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{"created":"2022-01-31T15:46:26.044653+00:00","id":"lit32323","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 38: 62-63","fulltext":[{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nLitcratwrbericht.\nda\u00df die Verbindungslinie des einen Paares zugeh\u00f6riger Punkte als k\u00fcrzere auf der Verbindungslinie des anderen Paares zu liegen kommt, oder wieder so, wie vorher, dafs n\u00e4mlich die Verbindungslinien sich teilweise decken. Oder die vier Punkte liegen einander auf zwei Linien gegen\u00fcber. In vielen F\u00fcllen hat sie abstrakte Gesichtsvorstellungen von ihrer Hand. Sie sieht dann ihre Hand wie eine Zeichnung auf dem Papier. In anderen F\u00fcllen findet eine konkrete Lokalisierung statt. \u2014 Weiterhin geht Verf. zu den abweichenden Typen \u00fcber. Er versteht darunter Personen, welche sich durch die Entwicklung einer speziellen F\u00e4higkeit vom Mittelm\u00e4\u00dfigen unterscheiden. Zwei Typen werden herausgehoben : der visuelle und der verbale. Bei einer Person, welche dem visuellen Typus angeh\u00f6rte, fand er, dafs sie sich das Experiment bis in seine Einzelheiten mittels des Gesichts vorstellte. Die dem verbalen Typus angeh\u00f6rigen Personen konnten feinere Differenzen nicht miteinander vergleichen, weil sie die entsprechenden Empfindungen nicht in Worte zu kleiden vermochten. \u2014 Endlich behandelt Verf. noch zwei hyper\u00e4sthetische Personen. Bei ihnen \u00fcbertrifft die Sch\u00e4rfe der Perzeption das Mittelm\u00e4\u00dfige. Hier war es namentlich ein Dienstm\u00e4dchen, bei welchem alle Experimente besonders gut gelangen. Sie war imstande, eine Entfernung von 6 mm sofort ohne vorausgegangene \u00dcbung zu f\u00fchlen. Voneinander entferntere Punkte erschienen dem M\u00e4dchen feiner als einander gen\u00e4herte.\nAllen diesen Experimenten sind en\u00dfprechende Tabellen beigef\u00fcgt.\nZum Schlu\u00df gibt B. noch eine \u00dcbersicht \u00fcber das Gefundene. Zun\u00e4chst f\u00e4llt die gro\u00dfe Verschiedenheit der individuellen Differenzen auf. D. lie\u00df an seine Versuchspersonen nicht die Aufforderung ergehen, Entfernungen zu messen, noch anzugeben, ob sie einen Punkt oder zwei f\u00fchlten, sondern nur einfach zu beschreiben, was sie empf\u00e4nden. Zur Vollendung des Experimentes verlangte er jedoch, da\u00df seine Versuchspersonen, sobald sie bis zur Perzeption eines einzigen Punktes gelangt w\u00e4ren, sich M\u00fche geben sollten, zwei Punkte zu sehen. Umgekehrt, sobald ihnen die Perzeption der beiden Punkte gelungen war, mu\u00dften sie sich einbilden, da\u00df sie nur einen s\u00e4hen. In beiden F\u00e4llen lie\u00df sich Verf. so genau als m\u00f6glich beschreiben, wie sie das machten. Er glaubte dadurch zu bewirken, dafs sie ihre Aufmerksamkeit dem Empfinden intensiver zuwendeten als dem Vergleichen. Verf. berichtet auch \u00fcber die Schwierigkeiten, welche das Experimentieren hatte. Doch m\u00f6ge hier\u00fcber das Original nachgelesen werden.\tG lessleb (Erfurt).\nWukakxdts Francken. Psychologie de la croyance en l\u2019immortalit\u00e9. Rev.\nphilos. 6\u00ab (9), 272\u2014282. 1903.\nDer Glaube an die Unsterblichkeit ist eins der am weitesten verbreiteten Probleme, zugleich eins der schwierigsten. Es fragt sich, welches die psychologischen Beweggr\u00fcnde zu diesem Glauben sind. Mu\u00df man nicht mit demselben Rechte den Seelen der Tiere Unsterblichkeit zuerteilen wie den menschlichen? Wie kommt es, da\u00df manche Religionen die Unsterblichkeit so energisch zur\u00fcckweisen? Auf alle F\u00e4lle bestehen enge Beziehungen zwischen dem Glauben an die Unsterblichkeit und der Religion; der Boden, auf welchem beide erwachsen, ist derselbe. Ja, keine","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n63\nReligion