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{"created":"2022-01-31T14:26:51.717266+00:00","id":"lit32404","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Jensen","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 38: 317-318","fulltext":[{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n317\nwill, ist recht. 2. Ich tue, was ich will; also begehe ich niemals Unrecht. 3. Unrecht ist, was ich gegen meinen Willen von anderen gezwungen oder aus Not und Gefahr tue. Sie k\u00f6nne heute so und morgen so reden, immer sei es Wahrheit. Was sie sage und tue, sei immer recht, sie brauche sich an niemanden zu kehren. Die Gesetze, die zehn Gebote seien nicht fllr sie, sondern nur fllr die anderen da. Ihr Wille ist f\u00fcr sie identisch mit Recht und Vernunft. Sie d\u00fcrfe stehlen; denn dadurch, dafs sie etwas begehre, habe sie es schon zu ihrem Eigentum gemacht; sie nehme also nur ihr Eigentum an sich. In gleicher Weise wird dieser Standpunkt f\u00fcr alle anderen Fragen des Lebens durchgef\u00fchrt. Sie hat nur Rechte; alle anderen Menschen nur Pflichten, n\u00e4mlich das zu tun, was ihrem Willen entspricht. Allen Einwendungen wufste die Patientin mit grofser Gewandtheit zu begegnen und aus allem sprach eine Logik, wie sie f\u00fcr eine Angeh\u00f6rige niederen Standes mit nur Volksschulbildung recht auffallend war. Vor der Anstaltsbehandlung hatte die Patientin auch verschiedene Versuche gemacht, ihre Ideen in die Praxis umzusetzen, indem sie Brandstiftung versuchte und aufserdem ihren Bruder bestahl und betrog.\nDafs die Patientin geisteskrank ist und aufserdem des Schutzes des Paragraph 51 des Strafgesetzbuches teilhaftig werden mufs, unterliegt keinem Zweifel. Bemerkenswert an dem System ist die aufserordentliche \u00c4hnlichkeit mit dem System Stirners. Verf. erl\u00e4utert dieselbe sehr gut durch Gegen\u00fcberstellung einiger charakteristischer Stellen aus dem \u201eEinzigen und sein Eigentum\u201c. Es mufste bald die Frage aufgeworfen werden, ob der Kranken das STiRNERsche Buch nicht bekannt war. Sie selbst leugnete dies strikte, was aber bei ihrer Berechtigung zu l\u00fcgen, die sie sich beimafs, nicht viel besagte. Doch h\u00e4lt es Verf. aus verschiedenen Gr\u00fcnden nicht f\u00fcr wahrscheinlich, dafs diese Bekanntschaft vorlag. Einmal liegt der Beginn des Systems bei der Kranken in einer Zeit, wo das STiBRKRSche Buch durchaus noch nicht so in die \u00d6ffentlichkeit gedrungen war, wie es sp\u00e4ter durch die Nietzscbe- Bewegung und die RECLAMSche Ausgabe des Buches geschah. Aufserdem zeigten die beiden Systeme bei aller \u00dcbereinstimmung einige wesentliche Unterschiede, die f\u00fcr eine Unabh\u00e4ngigkeit derselben sprachen; f\u00fcr die Kranke ist ihr Wille die oberste Instanz; Stuwer l\u00e4fst die Macht des einzelnen entscheiden. W\u00e4hrend letzterer allen Menschen das gleiche Recht zuschreibt, nimmt die Kranke dieses einzig und allein f\u00fcr sich in Anspruch ; ein Punkt, der ja gerade f\u00fcr die paranoische Natur des Systems sehr charakteristisch ist.\nEine weitere Frage, die Verf. noch ber\u00fchrt, ist die, ob Stuwer nicht ebenfalls geisteskrank gewesen ist. Die Mitteilungen \u00fcber Stirners Leben sind aber so mangelhaft, dafs sich ein sicherer Schlufs daraus nicht ziehen l\u00e4fst. Jedenfalls liegt in dem, was wir dar\u00fcber wissen, kein Anhaltspunkt f\u00fcr das Bestehen einer Psychose vor.\tKramer ^Breslau).\nE. Glev. \u00c9tudes de psychologie physiologique et pathologique. Paris, F. Alcan 1903. 335 S. Preis 5 Frcs.\nDas vorliegende Buch gibt in erster Linie einen ausf\u00fchrlichen \u00dcberblick \u00fcber den heutigen Stand einiger Fragen, welche die Beziehungen zwischen k\u00f6rperlichen und geistigen Vorg\u00e4ngen betreffen; daran schliefsen\nI","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nlAttratnrbencht.