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{"created":"2022-01-31T16:28:54.130648+00:00","id":"lit32322","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 38: 60-62","fulltext":[{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nLiteraturbericht.\nbegleitet ist und den Gesamtzustand begr\u00fcndet, welchen man als Gef\u00fchl des Wirklichen bezeichnen kann.\u201c (Wirklichkeit ist nach den durchschimmernden erkenntnistheoretischen Voraussetzungen f\u00fcr E. ungef\u00e4hr so viel als widerspruchslose Einordenbarkeit in das Erfahrungsganze.)\nIm f\u00fcnften Abschnitt schliefslich deutet R. die m\u00f6gliche \u00dcbersetzung seiner Ergebnisse in die Sprache der Physiologie an. Aufmerksamkeitserscheinungen kommen im Gegensatz zu Empfindungen dann zustande, wenn die Zahl der zentralen Koeffizienten gr\u00f6fser ist als die der peripheren. Je entwickelter und unabh\u00e4ngiger ein Nervensystem ist, desto zahlreichere und unter sich verbundene Zentren k\u00f6nnen bei geringf\u00fcgigem Aufsenreiz in grofser Kraft und Ausdehnung wirksam werden.\nJede Er\u00f6rterung des Aufmerksamkeitsproblems bedeutet schliefslich eine Psychologie in nuce. So etwas \u00c4hnliches ist denn auch K.s Abhandlung. Um so unvollkommener mufste daher das durch dies Referat gebotene Abbild seiner geistvollen, aber oft gewagten oder unzureichend begr\u00fcndeten Ausf\u00fchrungen sein ; um so zweckloser ist auch die Ankn\u00fcpfung kritischer Einw\u00e4nde.\tEttlinqer (M\u00fcnchen).\nHenri Pi\u00earon. L'auocUtion m\u00e9diate. Revue philot. 56 (8), 142\u2014149. 1903.\nDer Frage der mittelbaren Assoziationen, zuerst von Hamilton aufgeworfen, ist seit etwa zehn Jahren auch experimentell nachgegangen worden; wie P. meint, haben dabei alle Experimentatoren aufser Scripture. das Vorkommen mittelbarer Assoziationen verneinen m\u00fcssen. Mit Unrecht schreibt P. ein solches v\u00f6llig negatives Ergebnis auch der Arbeit von Cordes zu (Philos. Studien 17, vgl. dort S. 693.). Dort ist auch bereits darauf hingewiesen, dafs die vorwiegend negativen Ergebnisse sich aus ungeeigneten Versuchsbedingungen erkl\u00e4ren. P. formuliert seinen Einwand allgemeiner dahin, dafs die k\u00fcnstlich geformten Assoziationen solcher Experimente sich \u00fcberhaupt nicht zur Ausbildung mittelbarer Assoziationen eignen, w\u00e4hrend diese um so h\u00e4ufiger im freien Spiel der Assoziationen auftreten.\nP. schickt seiner durch Beispiele belegten Behauptung eine theoretische Begr\u00fcndung voraus. Nach einer entschiedenen Polemik gegen die \u201eatomi-stische\u201c Auffassung der Assoziationsglieder erkl\u00e4rt er schliefslich das g\u00e4nzliche Zur\u00fccktreten des zweiten und das unmittelbare Hervortreten des dritten Gliedes aus der engen Verbindung beider und dem \u00fcberwiegenden Interesse des dritten. Auch diese Erkl\u00e4rung findet sich im Wesen bereits bei Cordes (S. 733.).\tEttlinoer (M\u00fcnchen).\nA. Binet. De l\u00e4 leni\u00e4tlon i [\u2019Intelligence. Rev. philot. 56 (11), 449\u2014467;\n(12), 592- 618. 1903.\nVerf. hatte bereits fr\u00fcher die Beobachtung gemacht, dafs die intelligentesten und aufmerksamsten Sch\u00fcler auch die gr\u00f6fste Freiheit bez\u00fcglich des Tastens besitzen. Er gebrauchte dabei den KompafB von Weber. Sp\u00e4ter nahm er auch Erwachsene als Versuchspersonen. Er fand jedoch, dafs viele kleine psychologische Umst\u00e4nde, auf welche man im allgemeinen nicht Obacht hat, die Lage der Schwelle \u00e4ndern k\u00f6nnen, wobei unter Schwelle die geringste Entfernung verstanden wird, bei welcher die beiden","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Literatur bericht.