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{"created":"2022-01-31T16:29:09.263152+00:00","id":"lit32330","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schultze, Ernst","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 27: 444-447","fulltext":[{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"444\nLitera twrbericki.\naber die Analyse h\u00e4ufig unterst\u00fctzt wird durch Zuhilfenahme physiologischer Parteien und in einzelnen F\u00e4llen ohne dieselbe unm\u00f6glich ist.\u201c\nDem Vorstehenden sei noch hinzugef\u00fcgt, dafs der Arbeit ein madbug reiches Literaturverzeichnifs angeh\u00e4ngt ist.\tKiesow (Turin).\nL. L\u00f6wenfeld. Der Hypnotismus. Handbuch der Lehre von der Hypnose uA der Suggestion mit besonderer Ber\u00fccksichtigung ihrer Bedeutung flr Modle in und Rechtspflege. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1901. 522 S.\nNach einem lehrreichen Ueberblick \u00fcber die Geschichte des Hypnotismus geht Verf. zum eigentlichen Thema \u00fcber. Dabei setzt er ein bei dem mehrsinnig gebrauchten und deshalb leicht zu Irrth\u00fcmer f\u00fchrenden Begriff der Suggestion, die er selber definirt als \u201edie Vorstellung eineB psychischen oder psychophysischen Thatbestandes, welche in Folge von Beschr\u00e4nkung oder Aufhebung der associativen Th\u00e4tigkeit durch Herbeif\u00fchrung dieses Thatbestandes eine aufsergew\u00f6hnliche Wirkung \u00e4ulsert.\u201c Je nach dem Entstehungsmodus k\u00f6nnen wir directe und indirecte, Fremd- und Autosuggestionen unterscheiden, je nach dem Verhalten zum Bewufstsein be-wufste und unbewufste (oder unterbewufste) ; schliefslich trennt man noch Wach- von hypnotischen und posthypnotischen Suggestionen. Nachdr\u00fccklich hebt er hervor, dafs der Suggestion ein gewisser, verschieden ausgepr\u00e4gter Zwangscharakter anhaftet. Suggestibilit\u00e4t umschreibt Verf. als die Neigung zur Bildung von Suggestionen auf \u00e4ufsere oder innere Anregungen; sie ist eine Disposition der Psyche, welche sich im# Ausfall oder in einer Abschw\u00e4chung der associativen Th\u00e4tigkeit gewissen Vorstellungen gegen\u00fcber, d. h. in kritikloser Annahme gewisser Vorstellungen \u00e4ufsert. Man mufs hier die normale von der abnormen oder gesteigerten Suggestibility trennen. Der Typus der letzteren ist die Hypnose, die keinen krankhaften, insbesondere hysterischen, sondern nur einen arteficiell erzeugten, eigenartigen, physiologischen Zustand darstellt, der durch gesteigerte Suggestibilit\u00e4t ausgezeichnet ist und dem nat\u00fcrlichen Schlafe nahe steht. L. bezeichnet die Hypnose geradezu als einen Zustand psr^ fielen Schlafes. Jeder geistig gesunde Mensch l\u00e4fst sich hypnotisiren, d. h. durch Hypnotisirungsproceduren in irgend einen Grad des hypnotischen Zustandes versetzen, wie zuerst und mit Nachdruck Fobel betonte. Nat\u00fcrlich ist die Hypnotisirbarkeit individuell recht verschieden und von den verschiedensten \u00e4ufseren und inneren Momenten abh\u00e4ngig. Zutreffend wird dabei hervorgehoben, dafs Geisteskranke sich schwer hypnotisiren lassen.\nBei der Technik der Hypnotisirung unterscheidet Verf. trotz der scheinbar aufserordentlichen Mannigfaltigkeit der hypnosigenen Mittel sensorielle Beize (Fixation, mesmerische Striche) und die directe Erweckung von Schlafvorstellungen (durch verbale Eingebung oder auf anderem Wege> Die letztere, die suggestive Methode, ist gegenw\u00e4rtig am meisten verbreitet. Die f\u00fcr die Einleitung der Hypnose zutreffenden Vorbereitungen und ihre verschiedenen Modificationen werden ausf\u00fchrlich geschildert, insbesondere die Methode von Bernheim, die vom Verf. und die sogenannte fractionirte Methode von Vogt.