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{"created":"2022-01-31T16:30:50.622831+00:00","id":"lit32405","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Tr\u00fcper","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 38: 318-320","fulltext":[{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nlAttratnrbencht.\nsich Untersuchungen \u00fcber die unbewufsten Muskelbewegungen, \u00fcber den Muskelsinn und \u00fcber Verirrungen des geschlechtlichen Instinktes.\nDer erstgenannte Gegenstand wird in f\u00fcnf Abschnitten behandelt Abschnitt I enth\u00e4lt eine Vergleichung der Carotis-Pulse vor, w\u00e4hrend und nach geistiger Arbeit Im Anschlufs an \u00e4ltere eigene und fremde Experimente teilt der Verf. neue, mit peinlichster Vermeidung m\u00f6glicher Fehlerquellen angestellte Versuche mit und diskutiert auf Grund seiner Ergebnisse die \u201eRespirationstheorie\u201c, die \u201eHerztheorie\u201c und die \u201eVasomotorentheorie\u201c der \u00c4nderungen des Carotispulses infolge geistiger Arbeit. Der Verf. st\u00fctzt durch seine experimentellen Ergebnisse die letztgenannte Theorie, die eine aktive Erweiterung der Hirngef\u00e4fse bei der geistigen Arbeit annimmt.\nAbschnitt II gibt eine \u00dcbersicht \u00fcber die seit dem Jahre 1881 ausgef\u00fchrten Untersuchungen betreffend die Beziehungen zwischen geistiger Arbeit einerseits und andererseits der Herzt\u00e4tigkeit, dem Blutdruck, der peripheren Blutzirkulation und dem Gehirnkreislauf. Die Ergebnisse lauten in K\u00fcrze: Geistige Arbeit beschleunigt die Herzt\u00e4tigkeit, erh\u00f6ht den arteriellen Blutdruck, bewirkt eine aktive Erweiterung der Hirngef\u00e4fse und eine Verengung der \u00fcbrigen Strombahnen.\nIn Abschnitt III wird gezeigt, dafs die K\u00f6rpertemperatur bei geistiger Arbeit ein wenig ansteigt. Desgleichen wird in IV wahrscheinlich gemacht, dafs die W\u00e4rmeproduktion durch geistige Arbeit vermehrt wird, und in V, einer an eine \u00e4ltere Arbeit des Verf.s ankn\u00fcpfenden Untersuchung, dafs die geistige T\u00e4tigkeit den Stoffwechsel verst\u00e4rkt.\nDie Untersuchungen \u00fcber die unbewufsten Muskelbewegungen und \u00fcber den Muskelsinn kn\u00fcpfen ebenfalls an fr\u00fchere Arbeiten deB Verf.s an und bringen neues Material f\u00fcr eine kritische Beurteilung der heutigen Anschauungen auf diesen Gebieten.\nHinsichtlich der Verirrungen des sexuellen Instinktes, mit deren Darstellung das Buch schliefst, hat der Verf. schon vor 20 Jahren die heute ziemlich allgemein anerkannte Meinung ge\u00e4ufsert, dafs jene nicht eine Geisteskrankheit sui generis darstellten, sondern als Symptome verschiedener geistiger Erkrankungen auftreten k\u00f6nnen. Diese Anschauung wird auf Grund des neueren Tatsachenmaterials neu beleuchtet und mit Erg\u00e4nzungen versehen.\tJessen (Breslau).\nBela Szentesy. Die geistige \u00dcberanstrengung des Kindes. I. Teil: Ton der Viege bis xnm Grabe. II. Teil: Die Psycho-Physiologie des Musizieren!.\nDeutsch von L\u00f6bl und Ehbenhabt. Budapest. 123 Seiten. 1,20 M.\nDas Buch ist zwar speziell f\u00fcr \u00d6sterreich - ungarische Schulverh\u00e4ltnisse bearbeitet, manches ist aber auch f\u00fcr unsere deutschen Schulen beachtenswert, wo ebenfalls noch immer viel zu wenig auf die geistige Leistungsf\u00e4higkeit der Sch\u00fcler R\u00fccksicht genommen wird.