kann im Grunde genommen bestehen, ohne den Glauben an ein zuk\u00fcnftiges Leben, in welchem Belohnung und Bestrafung erfolgt. Trotzdem gibt es Religionen, fttr welche jeder Wunsch ein Leiden ist, die Vernichtung des Individuums als h\u00f6chstes erstrebenswertes Gut gilt, der Buddhismus. Buddha hielt die Fragen \u00fcber den Ursprung und Zweck des Universums, desgleichen die Fragen \u00fcber die Unendlichkeit oder Begrenztheit der Welt f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcssig. Nach ihm kehren die Seelen nach dem Tode in den Schofs des universellen Geistes zur\u00fcck. Auch Confucius besch\u00e4ftigte sich nur mit der Moral.\nDie Quellen f\u00fcr den Glauben an die Unsterblichkeit sind der Wille zum Leben, welcher der Seele tief eingepflanzt ist, ferner die Macht der Einbildung, \u00e4hnlich wie im Traume. Nach Pbschbl hat die Idee der Unsterblichkeit sogar in den Tr\u00e4umen ihren Ausgangspunkt Da die Tr\u00e4ume uns Verstorbene wiederzeigen, so konnte bei den Naturv\u00f6lkern, welche von Psychologie und Physiologie keine Ahnung haben, leicht die Idee von der Immaterialit\u00e4t und Unabh\u00e4ngigkeit der Seele aufkommen, von der M\u00f6glichkeit, dafs die Seele den K\u00f6rper verlassen kann, ohne zugrunde zu gehen. Weitere Motive f\u00fcr den Glauben an die Unsterblichkeit der Seele sind der Glaube an den moralischen Ausgleich und an die Vollendung der Menschen in einer anderen Welt.\tGibsslbb (Erfurt).\nL. Dugas. La padear: \u00e9tude psychologique. Rev. ph\u00fc. 56 (11), 468\u2014487. 1903.\nDie Schamhaftigkeit ist nicht eigentlich ein Gef\u00fchl, sondern eine Art und Weise zu f\u00fchlen, n\u00e4mlich eine Reserve, welche man sich auferlegt. Die naturalistische Theorie definiert die Scham als die Furcht vor der Liebe, vor ihren Folgen und Gefahren. Nach Verf. ist die Scham kein Hindernis der Liebe, sondern ein nat\u00fcrlicher Z\u00fcgel, welcher sie in den Bedingungen ihrer normalen Entwicklung h\u00e4lt. Sie kr\u00e4ftigt den Kern der Liebe und macht die Entfaltung derselben um so sicherer. Sie bewahrt das Weib von einer zu fr\u00fchen Entwicklung ihres Organs. Die Scham spielt ihre Rolle im Streit der Geschlechter; Sie sch\u00fctzt das geliebte Wesen gegen das \u00dcbermafs der W\u00fcnsche des Liebenden. Insofern hat die Scham die Liebe zivilisiert. Denn bei den Wilden mit ihren brutalen Liebes-ann\u00e4herungen ist die Scham des Weibes noch zusammengesetzt aus Furcht, Zorn, Entr\u00fcstung und Abscheu. Die eigentliche Scham stellt den Kampf eines liebenden Herzens gegen die Liebe dar. \u2014 Die Scham hat aber auch eine positive Seite. Sie tritt als Koketterie auf, d. h. als Kunst, durch Zur\u00fcckhaltung anzuziehen. Der eigentliche Ursprung der Koketterie ist darin zu suchen, dafs das Wesen, welches err\u00f6tet und verwirrt ist, seine Erregung nicht zeigen will. Es heuchelt daher Ungezwungenheit. Im allgemeinen entspringt die Koketterie \u201eaus dem Antriebe der Liebe und der Scham\u201c. Daher r\u00fchren ihre widerspruchsvolle Natur, ihre Angriffe und Verteidigungen, ihr Vorgehen und Zur\u00fcckgehen. \u2014 Die Scham ist im Grunde eine nat\u00fcrliche und berechtigte Furcht vor der Liebe. Sie verhindert das Weib, sich dem Manne aus Laune hinzugeben. Das Schamgef\u00fchl ist das Gef\u00fchl f\u00fcr die W\u00fcrde der Liebe und die Verantwortlichkeit, welche sie in sich schliefst. \u2014 Betrachtet man die Scham mit Bezug auf","page":63}],"identifier":"lit32323","issued":"1905","language":"de","pages":"62-63","startpages":"62","title":"Wijnaendts Francken: Psychologie de la croyance en l'immortalit\u00e9. Rev. philos. 56 (9), 272-282. 1903","type":"Journal Article","volume":"38"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:46:26.044659+00:00"}