\nSehr eingehend v\u00ab erden. naXSvthskv d\\e Nexwskvxedw\u00fc\u00c4n.\tund","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n445\nsomatischen Erscheinungen der normalen Hypnose abgehandelt ; besonders lesenswerth werden f\u00fcr die Leser dieser Zeitschrift die Ausf\u00fchrungen \u00fcber Empfindungsst\u00f6rungen, Hallucinationen und negative Hallucinationen sein, welch\u2019 letztere Verf. \u201eselective An\u00e4sthesie\u201c zu benennen vorschl\u00e4gt.\nDen Erscheinungen der normalen Hypnose stehen gegen\u00fcber die der pathologischen Hypnose, die im Grofsen und Ganzen als Mischformen von Hypnose und hysterischen Zust\u00e4nden aufgefafst werden k\u00f6nnen. Nat\u00fcrlich giebt es fliefsende Ueberg\u00e4nge zwischen normalen und pathologischen Hypnosen wie die hypnotischen Zust\u00e4nde, in deren Verlauf somnambule Tr\u00e4ume auftraten.\nVon besonderem Interesse sind auch f\u00fcr den Laien die posthypnotischen Erscheinungen und hier vor Allem die mit l\u00e4ngerer Verfallzeit (suggestion \u00e0 \u00e9ch\u00e9ance). Seine Ausf\u00fchrungen belegt Verf. mit einer Reihe von zum Theil geradezu frappanten, fremden und eigenen Beobachtungen. Das Experiment gelang hierbei, auch wenn die Verfallzeit Monate dauerte, und die suggerirte Handlung noch so fremd und eigenartig war. In einem mitgetheilten Falle realisirte sich die Eingebung genau nach 4335 Min., wie suggeriert war.\nDie weiteren Capitel \u00fcber aufsergew\u00f6hnliche Erscheinungen des Somnambulismus und der Hypnose verwandte Zust\u00e4nde k\u00f6nnen wir hier f\u00fcglich \u00fcbergehen, da die vom Verf. geschriebene und das gleiche Thema behandelnde Arbeit \u201eSomnambulismus und Spiritismus\u201c bereits fr\u00fcher hier eine eingehende Besprechung erfahren hat. Er weist hierbei besonders scharf die Meinung zur\u00fcck, als ob die Hypnose eine Art von arteficiell erzeugter Psychose sei; gegen eine Gleichstellung mit der Demenz spreche die M\u00f6glichkeit geistiger Th\u00e4tigkeit und das Verhalten des Ged\u00e4chtnisses; von der Verr\u00fccktheit unterscheide sich die Hypnose dadurch, dafs wahnhafte Vorstellungen bei ihr nach Belieben erzeugt und beeinflufst werden k\u00f6nnen. Die gesteigerte Suggestibilit\u00e4t ist das Hauptcharakteristicum hypnotischer Zust\u00e4nde, und die finden wir nur bei wenigen Geistesst\u00f6rungen und auch da nur in beschr\u00e4nktem Maafse.\nWie schon oben bemerkt ist,, fafst Verf. die Hypnose als eine Form partiellen Schlafs auf. Er nimmt dementsprechend auch an, dafs ihr die gleichen physiologischen Ver\u00e4nderungen in dem functionellen Verhalten der corticalen Elemente zu Grunde liegen wie dem nat\u00fcrlichen Schlafe. Nun giebt es eine Reihe von Schlaftheorien. Wie Verf. aber ausf\u00fchrt, kann nun die Annahme zutreffen, dafs f\u00fcr das Einschlafen ein Zustand corticaler An\u00e4mie erforderlich ist, der gegen\u00fcber die Erm\u00fcdung eine weniger wichtige Rolle spielt. Sehr wahrscheinlich wird jene Schlafan\u00e4mie des Gehirns durch Erregung eines vasomotorischen Centrums in der Medulla oblongata, dem Schlafcentrum Vogt\u2019s, zu Stande kommen. Bei der Hypnose durch verbale Suggestion werden die dem Einschlafen vorhergehenden Vorstellungen erweckt, und diese erregen in Folge eines erworbenen functionellen Connexes jenes vasomotorische Centrum. Eint\u00f6nige Reize rufen Erm\u00fcdung und damit Schlafvorstellung hervor. Mit dieser Auffassung lassen sich die drei Hauptph\u00e4nomene auf psychischem Gebiete, die Einschr\u00e4nkung der associativen Th\u00e4tigkeit, die Herabsetzung der Willensenergie und die erh\u00f6hte Suggestibilit\u00e4t, erkl\u00e4ren.","page":445},{"file":"p0446.txt","language":"de","ocr_de":"446\nLiteraturbericht\nZwei ausf\u00fchrliche Capitel sind der Bedeutung der Suggestion und Hypnose f\u00fcr die Medicin und die Rechtspflege gewidmet, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen zu werden braucht, da sie eben vorwiegend den Praktiker und den Sachverst\u00e4ndigen interessiren.