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{"created":"2022-01-31T15:48:52.190231+00:00","id":"lit32447","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wreschner, Arthur","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 37: 262-266","fulltext":[{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\nLiteraturbericht.\nL. W. Stebn. Algewaidt\u00ab Psychologie. Beitr\u00e4ge eur Psychologie der Aussage.\nHerausg. von Stkbk. (1), 4\u201446. 1903.\nDie angewandte Psychologie hat gegen die \u201eIntuitiven\u201c wie gegen die \u201ePsychologisten\u201c zu k\u00e4mpfen. Jene sind die zahlreicheren und lassen die Psychologie h\u00f6chstens als die intuitive Gabe, sich in anders Menschenseelen verst\u00e4ndnisvoll einzuf\u00fchlen, gelten. Und doch muDs diese Gabe durch eine wissenschaftliche Psychologie vertieft und gelautert werden, was bis jetzt allerdings noch nicht in bestimmten Daten m\u00f6glich ist Dies gilt nicht nur f\u00fcr P\u00e4dagogen und Juristen, sondern auch f\u00fcr die Historiker, Sprachforscher, kurz alle Geisteswissenschaftler. Nach den Psychologisten dagegen ist die Psychologie nicht nur die Grundlage aller Geisteswissen-schaft, sondern auch aller praktischen Kultur, soweit sie sich mit Seelenleben befafst; zu ihnen geh\u00f6ren Meinono, Lipps, in gewissem Sinne auch Mach und Wundt, zuweilen auch P\u00e4dagogen und Kriminalpsychologen ; den entgegengesetzten Standpunkt vertreten M\u00fcnstbbbbbo, Rickbbt, in gewisser Beziehung auch Dilthbt, James, B. Erdmann. Nach des Verls Meinung \u00fcbersieht der Psychologismus, dafs die Psychologie als Wissenschaft das Seelenleben unter dem Gesichtswinkel der indifferenten sachlichen Ob-jektivation, der Analyse und der Allgemeing\u00fcltigkeit betrachtet, also von der pers\u00f6nlichen Wertung, wie von der pers\u00f6nlichen Einheit und Individualit\u00e4t abstrahiert; in der praktischen Kultur dagegen, wie Erziehung, Rechtsprechung und Krankenbehandlung hat das geistige Dasein gerade als Person unter Personen Bedeutung, hierin unterscheidet sich wesentlich die Anwendung der Physik und Chemie von der der Psychologie. Grundlage der Geisteskultur kann also nur die Ethik sein, da die Psychologie nur sagen kann, wie gewollt wird, nicht, wie gewollt werden soll, oder wie Vorstellungen sich verkn\u00fcpfen, nicht, wie sie zum Zwecke der Erkenntnis verkn\u00fcpft werden m\u00fcssen. Daher sind dem Psychologen Verbrechernaturen, T\u00e4uschungen besonders wertvoll, w\u00e4hrend sie der Ethiker und Logiker bedauert. Ebenso verfl\u00fcchtigt der Psychologe in seiner Weltfremdheit, wie sie sich aus der analytischen und isolierenden T\u00e4tigkeit mit alleiniger Ber\u00fccksichtigung deB Allgemeinen ergibt, alle Individualit\u00e4t und Einheit, w\u00e4hrend der Historiker gerade die Entwicklung eines pers\u00f6nlichen oder nationalen Geisteslebens zum Ziele hat, der P\u00e4dagoge und Richter es mit der einheitlichen Individualit\u00e4t zu tun hat, um sie intuitiv nicht diskursiv zu erfassen; dies soll nicht etwa durch eine Theorie oder ein begriffliches Schema beseitigt oder ersetzt, aber durch Wissen und Kennen erweitert","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n263\nand vertieft werden, wie fflr das k\u00fcnstlerische Schaffen genaue Kenntnis der Anatomie und Perspektive die nnbewufste Voraussetzung ist. Als Hilfswissenschaft ist somit die theoretische Psychologie von eminenter Bedeutung, da ihre Anwendungsm\u00f6glichkeit gerade soweit reicht wie die sachliche Betrachtungsm\u00f6glichkeit menschlichen Geisteslebens oder