\nDer Verf. spricht im I. Teile zun\u00e4chst von den Grundlagen der geistigen F\u00e4higkeit, von der normalen Gehirnt\u00e4tigkeit, von der \u201eInstinktst\u00e4tigkeit\u201c des Kindes, dann \u00fcber die Stufen der Intelligenz, \u00fcber das Talent der Genialit\u00e4t und den abnormen Zustand des Gehirnsystems. Verf. vertritt in diesen","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n319\nKapiteln die Anschauung, dafs die geistige Funktion durch den Instinkt, d. h. durch eine innere Kraft, hervorgebracht wird. \u201eDiese innere Kraft ist nichts anderes als das Plus jenes Materials, welches, zur Ern\u00e4hrung des Organismus bestimmt, sich dort anh\u00e4uft und Ableitung und Verarbeitung erfordert.\n\u2014\tDieses Kraftmaterial gestaltet \u2014 mit seiner Vermehrung im Verh\u00e4ltnisse\n\u2014\tvon Stufe zu Stufe die Sinne aufgeweckter, st\u00e4rkt und f\u00f6rdert die Entwicklung der Gehirnteile und eifert dieselben zur T\u00e4tigkeit an: Es bringt daher den Prozefs des Erwachens zum Selbstbewufstsein hervor.\u201c Im weiteren zeigt der Verf., wie nun infolge von \u00dcberanstrengung des Nervensystems dieses Plus sich vermindert oder g\u00e4nzlich schwindet und dadurch Unlust, Verdummung, ja sogar Geisteskrankheiten hervorgerufen werden.\nIn vortrefflicher Weise kritisiert er in dieser Hinsicht den Kindergarten, die Volksschule und die sich in Ungarn anschliefsende Mittelschule. Aber auch dem t\u00f6richten Gebaren der Eltern den S\u00e4uglingen gegen\u00fcber tritt er scharf entgegen und weist nach, wie sch\u00e4dlich das Verh\u00e4tscheln der Kleinen ist, das Kitzeln, um Lachen zu erzeugen, um die Aufmerksamkeit des armen Kindes zu erregen. Das alles sei schon geistige \u00dcberanstrengung. Vor dem 4. Jahre solle kein Kind in den Kindergarten gehen. Der Kindergarten d\u00fcrfe aber dann nicht Schule, sondern m\u00fcfste Pflegest\u00e4tte sein. Die Ausf\u00fchrungen \u00fcber den Kindergarten sind im allgemeinen so vortrefflich, dafs wir schon um deswillen allen Lesern das Buch empfehlen m\u00f6chten.\nAuch was von \u00dcberanstrengung in der Volksschule und Mittelschule gesagt wird, verdient beachtet zu werden. Es sind ja eigentlich immer wieder dieselben Klagen, aber sie sind noch immer nicht gen\u00fcgend zu aller Kenntnis gebracht.\nInteressant ist, welche Sch\u00fclertypen der Verf. in solchen Schulen beobachtet hat. Zum \u201eI. Genre\u201c (Ausdruck des Buches) geh\u00f6ren die Genialen, die \u00fcber das n\u00f6tige Plus der \u201eInstinktt\u00e4tigkeit\u201c verf\u00fcgen. Ihnen wird die geistige Arbeit auf allen Gebieten leicht. Andere Sch\u00fcler werden infolge dieser erzwungenen T\u00e4tigkeit durch verschiedene ins Leben einschneidende Impulse und indem sie sich f\u00fcr Lebensk\u00e4mpfe vorbereiten wollen zu ambiti\u00f6sen Sch\u00fclern. Wiederum andere zwingen sich selbst nach Schwund der Aufmerksamkeitsf\u00e4higkeit mit \u00fcbermenschlicher Kraft zur Munterkeit und sie streben, zum ruhigen Sitzen verurteilt, dies durch Zucken ihrer Gesichtsmuskeln, durch Reiben ihrer Augen und ihrer Stirne, durch Hin- und Herbewegen zu erreichen. Trotzdem sie nun durch diese Bewegungen unbewufst Willenskraft erzeugen, so k\u00f6nnen sie, die schlechte Zimmerluft und die Ermattung in Betracht gezogen, doch nur so viel erreichen, dafs sie die Augenlider vom Schliefsen zur\u00fcckhalten k\u00f6nnen, ohne dafs sie bei dem Kampfe gegen den Schlaf auch f\u00fcr die Aufmerksamkeit, die Auffassung, oder gar f\u00fcr das Denken etwas Kraft er\u00fcbrigen.