\nsich Untersuchungen \u00fcber die unbewufsten Muskelbewegungen, \u00fcber den Muskelsinn und \u00fcber Verirrungen des geschlechtlichen Instinktes.\nDer erstgenannte Gegenstand wird in f\u00fcnf Abschnitten behandelt Abschnitt I enth\u00e4lt eine Vergleichung der Carotis-Pulse vor, w\u00e4hrend und nach geistiger Arbeit Im Anschlufs an \u00e4ltere eigene und fremde Experimente teilt der Verf. neue, mit peinlichster Vermeidung m\u00f6glicher Fehlerquellen angestellte Versuche mit und diskutiert auf Grund seiner Ergebnisse die \u201eRespirationstheorie\u201c, die \u201eHerztheorie\u201c und die \u201eVasomotorentheorie\u201c der \u00c4nderungen des Carotispulses infolge geistiger Arbeit. Der Verf. st\u00fctzt durch seine experimentellen Ergebnisse die letztgenannte Theorie, die eine aktive Erweiterung der Hirngef\u00e4fse bei der geistigen Arbeit annimmt.\nAbschnitt II gibt eine \u00dcbersicht \u00fcber die seit dem Jahre 1881 ausgef\u00fchrten Untersuchungen betreffend die Beziehungen zwischen geistiger Arbeit einerseits und andererseits der Herzt\u00e4tigkeit, dem Blutdruck, der peripheren Blutzirkulation und dem Gehirnkreislauf. Die Ergebnisse lauten in K\u00fcrze: Geistige Arbeit beschleunigt die Herzt\u00e4tigkeit, erh\u00f6ht den arteriellen Blutdruck, bewirkt eine aktive Erweiterung der Hirngef\u00e4fse und eine Verengung der \u00fcbrigen Strombahnen.\nIn Abschnitt III wird gezeigt, dafs die K\u00f6rpertemperatur bei geistiger Arbeit ein wenig ansteigt. Desgleichen wird in IV wahrscheinlich gemacht, dafs die W\u00e4rmeproduktion durch geistige Arbeit vermehrt wird, und in V, einer an eine \u00e4ltere Arbeit des Verf.s ankn\u00fcpfenden Untersuchung, dafs die geistige T\u00e4tigkeit den Stoffwechsel verst\u00e4rkt.\nDie Untersuchungen \u00fcber die unbewufsten Muskelbewegungen und \u00fcber den Muskelsinn kn\u00fcpfen ebenfalls an fr\u00fchere Arbeiten deB Verf.s an und bringen neues Material f\u00fcr eine kritische Beurteilung der heutigen Anschauungen auf diesen Gebieten.\nHinsichtlich der Verirrungen des sexuellen Instinktes, mit deren Darstellung das Buch schliefst, hat der Verf. schon vor 20 Jahren die heute ziemlich allgemein anerkannte Meinung ge\u00e4ufsert, dafs jene nicht eine Geisteskrankheit sui generis darstellten, sondern als Symptome verschiedener geistiger Erkrankungen auftreten k\u00f6nnen. Diese Anschauung wird auf Grund des neueren Tatsachenmaterials neu beleuchtet und mit Erg\u00e4nzungen versehen.\tJessen (Breslau).\nBela Szentesy. Die geistige \u00dcberanstrengung des Kindes. I. Teil: Ton der Viege bis xnm Grabe. II. Teil: Die Psycho-Physiologie des Musizieren!.\nDeutsch von L\u00f6bl und Ehbenhabt. Budapest. 123 Seiten. 1,20 M.\nDas Buch ist zwar speziell f\u00fcr \u00d6sterreich - ungarische Schulverh\u00e4ltnisse bearbeitet, manches ist aber auch f\u00fcr unsere deutschen Schulen beachtenswert, wo ebenfalls noch immer viel zu wenig auf die geistige Leistungsf\u00e4higkeit der Sch\u00fcler R\u00fccksicht genommen wird.\nDer Verf. spricht im I. Teile zun\u00e4chst von den Grundlagen der geistigen F\u00e4higkeit, von der normalen Gehirnt\u00e4tigkeit, von der \u201eInstinktst\u00e4tigkeit\u201c des Kindes, dann \u00fcber die Stufen der Intelligenz, \u00fcber das Talent der Genialit\u00e4t und den abnormen Zustand des Gehirnsystems. Verf. vertritt in diesen","page":318}],"identifier":"lit32404","issued":"1905","language":"de","pages":"317-318","startpages":"317","title":"E. Gley: \u00c9tudes de psychologie physiologique et pathologique. Paris, F. Alcan 1903. 335 S.","type":"Journal Article","volume":"38"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:26:51.717272+00:00"}