soweit wie die Mittel zum Erreichen des Zieles der geistigen Kultur in Betracht kommen. Die angewandte Psychologie ist also entweder Psy chognostik oder Psychotechnik. Jene als Grundlage der psychologischen Beurteilung ist n\u00f6tig, da die vulg\u00e4re psychologische Beurteilung das seelische Geschehen zu sehr vereinfacht und das im eigenen Ich zu leicht verallgemeinert. Die Psychognostik ist daher zun\u00e4chst allgemein. So weist eie bei der moralischen Beurteilung, die es mit Verantwortlichkeit, Charakteranlage und Gesinnung zu tun hat, die unendliche Mannigfaltigkeit der Wege auf, die zu demselben Tatbestand f\u00fchren k\u00f6nnen und oft die Verantwortlichkeit ausschliefsen ; ebenso wird der Historiker aus einer allgemeinen Willenspsychologie viel f\u00fcr das Verst\u00e4ndnis der Willensbewegungen historischer Pers\u00f6nlichkeiten und V\u00f6lker lernen; \u00e4hnliche Dienste leistet die Psychologie des Vorstellungsverlaufs der Logik und Erkenntnistheorie, die des Wahrnehmens und F\u00fchlens der \u00c4sthetik. Sodann aber ist die Psychognostik differentiell, indem sie die verschiedenen Entwicklungsstadien oder Typen des Seelenlebens aufweist und so der Gefahr, den anderen nach dem eigenen Ich zu beurteilen oder gar nicht zu verstehen, entgegen wirkt; auf diese Weise wird man nicht wie bisher Kinder als Erwachsene, Verbrecher als Normalmenschen beurteilen und den Unterschied der Geschlechter vernachl\u00e4ssigen. Ferner wird sie als Prognostik den Bef\u00e4higungsnachweis im weitesten Sinne zu geben haben und so an die Stelle unwissenschaftlichen Draufloslebens oder halbwissenschaftlichen Dilettantismus (Graphologie, Phrenologie, Physiognomik) oder starrer Examenswirtschafttreten. N\u00f6tig ist hierzu genaue Kenntnis der Variet\u00e4tenbildungen samt ihrer \u00c4tiologie und eine zuverl\u00e4ssige Symptomatologie und Diagnostik \u2014 Forderungen, die bisher noch nicht im entferntesten verwirklicht sind, aber prinzipiell verwirklicht werden k\u00f6nnen. \u2014 Die Psychotechnik lehrt -die Hilfsmittel, wertvolle Zwecke durch geeignete Handlungsweise zu f\u00f6rdern; so ist die Psychologie des Ged\u00e4chtnisses in der P\u00e4dagogik, die der Suggestion in der \u00e4rztlichen Praxis, die der Frage und Antwort beim Zeugenverh\u00f6r, die des Willens bei Bestimmung der Strafe zu verwerten, um das Optimum im Verh\u00e4ltnis von Zweck und Mittel mit R\u00fccksicht auf die \u00f6konomische Ausnutzung wie auf die gr\u00f6istm\u00f6gliche Ann\u00e4herung an das erstrebte Ziel zu erm\u00f6glichen, und zwar nicht auf dem Wege des Experiments in der tastenden Praxis, dessen Reduktion auf ein Minimum eine geradezu ethische Forderung ist, sondern auf dem des theoretischen Experiments, welches das Optimum schneller und ohne Bedrohung pers\u00f6nlicher Werte findet. Daher d\u00fcrfen aber auch die Ergebnisse des letzteren nicht vorzeitig in die Praxis \u00fcbertragen werden, solange sie n\u00e4mlich noch im Stadium des Problematischen und der Untersuchung sich befinden. Auch die Psychotechnik ist allgemein oder differentiell : jenes ist z. B. der Fall, wenn aie eine Reform der Unterrichtsdauer und des Stundenplanes mit R\u00fccksicht auf die Erm\u00fcdung anstrebt, dieses, wenn sie den Unterschied","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nLiteraturbericht.