\nAn dieser Stelle kommt mehr die Bedeutung des Hypnotismus f\u00fcr die Psychologie in Betracht, die von den verschiedenen Autoren eine recht verschiedene Beurtheilung erf\u00e4hrt. Indes mufs man doch zugeben, dafis durch den Hypnotismus die Psychologie nicht nur um ein neues Capitel bereichert ist, sondern auch unsere Erkenntnifs in den verschiedenen psychologischen Gebieten erheblich gef\u00f6rdert wurde. Hinsichtlich der normalen Psychologie haben wir mannigfache Aufkl\u00e4rung erhalten \u00fcber die Sinnespsychologie, in der Lehre von der Willensth\u00e4tigkeit, vom Ged\u00e4chtnis, von den un- oder unterbewufsten psychischen Th\u00e4tigkeiten, sowie in der Kenntnifs von den k\u00f6rperlichen Wirkungen seelischer Zust\u00e4nde. Noch fruchtbarer wirkte der Hypnotismus auf die pathologische Psychologie, indem er das Verst\u00e4ndnifs anbahnte f\u00fcr den autosuggestiven Ursprung zahlreicher hysterischer und anderer nerv\u00f6ser Symptome. Letzthin ist von Vogt die Anwendung der directen psychologischen Experimentalmethode in gewissen hypnotischen Zust\u00e4nden empfohlen worden, und die bereits erzielten Resultate lassen noch manche bedeutsame F\u00f6rderung erhoffen.\nSchliefslich haben auch unsere Ansichten \u00fcber Massen- und V\u00f6lkerpsychologie aus der Lehre der Suggestion und der Hypnose reichen Nutzen gezogen. Warum freilich die Massenpsyche, wenn wir die Masse als eine geistiger Th\u00e4tigkeit f\u00e4hige Einheit betrachten, in der Regel suggestibler ist als die Einzelpsyche, kann bisher noch nicht befriedigend erkl\u00e4rt werden. Verf. legt grofsen Werth auf die Art der Suggestion. Die Suggestion der Massen sei keine allgemein gesteigerte, sagt Verf. ; sie gehe nur in gewissen Richtungen \u00fcber die Durchschnittssuggestibilit\u00e4t der sie bildenden Einzelindividuen hinaus; sie sei mit anderen Worten im Wesentlichen electiver Natur. So zeigen, um das an einem Beispiele darzuthun, die Conservativen in der Regel f\u00fcr die socialistischen Eingebungen nicht die geringste Empf\u00e4nglichkeit und umgekehrt. In Versammlungen wird die geistige Pers\u00f6nlichkeit der einzelnen Theilnehmer eingeschr\u00e4nkt, und dementsprechend ihr geistiger Horizont eingeengt; weiter wirken mit Voreingenommenheit, die Gem\u00fcthsverfassung, der Mangel des Gef\u00fchls pers\u00f6nlicher Verantwortlichkeit, die Nachahmungssucht. Kurz und pr\u00e4gnant werden Erscheinungen der Massensuggestion auf religi\u00f6sem, politischem, wirthschaftliehern Gebiete, auf dem der Mode, Literatur und Kunst skizzirt\nDas d\u00fcrfte gen\u00fcgen, um den Beweis zu erbringen, dafs Verf. das Ziel erreicht hat, welches ihm bei der Abfassung der vorliegenden Arbeit vor Augen schwebte, n\u00e4mlich eine m\u00f6glichst vollst\u00e4ndige Darstellung des That-s\u00e4chlichen und WTissenswerthen auf dem Gebiete des Hypnotismus zu geben. In der That fehlte es uns an einer dem derzeitigen Stande der Wissenschaft entsprechenden Darstellung, und Verf. war mit seiner reichen Erfahrung sicherlich der Berufene, diese L\u00fccke auszuf\u00fcllen. Die Form der Darstellung ist anregend', d\\e\tnwd. Beobachtungen anderer\nAutoren weiden \\>erdeVe\\e\\v\\\\gt. nnd Vv\\N\u00c0&<2n","page":446},{"file":"p0447.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht\n447\nder wichtigeren, seit dem Jahre 1890 publicirten Literatur ist beigef\u00fcgt. Somit wird die Arbeit die gute Aufnahme finden, die sie verdient.