\n61\nBer\u00fchrungspunkte als zwei verschiedene erfafst werden. Aus diesem Grunde verl\u00e4fst B. die Web mische Methode und wendet eine gr\u00f6bere an, welche nur ann\u00e4herungsweise Resultate liefert. B. machte bei seinen Versuchspersonen zwei Kontakte, jedesmal mit verschiedenen Entfernungen der Spitzen, und die Versuchspersonen mufsten angeben, ob ihnen beim ersten oder beim zweiten Male die Entfernung derselben gr\u00f6fser vorge. kommen w\u00e4re. Die Spitzen wurden ungef\u00e4hr 1 Sek. lang auf die Haut aufgesetzt, und zwar m\u00f6glichst auf denselben Punkten, und dann rasch abgehoben. Meist erfolgten die Antworten der Versuchspersonen langsam, so dafs in 1 Min. nur eine Beobachtung gemacht werden konnte. B. nimmt eine konstante Entfernung von \u00f6 mm an. Sodann l\u00e4fst er die ganze Reihe der Entfernungen von 6 bis 12 oder 16 mm immer mit derselben Entfernung von 5 mm vergleichen. F\u00fcr jede Art der Entfernung erfolgt das Vergleichen 5 mal, wobei die kleinere Entfernung 3 mal als erste, 2 mal als zweite fungiert Diese Methode bildet eine Kombination der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle und in der Methode der geringsten \u00c4nderung.\nVerf. sondert nun auf Grund der gewonnenen Resultate zun\u00e4chst zwei Klassen von Versuchspersonen aus. Er nennt sie die \u201ebewufsten\u201c und die \u201eunbewufsten\u201c. Erster\u00a9 sind aufserstande, zu sagen, wie sie die Entfernungen vergleichen. Manche unter ihnen glauben, dafs sie \u00fcberhaupt nach dem Zufall antworten. Doch t\u00e4uschen sie sich hierbei. Denn sie geben eine Anzahl richtiger Antworten und zeigen dadurch, dafs sie doch nach einer gewissen Richtschnur perzipieren. Andere sind von dem Ernst der Arbeit \u00fcberzeugt. Was zweitens \u201edie Bewufsten\u201c betrifft, so besitzen dieselben wirklich ein Bewufstsein von den Vorg\u00e4ngen. Sie wenden vier Hauptmethoden zum Vergleichen an: 1. Eine Interpretation, welche sich auf die Form und den einfachen oder doppelten Charakter der Ber\u00fchrung bezieht; 2. Vergleichen durch abstrakte Lokalisierung; 3. Vergleichen durch konkrete Lokalisierung ; 4. eine Interpretation, welche sich auf den stehenden Charakter der Empfindung bezieht. Bez\u00fcglich 1. f\u00fchlt die Person zuerst einen einzigen Punkt, nachher zwei. Sie schliefst daraus, dafs die erste Entfernung kleiner war als die zweite. Bei der abstrakten Lokalisierung wird von der Gegend, in welcher die Ber\u00fchrung stattfindet, abgesehen. Das Individuum lokalisiert die Spitzen nicht auf seiner Hand, sondern auf einer undefinierbaren Fl\u00e4che. Bei der konkreten Lokalisierung dagegen vergegenw\u00e4rtigt sich die Person alle Einzelheiten ihrer Hand. Gen\u00e4herte Spitzen verursachen einen schmerzhafteren Eindruck als entferntere. Die hierher geh\u00f6rigen Versuchspersonen sind diesmal M\u00e4nner, zum Unterschied von denen der vorhergehenden Klasse, welche weiblichen Geschlechts waren. Verf. bezeichnet sie als dem normalen Typus zugeh\u00f6rig. Die erste Versuchsperson wendet die Mafsregeln 1. und 2. an. Bei ihr beharrt die Empfindung der ersten Ber\u00fchrung, w\u00e4hrend die zweite stattfindet, so dafs die Verbindungslinien der Spitzen sich teilweise decken: Auf diese Weise werden nicht zwei Urteile, sondern zwei Empfindungen miteinander verglichen. Die Lokalisierung der beiden Kontakte erfolgt in abstrakter Weise. Eine andere Person bedient sich der verschiedensten Mafsregeln: 8ie vergleicht bald zwei Empfindungen, bald zwei Urteile miteinander. Die vier Punkte liegen entweder auf einer Linie, und zwar so,","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nLitcratwrbericht.