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{"created":"2022-01-31T16:30:14.680876+00:00","id":"lit32359","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Nagel, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 38: 196-199","fulltext":[{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nBemerkungen\nzu der vorstehenden Arbeit von ZWAARDEMAKER: \u201eRiechend schmecken\u201c.\nVon\nW. Nagel.\n1.\nDen vorstehenden interessanten Mitteilungen Herrn Professor Zwaardemakers m\u00f6chte ich einige Bemerkungen beif\u00fcgen. Die tats\u00e4chliche Differenz zwischen seinen und meinen Erfahrungen freilich vermag ich ebenfalls nicht zu erkl\u00e4ren. Z. erh\u00e4lt s\u00fclsen Geschmack bei Chloroformeinblasung in die Nase unter Bedingungen, bei denen ich nur Geruch, keinen Geschmack wahrnehme. Nun ist es ja ganz bekannt, dafs die Begrenzung des Geschmacksorgans erhebliche individuelle Verschiedenheiten a\u00fcf-weist und darum ist es ganz wohl m\u00f6glich, dafs derselbe Versuch bei anderen anders ausf\u00e4llt als bei mir.\nNach wie vor aber halte ich den Schlufs auf Vorhandensein von Schmeckzellen in der Regio olfactoria f\u00fcr nicht hinreichend begr\u00fcndet. Die von Disse dort gefundenen knospen\u00e4hnlichen Gebilde h\u00e4lt ja wohl niemand mehr f\u00fcr Geschmacksknospen und auch Z. d\u00fcrfte von dieser Auffassung abgekommen sein, da er sie in der neuesten Publikation nicht mehr erw\u00e4hnt.\nAus Rollets Versuchen ergibt sich, dafs, zum mindesten bei einzelnen Personen, die obere (hintere) Seite des Gaumensegels mit Schmeckorganen ausgestattet ist. Das ist also eine Scbmeck-fl\u00e4che, die mit der wohlbekannten an der unteren (vorderen) Fl\u00e4che des Gaumensegels direkt zusammenh\u00e4ngt. Sehr leicht m\u00f6glich w\u00e4re es, dafs bei einzelnen Menschen dieses \u00dcbergreifen auf die R\u00fcckseite besonders weit geht und somit selbst bei gehobenem Gaumensegel eine mit Geschmacksorganen","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen zu der vorstehenden Arbeit von Zwaardemaker etc. 197\nausger\u00fcstete Fl\u00e4che sich an der Begrenzung des Nasenh\u00f6hlenraumes beteiligt. Dieses m\u00fcfste z. B. bei Zwaakdemaker der Fall sein, w\u00e4hrend bei mir, vielleicht infolge h\u00e4ufigen Rachenkatarrhs, das Gaumensegel oben unempfindlich ist.\nZ. macht nun allerdings die Angabe, dafs er den s\u00fcfsen Geschmack in der Nase nur wahrnimmt, wenn er den Strom der Luft in der vorderen H\u00e4lfte des Nasenloches auf steigen l\u00e4fst, ebenso wie in Ficks bekanntem Versuche nur in diesem Falle gerochen wird, nicht aber wenn die Luft durch den hinteren Teil des Nasenloches einBtr\u00f6mt. Caprons\u00e4uredampf soll dagegen nach Zwaabdemakeb, auch in letzterem Falle Geschmacksempfindung erzeugen, wof\u00fcr Z. eine Erkl\u00e4rung schuldig bleibt.\nIch empfinde, wie gesagt, s\u00fcfs weder bei der einen noch bei der anderen Einstr\u00f6mungsricbtung. Unsere Kenntnis von der Luftbewegung in der Nase d\u00fcrfte doch noch all zu gering sein, als dafs aus Versuchen wie den ZwAABDBMAKEnschen etwas sicheres \u00fcber den Perzeptionsort zu schliefsen w\u00e4re.\nIch kann also, um es kurz zu wiederholen, den Beweis nicht als erbracht anerkennen, dafs die Regio olfactoria auch Geschmacksempfindung vermittelt, w\u00e4hrend ich gerne zugebe, dafs der Befund bei mir \u2014 kein Schmeckverm\u00f6gen in den Nasenh\u00f6hlen \u00fcberhaupt \u2014 nicht verallgemeinert werden darf. Eben-Bowenig darf indessen der ZwAAiiDEMAKERsche positive Befund verallgemeinert werden.\n2.