\nIm II. Teil ist speziell von der \u201ePsycho - Physiologie des Musizierens\u201c die Rede. Die Analyse ist ausgezeichnet. Die Folgerungen dagegen, wie sie auf Seite 113 gezogen werden, m\u00fcssen wir entschieden zur\u00fcckweisen. Ein guter Musikunterricht entwickelt durchaus noch nicht die allgemeine Intelligenz.\nDie Ausf\u00fchrungen sind auf ungarische Schulverh\u00e4ltnisse zugeschnitten.","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\nLiUraturbericht.\nVieles trifft aber auch f\u00fcr unsere deutschen Schulen zu. Gewisse aus psychologischer Unkenntnis entspringende Schuls\u00fcnden sind sogar international. Wegen der z. T. vortrefflichen Beobachtungen sind trotz mancher Absonderlichkeiten die Darlegungen auch f\u00fcr den Kinderpsychologen beachtenswert. Jedoch sollte man meinen, dafs sich das Ungarische in ein gutes, fliefsendes Deutsch \u00fcbersetzen lasse. Stellenweise ist es entsetzlich.\nTb\u00fcpeb (Jena).\nD. Draohicbsco. Le probl\u00e8me da d\u00e9terminisme social. Paris, \u00e9dition de la Grande France. 1903. 99 S. 2,50 Frcs.\nDie Abhandlung will die Lehre widerlegen, dafs das soziale Leben eine einfache Fortsetzung und Steigerung des organischen sei. Sie besteht aus drei Abschnitten mit folgenden Grundgedanken: 1. Die in der organischen Welt herrschenden Kr\u00e4fte und Gesetze, wie Kampf ums Dasein, nat\u00fcrliche Auslese u. \u00e4., werden im sozialen Leben allm\u00e4hlich verdr\u00e4ngt und ersetzt durch v\u00f6llig andersgeartete Faktoren, n\u00e4mlich die Kr\u00e4fte des Bewufstseins, und die daraus, insbesondere aus der Selbst\u00fcberwindung und den idealen Bestrebungen resultierenden Erscheinungen wie Gerechtigkeit und Moral. 2. Die Lehre, dafs alle Bewufstseinsvorg\u00e4nge nur Begleiterscheinungen und Nebenprodukte der nerv\u00f6sen Prozesse seien, gilt nur f\u00fcr die elementaren psychophysischen Vorg\u00e4nge; die komplexeren Gehirnprozesse dagegen sind von so plastischer Natur (?), dafs sie rein psychischen, insbesondere den wechselnden sozialen Einfl\u00fcssen unterworfen sind. 3. Die Tatsache der Vererbung beherrscht nur das organische Leben, w\u00e4hrend sie im sozialen fehlt; denn die hier vom einzelnen erworbenen Eigenschaften k\u00f6nnen schon wegen des fortgesetzten Wechsels des sozialen Milieus nicht in den Organismus eingewurzelt werden. Die Vererbung wird hier vielmehr ersetzt durch die Nachahmung und das relative Beharren der Kulturg\u00fcter. \u2014 Daraus folgt: eine eigene soziale Kausalit\u00e4t (un d\u00e9terminisme social) entwickelt sich im Leben der Menschheit in dem Mafse, in dem bei dieser die h\u00f6heren Be-wufstseinsprozesse die Instinkte und elementaren Triebe b\u00e4ndigen. \u2014 Die Arbeit behandelt ihr Thema vorwiegend auf dem Wege der selbst\u00e4ndigen Auswahl entgegengesetzter Meinungen anderer Autoren; neue eigene Argumente enth\u00e4lt sie kaum. Eigentlich psychologisch ist nur etwa ihr letztes Viertel.\tA. Vikbkandt (Gr. \u2022 Lichterfelde).","page":320}],"identifier":"lit32405","issued":"1905","language":"de","pages":"318-320","startpages":"318","title":"Bela Szentesy: Die geistige \u00dcberanstrengung des Kindes. I. Teil: Von der Wiege bis zum Grabe. II. Teil: Die Psycho-Physiologie des Musizierens. Deutsch von L\u00f6bl und Ehrenhart. Budapest. 123 Seiten","type":"Journal Article","volume":"38"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:30:50.622837+00:00"}