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{"created":"2022-01-31T15:43:43.702744+00:00","id":"lit32434","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Witasek","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 37: 152-154","fulltext":[{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nLiteraturbericht.\nverglichen, lassen die Erinnerungsleistlingen noch mangelhafter erscheinen. Die Pr\u00fcfungsmethode f\u00f6rdert wohl mehr Aussagen zutage als die Berichtsmethode, aber es steigt bei ihr (nach Wreschner) auch die Zahl der falschen Aussagen um ein betr\u00e4chtliches, und zwar nicht nur absolut sondern auch perzentuell genommen. Auf Details einzugehen, d\u00fcrfte sich bei der an dieser Stelle gebotenen K\u00fcrze nicht lohnen. Die Ergebnisse sind im einzelnen noch lange nicht zur Verallgemeinerung reif, und eine sach-gem\u00e4fse Analyse der an den geschilderten Versuchen beteiligten psychischen Vorg\u00e4nge und Dispositionen ist kaum in Angriff genommen. Vor allem d\u00fcrfte zu beachten sein, dafs der Ausfall der bisher durchgef\u00fchrten Versuche nicht nur durch die Erinnerungstreue, sondern wesentlich auch durch die Auffassungsf\u00e4higkeit der Versuchsperson bedingt ist. F\u00fcr die Praxis ist dies, wenn sie sich mit bescheidenen Anspr\u00fcchen begn\u00fcgt, freilich einerlei. Aber die wissenschaftliche Psychologie \u2014 und damit nat\u00fcrlich auch die Sicherung und Ausdehnung ihrer praktischen Anwendung \u2014 wird erst dann den angemessenen Nutzen aus diesen Versuchen ziehen k\u00f6nnen, bis wenigstens die eben angedeutete Unterscheidung ber\u00fccksichtigt worden ist.\tWitasek (Graz).\nE. F. Buchner. Fixed Visualization. Three New Forms. Am. Journ. of Psychol. 13 (3), 365-363. 1902.\nVerf. berichtet \u00fcber eine Person, in deren Bewufstsein die Zahlbegriffe von 1 bis 100, die Begriffe der Monate und Wochentage als Punkte eines eigent\u00fcmlichen dreidimensionalen optischen Schemas sich darstellen.\nD\u00fcrr (W\u00fcrzburg).\nJohannes Orth. Gef\u00fchl und Bewufstseinslage. Eine kritisch-experimentelle Studie. Diss. Z\u00fcrich 1903. 131 S. Auch: Schiller-Ziehen 6 (4), 1903.\nDie vorliegende Arbeit stammt aus dem W\u00fcrzburger psychologischen Laboratorium und wurde von der Z\u00fcricher Fakult\u00e4t als Doktor-Dissertation genehmigt. Sie steht aber, wie ich glaube, an Wert \u00fcber dem Durchschnitt der landl\u00e4ufigen Dissertationen, sowohl durch die Wichtigkeit des. Themas als besonders durch die erfreuliche Art, wie sie es behandelt.\nGenauer gesprochen sind es eigentlich zwei, allerdings miteinander zusammenh\u00e4ngende Themen, mit denen sich der Verf. besch\u00e4ftigt. Das erste ist die Fundamentalfrage nach den Gef\u00fchls-Dimensionen: L\u00e4fst sich die Mannigfaltigkeit der Gef\u00fchle, wie es die alte und auch heute noch vielfach vertretene Anschauung besagt, auf eine einzige Dimension \u201eLust-Unlust\u201c zur\u00fcckf\u00fchren, eine Dimension, die von einem Nullpunkt aus nach zwei entgegengesetzten Richtungen die Intensit\u00e4tsgrade enth\u00e4lt, so dafs in allen Gef\u00fchlszust\u00e4nden der emotionale Kern, nur nach Lust oder Unlust verschieden und sonst blofs in der Intensit\u00e4t variabel, immer qualitativ ein und dasselbe ist? Oder gibt es auch im emotionalen Kern der Gef\u00fchle verschiedenerlei Lust oder Unlust? Oder kommt man mit der Unterscheidung der Gef\u00fchle nach Lust und Unlust \u00fcberhaupt nicht aus, so dafs man, um ihre Mannigfaltigkeit zu ordnen, mehrere Dimensionen annehmen mufs, etwa, wie Wundt noch \u201eErregung-Beruhigung\u201c und \u201eSpannung-","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbnick t.