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{"created":"2022-01-31T16:33:26.429332+00:00","id":"lit32358","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Abraham, K.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 38: 79-80","fulltext":[{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Literatur bericht.\n79\nliehe, sondern als eine enge Verbindung dreier Elemente : eines \u00e4sthetischen, rationalen und sympathischen. M. charakterisiert diese drei und ihre geschichtliche Entwicklung im einzelnen. Bei diesem \u00dcberblick werden mancherlei Einzelbeziehungen geistreich auf gedeckt, ohne dafs der Verf. seiner Forderung eines streng erfahrungsm\u00e4fsigen Vorgehens im ganzen gerecht w\u00fcrde. Am eingehendsten und einleuchtendsten sind seine Bemerkungen \u00fcber die sittlichen Anschauungen der alten Griechen, ins-tfeeondere Hohem. An auff\u00e4lligen Mifsverst\u00e4ndnissen dagegen leidet u. a. seine Auffassung der christlichen Sittenlehre und der Kantschen Ethik. Als allgemeinstes Ergebnis wird gewonnen, dafs die Entwicklung des \u00e4sthetischen Elements der des rationalen, und diese der des sympathischen die Wege geebnet habe. Jeder Kulturstufe eigne ihr besonderes Moralit\u00e4tsideal. Darauf m\u00fcsse bei der Zivilisation ganzer V\u00f6lker, wie bei der Erziehung des Einzelnen mehr geachtet werden.\nIm ganzen erhebt sich die Abhandlung nicht \u00fcber die Stufe eines sch\u00f6ngeistigen Essays.\tEttlinoek (M\u00fcnchen).\nD. Gdsti. Egoismus und Altruismus Zar soziologischen Motivation des praktischen V\u00f6llens. Vierteljahr \u00bbsehr. f. wieg. Philos. u. Sotiol. 28 (N. F. III), fl), 1-22; (2), 124-165. 1904.\nDiese beachtenswerte Studie bespricht im ersten, vorwiegend historischen Teile die Lehren Comtes und Spencebs \u00fcber Egoismus und Altruismus in ablehnendem Sinne; die Ethik d\u00fcrfe nicht auf diese individualpsychologisch determinierten Begriffe, sondern nur auf v\u00f6lkerpsychologisch ermittelte, typische Motivformen gegr\u00fcndet werden. Die letzteren werden im zweiten Teile der Abhandlung bezeichnet und umfassen einerseits die \u201eTriebfedern\u201c der Selbstliebe, Sympathie und Ehrfurcht, die mit der Apperzeptionst\u00e4tigkeit in genetischer Verbindung stehen, andererseits die dem Vorstellungsbereich angeh\u00f6renden \u201eBeweggr\u00fcnde\u201c, n\u00e4mlich Wahr-nehmungs-, Verstandes- und Vernunftmotive, bei deren Wirksamkeit das Heterogonieg\u00e8setz (der Verf. bekennt sich in allem wesentlichen zu Wcndt) zutage tritt. Die theoretische Grundlegung des Verf.s kommt zu dem Satze: \u201eDas sittliche Ideal ist die volle Verwirklichung des Psychisch-Normalen\u201c (145). Gewissermafsen die Probe auf die Theorie soll in ihrer widerspruchsfreien Anwendbarkeit auf das wirtschaftliche Wollen liegen. \u2014 \u201eDie Begriffe Egoismus und Altruismus nun\u201c, so schliefst der Verf. ab, \u201ek\u00f6nnen nur in Ausnahmsf\u00e4llen Anwendung finden: eines Konfliktes zwischen einem Einzelwillen und einem Gesamtwillen\u201c (165).\nDer Artikel hat sich wohl einen viel zu weiten Rahmen gesteckt und enth\u00e4lt nur wenig neues. Das Gebotene selbst ist jedoch recht gewissenhaft und mit sch\u00e4tzenswerter Literaturkenntnis gearbeitet. Leider sind gerade die Beitr\u00e4ge der neuesten philosophischen Werttheorie, wie uns \u00abcheint, nicht entsprechend gew\u00fcrdigt.