre Einheit erh\u00e4lt sie durch den Zweck, welchen sich das Individuum setzt, durch den Schlufssatz, der immer im voraus bestimmt ist. Das affektive 8chlnfsverfahren setzt sich zusammen aus affektiven Urteilen. In den affektiven Urteilen erh\u00e4lt das Gef\u00fchl eine konkrete Form, es wird zum Werturteil. Werte sind f\u00fcr R. etwas Subjektives, sie wechseln nach den Gef\u00fchls- und Willensdispositionen, nach den einzelnen Individuen. Nachdem R. in dem ersten Kapitel die Frage nach der Assoziation affektiver Zust\u00e4nde er\u00f6rtert hatte und zu einem im wesentlichen negativen Ergebnis gekommen war, unterscheidet er f\u00fcnf Hanpttypen des emotionellen Schlufs-verfahrens. 1. Die Folge der Gedanken wird durch eine Leidenschaft, a. B. Sch\u00fcchternheit oder Liebe bestimmt. 2. Ein Individuum \u00e4ndert seine ganze Gef\u00fchlsweise, z. B. bei einer Bekehrung, oder es geht nur ein emotioneller Zustand eines Individuums in einen anderen \u00fcber, z. B. eine sexuelle Liebe zu einem Menschen wird zu einer v\u00e4terlichen Liebe. R.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 39.\t26","page":385},{"file":"p0386.txt","language":"de","ocr_de":"386\nLiteraturbericht.\nschliefst aus dem Resultat auf eine Reihe unbewufster affektiver Urteile, die vorhergegangen sind. 3. Religi\u00f6se und \u00e4hnliche Bed\u00fcrfnisse bestimmen ein Schlufsverfahren, das zu gewissen Entdeckungen f\u00fchrt, z. B. zum Glauben an die Unsterblichkeit, zum Weissagen der Zukunft. 4. Ein Glaube, eine Meinung soll gerechtfertigt werden und bestimmt den Gang dee 8chlufsverfahrens. 5. Im \u201ePlaidoyer\u201c, in der Redekunst haben wir ein gemischtes Schlufsverfahren, das sich aus Elementen der rationellen und der Gef\u00fchlslogik zusammensetzt. Das letzte Kapitel ist eine Studie \u00fcber die sch\u00f6pferische affektive Einbildungskraft, d. h. eine Einbildungskraft, die ausschliefslich affektive Zust\u00e4nde verschiedener Natur in neue Beziehungen zusammenordnet. In ihrer reinsten Form tritt sie uns in der Musik entgegen, in weniger reinen Formen in der symbolistischen Dichtung, und bei gewissen Mystikern, die ganz in einem Gef\u00fchl leben, z. B. in der Liebe zu Christus.\nEs ist eines der Verdienste von Ribots Arbeit wohl zuerst in Frankreich, auf die \u00f6sterreichischen Werttheoretiker hingewiesen zu haben. Nicht berechtigt ist es, dafs er ohne eingehenden Beweis in einer Zeit, in der die Fragen nach den Werten auf das lebhafteste diskutiert werden, eine bestimmte, subjektivistische Werttheorie hinstellt. Geh\u00f6ren denn wirklich alle Werturteile in das Gebiet der Gef\u00fchlslogik ? Wird denn z. B. das Beweisverfahren bei wissenschaftlicher Er\u00f6rterung von Wertfragen immer durch den Wunsch bestimmt, bestimmte Wertthesen zu beweisen? Was R.s Meinung \u00fcber die sch\u00f6pferische affektive En-bildungskraft betrifft, so ist seine Behauptung, sie sei bisher nicht ber\u00fccksichtigt worden, was die deutschen Psychologen anbetrifft, nicht richtig, es k\u00e4men hier u. a. Dilthey, Lipps, Meinong in Betracht. R.'s Theorie selbst ist anfechtbar. Es gilt hier nicht zu beweisen, dafs Musik keine visuellen Vorstellungen erweckt, wie R. es versucht, sondern, dafs die Reihenfolge auditiver Vorstellungen durch eine rein affektive Phantasie bestimmt sei, w\u00e4hrend z. B. in der bildenden KunBt die entsprechenden formalen Verh\u00e4ltnisse nicht einen reinen Gef\u00fchlsausdrock darstellen w\u00fcrden. Das sind aber nur nebens\u00e4chliche Ausstellungen gegen\u00fcber dem Wert der neuen Gesichtspunkte, die R. in seinem Werke gibt.\nGeoethutsen (Berlin).\nMoritz Geiger. BemerkugOK nr Psychologie der GeflUtlselemente ud GefUls-verbindnngen. Arch. f. d. ges. Psychologie 4 (1 u. 2), 233\u2014288. 1904.\nDieser mit grofsem Fleifs und sch\u00f6nem Blick f\u00fcr die Vielgestaltigkeit des psychischen Geschehens gearbeitete Artikel stammt aus dem psychologischen Seminar der Universit\u00e4t M\u00fcnchen und steht auf dem Boden der Lipps'schen Gef\u00fchlslehre. Er ist meines Wissens der erste Versuch, die Mannigfaltigkeit wenigstens eines Teiles der konkreten Gef\u00fchlsgestaltungen vom Gesichtspunkte der genannten Lehre aus ph\u00e4nomenologisch (nicht genetisch) zu analysieren und in ein System zu ordnen.\nDer Verf. beginnt mit einer charakterisierenden Gegen\u00fcberstellung des Empfindungskomplexes und der Gef\u00fchlsverbindung und bestimmt den Begriff des Gef\u00fchlselementes dahin, dafs es den letzten Bestandteil eines Totalgef\u00fchles darstellt, der selbst\u00e4ndig auf einen Gegenstand bezogen werden","page":386}],"identifier":"lit32250","issued":"1905","language":"de","pages":"385-386","startpages":"385","title":"Th. Ribot: La logique des sentiments. Paris, F. Alcan. 1905. 200 S.","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:17:36.937570+00:00"}