\n153\nL\u00f6sung\u201c, oder wie Lipps \u201eErnst-Heiterkeit\u201c, \u201eStreben-Widerstreben\u201c? \u2014 Der Verfasser entscheidet sich ffir die erste, alte und einfachste Auffassung. Seine Beweisf\u00fchrung ist allerdings eine indirekte, sie beruht darauf, dafs die gegnerischen Behauptungen als unbegr\u00fcndet dargestellt werden; aber, ist damit die Theorie der Eindimensionalit\u00e4t auch nicht zur Evidenz bewiesen, so erf\u00e4hrt sie doch neuerdings eine nicht zu untersch\u00e4tzende Festigung. Dafs an der Besprechung der Gef\u00fchlskriterien, wie sie Obth seinen Ausf\u00fchrungen zugrunde legt, im einzelnen manches berichtigt werden k\u00f6nnte, \u00e4ndert nichts an der Hauptsache. Und auch die Abfertigung, die den zum Nachweis der W\u00fcNDTSchen Dreidimensionalit\u00e4t unternommenen plethysmographischen Arbeiten zuteil wird, d\u00fcrfte im wesentlichen verdient sein. Es ist gewifs berechtigt, der dort ge\u00fcbten Methode gegen\u00fcber die nicht zu vernachl\u00e4ssigende grundlegende Bedeutung der inneren Wahrnehmung zu betonen.\nWenn nun auch der Verf. Erregung, Beruhigung, Spannung, L\u00f6sung nicht als Gef\u00fchlsdimensionen gelten l\u00e4fst, so mufs er doch die Tats\u00e4chlichkeit der psychischen Zust\u00e4nde, denen diese Ausdr\u00fccke Rechnung tragen sollen, anerkennen und demnach irgendwie anders definieren. Das tut er auch und zwar zun\u00e4chst in einer Art, wie es schon von vielen Seiten versucht wird. Erregung, Spannung sind Eigenschaften, die einem Gef\u00fchle einerseits durch die zeitlichen und durch die Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse seines Ablaufes zukommen, die andererseits in den Empfindungen von den physischen Begleiterscheinungen der Gef\u00fchle gegeben sind.\nDer Verf. findet aber das Tats\u00e4chliche von Erregung und Spannung zum Teil auch noch in etwas anderem, n\u00e4mlich in den sog. \u201eBewufst-seinslagen\u201c. Diese sind nun das zweite Thema seiner Arbeit. Unter Bewufstseinslagen versteht er, K\u00fclpe und Marbe folgend, eine reale psychische Tatsache, die weder Vorstellung noch Urteil, weder Gef\u00fchl noch Begehrung iBt, Bondern etwas Neues, Eigenartiges, das sich vorl\u00e4ufig nur als etwas nicht weiter analysierbares, Dunkles charakterisieren l\u00e4fst. Dabei hat sie aber die Eigent\u00fcmlichkeit, bald irgendeinem in den Zusammenhang des Geschehens passenden Urteile, bald einer Vorstellung, einer Erinnerung, bald einem Gef\u00fchl, einem Wunsche gleich zu gelten oder dasselbe zu leisten wie diese. So haben Orths Versuchspersonen beispielsweise einmal das \u201edunkle Gef\u00fchl\u201c, dafs das zur Betrachtung Dargebotene schon einmal dagewesen sei; ein anderes Mal stellt sich eine Art Glauben ein, dafs gewisse, auf dem vorgezeigten Papier bemerkbare Punkte Poren in demselben w\u00e4ren, u. a. m., so Bewufstseinslagen des Zweifels, der Sicherheit, des Kontrastes, der Zustimmung, wobei diese Vorg\u00e4nge als Bewufstseinslagen dadurch charakterisiert w\u00e4ren, dafs sie gewissermafsen dunkel, verschwommen, unfafsbar, unanalysierbar und nicht in Worte gekleidet erscheinen. Auch affektartige Bewufstseinslagen soll es geben, also Affekte, die nichts von wirklichen Gef\u00fchlen in sich enthalten.\nZur Untersuchung dieser Bewufstseinslagen, genauer um ihre Existenz zu konstatieren, f\u00fchrte der Verfasser eine gr\u00f6fsere Zahl von Versuchen aus. Diese sind vorl\u00e4ufig allerdings noch ziemlich primitiver Natur und bestehen aus nichts weiter als im Vorzeigen verschiedener Gegenst\u00e4nde und in der darauffolgenden Mitteilung der Versuchsperson, was sie beim","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"164\nLiteraturbericht.