\nin den Ged\u00e4chtnis-, Arbeite- nnd Begabungstypen praktisch verwerten will. Wahrend von der Fsychognoetik noch alles von der Zukunft zu erwarten ist, bew\u00e4hrt sich die Psychotecbnik bereits in der P\u00e4dagogik, Suggestionstherapie, zum Teil in der Psychiatrie, nur noch nicht in der Jurisprudenz. \u2014 Das Verfahren der angewandten Psychologie ist von dem der theoretischen verschieden, insofern die Analyse nicht die einfachsten Elemente und ihren kausalen Zusammenhang, sondern ihre Bedeutung fflr die praktische Beurteilung der Personen oder fflr die Erreichung wertvoller Zwecke heraussch\u00e4len mufs. Daher darf auch das Experiment sich hier nur soweit von der Lebenswahrheit entfernen, als es die wissenschaftliche Bearbeitung unbedingt fordert; je komplexer ein psychologisches Ph\u00e4nomen ist, um so grober sind anch die praktisch in Betracht kommenden Ver\u00e4nderungen und Abstufungen in ihm, und mehr als die f\u00fcr das vorliegende Problem n\u00f6tige Genauigkeit in Anordnung und Berechnung verlangt das angewandte psychologische Experiment nicht. Um so notwendiger ist aber deshalb das theoretische Experiment mit seinem Exaktheitsmaximum zur Vorbereitung, Wegweisung und Kontrolle. Ferner wird methodologisch die angewandte Psychologie differentiell werden mQssen d. h. Allgemeinheiten engerer Sph\u00e4re wie Typen, Gradabstufungen, Stadien zum Gegenst\u00e4nde w\u00e4hlen; daher bedarf sie auch des Massenmaterials: sind doch bei komplexen Seelen-vorg\u00e4ngen die individuellen Differenzen greiser als bei den elementaren und ben\u00f6tigen doch praktische Folgerungen eine viel breitere und sicherere Fundamentierung als theoretische Hypothesen. Die Gewinnung des Msssen-materials darf aber nur durch die Mitarbeit geschulter Fachm\u00e4nner erfolgen. Um diese Arbeitsorganisation zu einer wirklich systematischen und fruchtbaren zu machen, mufs als Zentralst\u00e4tte ein Institut fflr angewandte Psychologie unter Oberleitung von Fachm\u00e4nnern verschiedener Disziplinen geschaffen werden, wo Arbeitspl\u00e4ne und Versuchsanordnungen ausgearbeitet, Versuchspersonen aus Schulen, Kasernen, Gef\u00e4ngnissen, Krankenh\u00e4usern etc. zur Vertagung gestellt, die Resultate nach einheitlichen Gesichtspunkten statistisch verarbeitet werden. Die Kosten eines solchen Laboratoriums veranschlagt Verf. nicht sehr hoch, da fflr die relativ groben Experimente keine Pr\u00e4zisionsapparate erforderlich sind, und nur ein gr\u00f6fseres Beamtenpersonal als in den schon vorhandenen psychologischen Laboratorien n\u00f6tig ist\nDiese Ausfflhrungen enthalten viel Zutreffendes, nur erscheint es fraglich, ob bei dem heute noch sehr unfertigen Stande der theoretischen Psychologie von einer angewandten Psychologie schon die Rede sein kann. Verf. gibt ja selbst zu, dafs theoretische Ergebnisse nicht vorzeitig in die Praxis flbertragen werden sollen \u2014 eine sehr berechtigte Mahnung, die vorl\u00e4ufig noch fflr fast s\u00e4mtliche psychologische Probleme zutrifft Es ist eine arge \u00dcbersch\u00e4tzung der bisher von der Psychologie geleisteten Arbeit, wenn Verf. annimmt, dafs sie \u201edurch ihre gr\u00fcndliche Arbeit in ruhiger Selbstbescheidung die Experimentaltechnik zu einem so hohen Grade aus. gebildet\u201c hat, dafs das praktisch-psychologische Experiment schon m\u00f6glich ist. Nun haben sich allerdings die Aussageversuche des Verf.8 sehr fruchtbar erwiesen, aber sie stellen auch keine angewandte Psychologie in seinem Sinne dar; die pers\u00f6nliche Wertung, Einheit und Individualit\u00e4t","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n265\nkommt hier nicht zu ihrem Rechte ; und so Bind sie in der Tat von Juristen vielfach als zu theoretisch angesprochen worden. Was die Aussageversuche von den bisherigen reintheoretischen Experimenten