\nErnst Schultze (Andernach).\nP. Sollier. Psychologie de l\u2019Idiot et de Flmb\u00e9ciie. II. \u00e9dition. Paris, Felix Alcan, 1901. 236 S.\nAuf das interessante Werk von Sollier wurde bereits im dritten Band dieser Zeitschr. des N\u00e4heren hingewiesen gelegentlich der Uebertragung ins Deutsche durch Brie (Bd. Ill, S. .2401). Sollier\u2019s Werk erschien in erster Auflage im Jahre 1891, die deutsche Uebertragung im selben Jahre. Sp\u00e4ter wurde es durch Goldbaum 1893 ins Polnische \u00fcbersetzt. Jetzt ist die zweite franz\u00f6sische Ausgabe erschienen, die \u00fcbrigens im Wesentlichen nur ein Abdruck der ersten Ausgabe ist. Von der deutschen Uebertragung ist bisher die zweite Auflage nicht erschienen. Mit Unrecht. Das Werk verdient wirklich weiteren Kreisen bekannt zu werden.\tUmpeenbach.\nWtachsmuth. Cerebrale Kinderl\u00e4hmung und Idiotie. Arch, f\u00fcr Psychiatrie 34, 787\u2014841.\nAn der Hand von 22 Krankengeschichten kommt W. zu dem Resultat, dafs Idiotie und cerebrale Kinderl\u00e4hmung in Aetiologie, Symptomatologie und vielleicht auch pathologischer Anatomie eine so grofse Zahl von Ber\u00fchrungspunkten haben, dafs wir diese Thatsache nicht als zuf\u00e4llig und oberfl\u00e4chlich auffassen d\u00fcrfen. Belastung, Infectionskrankheit und Trauma bilden in vielen F\u00e4llen f\u00fcr Idiotie und cerebrale Kinderl\u00e4hmung die Aetiologie. Nicht jede Idiotie l\u00e4fst sich aus der cerebralen Kinderl\u00e4hmung, resp. deren Initiall\u00e4sion, die Encephalitis ableiten, \u2014 doch mufs man annehmen, dafs die cerebrale Kinderl\u00e4hmung viel h\u00e4ufiger ist, als durchschnittlich angenommen wird. ,Die L\u00e4hmung verschwindet h\u00e4ufig ganz. L\u00e4hmung und geistige Schw\u00e4che laufen nicht parallel. Es giebt F\u00e4lle, die in geistiger und k\u00f6rperlicher Beziehung zu einer restitutio ad integrum f\u00fchren, \u2014 andere, die psychisch keine dauernden Sch\u00e4digungen erkennen lassen, wohl aber auf k\u00f6rperliche Gebiete L\u00e4hmungen zeigen. Wieder andere F\u00e4lle weisen psychische Sch\u00e4digungen auf, aber keine somatischen, \u2014 w\u00e4hrend schliefslich eine vierte Reihe von F\u00e4llen psychische und somatische dauernde St\u00f6rungen erkennen lassen.\tUmpeenbach.\nBernard Hollander. Tbe Cerebral localisation of Melancholia. Journ. of Ment Science 47 (198), 458-485. 1901.\nHerr Hollander hat die Psychiatrie um eine wichtige Erkenntnifs bereichert: die Melancholie sitzt im Scheitellappen. Melancholie wird eingangs als eine Geisteskrankheit definirt, die ausschliefslich das Ge-m\u00fcthsleben afficirt, die Intelligenz aber unber\u00fchrt l\u00e4fst; dann wird jedoch ganz kritiklos jeder als melancholisch bezeichnet, der deprimirt, traurig, apathisch, \u00e4ngstlich ist; doch H. thut ja nur, was viele Andere auch thun: mit dem Worte Melancholie ist von jeher Unfug getrieben worden. Es werden eine grofse Menge von F\u00e4llen aus der neueren und \u00e4lteren Literatur referirt, eigene Beobachtungen scheinen H. nicht zur Verf\u00fcgung zu stehen. Darunter findet sich alles M\u00f6gliche: Sch\u00e4delimpressionen, Hirn-","page":447}],"identifier":"lit32330","issued":"1902","language":"de","pages":"444-447","startpages":"444","title":"L. L\u00f6wenfeld: Der Hypnotismus. Handbuch der Lehre von der Hypnose und der Suggestion mit besonderer Ber\u00fccksichtigung ihrer Bedeutung f\u00fcr Medicin und Rechtspflege. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1901. 522 S","type":"Journal Article","volume":"27"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:29:09.263158+00:00"}