\nda\u00df die Verbindungslinie des einen Paares zugeh\u00f6riger Punkte als k\u00fcrzere auf der Verbindungslinie des anderen Paares zu liegen kommt, oder wieder so, wie vorher, dafs n\u00e4mlich die Verbindungslinien sich teilweise decken. Oder die vier Punkte liegen einander auf zwei Linien gegen\u00fcber. In vielen F\u00fcllen hat sie abstrakte Gesichtsvorstellungen von ihrer Hand. Sie sieht dann ihre Hand wie eine Zeichnung auf dem Papier. In anderen F\u00fcllen findet eine konkrete Lokalisierung statt. \u2014 Weiterhin geht Verf. zu den abweichenden Typen \u00fcber. Er versteht darunter Personen, welche sich durch die Entwicklung einer speziellen F\u00e4higkeit vom Mittelm\u00e4\u00dfigen unterscheiden. Zwei Typen werden herausgehoben : der visuelle und der verbale. Bei einer Person, welche dem visuellen Typus angeh\u00f6rte, fand er, dafs sie sich das Experiment bis in seine Einzelheiten mittels des Gesichts vorstellte. Die dem verbalen Typus angeh\u00f6rigen Personen konnten feinere Differenzen nicht miteinander vergleichen, weil sie die entsprechenden Empfindungen nicht in Worte zu kleiden vermochten. \u2014 Endlich behandelt Verf. noch zwei hyper\u00e4sthetische Personen. Bei ihnen \u00fcbertrifft die Sch\u00e4rfe der Perzeption das Mittelm\u00e4\u00dfige. Hier war es namentlich ein Dienstm\u00e4dchen, bei welchem alle Experimente besonders gut gelangen. Sie war imstande, eine Entfernung von 6 mm sofort ohne vorausgegangene \u00dcbung zu f\u00fchlen. Voneinander entferntere Punkte erschienen dem M\u00e4dchen feiner als einander gen\u00e4herte.\nAllen diesen Experimenten sind en\u00dfprechende Tabellen beigef\u00fcgt.\nZum Schlu\u00df gibt B. noch eine \u00dcbersicht \u00fcber das Gefundene. Zun\u00e4chst f\u00e4llt die gro\u00dfe Verschiedenheit der individuellen Differenzen auf. D. lie\u00df an seine Versuchspersonen nicht die Aufforderung ergehen, Entfernungen zu messen, noch anzugeben, ob sie einen Punkt oder zwei f\u00fchlten, sondern nur einfach zu beschreiben, was sie empf\u00e4nden. Zur Vollendung des Experimentes verlangte er jedoch, da\u00df seine Versuchspersonen, sobald sie bis zur Perzeption eines einzigen Punktes gelangt w\u00e4ren, sich M\u00fche geben sollten, zwei Punkte zu sehen. Umgekehrt, sobald ihnen die Perzeption der beiden Punkte gelungen war, mu\u00dften sie sich einbilden, da\u00df sie nur einen s\u00e4hen. In beiden F\u00e4llen lie\u00df sich Verf. so genau als m\u00f6glich beschreiben, wie sie das machten. Er glaubte dadurch zu bewirken, dafs sie ihre Aufmerksamkeit dem Empfinden intensiver zuwendeten als dem Vergleichen. Verf. berichtet auch \u00fcber die Schwierigkeiten, welche das Experimentieren hatte. Doch m\u00f6ge hier\u00fcber das Original nachgelesen werden.\tG lessleb (Erfurt).\nWukakxdts Francken. Psychologie de la croyance en l\u2019immortalit\u00e9. Rev.\nphilos. 6\u00ab (9), 272\u2014282. 1903.\nDer Glaube an die Unsterblichkeit ist eins der am weitesten verbreiteten Probleme, zugleich eins der schwierigsten. Es fragt sich, welches die psychologischen Beweggr\u00fcnde zu diesem Glauben sind. Mu\u00df man nicht mit demselben Rechte den Seelen der Tiere Unsterblichkeit zuerteilen wie den menschlichen? Wie kommt es, da\u00df manche Religionen die Unsterblichkeit so energisch zur\u00fcckweisen? Auf alle F\u00e4lle bestehen enge Beziehungen zwischen dem Glauben an die Unsterblichkeit und der Religion; der Boden, auf welchem beide erwachsen, ist derselbe. Ja, keine","page":62}],"identifier":"lit32322","issued":"1905","language":"de","pages":"60-62","startpages":"60","title":"A. Binet: De la sensation \u00e0 l'intelligence. Rev. philos. 56 (11), 449-467; (12), 592-618. 1903","type":"Journal Article","volume":"38"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:28:54.130654+00:00"}