\tKbeibiq (Wien).\nGun?, R. Ober den heutigen Stand der Lehre vom \u201egeborenen Terbrecher\u201c.\nMonatsschrift f\u00fcr Kriminalpsychologie und, Strafrechtsreform, 1904, Nr. 1.\nDie Lehre, dafs es Verbrechen infolge verbrecherischer Anlage des Individuums gibt, ist nicht mehr neu und hat mancherlei Schicksale durch-","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nLiteratwrbevkh I.\ngemacht. Der Streit, ob man von moralischem Schwachsinn oder (atavistischer) Natnranlage zum Verbrechen zu reden habe, kann als abgetan gelten; es sind Begriffe, zwischen denen ein Unterschied nicht besteht.\nLombboso betrachtet den Verbrecher als anthropologische Spielart, welche durch anatomische Merkmale gekennzeichnet ist. Wohl wird man zugeben, dafs diese \u201eDegenerationszeichen\u201c bei Verbrechern h\u00e4ufiger als bei nicht verbrecherischen Personen sind. Aber es ist nicht gelungen, auch nur ein einziges spezifisches Zeichen sicherzustellen. \u00dcberdies weisen Geisteskranke vielfach eine \u00e4hnliche H\u00e4ufung solcher Merkmale auf. Die LoMBsososche Schule hat ferner physiologische und psychologische Merkmale des geborenen Verbrechers beschrieben, die aber nicht zu einer allgemeinen Anerkennung gelangt sind. Die sp\u00e4ter von .Lombboso vertretene Anschauung, dafs das Verbrechen eine \u00c4ufserungsform der Epilepsie sei, setzt sich mit der fr\u00fcheren Lehre in Widerspruch und ist heftig angegriffen worden. Zuzugeben ist nur, dafs Epilepsie und verbrecherische Anlage auf dem gleichen Boden entstehen, d. h. beide degenerative Erscheinungen sind.\nTrotz aller Anfechtungen bleibt es Lombbosos Verdienst, mit allem Nachdruck darauf hingewiesen zu haben, dafs der Verbrecher ein anderer Mensch ist als der gew\u00f6hnliche, nicht verbrecherische Mensch. Die durch Lombboso inaugurierte Forschungsrichtung hat ein reiches Tatsachenmaterial zutage gef\u00f6rdert und der modernen Kriminalistik einen m\u00e4chtigen Anstois gegeben. Das mufs trotz der vielen zu weit gehenden Schl\u00fcsse, trotz mancher \u00dcbertreibungen anerkannt werden.\nDafs der \u201egeborene Verbrecher\u201c eine besondere Spielart des Menschengeschlechts ist, bleibt als guter Kern dieser Lehren bestehen. Nur kann nicht anerkannt werden, dafs es sich um eine atavistische Erscheinung handelt; sondern wir haben es mit einer krankhaften Spielart zu tun. Hierf\u00fcr spricht auch die h\u00e4ufige heredit\u00e4re Belastung der Verbrecher sowie die Erfahrung, dafs geborene Verbrecher oft geistig erkranken.\nAm Schl\u00fcsse seiner Arbeit warnt Gaupp davor, den Begriff \u201egeborener Verbrecher\u201c zu weit zu fassen. Das Heer der Arbeitsscheuen, Bettler etc. sollte nicht hierher gerechnet werden. Auch darf man den endogenen Faktoren bei der Entstehung der Verbrechen nicht eine ausschliefsliche Bedeutung beimessen. Die moderne kriminalistische Forschung in Deutschland betont jetzt die Bedeutung exogener, d. h. sozialer Einfl\u00fcsse auf das Vorkommen der Verbrechen.\tK. Abbaham (Dalldorf).","page":80}],"identifier":"lit32358","issued":"1905","language":"de","pages":"79-80","startpages":"79","title":"Gaupp, R.: \u00dcber den heutigen Stand der Lehre vom \"geborenen Verbrecher\". Monatsschrift f\u00fcr Kriminalpsychologie und Strafrechtsreform, 1904, Nr. 1","type":"Journal Article","volume":"38"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:33:26.429338+00:00"}