\nZw a akdemaker h\u00e4lt es nicht f\u00fcr sicher, dafs beim Phonieren eines (nicht-nasalierten) Vokals der Verschlufs zwischen Raehen-und Nasenh\u00f6hle ein vollst\u00e4ndiger sei. Dies gibt mir den Anlafs zur Mitteilung einer einfachen Versuchsanordnung, mittels deren man die Vollst\u00e4ndigkeit des Gaumensegelschlusses leicht demonstrieren und auch vergleichend die Festigkeit des Verschlusses bei den verschiedenen Vokalen messen kann.\nDer Versuch ist so einfach und dabei instruktiv, dafs ich kaum glauben kann, dafs ich ihn zuerst aufgef\u00fchrt haben sollte. Doch ist mir keine Notiz dar\u00fcber bekannt.\nMan setzt einen Gummischlauch in das eine Nasenloch ein, event, mittels Olive und verbindet das andere Schlauchende mit einem kleinen Wasserstrahlgebl\u00e4se. (Fig. 1.) Seitlich ist an die Schlauchleitung an beliebiger Stelle ein einfaches U-f\u00f6rmiges","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nW. Nagel.\nManometerrohr angeschlossen, das mit gef\u00e4rbtem Wasser gef\u00fcllt ist.1\nFig. 1.\nSetzt man nun das Gebl\u00e4se in Betrieb, so wird Luft durch den Schlauch in die eine Nasenh\u00e4lfte getrieben; sie entweicht durch das andere Nasenloch wieder. Die Passage ist so weit, dafs bei m\u00e4fsig starkem Luftstrom das Manometer nat\u00fcrlich keinen merklichen \u00dcberdruck in der Nase und im Schlauch angibt. Ebensowenig ist dies der Fall, wenn man das andere Nasenloch fest verschliefst, aber den Mund \u00f6ffnet. Das im Ruhezust\u00e4nde herabh\u00e4ngende Gaumensegel gestattet der Luft freien Durchtritt aus der Nase in den Rachen und Mund.\nAnders wird die Sache, sobald man die Mundstellung f\u00fcr einen Vokal einnimmt, wozu man am einfachsten den Vokal h\u00f6rbar ausspricht. Das Gaumensegel hebt sich und in der nun allseitig geschlossenen Nasenh\u00f6hle steigt der Druck schnell an, wie das Manometer erkennen l\u00e4fst.\nBeim Phonieren von A steigt bei mir der Druck auf etwa 10\u201415 cm Wasser. Ist diese H\u00f6he erreicht, so durchbricht die Luft mit glucksendem Ger\u00e4usch den Gaumenverschlufs, wobei der Vokal unver\u00e4ndert weitert\u00f6nt, das Manometer aber einen starken Ruck nach abw\u00e4rts macht. Das erw\u00e4hnte Glucksen ist auch f\u00fcr danebenstehende Personen h\u00f6rbar.\nBeim Vokal I kommt es nicht zu diesem Durchbruch. Der Verschlufs zwischen Rachen und Nase ist so fest, dafs der Druck in der Nasenh\u00f6hle auf eine unertr\u00e4gliche H\u00f6he steigt. Die Luft\n1 Man kann auch, statt das andere Nasenloch zu verschliefen, das Manometer an dieses ansetzen.","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen zu der vorstehenden Arbeit von Zwaardemaker etc. 199\ndringt in die E\u00fcsTAcmusschen Tuben ein und treibt das Trommelfell vor, so dafs der Versuch abgebrochen werden mufs.\nDiese Angaben gelten f\u00fcr meipe pers\u00f6nliche Reaktionsweise ; es ist nat\u00fcrlich leicht m\u00f6glich, dafs bei einzelnen Personen die Tuben so leicht durchg\u00e4ngig sind, dafs schon bei Phonieren von A die Luft in die Paukenh\u00f6hle dringt. Andererseits k\u00f6nnte bei sehr schwer durchg\u00e4ngigen Tuben vielleicht auch einmal der Druck bestimmt werden, der n\u00f6tig ist, um bei I den Gaumenverschlurs zu sprengen. \u00dcbrigens kann und wird nat\u00fcrlich auch die Festigkeit des Verschlusses bei verschiedenen Personen verschieden sein.\nt\n(Eingegangen am 24. Dezember 1904.)","page":199}],"identifier":"lit32359","issued":"1905","language":"de","pages":"196-199","startpages":"196","title":"Bemerkungen zu der vorstehenden Arbeit von Zwaardemaker: \"Riechend Schmecken\" [, Zeitschr. f. Psych. u. Physiol. d. Sinnesorg., 1905, Bd. 38, S. 189-195]","type":"Journal Article","volume":"38"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:30:14.680881+00:00"}