Ober Auffassen, Merken, Erinnerung und Ged\u00e4chtnis unterscheidet, ist nur die komplexere Natur der Versuchsobjekte. Der Grundirrtum in den Ausf\u00fchrungen des Verf.s liegt in der zu engen Fassung des Begriffs \u201etheoretische Psychologie\u201c. Methodologisch zeigt sich dies darin, dafs bei aller Exaktheit, dieVerf. f\u00fcr das theoretische Experiment verlangt, er doch behauptet: \u201eda die gewonnenen Einsichten zu praktischen Folgerungen f\u00fchren sollen, so m\u00fcssen sie eine viel breitere Fundamentierung und einen viel sicheren Schutz gegen Widerlegung und Revision besitzen, als wenn sie blofs theoretische Hypothesen bleiben sollten\u201c. Inhaltlich aber ist es nicht wahr, dafs die Gesichtspunkte, \u201eunter denen die Psychologie die 8eele erfafst, die der indifferenten, sachlichen Objektivation, der Analyse und der Allgemeing\u00fcltigkeit\u201c sind, dafs die Psychologie nur \u201eanalysierende und isolierende Betrachtung seelischer Ph\u00e4nomene\u201c ist, und dafs die Pers\u00f6nlichkeit ihr wichtig ist \u201enicht durch das, was sie allein f\u00fcr sich hat, sondern nur durch das, was sie nicht allein f\u00fcr sich hat: sie ist ihr Exemplar, nicht Individualit\u00e4t\u201c. Gewifs verlangt das psychologische Experiment eine h\u00e4ufige Wiederholung zur Elimination individueller und momentaner Einfl\u00fcsse: aber die Zeiten sind l\u00e4ngst vor\u00fcber, da man hierin lediglich einen unangenehmen und unbequemen Notbehelf erblickte; schon l\u00e4ngst ber\u00fccksichtigt und verwertet das theoretisch - psychologische Experiment die inividuellen Differenzen, den Einflufs von Alter, Bildung, Geschlecht, psychischer Abnormit\u00e4t etc. Vor allem aber ist ein weites Forschungsgebiet der theoretischen Psychologie die Synthese, das Zusammenwirken der elementaren psychischen Funktionen; allerdings m\u00fcssen letztere vorher durch Analyse in sauberer Arbeit ermittelt werden. Versteht man somit unter theoretischer Psychologie nicht das, was sie heute leistet und bei ihrer Jugend als empirische Wissenschaft erst leisten kann, sondern das, was sie leisten soll und wird, dann l\u00e4uft der Unterschied zwischen theoretischer und angewandter Psychologie auf den zwischen Theorie und Praxis hinaus. Jene wird allerdings nie diese erreichen, beide bilden eine Asymptote; denn wenn auch die Wissenschaft die \u201eLebenswahrheit\u201c \u2014 ein \u00fcbrigens ganz vager und relativer Begriff \u2014 nicht aus dem Auge verliert, das rein Individuelle kann um so weniger ihr Gegenstand werden, je energischer man die Tatsache der Individualit\u00e4t betont. \u201eJede Spezifikation ist vielmehr schlechthin irrational\u201c bemerkt Verf. mit Recht, aber \u2014 f\u00fcgen wir hinzu \u2014 auch f\u00fcr eine sog. angewandte Psychologie, wofern sie eine Wissenschaft sein soll. Denn dafs die \u201erelative Exaktheit\u201c d. h. der Umstand, \u201edafs die Versuchsbedingungen und Zahlenergebnisse genau genug sind f\u00fcr die Absicht der Untersuchung\u201c nicht den wissenschaftlichen Charakter ausmacht, liegt auf der Hand. \u201eRelative Exaktheit\u201c ist vielmehr das Symptom eines vor- und unwissenschaftlichen Standpunktes, ein peinlicher Notbehelf, den die Praxis, soweit sie nicht auf die gesicherten Ergebnisse der Wissenschaft warten kann und darf, bedingt, der aber von der letzteren immer mehr beseitigt werden mufs. Wie Verf. selbst zugibt, geht es auch in der angewandten Psychologie nicht \u201eohne eine gewisse Entfernung von der","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nLi trr a turberidi t.