\nVorzeigen des Gegenstandes in ihrem Bewufstsein innerlich wahrgenommen habe.\nIn den Anssagen der Versuchspersonen findet Okth vieles, was man sonst einfach entweder als Vorstellung, als Urteil, Gef\u00fchl oder Begehmng und dergl. bezeichnete, das er aber als etwas Neues, Eigenartiges, Dankles, Unanalysierbares ansprechen zu m\u00fcssen meint, zum Teil auf Grund der weiteren Aussagen der Versuchsperson selbst, zum Teil auf Grund eigener innerer Erfahrung in \u00e4hnlichen Gelegenheiten.\nEs ist nun gewifs richtig, dafs wir bei der Analyse unseres jeweiligen Bewufstseins in Vorstellungen und dergl. oft des Unbefriedigenden dieser Analysen gewahr werden und das Gef\u00fchl haben, als sei uns etwas verloren gegangen, das Gef\u00fchl, \u201edafs die Bewufstseinstatsachen vielfach von Fransen, die sich einer n\u00e4heren Bestimmung entziehen, im Bewufstsein umgeben sind\u201c. Andererseits ist es aber doch noch fraglich, ob man dort, wo dieses eigent\u00fcmliche Psychische sich mit dem Namen einer sonst bekannten Tatsache bezeichnen l\u00e4fst, etwa als Zweifel, Sicherheit, Glaube, Erinnerung und dergl., wirklich zur Annahme eines neuen eigenen Tatbestandes gezwungen ist, oder ob es nach den gegenw\u00e4rtig vorliegenden Nachweisen in solchen F\u00e4llen nicht vielleicht doch noch korrekter ist, einfach von, wenn auch nicht im Vordergrund des Bewufstseins stehenden, vielleicht nur rasch vorttberhuschenden, geschweige denn in Worte gekleideten Urteilen etc. zu reden. \u2014 Trotzdem aber wird man den Gedanken an die M\u00f6glichkeit einer \u201epsychischen Chemie\u201c, unter den sich die vorliegenden Untersuchungen noch am besten stellen lassen, im Auge zu behalten alle Ursache haben \u2014.\nErw\u00e4hnt sei noch, dafs die Arbeit durch eine kurze \u00dcbersicht der historischen Entwicklung der Gef\u00fchlspsychologie eingeleitet ist.\nWitasek (Graz).\nS. Bell. A Preliminary Study of the Emotion of Love between the Sex\u00ab.\nAm. Jcmrn. of Psychol. 13 (3), 325\u2014354. 1902.\nBell teilt ein Kapitel aus einem von ihm angek\u00fcndigten umfangreicheren Werk \u00fcber die Psychologie des normalen Geschlechtslebens mit Das Material, das er in diesem Werk verarbeitet hat, entstammt teils seinen Beobachtungen, teils den Beobachtungen und Selbstwahrnehmungen anderer, die Bell auf Anfrage mitgeteilt wurden. Im ganzen gr\u00fcndet sich seine Untersuchung auf 2500 F\u00e4lle. Das Hauptresultat, das in der vorliegenden Ver\u00f6ffentlichung mitgeteilt wird, ist die Tatsache, dafs das Liebesieben des Menschen nicht erst mit der Pubert\u00e4t, sondern in fr\u00fchester Kindheit beginnt. Unser Autor teilt das gesamte Liebesieben in 4 Perioden ein, von denen 3 in das Alter vor der Reife fallen, n\u00e4mlich eine erste in die Zeit zwischen 3 und 8, eine zweite in die Zeit zwischen 8 und 14 Jahren. Die dritte Periode ist nach Bell bei den Frauen etwa mit dem 22., bei den M\u00e4nnern ungef\u00e4hr mit dem 26. Jahr abgeschlossen. Auf die beiden ersten Perioden geht Verf. etwas n\u00e4her ein und konstatiert vor allem einen Unterschied der Unbefangenheit in der Liebe der fr\u00fchesten und der sp\u00e4teren Kindheit. Ref. konnte \u00fcbrigens in den BELLSchen Ausf\u00fchrungen nichts","page":154}],"identifier":"lit32434","issued":"1904","language":"de","pages":"152-154","startpages":"152","title":"Johannes Orth: Gef\u00fchl und Bewu\u00dftseinslage. Eine kritisch-experimentelle Studie. Diss. Z\u00fcrich 1903. 131 S. Auch: Schiller-Ziehen 6 (4), 1903","type":"Journal Article","volume":"37"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:43:43.702749+00:00"}