\nLebenswahrheit und ohne eine gewisse k\u00fcnstliche Vereinfachung\u201c ab, denn sonst \u201eh\u00e4tten wir eben kein Experiment mehr, sondern die gew\u00f6hnliche Beobachtung\u201c; dann gibt es aber nur ein Entweder \u2014 oder; die \u201eMitte\u201c zwischen dem theoretischen Experiment und der Lebensn&he ist etwas v\u00f6llig Willk\u00fcrliches.\tAbth\u00fcb Wbeschitkb (Z\u00fcrich).\nHbbhann Swoboda. Dl\u00ab Perioden du menschlichen Organisais ln Om psychologischen nd biologischen Bedeutung. Leipzig u. Wien, Fr. Deutike. 1904. 13\u00f6 S. 4 Mk.\nVon Zeit zu Zeit fallt einem ein Buch in die H\u00e4nde, mit dem man nichts Rechtes anzufangen weifs. Man liest und fragt sich erstaunt, ob sich der Verf. am Ende nicht einen Scherz mit dem Leser erlaubt habe und ob es wirklich sein Ernst und er von alledem \u00fcberzeugt sei, was er uns hier vorbringt. Ich glaube dem Buche kein Unrecht zu tun, wenn ich ihm eine solche Stellung zuweise und mit meinem Bedenken nicht zur\u00fcckhalte, wenngleich es wohl keinem Zweifel unterliegt, dafs es dem Vert mit seinen Ausf\u00fchrungeu voller Ernst ist.\nEbensowenig soll bezweifelt werden, dafs das Leben periodisch ist, und nur die Art der Beweisf\u00fchrung und die auf dieser Beweisf\u00fchrung aufgebauten Schl\u00fcsse wollen uns nicht recht in den Sinn. Die ersten Beobachtungen fielen dem Verf. mehr zuf\u00e4llig in den Schofs. Pl\u00f6tzlich verf\u00e4llt er auf eine Melodie, und er stellt hinterher fest, dafs er sie genau vor 46 Stunden geh\u00f6rt habe. Bei weiterem Forschen findet er, dafs dieses \u201eFreisteigen\u201c von Vorstellungen an eine Periode von 23 Stunden oder dem vielfachen von 23 Stunden gebunden sei und sich daher nach 23 Tagen genau zu der gleichen Stunde wiederhole.\nBei anderen Personen und unter anderen Umstanden betr\u00fcgt dieses Intervall nur 18 Stunden, und so entdeckt er die lSst\u00fcndige Periode, der eine gr\u00f6fsere von 28 Tagen entspricht. Dieser als der weiblichen steht die erste von 23 Stunden und 23 Tagen als die m\u00e4nnliche gegen\u00fcber, obwohl sie durchaus nicht streng in die Geschlechter gebunden sind.\nAus dieser Entdeckung zieht der Verf. eine Reihe von Konsequenzen f\u00fcr die wissenschaftliche Psychologie, und wenn er auch keineswegs verkennt, dafs seine Ausf\u00fchrungen mangelhaft und stellenweise vielleicht auch irrt\u00fcmlich sind, so will er damit doch anregen und Genossen in die Arena rufen, die ihm helfen sollen, die neu betretenen Pfade auszubauen.\nWenn der Verf. auf Beinern weiteren Wege die Probleme des Lebens durchmustert, die Religionsphanomene bespricht, um in dem Zeitproblem auszuklingen, so k\u00f6nnen wir ihm auf diesem Fluge nicht folgen.\nAn K\u00fchnheit mangelt es ihm nicht, und manches d\u00fcnkt uns allzuk\u00fchn. Alles aber wird mit Geist und in einer Weise vorgebracht, dafs man wohl den Kopf sch\u00fctteln, an der Ausf\u00fchrung aber nur Gefallen haben kann.\tPelhan (Bonn).\nw. Wdhdt. Gustav Theodob Fechneb. Rede sar Feier seines hundertj\u00e4hriges Geburtstages. Leipzig, Engelmann. 1901. 92 S.\nDie Rede Wundts ist am 11. Mai 1901 (der Erinnerungstag selbst, der 19. April, fiel in die akademischen Ferien) in einer Sitzung der Kgl.","page":266}],"identifier":"lit32447","issued":"1904","language":"de","pages":"262-266","startpages":"262","title":"L. W. Stern: Angewandte Psychologie. Beitr\u00e4ge zur Psychologie der Aussage. Herausg. von Stern. (1), 4-45. 1903","type":"Journal Article","volume":"37"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:48:52.190237+00:00"}